Ankwicz-Kleehoven, Hans

bis 1901 Hans Klieres, geb. 29.9.1883 am Böheimkirchen (NÖ) – gest. am 1.10.1962 in Wien; Bibliothekar, Kunsthistoriker, Kunstkritiker

Der Sohn des (geadelten) k.k. Hofrats Johann v. Ankwicz-Kleehoven u. dessen Gattin Maria, geb. Heller, die jüd. Herkunft war, besuchte das humanist. Gymnasium u. studierte von 1902-1906 in Wien Geschichte u. Kunstgeschichte. Nach seiner Promotion 1906 mit einer Diss. über den Humanisten Johann Cuspinian, legte er 1907 die Staatsprüfung am Inst. für österr. Geschichtsforschung ab u. fand zunächst als Archivar im Ministerium für Kultus u. Unterricht bis 1915 Anstellung. Danach wechselte er als Kustos in das Österr. Museum für Kunst und Industrie, unterbrochen von seiner Teilnahme als Soldat am Ersten Weltkrieg vorwiegend an der österr.-italien. Front. Seit 1911 hielt A.-K. auch kunstgeschichtl. Vorträge an der VHS Urania.

Nach Kriegsende kehrte er in das Museum für Kunst u. Industrie zurück u. fing an, Ausstellungsberichte, z.B. über die Wohnkultur („Einfacher Hausrat“) für die Zs. Der Architekt sowie Kunstberichte u. Kunstfeuilletons für die Wiener Zeitung zu verfassen; das erste F. erschien im Mai 1921 u. widmete sich u.a. A. Faistauer, A. Paris-Gütersloh, A. Harta u.a. Seit 1922 informierte A.-K. nicht nur in ausgreifenden Feuilletons über einzelne Künstlerpersönlichkeiten und größere Ausstellungen, sondern in der Rubrik ‚Kunstausstellungen‘ über eine Vielzahl von Initiativen einzelner Galerien, aus denen wichtige Aspekte des zeitgenöss. Kunstbetriebs, z.B. in Vergessenheit geratene Vereinigungen wie die Künstlerinnengruppe Heptagon, oder kleine, hochinteressante internationale Präsenzen wie z.B. jene graphischer Werke von Matisse und Picasso, Legrande u. Renoir in der Galerie Würthle 1922 (Bericht 22.6.1922, 5) rekonstruierbar werden. 1924 legte er u.a. eine kenntnisreiche u. wohlwollende Würdigung der Cizek-Klasse für ornamentales Gestalten vor u. strich dabei die jungen kinetist. Malerinnen wie E.G. Klien, E. Karlinsky u. M. Ullmann ebenso hervor wie den späteren neusachl. Künstler H. Ploberger. Ein beeindr. Bild der internat. moderne u. avantgard. Präsenzen in Wien vermittelt auch sein Bericht über die Internat. Kunstausstellung in der Sezession im Herbst 1924 mit klarem Fokus auf die neuen Formensprachen d. Kubismus, Konstruktivismus, der Maschinenkunst (Kandinsky, Archipenko, El Lissitzky, W. Tatlin), des deutschen Expressionismus (F. Marc, E.L. Kirchner, M. Beckmann, G. Grosz) aber auch jenen von O. Kokoschka u. M. Oppenheimer. Ähnlich dicht auch sein Bericht über den Beitrag Österreichs auf der Internat. Kunstgewerbeausstellung in Paris 1925 u.a. mit Augenmerk auf F. Kiesler u. sein Projekt der ‚hängenden Stadt‘. 1925 erscheinen erstmals in der neu eingerichteten (kurzlebigen) Rubrik Frauenkunstausstellungen gebündelte Berichte über entspr. Aktivitäten, u. ebf. ab 1925 bis 1938 war A.-K. regelmäßig in Radio Wien mit Ausstellungsberichten zu hören. Am 15.1.1929 wurde er zum Oberstaatsbibliothekar am Museum für Kunst u. Industrie ernannt; zum 60. Jahr des Bestehens der Wiener Kunstgewerbeschule verf. er mehrere Beiträge, die deren Leistungen würdigten.

Anfang der 1930er Jahre widmete sich A.-K. erstmals auch dem Genre des Plakats, z.B. in einem Vortrag am 21.1.1931, aber auch der Karikatur anl. einer Internat. Ausstellung im Künstlerhaus, wirkte führend in der österr. Exlibris-Gesellschaft, verf. Beiträge u.a. zu Faistauer, Loos, Slevogt, zum frz. Impressionismus aber auch zur Innviertler Künstlergilde nebst zahlr. Ausstellungsberichten, darunter auch Sonderschauen wie z.B. zur Ostasiatischen Malerei u. Graphik in der Albertina (1932), zugleich sein letzter Beitr. für die Wiener Zeitung bis 1946. Nach 1933 beschränkte sich seine Kritikertätigkeit auf wenige Radio- u. andere Beitr. 1939 wurde A.-K. zwangspensioniert, konnte aber an der NS-Zs. „Die Kunst dem Volke“ mitwirken, obwohl ihm die Aufnahme in die Reichschrifttumskammer verwehrt worden war. 1942 wurde er Archivar der Gesellschaft bildender Künstler Wiens im Künstlerhaus, schrieb Beiträge für bzw. über einzelne Mitglieder. Ab 1945 bis zu seiner Pensionierung 1949 arbeitete er schließl. als Bibliothekar an der Akademie der bildenden Künste in Wien u. nahm seine frühere kunsthistor. u. Kritikertätigkeit wieder auf.


Werke

Ferdinand M. Zerlacher (1926), Der Wiener Humanist Johannes Cuspinian (1959).

Quellen und Dokumente

Kunstausstellungen. (Kunstschau 1921. – 42. Jahresausstellung des Künstlerhauses.). In: Wiener Zeitung, 11.5.1921, S. 3f., Juliausstellungen. Ein Epilog. In: Wiener Zeitung, 1.8.1924, S. 4, Kunstausstellungen (Internationale Ausstellung in der Sezession. – Kollektivausstellung Max Oppenheimer im Hagenbund). In: Wiener Zeitung, 18.10.1924, S. 1-5, Oesterreich auf der Internationalen Kunstgewerbeausstellung Paris 1925. In: Wiener Zeitung, 30.8.1925, S. 1-3, Die 60 Jahrfeier-Ausstellung der Wiener Kunstgewerbeschule. In: Bau- und Werkkunst 5 (1928), H. 1, S. 231ff, 60 Jahre Wiener Kunstgewerbeschule. Zu ihrer Jubiläumsausstellung im Österreichischen Museum. In: Wiener Zeitung, 9.6.1929, S. 1-3, Adolf Loos. In: Wiener Zeitung, 10.12.1930, S. 4, Anton-Faistauer-Gedächtnisausstellung. In: Wiener Zeitung, 18.10.1930, S. 4f., Die Frühjahrsausstellung der Secession. In: Radio Wien 7 (1931), H. 32, S. 11, Die Internationale Karikaturenausstellung im Künstlerhaus. In: Wiener Zeitung, 17.4.1932, S. 6f., Die Ausstellung ostasiatischer Malerei und Graphik in der Albertina. In: Wiener Zeitung, 25.11.1932, S. 1f.

Nachlass: Wien-Bibliothek.

Literatur

M. Kaiser: A.-K., H. In: ÖBL Online-Edition, Lfg. 6 (27.11.2017).

(PHK)