Bergner, Elisabeth

geb. am 22. 8. 1897 in Drohobycz in Galizien, Österreich-Ungarn (heute Ukraine) – gest. am 12. 5. 1986 in London, Film- und Theaterschauspielerin.

Elisabeth Bergner, geb. Elisabeth Ettel, war die Tochter des jüdischen Kaufmanns Emil Ettel und seiner Frau Anna Rosa (geb. Wagner) und wuchs weitgehend in Wien auf. Mit einem Stipendium ausgestattet, absolvierte sie dort bereits in jungen Jahren ihre Schauspielausbildung am Konservatorium. Nach ersten Engagements u.a. in Innsbruck, München und Wien erlangte sie 1923 am Berliner Theater größere Bekanntheit in einer Shakespeare-Inszenierung („Wie es euch gefällt“) von M. Reinhardt, der die Rolle der Rosalinde mit ihr besetzte. Durch ihr knabenhaftes Aussehen – „großäugig, Bubikopf, naiv und kokett mit verführerisch singender Stimme, halb Elfe, halb Engel, kaum Frau“ (SPIEGEL) avancierte sie bald zu einer der „markantesten“ Darstellerinnen der deutschsprachigen Bühnen. Mit weiteren Rollen wie z.B. der „Heiligen Johanna“ in Berlin zum Star geworden, drehte sie bald auch Filme, vorrangig mit dem damals noch wenig bekannten Regisseur Paul Czinner, der es laut zeitgenössischer Presse verstand, „Rollen für sie zu schaffen, die ihr jede Entfaltung ermöglichen“ (MEIN FILM , 47/1926). Bereits ihre ersten Stummfilmrollen als unglückliche, junge Ehefrau Nju im gleichnamigen Film oder als Bürgerstochter in Der Geiger von Florenz (1926), wo sie an der Seite von Walter Rilla spielte, sowie in Fräulein Else (1929) erregten große Aufmerksamkeit, nicht zuletzt in Wien, wo die Kritik bereits 1924 die Bergner als „eine Schauspielerin von Ruf“ feierte, „die das Schicksal aller in Wien Verkannten (alle die hochbegabten Wiener Künstler, die man hier geringschätzig behandelt und ohne weiters ziehen läßt, kommen später ‚von draußen‘ als die gefeierten Gastspielgrößen zurück) teilte“ (Der Filmbote Nr. 34, 23.8. 1924, 9). Dabei lobte F. Porges ihre „reiche mimische Ausdruckskunst“, die sowohl auf Bühne als auch im Film von starker Wirkung sei, referiert wurde aber auch eine Bemerkung Czinners, dass Bergner „die Kunst der Bühne höher einschätzte, als die des Films“ (ebd.) und Spekulationen über die Gründe für diese Priorisierung angestellt (u.a. das naheliegende Argument, sie vermeine „auf das Ausdrucksmittel der Sprache nicht verzichten zu können“). Wegen der sich verschärfenden Diskriminierung von Juden sah sich Bergner zunehmend unter Druck und kehrte 1933 von einem Gastspiel in London nicht mehr auf die deutsche Bühne zurück – wohl auch, da man ihr geraten hatte, fortan nur mehr am jüdischen Theater zu spielen. Gegen diese Vermutung spricht ein angebliches „Arisierungsangebot, das die Nazis ihr nach London übermittelten, um sie zurückzulocken“ (DER SPIEGEL v. 19.05.1986), auf das sie jedoch nicht reagiert haben soll. In England spielte sie sowohl in Filmen wie in Escape me never (1935) – eine Leistung, für die sie 1936 sogar für den Oscar nominiert wurde – und Stolen life (1939) als auch auf der Bühne; „sie wurde der königlichen Familie vorgestellt und durfte sogar Shakespeare sprechen, obwohl man ihre Herkunft an ihrem Akzent erkannte“ (Die Weltpresse, 3.4. 1948, Nr. 79).

