Käthe Leichter: Die beste Abwehr
Käthe Leichter: Die beste Abwehr (1933)
„Diese deutsche Erfahrung hat vor allem gezeigt, daß die furchtbarsten und schwersten Opfer, die eine Arbeiterklasse im Kampf gegen den Faschismus bringen muß, immer noch leichter sind als die Opfer, die ein widerstandsloses Niedergeworfenwerden der Arbeiterklasse auferlegt.“
Otto Bauer1881 als Sohn des wohlhabenden jüdischen Textilindustriellen Philipp Bauer in Wien geboren, setzte er sich bereits wäh... auf der Internationalen Sozialistischen Konferenz.
Die deutsche Katastrophe hat der Arbeiterklasse der ganzen Welt die Verpflichtung auferlegt, ihre Taktik zu überprüfen. Dabei kann es sich nicht nur darum handeln, festzustellen, ob dieser oder jener Zeitpunkt versäumt, diese oder jene Situation richtig genutzt, diese oder jene Entscheidung falsch war, ob hier die Führer und dort die Massen es an Initiative oder Tatkraft haben fehlen lassen. Diese jetzt so häufige Methode der kritischen
Auseinandersetzung sieht die Erscheinungsformen, aber nicht die tieferen Ursachen für die Überrumpelung der Arbeiterbewegung durch den Faschismus. Nur wenn wir gewissenhaft prüfen, ob die Gründe manchen Versagens nicht tiefer zurückliegen, ob die Perspektive, die die Arbeiterbewegung innerhalb der bürgerlichen Demokratie der Nachkriegsjahre geleitet hat, auch die sein konnte, die uns zum Kampfe gegen den Faschismus befähigt, nur wenn wir
daraus die nötigen Konsequenzen ziehen, wird uns jene innere Umstellung gelingen, die der Augenblick erfordert. Denn dadurch, daß die Konterrevolution nicht überall gleichzeitig, nicht überall mit einem Schlag als hundertprozentiger Faschismus auftritt, ist der Arbeiterbewegung, die in anderen Ländern vom Faschismus bedroht ist, eine Frist gegeben, von deren richtiger Nutzung es abhängen wird, ob der entscheidende Gegenangriff erfolgreich abgewehrt werden kann. Selbstkritik also, nicht um in nachträglicher Selbstzerfaserung nicht wieder Gutzumachendes festzustellen, sondern um jene gefährliche Lähmung zu vermeiden, von der wir heute wissen, daß sie auch das Schicksal einer großen,
mächtigen Arbeiterklasse sein kann, und um jene Aktionsfähigkeit zu gewinnen, die allein den Faschismus erfolgreich abwehren kann.
Dazu scheint es aber vor allem notwendig, der sozialistischen Bewegung den Glauben an die Automatik, an die Unabwendbarkeit wirtschaftlichen und geschichtlichen Geschehens zu nehmen, der sie in diesen letzten Jahrzehnten nur allzusehr beherrschte. […] //
Der Überschätzung der Automatik des wirtschaftlichen Lebens in einer Zeit, in der die Automatik der kapitalistischen Wirtschaft zerstört ist, entspricht der Glaube an den demokratischen Automatismus in einer Zeit, in // der die Demokratie vom Klassengegner gesprengt ist. Man kann der österreichischen Sozialdemokratie gewiß nicht den Vorwurf machen, daß sie diese Situation nicht vorausgesehen habe. Kein anderes sozialistisches Programm hat die Sprengung der Demokratie mit solcher Klarheit vorausgesehen wie das Linzer Programm der österreichischen Sozialdemokratie, in dem nicht etwa als Möglichkeit, sondern als sicher festgestellt wurde: „Die Bourgeoisie wird nicht freiwillig ihre Machtstellung räumen.“ Und doch wissen wir heute, daß in seiner Konzeption der Machteroberung eine Lücke klafft. Daß die Staatsmacht mit Gewalt zu erobern sei[n] wird nur defensiv, nur für den Fall zugegeben, daß alle Anstrengungen, in die Wehrmacht des Staates einzudringen, mit demokratischen Mitteln die Staatsmacht zu erobern, gescheitert sein sollten. Aber wissen wir nicht aus der Erfahrung dieser letzten Jahre, daß nicht nur wir unsere Strategie der Revolution, daß auch die Bourgeoisie ihre wohlfundierte Strategie der Gegenrevolution hat? Nur in Zeiten, in denen die Arbeiterklasse