Buchpublikationen

Hier finden Sie die Buchpublikationen, die im Kontext der FWF-Projekte P 20402 bzw. P 27549 entstanden sind, im Überblick.


Die Buchpublikationen seit 2007:


Fritz Rosenfeld: Johanna

Herausgegeben und mit einem Nachwort versehen von Primus-Heinz Kucher im Verlag Edition Atelier, 2020.

ISBN:  978-3-99065-029-5 | Zur Verlagshomepage

Verlagsbeschreibung: Johanna hat es von Beginn an nicht leicht im Leben. Die Tochter einer armen Taglöhner-Familie wird früh zur Waise und zum billigsten Tarif einer Pflegemutter übergeben. Zunächst kümmert sich die alte Frau um das Kind, doch dann verfällt sie der Trunksucht und stirbt. Das Haus brennt nieder und Johanna muss selbst sehen, wo sie bleibt. Sie wird Magd am Bauernhof des Bürgermeisters, später Haushaltshilfe bei reichen Leuten in der Stadt, erfährt Misshandlungen und Demütigungen von allen Seiten. Die wenigen lichten Momente versucht Johanna auszukosten, immer mit der Hoffnung, dass ihr Leben doch noch eine glückliche Wendung nimmt.

Ein eindringlicher und realitätsnaher Roman über die ärmste und schwächste soziale Schicht der Zwanzigerjahre und ein Frauenschicksal.

Eindrucksvoll ist, mit welchen gesellschaftskritischen Gedanken und welcher schriftstellerischen Reife der 22-jährige Fritz Rosenfeld ein Gesellschafts- und Sittenbild gezeichnet hat, das den heutigen Leser ob der Brutalität und Unmenschlichkeit, die geschildert werden, erschaudern lässt. (Janko Ferk, Die Presse)

Nun kann man sagen: Bissl zu theatralisch, vor allem am Schluss, da hat sich der junge Autor mit den Gefühlen nicht eingebremst.

Man kann aber auch sagen: Wie er durchzieht, so früh lebensklug, wie intensiv die Bilder sind, die er zeigt – das ist es wert, entdeckt / wiederentdeckt zu werden. […]

Es ist nicht schwierig, diese Geschichte an die heutige Zeit anzupassen. Als Johanna mit ihrem Kind auf der Straße zusammenbricht, sagt ein Passant: „Soll doch arbeiten gehen. Muss auch arbeiten. Faules Pack.“ (Peter Pisa, Kurier)

Nicht, dass wir es mit einem Meisterwerk zu tun hätten, aber Joseph Roths frühem Roman „Das Spinnennetz“ mag man es durchaus an die Seite stellen. […] Dem Roman ist Empörung eingeschrieben, wenn die Biografie eines Menschen abgehandelt wird, dem jedes Recht auf ein eigenes Leben genommen wird. Als Zeitroman fügt sich „Johanna“ in die Bewegung der „Neuen Sachlichkeit“, die in den 20ern und 30ern des vorigen Jahrhunderts die düsteren Seiten der Großstadt ausstellt. (Anton Thuswaldner, Die Furche)

An diesem Frauenschicksal, das der österreichische Autor Fritz Rosenfeld 1924 in einem 39-teiligen Roman in der „Salzburger Wacht“ entfaltete, ist nichts Tröstliches, absolut nichts, das Hoffnung oder Optimismus erwecken würde. „Johanna“ steht stellvertretend für eine im Grunde noch archaische Gesellschaft an der Schwelle zur Industrialisierung: Wer nicht das Glück der wohlsituierten Geburt hat, der gilt als Einzelner nichts, umso weniger, wenn man eine Frau ist. […]

Trotz dieser Mängel ist „Johanna“ ein eindrucksvolles Portrait, ein beinahe niederschmetterndes Zeitbild, das eine andere Wahrheit und im Grunde – betrachtet man andere sozialkritische Bücher und Filme der 1920er-Jahre – die eigentliche Realität dieser Zeit wiedergibt. (Sätze & Schätze)


Exploration urbaner Räume – Wien 1918-1938. (Alltags)kulturelle, künstlerische und literarische Vermessungen der Stadt in der Zwischenkriegszeit

Herausgegeben von Martin Erian und Primus-Heinz Kucher bei V&R Academic, 2019.