Nach Kriegsausbruch zog sie mit Czinner, den sie schon im Januar 1933 „sehr diskret, mit Ausschluß jeder Öffentlichkeit“ in London geheiratet hatte – im Übrigen nicht ohne „eine rasch inszenierte Verwechslungskomödie, in der die Bergner auf telephonische Anfragen hin angab, nicht die berühmte Elisabeth Bergner zu sein, sondern eine Privatperson, die ihre Ruhe haben möchte und Paul Czinner erklärte, er wolle wohl Fräulein Bergner heiraten, aber das Fräulein Bergner sei gar nicht die Bergner“ (Die Stunde v. 11.1.1933, S. 3) – in die USA. Die Gelegenheit ergab sich bei dem Dreh des englischen Propagandafilms Die neunundvierzigste Parallele, dessen Außenaufnahmen in Kanada gemacht wurden und bei dem Bergner für die weibliche Hauptrolle verpflichtet wurde: „[W]ährend man dort arbeitete, fuhr die Bergner über die Grenze nach den Vereinigten Staaten und kam nicht mehr zurück. Sie fuhr nach Hollywood. In den englischen Zeitungen erschien eine kleine Notiz, die besagte, man habe die Rolle der Bergner mit einer anderen Schauspielerin besetzt. In Wirklichkeit war jedoch dieser Zwischenfall eine größere Katastrophe, als man erkennen konnte, weil ja die Szenen, in denen die Bergner in England gespielt hatte, nochmals gedreht werden mußten“ (Weltpresse, 03.04. 1948, Nr. 79). Tatsächlich war sie in nur einer Hollywood-Produktion, dem Anti-Nazi-Film Paris Calling (1941) auf der Leinwand zu sehen; beachtliche Erfolge erzielte sie später am New Yorker Broadway, u.a. in dem Bühnenstück The two Mrs. Carolls (1943) von Martin Vale. Bergner engagierte sich in Exilantenkreisen und gehörte neben B. Brecht, E. Piscator und L. Feuchtwanger 1944 zu den Mitunterzeichnern der Charta des „Council for a Democratic Germany“. Nach Kriegsende ging sie 1951 zurück nach London, wo sie fortan ihren Lebensmittelpunkt fand, obwohl sie für gelegentliche Engagements auf die deutsche Bühne zurückkehrte. 1978 veröffentlichte sie ihre Unordentlichen Memoiren, die eher anekdotische denn ganz korrekte biographische Erinnerungen versammelten. Vielfach ausgezeichnet, nach den Kriegsjahren jedoch nicht mehr an ihre außerordentlichen Erfolge der 1920er und 1930er Jahre anknüpfend, starb sie im Alter von 88 Jahren in London.


Weitere wichtige Filmrollen

Ariane (1930); Der träumende Mund (1932); The Rise of Catherine the Great (1934)

Quellen und Dokumente

F. Porges: Elisabeth Bergner im Film. In: Der Filmbote, 23.8.1924, S. 9; N.N.: Der Geiger von Florenz. In: Mein Film, H. 47/1926, S. 2; N.N.: E. Bergner filmte in Wien (ad: Dreharbeiten zu Schnitzlers Fräulein Else). In: Mein Film, H.101/1927, S. 9; N.N.: E. Bergner hat geheiratet. In: Die Stunde, 11.1.1933, S. 3; [PEM]: Sollen Künstler eine Gesinnung haben. Der Fall Elisabeth Bergner. In: Die Weltpresse, 3.4.1948, S. 3; N.N.: Ein romantisches Kind. In: Der Spiegel, 27.11.1978, S. 257-262; N.N.: Gestorben. In: Der Spiegel, 19.5.1986, S. 252.

Literatur (Auswahl)

K. Völker: Elisabeth Bergner – Das Leben einer Schauspielerin. Ganz und doch immer unvollendet. (Beitr. zu Theater, Film und Fernsehen aus dem Institut für Theaterwissenschaften der Freien Universität Berlin 4), Berlin 1990; M. Heymann: Elisabeth Bergner – mehr als eine Schauspielerin. Vorwerk 8, Berlin 2008;     

Movie Legends (Bergner in Filmposituren). online verfügbar unter: Youtube. Elisabeth Bergner, verfügbar in: Künste im Exil online; ferner in: Steffi-online-Archiv

(VW)