geschwächt ist, geschwächt durch politische Selbstzerfleischung wie in Italien, geschwächt vor allem durch die Krise, durch die verminderte Möglichkeit der Anwendung gewerkschaftlicher Kampfmittel, geschwächt durch politisch ungünstige internationale Konstellationen, wird die Bourgeoisie die Demokratie sprengen. Der Gegner weiß sehr gut, wann die politische Konjunktur für ihn günstig ist —, und nur dann wird er, durch keinerlei ideologische Bindungen gehemmt, an die Aufrichtung der bürgerlichen Diktatur gehen. Ja, er wird es sogar mit Sicherheit nur dann tun, wenn er nicht nur über illegale Kampftruppen, sondern auch über Teile des Staatsapparats verfügt, kurz, wenn ihm die Chance des Sieges winkt. Indem wir so unseren Entscheidungskampf auf den Zeitpunkt verlegen, in dem der Gegner die Demokratie sprengt, verlegen wir ihn von selbst auf einen Augenblick, in dem wir ökonomisch, international und innerpolitisch die Schwächeren sind, die Gefahr, den Kürzeren zu ziehen, also sehr groß ist.
Kein Zweifel, daß heute, da sie in großen Teilen Mitteleuropas zerstört ist, die Demokratie erst vielen erstrebenswert erscheint. Und doch, wenn uns heute so oft die Wiedereroberung dieser Demokratie als Hauptaufgabe gestellt wird – das, so fühlen viele in der Partei, war nicht der Sinn des Linzer Programms, daß wir, wenn der Gegner den Boden der Demokratie gesprengt hat, ob der entschwundenen Demokratie klagen, statt ihm auf den Boden zu folgen, den er uns durch die Sprengung der Demokratie aufzwingt. Freilich haben wir dabei an eine andere ökonomische und internationale Situation gedacht, aber das war ja eben die Illusion. Solange wir unsere Taktik als Defensivtaktik auf den Angriff des Gegners aufbauen, werden wir notwendig in einen Zirkel geraten, der uns einmal nicht kämpfen läßt, weil der Gegner uns nicht genügend provoziert, das andere Mal, weil er uns zu erfolgreich angreift. […]//
Sehr treffend hat der Belgier Spaak auf der Internationalen Konferenz gesagt: „Es ist ein Irrtum, zu glauben, daß eine Partei, die jahrelang festgelegt ist auf die Regeln und Methoden des rein demokratischen Kampfes, mit einem Schlage, wenn der Faschismus kommt, sich umstellen kann auf gewaltsame Abwehr im illegalen Kampf.“ Die Schwierigkeiten dieses Umstellungsprozesses haben wir in den letzten Monaten erfahren.
So entsteht ein optimistischer Fatalismus, der ebenso gefährlich sein kann wie der pessimistische. Der da fatalistisch glaubt, der Faschismus sei unabwendbar, wird gewiß nicht die Kraft aufbringen, ihm entgegenzutreten. Aber auch der da meint, Faschismus, das sei nur eine Form der Reaktion wie vieles andere, das alles habe es schon gegeben und sei doch nicht so schlimm, man müsse nur abwarten, bis wieder „unsere Zeit“ kommt, wer also auf die Selbstzersetzung und Selbstauflösung des Faschismus hofft, ohne daß die Arbeiterklasse in Aktion zu treten brauche, oder gegen andere Formen der Konterrevolution abgestumpft wird, weil sie doch keinen hundertprozentigen Faschismus darstelle, begeht mit seinem fatalistischen Optimismus, der alles von den Ereignissen und nichts von der Kraft der Arbeiterklasse erhofft, diese Arbeiterklasse aber dadurch als handelnden Faktor gewissermaßen aus dem Gang der Entwicklung ausschaltet, einen ebenso schweren Fehler wie der, der den Faschismus für unabwendbar hält. Der ökonomische Determinismus, der nur fragt, was diese Krise bedeutet, und nicht, wie man sie auswerten kann, findet hier seinen ideologischen Überbau in einem politischen Fatalismus, der fasziniert auf das Kommen wie auf das Verschwinden des Faschismus wartet, ohne die Frage so zu stellen: Was tut die Arbeiterklasse, um den Faschismus gar nicht erst groß werden zu lassen oder ihn, „wenn er dennoch ausbrechen sollte“, zu stürzen)?
