Zilsel, Edgar
geb. am 11.8.1891 in Wien – gest. am 11.3.1944 in Oakland (CAL/USA); Pseud.: Rudolf Richter; Pädagoge, Philosoph, Soziologe, Volksbildner, Exilant.
Nach dem Besuch des Franz Josephs Gymnasiums studierte der drittgeborene Sohn des jüd. Rechtsanwalts Dr. Jakob Zilsel von 1910 bis Juni 1915 an der Universität Wien Philosophie, Mathematik und Physik und wurde am 28.6. 1915 mit seiner Dissertation über das ‚Gesetz der großen Zahlen und seine Verwandten‘ promoviert. Nach Anstellungen im Bereich der Versicherungsmathematik erwarb er im Nov. 1918 die Lehrbefähigung für die Fächer Mathematik, Physik und Naturlehre. Im selben Jahr legte er seine erste wiss. Schrift über den Geniebegriff vor, die er 1923 unter dem Titel Beiträge zu einer Methodik des Geniebegriffs zu einer Habilitationsschrift ausarbeitete, welche jedoch von der Phil. Fakultät der Univ. Wien abgelehnt wurde. 1926 erschien diese unter dem wiederum modifizierten Titel Die Entstehung des Geniebegriffes. Ein Beitrag zur Ideengeschichte der Antike und des Frühkapitalismus im renommierten Verlag Mohr (Tübingen). Seit 1924 war er dann Mitglied des Wiener Kreises, positionierte sich dort am linken Flügel, wurde in der Volksbildung sowie im Umfeld der Schulreformbewegung tätig und publizierte regelmäßig im Kampf. 1934 wurde er kurz inhaftiert und verlor seine Berechtigung, in der Volksbildung tätig zu bleiben. Bis 1938 unterrichtete er dann Mathematik, Physik und Naturlehre. Nach dem Anschluss gelang ihm mit seiner Familie die Flucht in die USA, wo er als Privatgelehrter und Rockefeller Fellow versuchte Fuß zu fassen, trotz äußerst prekärer Verhältnisse auch erstaunlich viel publizierte, jedoch in soziale Isolation geriet und 1944 den Freitod wählte. Dennoch entstand in diesen Jahren sein wichtigstes Werk, wenngleich dieses Fragment geblieben ist: The Social Origins of Modern Science, die in deutscher Übersetzung 1976 bei Suhrkamp erschienen als Die sozialen Ursprünge der neuzeitlichen Wissenschaft (hg. von Wolfgang Krohn).
Materialien und Quellen:
Eintrag in: dasrotewien.at;
Eintrag von G. Sanders in Science.orf (2018) über Zilsels Studien zur ‚Geniereligion‘: https://science.orf.at/v2/stories/2951285/
Forschungsliteratur:
Donata Romizzi, Monika Wulz, Elisabeth Nemeth (Hgg.): Edgar Zlsel. Philosopher, Historian, Sociologist. = Vienna Circle Yearbook 2022; online: https://link.springer.com/book/10.1007/978-3-030-93687-7; Johann Dvořák: Edgar Zilselgeb. am 11.8.1891 in Wien - gest. am 11.3.1944 in Oakland (CAL/USA); Pseud.: Rudolf Richter; Pädagoge, Philosoph, Sozio... und die Einheit der Erkenntnis. Aktualis. Neuauflage. Wien: LIT 2023
(PHK, in preparation)