ISBN: 978-3-8471-1071-2 | Zur Verlagshomepage

Verlagsbeschreibung: Wien nimmt im Großstadtdiskurs der 1920er Jahre, aus der Sicht zahlreicher ProtagonistInnen wie aus jener der Kultur- und Literaturwissenschaft, eine ambivalente Position ein: kein Ort der entfesselten technischen Moderne, keine Gleisdreieck-Realität und doch auch „Intensivstadt“ (Robert Müller), Gegenwarts-Stadt im „Schwebezustand der Krise“ ohne Zukunft (Hugo Bettauer), sowie, mit Blick auf Errungenschaften des ›Roten Wien‹, aber auch auf reiche Erfahrungen „im Untergehen“ (Alfred Polgar), ein mit Potenzialen geradezu gesegneter Schauplatz künstlerischer wie politischer Utopien und real- und alltagsgeschichtlicher Praxis. Diese Vielfalt und ihre Ambivalenz, vor allem aber ihre unterschätzt gebliebenen Potenziale, loten die Beiträge des Bandes mit z.T. kaum noch einbezogenen Texten und Werk-Projekten aus und versuchen somit Zuschreibungen zu überprüfen und neue Akzente zu setzen.


Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹. Zur Relevanz und Rezeption sowjet-russischer Kunst, Kultur und Literatur in Österreich 1918–1938

Herausgegeben von Primus-Heinz Kucher und Rebecca Unterberger bei Peter Lang, 2019.

ISBN: 978-3-631-78200-2 | Zur Verlagshomepage

Verlagsbeschreibung: Die Oktoberrevolution von 1917 und die Gründung der Sowjetunion zog politisch-ideologisch wie kulturell-künstlerisch im deutschsprachigen Raum hohe Aufmerksamkeit auf sich und polarisierte die intellektuelle Öffentlichkeit. Insbesondere in der Ersten Republik bzw. im ›Roten Wien‹ stießen manche ihrer Impulse auf Resonanz, andere auf dezidierte Zurückweisung. Auch im bürgerlichen Kunst- und Literaturbetrieb, zum Beispiel dem der Musik, des Theaters oder des Films wurden (sowjet)russische Entwicklungen wahrgenommen und diskutiert. Der Band widmet sich solchen Rezeptionsbeziehungen, arbeitet ihre zum Teil erstaunliche Resonanz heraus, verortet sie in zeittypischen Diskursen wie dem des Aktivismus, der Theater- und Musikavantgarde, aber auch, kontrastierend-komplementär, dem des zeitgenössischen Amerika-Diskurses.

„Der lange Schatten des ‚Roten Oktober'“ besticht dadurch, dass der Band sehr fokussiert ist, dass die 22 Autorinnen und Autoren, die angetreten sind, mit ihren Beiträgen den vielfältigen Kulturtransfer zwischen der 1917 entstandenen Sowjetunion und dem Österreich der Ersten Republik zu beleuchten, gut einander ergänzen. Es entsteht ein breites Spektrum, Totalität wird freilich nicht beansprucht. […] Wie der Sammelband nachweisen kann, fand der vergleichende Wettkampf zwischen Roten Wien und Moskau nicht nur in der großen Arena der Politik statt. (Alfred Pfoser, literaturhaus.at)

Auch als Open-Access-PDF abrufbar: Link


Arthur Rundt: Marilyn

Herausgegeben und mit einem Nachwort versehen von Primus-Heinz Kucher im Verlag Edition Atelier, 2017.