Ist es Geringschätzung der Demokratie, wenn ihre bloße Zurückeroberung mit ihren Freiheitsrechten, ihrem Parlamentarismus wenig Leidenschaften auslöst? Gewiß lernen Tausende erst heute den Wert der Demokratie schätzen. Als Zustand wäre sie freilich hundertmal erwünschter als die faschistische Diktatur. Was aber enttäuscht hat, ist die Dynamik der demokratischen Entwicklung. Daß auch die bürgerliche Demokratie für uns arbeitet, schien uns nach unserer marxistischen Überzeugung sicher: infolge des Zunehmens der Lohnarbeiterschaft, der Proletarisierung immer größerer Schichten, die auf dem freien Boden der Demokratie nun auch zu uns stoßen mußten. Aber auch hier ist die Entwicklung nicht so automatisch, nicht so mechanisch verlaufen. Die Proletarisierung ist in ungeheurem Ausmaß eingetreten, aber nicht in der Form der Zunahme der Lohnarbeiterschaft, sondern im Gegenteil: durch Hinausschleudern immer größerer Massen aus dem Produktionsprozeß, durch Deklassierung von Mittelschichten, aber nicht zu Lohnarbeitern, sondern zu Paupers. Nicht die Vereinheitlichung, sondern die Ökonomische Zerklüftung des Proletariats war die Folge von Nachkriegszeit, Rationalisierung und Weltwirtschaftskrise. Hier sind Schichtungen entstanden, die durchaus nicht automatisch die Scharen unserer Bewegung vergrößert, sondern im Gegenteil dem Faschismus die Möglichkeit geboten haben, mit pseudosozialistischer Phraseologie in die Arbeiterklasse, in ihre Randschichten nach oben wie nach unten, einzudringen. Gewiß wäre auch das nicht ohne Versäumnisse von unserer Seite so leicht gewesen. Wir haben in einem Zeitpunkt, in dem die Krise schon weit fortgeschritten war, noch immer im wesentlichen die Politik der beschäftigten Arbeiter gemacht, um deren Löhne, um deren Rechte im Betrieb, um deren Sozialpolitik vor allem gerungen wurde. Freilich kann man auch gerade da der österreichischen Bewegung nicht den Vorwurf machen, daß sie das Problem nicht gesehen hat. Der Gewinnung der Mittelschichten, dem Kampf um die Arbeitslosenversicherung hat ein Großteil unserer Energie in den letzten Jahren// gegolten. Aber wir haben dabei beide psychologisch nicht richtig eingeschätzt. Wir waren überzeugt, daß die Mittelschichten so eng mit der kapitalistischen Ordnung verknüpft sind, daß wir zu ihnen im wesentlichen mit Forderungen kamen, die ihnen den Bestand der kapitalistischen Wirtschaft zusicherten —, und haben dabei ihren bei Deklassierten besonders affekthaften Antikapitalismus übersehen. Wir haben die Arbeitslosen von vornherein für so revolutionär gehalten, daß wir geradezu fürchteten, ihre revolutionären Leidenschaften loszulösen und uns darauf verließen, daß unser parlamentarischer Kampf um ihre Unterstützung sie ohnehin an uns fesseln würde – aber dieser parlamentarische Kampf wurde immer unfruchtbarer, mußte Verschlechterungen in Kauf nehmen, für die wir verantwortlich gemacht wurden. Langandauernde Arbeitslosigkeit aber – das wissen wir heute – revolutioniert nicht immer, sie schafft nur allzu leicht Resignation.
