Volksbühne

1906 nach dem Vorbild der 1890 gegr. Berliner Volksbühne, die unter der Leitung von Otto Brahm u. Bruno Wille maßgeblich an der Durchsetzung des mod. naturalist. Theaters (G. Hauptmann, H. Ibsen) beteiligt war u. von der Deutschen Sozialdemokrat. Partei auf Vereinsbasis (1914: 70.000 Mitglieder) unterstützt wurde, von Stefan Großmann gegründet. Auch in Wien wurde die Volksbühne auf Vereinsbasis aufgebaut und von der SDAP, inbes. von Engelbert Pernerstorfer, Vorsitzender der sozialdemokr. Reichstagsfraktion, als einem ihrer Mitbegründer,  gefördert. Als Spielort fungierte ein Theatersaal in der Neubaugasse (7. Bezirk) mit rund 800 Sitzplätzen. Deklariertes Ziel war die Erreichung der Arbeiterschaft, um ihr Zugänge zum Theater, zum klassischen ebenso wie zum zeitgenössischen, zu eröffnen. Bereits 1910 hatte der Verein Freie Volksbühne rund 30.000 Abonnenten, 1911 wurde die die Theaterarbeit begleitende Zs. Der Strom begründet. Schauspieler wie Raoul Aslan u. Max Pallenberg traten in Stücken bereits vor 1914 auf, für Inszenierung und Regie waren u.a. Arthur Rundt aber auch Berthold Viertel zuständig. Uraufführungen von Stücken von Else Feldmann (Der Schrei, 1916) oder Oskar M. Fontana (Die Milchbrüder, 1913) wurden von ihnen verantwortet, an Bühnenbildgestaltungen wirkte u.a. Alfred Kubin mit. 1913 trat Großmann nach Meinungsverschiedenheiten mit der Parteileitung zurück, 1914 musste der Theaterbetrieb eingeschränkt, 1916 in einen anderen Saal verlegt werden. Nach 1918 blockierten zunächst Auffassungsdifferenzen über die Möglichkeiten sozialdemokrat. Theaterarbeit ein Wiederanknüpfen an die Volksbühne-Tradition; 1920 wurde der Verein neu gegründet und der Spielbetrieb in der Neubaugasse wieder aufgenommen, wobei die Spielstätte in Renaissancebühne umbenannt und in der Folge von der sozialdemokrat. Kunststelle mitalimentiert wurde. Neuerlich gelang es bedeutende SchauspielerInnen für einzelne Aufführungen zu verpflichten wie z.B. Hans Moser, Gisela Werbezirk oder Ida Roland, letztere 1923 für die UA von Hans Kaltnekers Die Schwester. 1925-31 lag die Theaterleitung bei Josef Jarno, ab 1932 blieb es bis 1938 weitgehend geschlossen.

Nach 1945 blieben die meisten Versuche, an die Volksbühne konzeptionell anzuschließen bzw. diese als modernes zeitgenöss. Theater zu führen trotz einzelner beachtl. Inszenierungen eher erfolglos, z.B. 1947 durch Fritz Habeck, 1948 durch Leon Epp, der die Bühne dem Unterhaltungstheater öffnete, sie aber 1949 an Paul Löwinger verpachten musste, der sie bis 1957 als sog. Löwinger-Bühne führte.  

Literatur

Ingrid Pötz: Zur Geschichte des Theaters in der Neubaugasse. Volksbühne – Renaissancebühne. Diplomarbeit an der Universität Wien (1986) (maschinschriftl.), Jürgen Doll: Theater im Roten Wien. Vom sozialdemokratischen Agitprop zum dialektischen Theater Jura Soyfers (1997).

Eintrag bei Das Rote Wien, Eintrag bei wien.gv.at.

(PHK)