Alfred Polgar: Theater (zu B. Brechts Baal)
Alfred Polgar: Theater (zu B. Brechts Baal)
[…] „Baal“.
Mit Baal, dramatische Biographie in dreizehn Bildern von Bertolt Brecht, wurde Sonntag vormittags das „Theater des Neuen“ von den Schauspielern der Josefstadt unter Führung von Herbert Waniek eröffnet. Zur Eröffnung spielten die Spieler — denen es mit dem neuen Theater Ernst, ist — eine kleine Szene, in der sie sich über diesen Ernst lustig machten und die Terminologie neuerer Kunst- und Weltanschauung zärtlich belächelten. Der Homolka spielte den Homolka, der Thimig den Thimig usw., jedem ist der eigne Leib auf die Rolle geschrieben, als Ort des Gesprächs erscheint das Bureau des Josefftädtertheaters, und allgemein war die Überraschung, wie geistig, gesittet und formuliert es dort zugeht. Das Vorspiel — vermutlich gedacht als Puffer zwischen einem sehr gestrigen Publikum und einer sehr heutigen Zumutung — ist lustig, leicht pointiert und wenn es nicht von Friedell ist und nicht von Hofmannsthal, ist es wahrscheinlich von beiden. Gewünschter Effekt wurde erzielt: die Zuhörer waren gewissermaßen weich beledert, als sie den dramatischen Stoß empfingen.
Der Stoß ging von dem stärksten Talent neuer deutscher Dramenmache aus, von Bertolt Brecht, der wunderschöne Gedichte geschrieben hat (auch in Baal kommen ein paar vor, gleich die Ballade des Anfangs, ausgezeichnet durch ihre in des Wortes wirklich Sinn „unerhörte“ Musikalität der sprachlichen Formung), und als Dramatiker Wege geht, die hinter die Kulissen des Welttheaters führen wollen. Darüber, wie über die von Herbert Waniek in starken szenischen Zeichen fixierte Aufführung demnächst noch einige Worte. Die Zuhörer, wenn auch nicht überwältigt, waren doch so gebannt, daß sie vergaßen, die mitgebrachte Ironie auszupacken.