Eberle, Joseph

geb. am 2.8.1884 in Ailingen am Bodensee (D) – gest. am 14.9.1947 in Salzburg; kathol. Publizist, Zeitschriftenherausgeber, Redakteur

Ps. Mühlen Edgar

Der Sohn eines Müllers besuchte nach der Volksschule ein Gymnasium, an dem er 1904 die Reifeprüfung ablegte. Anschließend wandte er sich der Theologie, Geschichte u. Kunstgeschichte zu, welche er in Tübingen, Freiburg u. Straßburg studierte, wo er 1909 zum Dr. phil. promoviert wurde u. anschl. das Staatsexamen aus Theologie ablegte. Zu dieser Zeit wurde eine Kehlkopferkrankung diagnostiziert, die ihm die Schonung seiner Stimme abverlangte. Daraufhin wandte er sich der Pressearbeit zu u. schon 1912 ersch. sein später erfolgreiches Buch Großmacht Presse, das in den 1920er Jahren mehrmals aufgelegt u. in versch. Sprachen übersetzt wurde. Dieses wies ihn zwar als Kenner zeitgenöss. Presseverhältnisse aus, forcierte aber auch antisemitische Argumentationen u. Haltungen. 1913 übersiedelte er nach Wien, wurde Redakteur der kathol.-konservativen Ztg. u. Zentralorgan der Christlichsoz. Partei Die Reichspost (RP) u. profilierte sich rasch zu einem Wortführer des polit. Katholizismus. 1916 heiratete er Edith Zacherl u. wurde österr. Staatsbürger. Seine Leitartikel zum Krieg gingen in das Buch Schönere Zukunft. Kriegsaufsätze über Kultur- und Wirtschaftsleben (1916) ein. Knapp vor Kriegsende begründete er die Zs. Die Monarchie als „Ergänzung zur christlichen Tagespresse“. O. Katann fungierte als Mithg. u war für den literar.-kult. Teil verantwortlich. Nach wenigen Nummern wurde diese Zs. umbenannt in Das Neue Reich (NR). Eberle baute exzellente Beziehungen sowohl zum Klerus als auch zu Politikern im Umfeld des Katholizismus auf, zu Ignaz Seipel ebenso wie zu zahlr. Exponenten prononciert antidemokrat. u. antirepublikan. Ausrichtung, die z.T. bereits in der k.k. Monarchie politische Funktionen ausgeübt haben wie z.B. die Hochadeligen Ottokar Czernin, Alois Lichtenstein, Nikolaus Revertera-Salandra u.a.m.

Ab 1919-1920 arbeiteten auch R. v. Kralik, J. A. Lux u. H. Bahr regelmäßig an dieser Zs. mit, Kralik u.a. mit betont antijüdischen Essays wie z.B. Der Wiederaufbau unserer Kulturwelt (Nr. 4/1919), Bahr mit dezidiert katholisch orientierten Kulturessays. E. polit. Haltung kam 1920 in einem programmat. Leitartikel als Reaktion auf die neue Verfassung unter dem Titel Demokratie als Weg zum Bankrott unmissverständl. zum Ausdruck (NR,7/1920,125-129). Auch seine antisemit. Grundeinstellung ist in mehreren Beitr. fassbar (z.B. in: Die verjudete Sozialdemokratie als ‚Schutztruppe‘ des Großkapitals; NR 1/1923, 8-9, 2/1923, 47-50) sowie im Umstand, der Gallionsfigur des Antisemitenbundes, dem christlichsoz. Abgeordneten Anton Jerzabek, die Zs. als Plattform für seine Hetze gegen das Ostjudentum zur Verfügung zu stellen (z.B. Nr.23/1924: A. J.: Der Ostjudeneinbruch in Oesterreich und seine Folgen, 690-693). 1925 verließ er die Redaktion des NR u. gründete eine weitere kulturpolitisch-katholische Wochenzeitschrift, Die Schönere Zukunft, die 1927-32 in einer Auflage von rund 16.000 Ex. erschien. Diese denunzierte wohl um eine Spur weniger schroff die Erste Republik, thematisierte stärker kulturpolitische Fragen der Zeit, weil sie zahlreiche Leser im süddeutschen Raum hatte, hielt aber trotzdem an einer grundlegenden Kritik am Übergang von der Monarchie zur Republik fest. In einem Leitartikel zum 12. November unter dem Schlagwort Umsturzerinnerung (Nr.7/1925, 157-160) betrauert E. nicht nur die Zerschlagung der Österr.-Ungar. Monarchie; er benennt auch deren Proponenten: die Journale als „Nährmütter“ von Kapitalismus, nationaler Überspannung, Libertinismus und Wegbereiter des „Aufstieg des Judentums“, – was  zu „überspannte[m] Demokratismus“ geführt hätte. Als Gegengewicht sei daher eine „Bindung von obenher“, also eine ständische Hierarchie, notwendig.

In den Folgejahren zog sich E. in dieser Zs. stärker aus tagespolit. Debatten zurück. Doch im Zuge des Freispruchs der Angeklagten im sog. Schattendorf-Prozess geißelte E. in einem Leitartikel in der Reichspost die Sozialdemokratie nicht nur als Anstifter der Eskalation im Frontkämpfer-Schutzbund-Aufmarsch in Schattendorf, sondern schob ihr auch die Verantwortung für den Tod der beiden Zivilisten (darunter ein Kind) durch Waffengebrauch aufseiten der Frontkämpfer zu. Im Okt. 1932 wurden die beiden Zs. NR u. Schönere Zukunft unter der Leitung von Eberle wieder zusammengeführt, um dadurch auflagenstärkste kathol. Zs. in Mitteleuropa zu werden. Die Auflösung des Parlaments im März 1933 begrüßte E. in der Reichspost; in der Schöneren Zukunft verfasste er dann im Jänner 1934 ein Plädoyer für ein härteres Vorgehen gegen Menschen, die die „Reformarbeit der autoritären Regierung behindern“ (Nr. 15/1934), ein Beitr., der auch von anderen kathol. Österr. Zeitungen (Allgem. Tiroler Anzeiger, Salzburger Chronik z.B.) übernommen bzw. zitiert worden ist u. eine austrofaschistische Note aufweist. 1935-36 meldete sich E. wieder mit tendenziell antisemitischen Beitr. in der Schöneren Zukunft zu Wort, welche in der Zt. Gerechtigkeit vehement kritisiert worden sind. Nichtsdestotrotz wurden E. u. die Zs. nach dem Anschluss von 1938 unter Beobachtung gestellt; 1941 wurde er sogar acht Monate in Gestapo-‚Schutzhaft‘ genommen und danach krankheitsbedingt wieder freigelassen.


Weitere Werke

Zertrümmerte die Götzen. Zwölf Aufsätze über Liberalismus und Sozialdemokratie (1918); Die Überwindung der Plutokratie (1918); De Profundis (1921): Zum Kampf um Hitler (1931); Das Los der christlichen Presse im dritten Reich (1945). Der Weg ins Freie (1946).

Quellen und Dokumente

Anzeige für Die Monarchie in: Österreichische Buchhändler-Correspondenz, 18.9.1918, S. 448, Ein klares Urteil. In: Reichspost, 15.7.1927, S. 1f., Ist diese Zukunft schöner? In: Gerechtigkeit, 27.8.1936, S. 2.

Literatur

B. Hofer: Der Publizist Joseph Eberle. Diss.phil. Salzburg 1995;

(PHK)