Österreichisch-deutscher Volksbund

(ÖDV, 1925-1938)

1925 von Hermann Neubacher (1893-1960), der politisch im deutschnationalen Lager (ab 1933 in illegaler NSDAP) verankert war, aber auch gute Beziehungen zur SDAPÖ und zur Christlichsoz. Partei unterhielt, in Wien gegründete und geleitete überparteiliche Vereinigung, die für den Anschluss an Deutschland agitierte und zahlreiche einschlägige Veranstaltungen und Akzente setzte. Präsident des auch in Berlin ansässigen Volksbundes war der sozialdemokratische deutsche Reichstagspräsident Paul Loebe. Der ÖDV konnte an mehrere ähnlich lautende bzw. ausgerichtete Vereinigungen seit 1919 anknüpfen, etwa an den Österreichisch-Deutscher Reichsbund oder den Österreichisch-deutschen Volksbund für Berlin und das nordöstliche Deutschland (Salzburger Volksblatt, 14.1.1920, 2). Bereits Ende 1925 erschien eine erste Denkschrift des ÖDV unter Mitwirkung der Professoren Wilhelm Bauer und Hans Eibl über die Geschichte der Anschlussfrage (Wiener Ztg., 19.1.1926, 3). Vorwiegend wurden im offiziellen Programm Vorträge angeboten, etwa über die (wirtschaftlichen) Vorteile bzw. kulturelle Notwendigkeit des Anschlusses Österreichs an das Deutsche Reich, gelegentlich auch Ausstellungen mitveranstaltet, z.B. im Frühjahr 1928 gemeins. mit der Preußischen Akademie der Wissenschaften über graphische Kunst aus Österreich vom 18. Jhdt. bis Faistauer, Klimt und Kokoschka (Grazer Tagbl. 20.1.1928, 5). Obwohl auch innerhalb der Sozialdemokratie vor und nach 1920 Anschluss-Sympathien bekannt waren und z.T. offen propagiert wurden, hielt sich die Führungsriege und die sozialdemokratische Presse eher bedeckt und vermied lange Zeit offizielle Kontakte zum ÖDV. Um 1930 lassen sich aber eine Reihe von hochrangigen Beteiligungen an Veranstaltungen des ÖDV nachweisen. So hielt z.B. am 12.3. 1930 Otto Glöckel einen Vortrag über die Anschlußidee in der Schule (Tag, 12.3.1930, 5) und im Zuge einer Vollversammlung der Kärntner Arbeiterkammer im Mai 1930 sprach sich ein Funktionär ausdrücklich für die Agenda des ÖDV aus, was in der Roten Fahne sofort als Beleg für eine Achse zwischen Faschismus und Sozialdemokratie an den Pranger gestellt wurde (RF, 30.5.1930, 7). Bald danach, im Juni 1930, hat Karl Renner auf der Jahreshauptversammlung der Ortsgruppe Graz das Hauptreferat Der großdeutsche Gedanke in der Geschichte der deutschen Nation gehalten, wofür die Ztg. Arbeiterwille ausdrücklich geworben hat (AW, 23.6.1930, 3).

1931-32 sprach sich der ÖDV in mehreren Vortrags-Veranstaltungen gegen eine Exklusion Deutschlands aus den damals diskutierten Donauföderations-Überlegungen aus (Wr. Ztg. 24.2.1932, 6). Im April 1932 fand die letzte freie Generalversammlung des ÖDV im Berliner Reichstag statt, bei der das Präsidium unter Vorsitz von Loebe für ein weiteres Jahr bestätigt wurde (Wr.Ztg. 3.4.1932,5). Im September 1933 löste sich der ÖDV am Standort Berlin jedoch auf (bzw. wurde aufgelöst), was die österreichische Sektion bewog, in einer Presseaussendung den Weiterbestand als nunmehr autonome Organisation bekanntzugeben (NWJ, 26.9.1933,4).  

Materialien und Quellen:

Biographie H. Neubacher: hier.

Bundestagung des ÖDV 1930 in Klagenfurt, verbunden mit der Zehnjahresfeier des „Abstimmungskampfes“. In: Der Tag, 22.6.1930, 6.

(PHK)