ISBN: 978-3-903005-28-0 | Zur Verlagshomepage

Verlagsbeschreibung: Gesellschaftsdrama im New York der 1920er-Jahre: Obwohl sich Marylin den Avancen Philips zu entziehen versucht, folgt er ihr nach New York. Dort kommen die beiden schließlich zusammen und beginnen ein glückliches, scheinbar sorgenfreies Leben im Jazz Age der Großstadt. Doch als Marylin ein Kind mit dunkler Hautfarbe zur Welt bringt, zerbricht Philips heile Welt in tausend Scherben …

Arthur Rundt schildert in seinem Roman von 1928, der nun erstmals als Buch erscheint, nicht nur ein Amerika im Aufbruch, sondern auch den schwelenden (Alltags-)Rassismus, der von allen hingenommen wurde.

„Arthur Rundt geht es offenbar nicht nur um das Aufzeigen eines eklatanten Widerspruchs zwischen dem american way of life und einem tief verwurzelten rassistischen Bewusstsein, sondern auch darum, den Beleidigten und Erniedrigten eine Stimme zu geben.“ (Ralph Gerstenberg, Deutschlandfunk/Büchermarkt)

„Eine erstaunliche, lohnende Lektüre, in der wir leicht verschoben gegenwärtige Haltungen wiederfinden.“ (Anton Thuswaldner, Salzburger Nachrichten)

„Nüchtern und unprätentiös entfaltet Rundt die Geschichte rund um Marylin und Philip, die unter den Zwängen der Gesellschaft, den Vorurteilen, den Klassengrenzen leiden. Das Geheimnis Marylins führt nämlich tief in das rassistische Herz Amerikas, und man erschrickt beim Lesen, denn allzu sehr unterscheidet sich dieses Amerika nicht vom heutigen.“ (Bernd Schuchter, Vorarlberger Nachrichten)

„Der Roman Marylin ist eine großartige Neuentdeckung. Ende der 1920er-Jahre als Fortsetzungsroman in der Neuen Freien Presse erschienen und nun erstmals in Buchform veröffentlicht, hat diese Geschichte nichts an Aktualität eingebüßt.“ (stadtbekannt.at)

Weitere Pressestimmen finden Sie hier.


Verdrängte Moderne – vergessene Avantgarde. Diskurskonstellationen zwischen Literatur, Theater, Kunst und Musik in Österreich 1918–1938

Verdrängte Moderne - vergessene Avantgarde_Cover

Herausgegeben von Primus-Heinz Kucher bei V&R Academic, 2015.

ISBN: 978-3-8471-0494-0 | Zur Verlagshomepage

Verlagsbeschreibung: Mit der Moderne seit 1880 etablierte sich eine Dynamik, in der eine Koexistenz von Neuem, Artifiziellem, Entgrenzendem und traditionell Schönem anzutreffen ist. Die Avantgardisten hingegen definierten sich stärker durch den Bruch mit dem Vergangenen. Die Wiener Kultur der Zwischenkriegszeit gilt davon als weitgehend unberührt, obgleich seit 1910 dem Expressionismus zugerechnete Werke entstanden sind. Im Schatten der schwierigen, aber auch von Aufbruch begleiteten 1920er Jahre entwickelte sich in Wien an den Schnittflächen von Theater, Architektur, Literatur, Tanz und Musik ein bemerkenswertes Spektrum konstruktivistisch ausgerichteter Experimente, die weit über Österreich hinaus Resonanz fanden. Diese und andere Konstellationen rekonstruiert dieser Band, der zugleich neue Akzente zum Epochenprofil der Zwischenkriegszeit setzt.

„… although the established figures of Modernism continued to dominate the artistic landscape  after the First Word War, a new generation appeared  on the scene which exhibited  at least some of the hallmarks of avant-gardism: experimentation, ambitious programmatic declarations and a revolutionary zeal to change their world through their art, activism and performance. The term ‘Diskurskonstellationen’, used in the subtitle of the present volume, captures its scope quite accurately.”  (Florian Krobb, Austrian Studies vol. 25/2017)
 
„This anthology is compellingly structured, moving from avant-gard aestheticism and artistic experimentation to a broader understanding of the avant-garde. These excellent articles expand the range of the ongoing scholarly discussions and make an important contribution to the field of interdisciplinary Austrian Studies” (Dagmar C.G. Lorenz, Journal of Austrian Studies 50.1/2017)
 
