Roland, Ida

geb. 18.02.1881 Wien, Österreich – gest. 28.03.1951 Nyon, Vaud/Waadt, Schweiz 

Bühnenschauspielerin

Geboren 1881 in Wien als Tochter eines wohlhabenden jüdischen Kaufmannes, wuchs Ida Klausner gemeinsam mit drei Schwestern und drei Brüdern auf. Sie  genoß auf Betreiben der Eltern eine umfassende Schulbildung, in deren Rahmen sie mehrere Sprachen erlernte. Sie studierte ab 1896 Schauspiel in ihrer Heimatstadt und gab bereits zwei Jahre später ihr Debüt am Innsbrucker Stadttheater. In den folgenden Jahren trat sie – nun bereits unter dem Künstlernamen Roland – vor allem auf deutschen Bühen auf: Engagements führten sie nach Ulm, Düsseldorf und Berlin, wo sie von 1905 bis 1908 unter Max Reinhardt am Deutschen Theater und anschließend bis 1911 am Hebbel-Theater wirkte. Eine Ehe, die sie in dieser Zeit mit einem russisch-deutschen Großindustriellen geschlossen hatte, hielt trotz der Geburt einer Tochter nur kurz. 

Roland wechselte 1911 an die Münchner Kammerspiele, deren Gründer und Leiter Eugen Robert (eigentlich Robert Eugen Weiß) sie heiratete; nachdem auch diese Verbindung rasch zerbrochen war, kehrte sie nach Wien zurück, wo sie – von Publikum wie Kritik gleichermaßen begeistert aufgenommen – am Theater in der Josefstadt sowie am Deutschen Volkstheater, der ersten Wiener Privatbühne, große Erfolge feierte. Felix Salten erinnerte sich, sie sei „dem Wiener Publikum gleich an ihrem ersten Abend als vollkommen reife Persönlichkeit, als eine bezwingende Künstlerin“ entgegengetreten, und lobte darüber hinaus ihre „bravourhafte Natürlichkeit“ (NFP, 10.07.1932, 2). Richard Specht konstatierte ihr eine „überlegene Meisterschaft“ in ihrem Fach (NFP, 25.07.1929, 2), die Wiener Morgenzeitung lobte ihre „außerordentliche Sprechkunst“ sowie die „brillante Absolvierung von Gefühlsskalen“ (Wiener Morgenzeitung, 31.03.1925, S. 6).

In Wien heiratete sie, inzwischen international anerkannter Bühnenstar, trotz gesellschaftlicher Widerstände 1915 den dreizehn Jahre jüngeren Schriftsteller Graf Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi, der zu Beginn der 1920er Jahre zum Begründer der Paneuropa-Bewegung und damit zum Vorkämpfer des europäischen Einigungsgedankens werden sollte. Gemeinsam engagierten sie sich in seiner 1923 gegründen „Paneuropa-Union“, die gerade in ihrer Frühphase von Rolands umfangreichen Kontakten zu Künstlern, Intellektuellen und Schriftstellern wie z. B. Thomas Mann und Franz Werfel profitieren konnte.

1924 bestritt Roland ein Gastspiel am Berliner Renaissance-Theater, wo sie, wie schon zuvor bei der Uraufführung in Wien, die Titelrolle in Hans Kaltnekers aufsehenerregendem Stück Die Schwester übernahm. Nach ihrer Rückkehr aus Deutschland erhielt sie ein Engagement am Burgtheater, doch kam es aufgrund ihrer bekannt impulsiv-divenhaften Art zu einem schwerwiegenden Zerwürfnis mit Direktor Herterich, der ihr öffentlich „mangelndes Einfühlungsmöglichkeit […] in unser Ensemble“ vorwarf und ihr empfahl, „ein eigenes Theater, wo Sie Ihr eigener Regisseur, ihr eigener Inszenator und Ihr eigener allererster Darsteller sind“, ins Leben zu rufen (WZ, 09.01.27, S. 4). Dennoch kehrte sie nach Auftritten am Theater in der Josefstadt 1934 als Ensemblemitglied ans Burgtheater zurück und übernahm in der Folge – mit Unterbrechungen – eine Reihe von Charakterrollen in klassischen und modernen Stücken, so z. B. ab Herbst 1935 die Rolle der Kleopatra in Shakespeares Antonius und Kleopatra. Für 1938 war ein weiteres Engagement geplant, das aufgrund des „Anschlusses“ nicht mehr zustande kam. Gemeinsam mit ihrem Mann floh Roland zunächst in die Schweiz, dann nach Frankreich und 1940 schließlich nach New York, von wo aus sie sich weiterhin für die Paneuropa-Bewegung einsetzte. Darüber hinaus gründte sie mit Otto Habsburg-Lothringen – der sich zeitgleich mit ihrem Mann vergeblich um die Schaffung einer österreichischen Exilregierung bemühte – die Flüchtlingsorganisation American Relief to Austria. Nach dem Krieg kehrte das Ehepaar Roland/Coudenhove-Kalergie nach Europa zurück, ließ sich im Berner Oberland nieder und nahm die Schweizer Staatsangehörigkeit an. Der Bühne blieb Roland künftig fern.


Literatur

Roland, Ida“, in: Rudolf Vierhaus (Hg.), Deutsche Biographische Enzyklopädie, Bd. 8, München 22007, S. 509; Ute Koll, Ida Roland, ungedr. Diss. Univ. Wien, 1970 ;http://agso.uni-graz.at/marienthal/biografien/roland_ida.htm; Anita Ziegerhofer-Prettenthaler, Botschafter Europas. Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi und die Paneuropa-Bewegung in den zwanziger und dreißiger Jahren, Wien u.a. 2004; Walter Göhring, Richard Coudenhove-Kalergi. Ein Leben für Paneuropa, Wien 2016.

Quellen und Dokumente

Gastspiel Ida Roland im Opernhaus. In: Arbeiterwille, 21.1.1913, S. 3; Volksbühne – Gastspiel Ida Roland. In: Neues Wiener Journal, 9.2.1918, S. 6-7; Karl Marilaun, Ida Roland. In: Neues Wiener Journal, 22.6.1924, S. 11; Eine Erklärung Direktor Herterichs. In: Wiener Zeitung, 9.1.1927, S. 4; Ida Roland als Therese Raquin. In: Neue Freie Presse, 26.2.1919, S. 1-2; „Das Abenteuer in China“. In: Wiener Salonblatt, 22.6.1924, S. 11f; Die Spielereien einer Kaiserin. In: Wiener Morgenzeitung, 31.3.1925, S. 6; Eine Erklärung Direktor Herterichs. In: WZ, 9.1.1927, S.4; Richard Specht, Ida Roland. Versuch einer Silhouette. In: Neue Freie Presse, 25.7.1929, S. 1-2; Felix Salten, Wo ist sie? In: Neue Freie Presse, 10.7.1932, 1-3; Ida Roland wieder am Burgtheater. In: Der Morgen. Wiener Montagblatt, 1.7.1935, S. 11; Theater. In: Wiener Salonblatt, 1.12.1935, S. 13; Alexander Max Vallas, Kunstschau. In: Österreichische Illustrierte Zeitung, 1.3.1937, S. 14; Ida Rolands nächste Burgtheater-Rolle. In: Der Morgen. Wiener Montagblatt, 10.1.1938, S. 11; Vom Theater. In: Das interessante Blatt, 21.1.1937, S. 12.

 (MK)