Rubiner, Ludwig
Geb.12.7.1881 in Berlin, gest. 27.2.1920 in Berlin. anarchistischer Aktivist, Lektor Literaturkritiker, Pazifist, Schriftsteller, Übersetzer.
Nach erfolgreich absolviertem Gymnasium studierte Rubiner 1902-1906 an der Univ. Berlin Kunst(geschichte), Musik und Germanistik, war dort Vorsitzender der Berliner Freien Studentenschaft und nahm Kontakte zur zeitgenössischen expressionist. Avantgarde auf, u.a. zu Erich Mühsam, Ferdinand Hardekopf, Herwarth Walden oder René Schickele. Geprägt von Max Stirner, dessen Schrift Der Einzige und sein Eigenthum (1845) ihm als das „bedeutendste Manifest des Jahrhunderts“ erschien (im Unterschied zur Nietzsche Begeisterung seiner Generation), fand er früh Zugang zu politisch exponierten (u.a. anarchistischen) Kreisen und Publikationsorganenen, in denen auch seine ersten Gedichte ab 1904 erschienen. Daneben betätigte er sich ab etwa 1906 als Theaterkritiker und veröffentlichte Gedichte in den Zeitschriften der ‚Moderne‘ wie z.B. Die Gegenwart, Morgen, Der Demokrat, Das Theater, Sturm oder Pan, Die Schaubühne, u.a.m., in denen auch zahlreiche Essays bzw. Schriftstellerporträts erschienen. 1908-09 unternahm Rubiner ausgedehnte Reisen, u.a. nach Italien, Österreich, in die Schweiz und nach Russland. In dieser Zeit erschienen auch die ersten Übersetzungen, z.T. gemeinsam mit seiner Frau Frida R., aus dem Russischen (Gogol, Sologub und Kusmin betr.) sowie Texte zu J. K. Huysman u.a.m. Unter dem Pseud. E.L. Grombeck veröffentlichte er 1911 einen Kriminalroman Die indischen Opale und trat danach als Mitarbeiter in die Redaktion der Zs. Die Aktion ein. Im November 1912 übersiedelte er nach Paris, wo er sich vermehrt der zeitgenössischen Kunst zuwandte und u.a. mit Marc Chagall befreundete, aber auch wichtige, sozialkritische Impulse im Hinblick auf sein Literaturverständnis empfing. So entstand dort bereits Ende 1912 das politisch-literarische Manifest Der Dichter greift in die Politik, das in der Aktion zum Abdruck kam. 1913 verfasste er die Stummfilm-Pantomime Der Aufstand, die in das Kinobuch von K. Pinthus aufgenommen wurde, 1914 kehrte er wieder nach Berlin zurück, ging jedoch, gemeinsam mit seiner Frau Frida zu Kriegsausbruch, in die Schweiz, wo er für die NZZ Beiträge verfasste, ebenso für Die Weißen Blätter und 1917-18 das Zeit-Echo herausgab. Schon 1916 verfasste er für K. Hillers Ziel-Jahrbücher das Manifest Die Änderung der Welt, im selben Jahr erschien auch die Gedichtsammlung Das himmlische Licht. 1918 übersetzte er zusammen mit seiner Frau Tolstois Tagebücher und legte das Manifest Die Erneuerung vor. Im Dezember 1918 erhielt er einen österreichischen Pass und konnte mit diesem, nach Problemen mit den Schweizer Behörden aufgrund seiner Haltung zur Russisch-Bolschewistischen Revolution, wieder nach Berlin zurückkehren. Dort wurde er 1919 Lektor im Kiepenheuer Verlag, in dem mehrere seiner bereits veröffentlichten Schriften nochmals erschienen, aber auch neue Texte, z.B. das Drama Die Gewaltlosen, an dem Rubiner zwischen 1917 und 1918 in der Schweiz gearbeitet hatte. Zudem gründete Rubiner 1919 in Berlin zusammen mit Arthur Holitscher, Franz Jung u.a. den Bund für proletarische Kultur und als Wanderbühne für Arbeiter und Arbeiterinnen ein ‚Proletarisches Theater‘,- beides außerhalb des strikten KPD-Parteirahmens.
Materialien und Quellen:
Eintrag von W. Fähnders in: NDB; Eintrag zu: Lyrische Erfahrungen (Univ. Wuppertal); Eintrag zu: Kameraden der Menschheit (1919, Nachwort, Univ. Wuppertal); Eintrag in: Verbrannte und Verbannte.
L. Rubiner: Dichter der Unwirklichkeit. Anmerkungen zu Büchern von Max Brod. In: Der Sturm, H. 14/1910, S. 107-108; Max Brodgeb. am 27.5.1884 in Prag – gest. am 20.12.1968 in Tel Aviv; Schriftsteller, Kritiker, Herausgeber, Dramaturg, Komponi... [Rez. zu:] Michail Kusmin: Taten des Großen Alexander. Deutsch von L. Rubiner. In: Die Zeit, 18. 12. 1910, S. 34; N.N.: Ankündigung einer Nr. des Zeit-Echo. In: Wr. Allgem. Zeitung, 3.7.1917, S. 3; L. U[llmann, Rez.]: L. Rubiner: Das himmlische Licht. In: Wr. Allgem. Zeitung, 19. 10. 1917, S. 7.
Hermann Kesser: Ludwig Rubiner (Nachruf). In: Das Tage-Buch, H. 11/12, 31.3.1920, S. 401-404.
Forschungsliteratur: Wolfgang Haug (Hg.): Ludwig Rubiner: Künstler bauen Barrikaden. Darmstadt: Luchterhand 1987.
(PHK, in preparation)