Künstlerspiele Pan

auch Kunstspiele Pan, ab 1923 auch: Pan-Spiele

Einer Zeitungsmeldung zufolge wurden die Kunstspiele als Kleinkunst-Kabarett mit dezidiert (gesellschafts)politischer Ausrichtung Anfang März 1919 im Haus Riemergasse 11 in Wien eingerichtet. Das Leitungskollegium bestand aus Gabriel Lax, Béla Laszky (zuständig für das Musikalische), Wilhelm Sterk (Regie) und Alexander Rotter (Organisation, Finanzen). Bereits Ende Mai wurde es ‚sozialisiert‘, d.h. der Direktor (Lax) seiner Befugnisse enthoben und ein Theaterrat gebildet, bestehend aus Laszky, Sterk, Weran und Etlinger.

Zu den ersten Veranstaltungsangeboten zählten u.a. ein Politischer Bilderbogen 1866-1919 (Juni), das Komikerduo G. Müller/K. Etlinger mit Pi-Ti-Pinq (Sept.), Musikaufführungen durch die Pianistin Mizzi Klima, diverse Gastauftritte u.a.m. Ende Juli wurde für die Saison 1919-20 ein interessantes Programm angekündigt, das u.a. den Einakter Der Faun von H. Bahr, Weltgeschichte von F. Grünbaum, Zeitungsausschnitte von G.B. Shaw, Stücke von R. Scheu in Aussicht stellte, Programmpunkte, deren Zustandekommen jedoch nicht belegt ist. Am 16.12. 1919 übernahm ein neues Direktionskonsortium die Führung (E. Dukesz, B. Patek, E. Fritz), v.a. um die offenbar prekären Raumbedingungen (Heizung) zu verbessern, sodass bereits Ende Dez. ein neues Programm (Zeitvertreib/ Ein gefährlicher Herr) angeboten werden konnte. Der Akzent verschob sich einerseits auf zeitgenössische U-Musik (Chansons), auf Tanzdarbietungen, u.a. durch die Operettenschauspielerin Louise Kartousch, andererseits auf Kurzopern (z.B. Ein Narr der Liebe von B. Laszky) sowie auf verschiedene Sketch-Formen. U.a. kam dabei Der Seelenverkäufer von F. Dörmann zur Aufführung.

In: Neues Wiener Journal, 27.12.1919, S. 13

Ab 1.5. 1920 firmierte Harry Weininger als Direktor, der die Sketch-Schiene weiter stärkte, etwa durch 60 Grad unter Null von Leopoldine Konstantin (die zuvor schon auf großen Bühnen, im Stummfilm und nach 1918 auch im Chat noir Erfolge feiern konnte) oder durch Sketches des Schauspielers und Komikers M. Brod (nicht zu verwechseln mit dem Schriftsteller M.B.). 1921 standen wieder vorwiegend Sketches auf dem Programm (u.a. Um eine Lücke auszufüllen von Sil-Vara, Kabarett Größenwahn, das die gleichnamige Berliner Einrichtung imitierte), Musik-Virtuosinnen sowie einaktige Operetten, z.B. Nathan der Kluge von E. Wengraf. Im Dez. 1921 trat u.a. auch K. Farkas im Pan auf. Das Folgejahr brachte keine großen Änderungen im Programmangebot, dagegen aber Turbulenzen auf der Leitungsebene, die 1923 auch in gerichtsanhängige Klagen durch den bereits 1920 abgesetzten ehem. Dir. Patek führten. Im Sept. 1923 wurde der Pan schließlich durch die exilruss. Kleinkunsttruppe ›Der blaue Vogel‹ erworben, der die Räume daraufhin nutzte (die Dauer ist nicht bekannt). Ab 1925-26 wurden die Künstlerspiele auch von externen Organisationen genutzt, z.B. vom Mädchenklub Mirjam, für den z.B. Martha (Myriam) Schnabel-Hoeflich im Dez. 1926 einen Rezitationsabend gab, begleitet von der Tänzerin Trude Krause (Die Stunde, 11.12.1926) oder 1927 von der neugegr. Kleinkunstbühne Der Faun (AZ, 3.9. 1927).

1929-34 wurden die Räumlichkeiten durch die Kinogemeinde der Zs. Mein Film für diverse Veranstaltungen genutzt, 1932 gab es dort auch Vorträge der sozialdemokr. zionist. Organisation ›Poale Zion-Hitachduth‹, 1934 eine Theatervorführung von Klabunds X,Y,Z durch eine Theatergruppe unter dem Namen ›Die Fünfer-Truppe‹.


Quellen und Dokumente

Künstlerspiele Pan. Gründungsbericht. In: Wiener Sporttageblatt, 13.3.1919, S.4; Sozialisierung der Künstlerspiele. In: Neues Wiener Tagblatt, 30.5.1919, S. 26; Programmvorschau Saison 1919-20. In: NWJ, 30.7.1919, S.10; Veranstaltungsannonce Dez. 1919. In: NWJ, 27.12.1919, S. 13; Programmvorschau März 1920. In: NWJ, 3.3.1920, S. 8; Übernahme durch den Blauen Vogel. In: Der Tag, 12.9.1923, S. 7; Rezitationsabend Schnabel-Hoeflich. In: Die Stunde, 11.12.1926, S. 7; Kinogemeinde in den Kunstspielen. In: Mein Film, H. 205/1929, S.2. Klabunds XYZ in den Künstlerspiele-Räumen. In: Kleine Volkszeitung, 11.7.1934, S. 11.

(PHK)