„… Erst in den letzten Jahren wurde durch eine umsichtige Sondierung, die in dem von Primus-Heinz Kucher herausgegebenen Forschungsband Verdrängte Moderne – vergessene Avantgarde (2016) erstmals dokumentiert ist, deutlich gemacht, daß es im Wien der Zwischenkriegszeit neben der Dominanz der traditionellen Kunstformen eine beträchtliche avantgardistische Strömung gab.” (Helmuth Kiesel: Geschichte der deutschsprachigen Literatur 1918-1938; München: C.H. Beck: 2017)

„… Denn in diesem Punkt hält der Band, was er verspricht: Er ist interdisziplinär und leistet zweifelsfrei einen Beitrag zur Neubewertung des »vergessenen wie verdrängten, jedenfalls hochproduktiven literarisch-kulturell-künstlerischen Feldes der 1920er und 1930er Jahre in Österreich«. […] Das von den Beiträgen aufgerissene Spektrum konstruktivistisch ausgerichteter Experimente ist, ganz wie der Buchrücken verspricht, bemer­kenswert und durchaus dazu angetan, neue Akzente zum Epochenprofil der Zwischenkriegszeit zu setzen. Mehr noch als die zentrale Rolle Wiens für das europäische Netzwerk der Avantgarde führt der Band vor Augen, dass die Würfel im Wien der 1920er Jahre noch nicht gefallen waren.” (Christine Magerski, Zagreber Germanistische Beiträge 27/2018)


1928. Ein Jahr wird besichtigt

Von Julia Bertschik, Primus-Heinz Kucher, Evelyne Polt-Heinzl und Rebecca Unterberger bei Sonderzahl, 2014.

ISBN: 978-3-85449-418-8 | Zur Verlagshomepage

Verlagsbeschreibung: Ein Jahr ‚besichtigen‘, nach Zeit-Signaturen befragen, liegt im Trend neuer kulturwissenschaftlicher Forschungen und Paradigmen. Insbesondere unauffällige, eher im historischen Abseits stehende Jahre, erweisen sich dabei als spannend und vielversprechend. Für Österreich ist 1928 das Jahr zwischen der politischen Zäsur von 1927 (Justizpalastbrand) und dem globalen ökonomischen Crash 1929, das Jahr, in dem die junge Republik gerade einmal ihr erstes Jahrzehnt feiert, in vielfacher Hinsicht ein Schlüsseljahr.

Wenig davon ist im kulturellen Gedächtnis präsent geblieben: der Jonny spielt auf-Skandal zu Jahresbeginn, Josephine Bakers Revue Schwarz auf Weiß im März, oder vielleicht noch der Fall Adolf Loos. Unter den wichtigsten Zeitbegriffen rangierten im Berliner Ullstein-Magazin Uhu von 1928 neben der Neuen Sachlichkeit, der Bauhaus-Idee, Amerikanismus-Bolschewismus-Konkurrenz allerdings auch signifikante Beiträge aus Österreich/Wien: Freud und Schönberg, Psychoanalyse und Atonale Musik, Steinachs Verjüngungs-Experimente sowie Coudenhove-Calergis Pan-Europa-Idee.

Im literarischen Feld erscheinen Texte, von denen manche heute als kanonisch, andere eher als Insider-Tipps gelten: Neben Schnitzlers Therese-Roman, Werfels Abituriententag oder Joseph Roths Zipper und sein Vater, stehen vergessene Epochenromane wie Oskar Maurus Fontanas Gefangene der Erde, ungewöhnliche Lyrikbände wie Theodor Kramers Die Gaunerzinke, aber auch aufsehenerregende Debüts wie Mela Hartwigs Ekstasen und Joe Lederers Das Mädchen George; Vicki Baum erlebte ihren Durchbruch mit stud.chem. Helene Willfüer, Ferdinand Bruckners Stück Die Verbrecher erregte einen Skandal und Robert Musil publizierte sein Kakanien-Kapitel aus dem Mann ohne Eigenschaften als Zeitungsvorabdruck.