Auch hier waren sozialistische Leidenschaften zu wecken. Wo wir es versäumten, trat Indifferenz ein, der beste Boden für den Faschismus. So kann die Demokratie, wenn nicht richtig ausgenützt, sehr wohl auch mit zunehmender Proletarisierung nicht eine automatische Vergrößerung der sozialistischen Reihen, sondern im Gegenteil den „Feind von innen“, den „Faschismus“, der sich auf die Randschichten der Arbeiterbewegung stützt, erzeugen. Nicht die Demokratie, aber die in den meisten Ländern miterlebte Dynamik der bürgerlichen Demokratie, in der die Kapitalisten bemüht sind, so bald wir stärker werden, ihre Geldmittel zum Aufzüchten einer faschistischen Massenbewegung, die den Marxismus niederkämpfen soll, zu verwenden, in der sich also letzten Endes die Demokratie gegen uns auswirkt, ist in schlechtem Ansehen bei der Arbeiterschaft. Und sie ist es um so mehr in der heutigen Zeit, in der es so klar ersichtlich ist, daß der Gegner weit größere Machtmittel und viel geringere Hemmungen zur Verfälschung der Demokratie in seinem Sinne hat. Ist es denkbar, ihm diese einmal angewendeten und bis zum Faschismus gesteigerten Machtmittel ohne stärksten Gegendruck zu entwinden, ist es überhaupt denkbar, daß, wenn sich die Arbeiterschaft aus der furchtbaren Umklammerung der faschistischen Gefahr befreit haben wird, sie nach den bisherigen Erfahrungen ihren Unterdrückern Freiheit und Muße geben wird, sich wieder zu sammeln und das Spiel von vorne anzufangen?
So entsteht in der Arbeiterklasse der leidenschaftliche Wunsch, als Endziel unseres Kampfes mit dem Faschismus, nicht wieder die bürgerliche Demokratie, sondern die sozialistische Machteroberung zu sehen. So entsteht aber auch der starke Drang, diese Macht nicht nur zu erobern, sondern auch durch eine „Erziehungsdiktatur“ (Aufhäuser) als Weg zur sozialistischen Demokratie gesichert zu wissen. Es ist ein Schritt vorwärts, wenn Bauer im Kampf und auf der internationalen Konferenz die Ansicht vertreten hat, daß die Demokratie, um die gekämpft werden soll, eine sozialistische, eine ökonomisch fundierte Demokratie sein muß. Aber das allein genügt nicht. Es gilt, die geänderte ökonomische Grundlage, es gilt die neue Staatsform gegen die unvermeidbaren Gegenaktionen der Bourgeoisie zu sichern, die Macht mit diktatorischen Mitteln zu behaupten, um vor Rückschlägen gesichert zu sein und zu verhindern, daß die Machtergreifung durch das Proletariat eine bloße Fortsetzung der „Schaukelpolitik“ in der bürgerlichen Demokratie scheint, in der auch eine sozialistische Regierung unfehlbar wieder von einer bürgerlichen abgelöst wird, weil der Gegenagitation gegen die sozialistische Regierung freier Spielraum gelassen und erst spät die Frage aufgeworfen wird, warum die Arbeiterschaft so „großherzig und gnädig. in der Stunde ihres Sieges mit demselben Gegner umgegangen ist“. (Bauer auf der Internationalen Konferenz.)
In der Augustnummer des Kampf wendet Bauer gegen dieses Bekenntnis zur Diktatur im wesentlichen ein, daß es uns bei der Erfassung der Mittelschichten hinderlich sein könnte. Aber eindrucksvoll weist einige Seiten weiter Dan nach), daß wir diese Schichten psychologisch falsch// beurteilt haben, daß sie weit eher mit offener sozialistischer Agitation zu gewinnen waren, als mit vorsichtigen Parolen. Und hat uns nicht Hitlers Aufstieg gelehrt, daß gerade der rücksichtslose Machtwillen die ungeschminkte Betonung der Diktatur bei diesen herumgeworfenen Anlehnung an eine starke Macht suchenden Schichten, vielleicht am stärksten wirkt? Wenn wir vor uns selbst entschlossen sind, diese Diktatur nur soweit sie unbedingt notwendig ist und nur als Überleitung zur sozialistischen Demokratie zu gebrauchen, innerhalb der Arbeiterbewegung auch in der Diktatur die Selbstbestimmung zu wahren, wenn wir vor allem nicht selber die Diktatur mit einem Schreckensregime identifizieren und etwa wie Karl Kautsky”) zu einer Gegenüberstellung von Humanität und Bestialität kommen, so können wir getrost diesen Weg als den unseren verkünden. In den heute von Zweifeln erschütterten Massen unserer Mitglieder und unserer Anhänger wird es unzweifelhaft das Gefühl stärken, daß nicht so leicht wieder „eine Revolution zugrunde gehen kann“ und daß ein neuer Umsturz in Mitteleuropa kein neues 1918 bedeutet.
