Der Schwierige. Lustspiel

von Hugo von Hofmannsthal

Hugo von Hofmannsthal, der den Krieg nur vom Kriegspressequartier kannte, schreibt in seinem Stück Der Schwierige (ersch. 1921) besonders intensiv am Mythos der Kameradschaft aus gemeinsam überstandener Todesangst.

[…] draußen, da haben wir uns miteinander angefreundet. Weißt du, er ist ein so völlig anständiger Mensch. […] wir haben das letzte Stückl Brot miteinander geteilt. Brave Menschen hats draußen viele gegeben, aber ich habe nie einen gesehen, der vis-à-vis dem Tod sich eine solche Ruhe bewahrt hätte, beinahe ein Art Behaglichkeit. (DS., 15)

Das sagt Baron Kari über Graf Hechingen, mit dessen Frau er ein Verhältnis hat, und Kari kommt mit großer Hartnäckigkeit immer wieder auf das „draußen“ zurück, wo er „begreifen gelernt habe: daß in den Gesichtern der Menschen etwas geschrieben steht“ (DS, 75). Karis Schwester macht sich mitunter ein wenig lustig über seine Arbeit am Mythos von „da draußen“. „Und dann hab ich gedacht, du hast dir draußen das viele Nachdenken ein bißl abgewöhnt“ (DS, 107), sagt sie zu ihm, als er sich nicht entscheiden will, ob er nun auf die Soiree gehen wird oder nicht. Karis Kriegserlebnisse müssen wiederholt als Entschuldigung für inadäquates Sozialverhalten herhalten, immer wieder sind es „die Nerven seit der Geschichte“ (DS 79).

Der Krieg hat in den Diskursen über die „Nerven“ einen deutlichen Geschlechterwechsel gebracht, um 1900 war der Verweis auf „die Nerven“ noch nahezu ausschließlich Frauen zugeordnet.


Literatur

DS = Hugo von Hofmannsthal: Der Schwierige. Der Unbestechliche. Zwei Lustspiele. Frankfurt/M.: Fischer Taschenbuch Verlag 1974, S. 5–108

(EPH)