Jeremias. Eine dramatische Dichtung in neun Bildern

von Stefan Zweig

Cover zu Jeremias (1918): Dokumentationsstelle für neuere österreichische Literatur, Wien

Seinem 1918 uraufgeführtem Stück Jeremias. Eine dramatische Dichtung in neun Bildern stellte Zweig den Entstehungsverweis „Ostern 1915 – Ostern 1917“ voran. Das Stück gilt als Klassiker der pazifistischen Literatur und erzählt die Geschichte des Propheten Jeremias bibeltreu und mit großem Pathos nach, für Schnitzler das „hervorragendste Gymnasiastenstück, das sich denken lässt“1. Jeremias warnte lange vor Ausbruch des Krieges vor einem Waffenbündnis mit den Ägyptern gegen das Babylonische Reich und sagte den Untergang Jerusalems voraus. In der Hauptfigur hätte sich Zweig wohl selbst gerne gesehen. Doch 1914 war er keineswegs unter den Warnern. Am 1. Dezember 1914 erschien in der Berliner Zeitschrift Das literarische Echo Zweigs Essay Vom ‚österreichischen’ Dichter. Ein Wort zur Zeit. „Viele unter uns“, heißt es da, „wußten niemals, was damit gesagt sei, wenn man uns ‚österreichische Schriftsteller’ nannte. Wenn man eine Grenze schob zwischen unser Bemühen und das der deutschen Dichter“. Auch „deutschösterreichische“ Dichter sei ein „künstlicher Begriff“, deshalb fordert er: „Lassen wir endlich das leere Wort vom ‚österreichischen Dichter’ der Vergangenheit, […] da doch die entscheidende Stunde gezeigt hat, daß Deutschland Einheit ist und seine Sprache uns allen nur gegeben, um diese Einheit liebend und gläubig zu bezeugen.“2

Zweig arbeitete dann als Titularfeldwebel im Kriegspressequartier. Am 28. August 1917 fragte er bei seinem Vorgesetzten brieflich an, ob er, „im Interesse der österreichischen Propaganda […] im Herbst dieses Jahres“ in Zürich „einen einführenden Vortrag über ,das Wesen der Wiener Kunst und Geschmackskultur’“ halten dürfe und also für diesen Zweck ins Ausland beurlaubt werden könnte. Tatsächlich erwirkt Zweig eine befristete Enthebung von der Dienstpflicht ab 5. November 1917 für zwei Monate, die in der Folge verlängert und dann „auf unbestimmte Zeit für neue freie Presse“3 ausgedehnt wurde. Für Zweig war der Kriegseinsatz damit beendet, und so hielt er im April 1918 auch die Eröffnungsrede beim Internationalen Frauenkongresses für Völkerverständigung in Bern, bei der er Bertha von Suttner, der zu Lebzeiten wenig geachteten Warnerin vor dem bevorstehenden Krieg, posthum ein Denkmal setzte.


Literatur

Stefan Zweig: Jeremias. Eine dramatische Dichtung in neun Bildern. Leipzig: Insel 1918.

(EPH)


  1. Arthur Schnitzler: Tagebuch 1917–1919. Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften 1985, S. 81.
  2. Stefan Zweig: Die schlaflose Welt. Aufsätze und Vorträge aus den Jahren 1909–1941. Frankfurt a. M.: S. Fischer 1983 (Gesammelte Werke in Einzelbänden), S. 48f. u. S. 51.
  3. Elisabeth Buxbaum: Des Kaisers Literaten. Kriegspropaganda zwischen 1914 und 1918. Wien: Edition Steinbauer 2014, S.96f.