Und wähnen wir doch selber nicht, daß uns der Gegner wegen unseres Wortradikalismus haßt! „Austrobolschewiken“ sind wir in den Augen des Österreichischen Bürgertums nicht wegen des Linzer Programms und etwaiger kräftiger Worte in Reden und Leitartikeln, sondern wegen des Mieterschutzes, der Breitner-Steuern, der Betriebsräte und der sozialen Lasten. Unsere revolutionären Worte hätten sie wenig gestört, unsere Reformen, die den Profit und den Machtbereich des Unternehmers im Betrieb eingeschränkt haben, haben ihre Nervosität geweckt. Auch die vorsichtigste Programmformulierung und Schreibweise hat die deutsche Sozialdemokratie nicht vor dem Haß der Gegner schützen können, den gerade ihre reformistische Tagespolitik in der Schaffung eines neuen Arbeitsrechtes und in der Verwaltung Preußens geweckt hat. Wollten wir auf die Gegenagitation Rücksicht nehmen, so müßten wir nicht auf unsere sozialistische Zielsetzung, sondern in Wirklichkeit auf unsere Tagespolitik verzichten. Und tatsächlich sehen wir ja auch, daß der erste Angriff des Faschismus überall vor allem diese sozialen Errungenschaften beseitigt. So ist heute der Reformismus in eine Sackgasse geraten. Rät er uns, was in allen Ländern der Fall ist, um der sozialen Institutionen, um der tatsächlichen Werte, um all dessen willen, was die Arbeiterschaft bei der Auseinandersetzung mit dem Gegner zu verlieren hätte, still zu halten und den großen Einsatz nicht zu wagen, so ist das nach den nbisherigen Erfahrungen gerade der sicherste Weg, diese Errungenschaften aufzuopfern. Denn schrittweise, aber zielbewußt, baut heute die Gegenrevolution Sozialpolitik und Sozialversicherung, Selbstbestimmungsrecht im Betrieb und Mitbestimmungsrecht der Gewerkschaften, Gemeindeautonomie und soziale Wohnungspolitik ab. Die Einrichtungen und Werte, die heute vielfach die Arbeiterschaft in ihren Kampfmöglichkeiten hemmen, weil ihr Verlust gefürchtet wird, gehen, so bald der Gegner unseren Gegenangriff nicht mehr fürchtet, am sichersten verloren. „Die Zwecke der Defensivaktion selber können nur noch durch eine Offensivaktion erreicht werden“, sagt de Mahn, „Das Prinzip der Demokratie verbietet es, ein absoluter Demokrat zu bleiben“, Irlen. Ebensogut könnte man sagen, daß die Reformen nur mehr mit revolutionären Mitteln behauptet werden können und daß gerade ihre Erhaltung verbieten müßte, Reformist zu sein. Nicht wenn wir auf die loyale Zusammenarbeit mit dem Gegner bauen, sondern nur wenn er uns fürchtet, wird sein Angriff auf unsere sozialen Positionen ausbleiben.
Wenn man dem Feind unmittelbar gegenübersteht, ist es notwendig, rücksich[t]slos zu fragen, wo Lücken in den eigenen Reihen sind. Für den Sozialismus bedeute das heute manche innere Umstellung, schmerzhaft für die, die von der geruhsamen Entwicklung der ersten Nachkriegsjahre schwer wegfinden, hoffnungsvoll für die, die in sozialistischer Selbstzufriedenheit und Erstarrung immer die größte Gefahr, in dem ständigen Ringen um den rechten Weg die //sicherste Gewähr für den Sozialismus gesehen haben. In Deutschland muß sich heute diese Regeneration des Sozialismus unter der furchtbaren Niederdrückung durch den Faschismus vollziehen. Sorgen wir dafür, daß sie uns nicht erst vom Faschismus aufgezwungen werde, sondern uns im Gegenteil befähigt, ihn abzuwehren.