Die vorliegende Monographie besteht aus vier im Rahmen eines FWF-Projekts zur Kultur und Literatur der 1920er Jahre recherchierten Großkapiteln: Dispositive vermisst in 12 Schlagwort-Abschnitten mediale Diskurse zu Zeitphänomenen (von Automaten-Büffet über Fotomodellbörsen bis zu den Wardanieri), Diskurs-Sichtungen fragt nach dem Einfluss österreichischer AutorInnen und RedakteurInnen auf die neusachlichen Profile zeittypischer Berliner Zeitschriften (Tage-Buch, Querschnitt, Dame, Uhu), Erzählwelten bringt eine thematisch gruppierte Sichtung der Neuerscheinungen des Jahres (Krieg und Liebe, Medien und Technik, Stadt und Land, Tempo und Verzögerung) und (Opern-)Theater-Jahr sichtet das Stückeangebot, die Debatten über Theaterereignisse und Regiekonzepte entlang der Konfliktlinien Tradition vs. Experiment, Operetten- vs. Revuetheater.

„…although 1928 is showcasted here as an ostensibly random juncture in Austrian interwar history – a year characterised by no particular events – it is nevertheless repeatedly described as janus-faced, suggesting that it is, after all, a representative middle point, marking ten years since the foundation of the First Republic and ten years before the Anschluss […] For those already researching the period, however, the volume will prove a reading reference work” (Deborah Holmes, Austrian Studies, vol. 23/2015)

Auch als Open-Access-PDF abrufbar: Link


Österreichische Literatur zwischen den Kriegen. Plädoyer für eine Kanonrevision

Von Evelyne Polt-Heinzl bei Sonderzahl, 2012.

ISBN: 978-3-85449-380-8 | Zur Verlagshomepage

Klappentext: Das vorliegende Buch unternimmt anhand von etwa 200 bekannten, in erster Linie aber vergessenen Werken eine Art Neuvermessung von Fragestellungen und Verfahrensweisen in der österreichischen Literatur der Zeit. Entlang von drei thematischen Achsen („Sachwerte, Kursstürze, Projektionsfiguren“, „Der Erste Weltkrieg und die Töchter“, „Großstadtleben und Medienwelten“) ergeben sich neue Einblicke in die Umbrüche und Modernisierungsprozesse der Epoche ebenso wie in Alltagsrealitäten und weniger sichtbaren Veränderungen im Schatten der Historie.

Evelyne Polt-Heinzls Österreichische Literatur zwischen den Kriegen ist seit Franz Kadrnoskas „Aufbruch und Untergang“ aus dem Jahr 1981 der erste systematische Versuch, mit einer größerflächigen Aufarbeitung der Erzählwelten der Ersten Republik Material für mögliche Kanonrevisionen bereitzustellen. Dafür ist es immer auch notwendig, die in der Literarhistorie besonders blickdichte Trennlinie zwischen „Hoher Literatur“ und Zeitromanen durchlässig zu machen, um vergessene Autorinnen und Autoren zur Diskussion zu stellen, aber auch, um kanonisierte Werke neu zu kontextualisieren.


„Akustisches Drama“. Radioästhetik, Kultur- und Radiopolitik in Österreich 1924-1934

Herausgegeben von Primus-Heinz Kucher und Rebecca Unterberger bei Aisthesis, 2013.

