Schmidt, Wilhelm
Geb. 16.2. 1868 in Hörde/Düsseldorf (Dt. Reich), gest. 10.2. 1954 in Freiburg (Schweiz). Ethnologe, Theologe, Univ. Professor, Antisemit, NS-Gegner (ab 1938)
Schmidt besuchte ab 1885 die Schule der Missionsgesellschaft SVD (Societas Verbi Divini) im holländischen Steyl (bei Venlo) und trat nach dem Abitur/der Matura in den Orden ein, studierte dann 1893 bis 1895 orientalische Sprachen sowie Islamische Theologie in Berlin, um nach deren Abschluss am Missionshaus in St. Gabriel bei Mödling (Niederösterr.) zu unterrichten und sich auf die Missionsarbeit in Papua-Neuguinea ab 1896 vorzubereiten. Im Zuge der letzteren vertiefte er seine ethnologischen Interessen und knpüfte Kontakte zu Wiener Orientalisten. Er gilt als Begründer der „Wiener Schule“ der sog. „Kulturkreislehre“, die eine Universalgeschichte der Kultur zu erstellen versuchte, und war gleichzeitig ein bedeutender vergleichender Sprachwissenschaftler (australische Sprachen, Sprachtypologie) der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. 1902 nahm er die österreichische Staatsangehörigkeit an. 1906 begründete er die bis heute bestehende Zeitschrift Anthropos, die finanziell von der Leo- sowie der Görres-Gesellschaft unterstützt wurde und sich zu einem renommierten Sprachrohr der Ethnologie entwickeln (aktueller Sitz in St. Augustin/BRD mit Anbindung an die Universitäten Bonn und Köln) konnte. Ab 1921 war Schmidt Dozent am Lehrstuhl für Anthropologie und Ethnographie, das unter der Leitung von Otto Reche eine Rassen-Schlagseite hatte. In den 1920er Jahren vertrat Schmidt selbst auch dezidierte antisemitischen Positionen, veröffentlichte sie auch, u.a. in der Zs. Schönere Zukunft und rief 1933 zum Boykott jüdischer Geschäfte auf. Zwischen 1927 und 1939 übernahm er auch die Leitung des Vatikanischen Missionsmuseums.
Weitere Werke/Schriften:
Die Sprachfamilien und Sprachkreise der Erde (Heidelberg 1926); Der Ursprung der Gottesidee. Eine historisch-kritische und positive Studie. 12 Bände (Münster 1912–1955); Rassen und Völker in Vorgeschichte und Geschichte des Abendlandes
. Band 1–3. (Luzern 1946).
Materialien und Quellen:
Christian Pape: Schmidt, WilhelmGeb. 16.2. 1868 in Hörde/Düsseldorf (Dt. Reich), gest. 10.2. 1954 in Freiburg (Schweiz). Ethnologe, Theologe, Univ. Pr.... In: Handbuch des Antisemitismus. Band 2/2: Personen L–Z., Berlin: DeGruyter, Saur 2009, S. 738-739; Hans Waldenfels (SJ): Wilhelm Schmidt (1868–1954). In: Axel Michaels (Hg.): Klassiker der Religionswissenschaft. Von Friedrich Schleiermacher bis Mircea Eliade. München: C. H. Beck 1997, 3. Aufl. 2010, S. 185-197; Peter Rohrbacher: Pater Wilhelm Schmidt im Schweizer Exil: Interaktionen mit Wehrmachtsdeserteuren und Nachrichtendiensten, 1943–1945, in: Paideuma. Mitteilungen zur Kulturkunde 62 (2016), 203–221 Online unter: https://www.academia.edu/27938075
(PHK, in preparation)