ISBN: 978-3-89528-582-0 | Zur Verlagshomepage

Verlagsbeschreibung: Motiviert durch die Anfang der 1920er Jahre dynamisch sich entwickelnde broadcasting-Bewegung im angloamerikanischen Raum formierte sich auch in Österreich eine zunächst technisch orientierte Radiotelegraphie bzw. Radio-Amateurbewegung, der es erstmals im Oktober 1923 gelang, auf Sendung zu gehen. 1924 wurde die erste große (halb)öffentliche Sendeanstalt eingerichtet, die RAVAG (Radio Verkehrs AG), begleitet und kritisch kontrastiert von der ersten Radiozeitschrift Die Radiowelt, die Ende der 1920er Jahre sowohl vom Profil als auch von der Wirkung her (geschätzte Auflage: 30.000 Ex.) gesehen eines der bedeutendsten zeitgenössischen Diskussionsforen für Radiokultur und Radiopolitik im deutschsprachigen Raum war. In ihr veröffentlichten so wichtige Medientheoretiker wie Bela Balázs, der die Formel von der neuen, hörbaren Kunst als das „akustische Drama“ prägte, Friedrich Porges oder der auch am Film interessierte Feuilletonist Arnold Höllriegel. Die Zeitschrift ist darüber hinaus als eine der ergiebigsten Quellen zur bereits 1924 einsetzenden Diskussion über Radiodemokratie anzusehen, ferner über Fragen der Volksbildung und ihrer politisch-ideologischen Dimensionen sowie über das Verhältnis zur zeitgenössischen Musik-, Theater- und Literaturszene. Da das neue Medium Radio seit 1924/25 auch eigene Rubriken in den großen Tageszeitungen (Arbeiter-Zeitung, Neue Freie Presse, Tagblatt etc.) hatte, kann von einer medien- und kulturgeschichtlich ergiebigen und interessanten Bandbreite von Positionen gesprochen werden. Interviews mit zeitgenössischen Kulturschaffenden aus allen Bereichen einschließlich der Literatur sowie Feuilletons in der Tagespresse sowie die pionierartige Radiohörer-Studie des Soziologen Paul Lazarsfeld (1932) rundeten dieses ästhetisch-politisches Medienfeld eindrucksvoll ab.

Der Band präsentiert etwa 50 programmatisch ausgerichtete Quellentexte zu den maßgeblichen Fragestellungen und Debatten und geht in begleitenden Essays einerseits auf die Geschichte des Mediums und seine Entfaltung, andererseits auf die ästhetischen Visionen, Experimente und Projekte (Mikrodrama, Radioroman, Geräuschtheater, Übertragungsdebatten) ein sowie auf die Vorstellungen von Künstlern und Schriftstellern anhand einer Analyse ihrer Interviewtexte.

Die Publikation biete „einen prägnanten Überblick über den Zusammenhang von Radio und Kultur in den 20er Jahren.“ (Harald Gschwandtner, Musil-Forum 32/2012-13)
 
„The many collected texts and interviews collected here, although focused on Austria, impart a real sense of the media and cultural revolution occurring at that time throughout Europe and cite many of the best known representatives of German speaking culture to help document radio’s evolution in the interwar years.“ (Joseph McVeigh, Journal of Austrian Studies, 48.2/2015)


„baustelle kultur“. Diskurslagen in der österreichischen Literatur 1918-1933/38

Herausgegeben von Primus-Heinz Kucher und Julia Bertschik bei Aisthesis, 2011.

ISBN: 978-3-89528-837-1 | Zur Verlagshomepage

Verlagsbeschreibung: Wird die österreichische Zwischenkriegszeit 1918-1933/38 literarhistorisch und ästhetisch meist noch immer im Schatten der Wiener Moderne rezipiert und verrechnet, so soll der vorliegende Band Texte und kulturelle Phänomene in den Vordergrund rücken, die einerseits die radikale Deregulierung der Lebensverhältnisse seit 1918 in Österreich begleitet, andererseits zeitaktuelle Entwicklungen im Alltag kommentiert haben. Zur Diskussion steht neben dem üblichen Forschungskonsens – Wien bilanziert die Epoche, Berlin erfasst die Gegenwart – dabei die Frage, inwieweit diese Dialektik aus Krisen-, Umbruchs- und Aufbruchserfahrungen auch in Österreich einen neusachlichen Habitus vorbereitet hat. Unter anderem werden einige kennzeichnende, parallel zu Berlin, aber auch zum ‚Roten Wien‘ situierte kulturell-habituelle Diskurse im Feld des literarischen Feuilletons (Amerika, Ehe-Debatten, Geschlechterverhältnisse, Freizeit, Kleidung, Sport, Reklame) oder Aspekte der medialen Entwicklungen (Radio, Film, Kommunikationstechnologien und Literatur) in den 21 Beiträgen in den Blick genommen und analysiert. Neben Autoren wie H. Bahr, R. Musil, A. Polgar, J. Roth, A. Schnitzler kommt dabei diskursprägenden zeitgenössischen Stimmen wie E. v. Allesch, H. Bettauer, E. Fischer, O.M. Fontana, A. Höllriegel, G. Kaus, M. Karlweiß, A.T. Leitich, F. Rosenfeld u.a. verstärktes Augenmerk zu.

„… Der Wert des neuen Sammelbandes liegt vor allem im Materialreichtum vieler Beiträge. Systematisch kann sich der Band auf eine frühere Publikation verlassen und versteht sich damit als Teil einer größer angelegten Neubewertung der Epoche […] Stark ist der Band insbesondere für die Umbruchszeit und die frühen 20er Jahre.“ (Werner Michler, Zeitschrift für Germanistik, 3/2012)
 
„… The collection includes a comparison between German and Austrian essayistic styles, a discussion of the debate concerning the language of literature and psychoanalisis versus the language of psychoanalisis and science focousing on Freud, and an examination of travel reports on the Austrian Amerika-Bild. The selection challenge long-held beliefs about Austrian literature of the period, such as the lack of impact of Neue Sachlichkeit on Austrian literature. They also point to artistic cross-pollination between innovations in the literary worlds in Vienna and Berlin.” (Jacqueline Vansant, German Studies Review 36/1, 2013)


Literatur und Kultur im Österreich der Zwanziger Jahre

Herausgegeben von Primus-Heinz Kucher bei Aisthesis, 2007.

ISBN: 978-3-89528-582-0 | Zur Verlagshomepage

Verlagsbeschreibung: Während der Kultur- und Literaturbetrieb der Weimarer Republik als spannendes Laboratorium der postexpressionistischen Moderne gilt, erscheint der Blick auf die österreichische Situation der Ersten Republik (1918-34/38) nach wie vor selektiv vom Beziehungsfeld Provinz-Habsburgischer Mythos oder von einigen wenigen herausragenden Einzelgestalten, die unter anderem in Berlin lebten und wirkten, bestimmt. Und wie es an einer systematischen Sozialgeschichte der Literatur, einer Kontextualisierung von literarischen Texten in die ästhetischen wie politisch-sozialen Debatten der Zeit (z.B. Moderne-Antimoderne, Experiment-Form, Inflation und Wertediskussion, Demokratie-Faschismus, Nationalismus-Antisemitismus, Individuum-Masse, Rotes Wien-Weiße Provinz) mangelt, so mangelt es erst recht an kultur- und mediengeschichtlich ausgerichteten Aufrissen, etwa an Auseinandersetzungen mit Erfahrungen der Medialisierung der Kultur, der Inszenierungs- und Repräsentationsformen in der Öffentlichkeit, an der Verbindung zwischen moderner Wissenschaft und Genderreflexionen.

Der vorliegende Band versucht anhand kanonischer, aber auch weniger bekannter Stimmen, anhand interdisziplinärer Ansätze und Methoden sowie exemplarisch mögliche Umrisse eines der kulturell-literarischen Dynamik und Vielfalt angemessenen Epochenprofils zu skizzieren. Das Spektrum umfasst AutorInnen wie H. Bahr, M. Hartwig, H. v. Hofmannsthal, E. Hoeflich, K. Kraus, R. Musil, A. Schnitzler, J. Weinheber u.a.; es behandelt Themen wie Umbruch/Revolution und Konservative Revolution, Jugend, Mode und Textarbeit, Hysteriediskurse, Fremdheit und lyrischer Ausdruck, Jazzromane und Schriftsteller als Cineasten.

„… die vorliegenden Akten des genannten Symposiums enthalten jedenfalls mehr als ‚Vorschläge zu einem transdisziplinären Epochenprofil‘, wie der Untertitel bescheiden ankündigt.“ (Kurt Bartsch, http://www.literaturhaus.at)
 
„… the material makes stimulating reading because it could so clearly be extended across the generations also across the entire ideological and political spectrum.“ (W. Edgar Yates, arbitrium 26.1/2008)