Sterk, Wilhelm

Geb. 28.6. 1880 in Budapest, gest. bzw. ermordet vermutl. am 11.10. 1944 in Auschwitz

Bühnenautor, Librettist für Operetten, Revuen und Kabarett, Komponist, Regisseur, Romancier.

Seit etwa 1900 lebte Sterk in Wien (eine erste Publikation in der Zs. Der Humorist erschien 1901), wo er seit 1907 im Theater- und Kabarettbetrieb als Autor von Operetten tätig wird: für das Bürgertheater mit Die Liebesfalle, für Die Hölle mit der einaktigen Operette Odysseus Heimkehr. 1910 folgten die Operetten Herr und Frau Biedermeier, vertont durch C. M. Ziehrer, sowie Das Musikantenmädel, wo er erstmals mit F. Grünbaum zusammenarbeitete. Große Resonanz im Publikum aber zwiespältiger Aufnahme durch die Kritik fand das ab Nov. 1914 auf dem Dt. Volkstheater laufende, gem. mit F. Grünbaum verfasste Lustspiel Sturmidyll, das in Russisch-Polen Alltags-Abenteuer eines k.u.k. Oberleutnants nachzeichnete, das 1915 auch in Olmütz aufgeführt wurde. 1916 folgte mit Mein Annerl eine weitere Co-Produktion mit F. Grünbaum in diesem Genre für das Carl-Theater. 1918-20 verfasste er Texte für die Revuebühne Femina, z.B. gem. mit F. Löhner eine Revue mit satir. Zeitbezug unter dem Titel Alles schiebt (1920). Im März 1919 war er neben dem Chanson-Texter Bela Laszky zuerst Mitbegründer und im Mai 1919 unter den Akteuren der „Sozialisierung“ des sich dezidiert politisch verstehenden Varietè-Theaters  ›Künstlerspiele Pan‹ in der Riemergasse durch einen aus Ensemblemitgliedern gebildeten Theaterrat und wirkte als dessen erster Spielleiter/Regisseur. 1921 wurde seine Posse Eine feine Nummer im Olypia-Varietè gegeben, im Nov. desselben Jahres kam seine Revue Bis fünf Uhr früh in Berlin auf der Kleinkunstbühne Potpourri zur Aufführung (NWTbl.,24.1.1921, 8). In Berlin erlebte 1922 schießlich seine mit F. Grünbau verf. Operette Dorine und der Zufall ihre Uraufführung; in Wien stand sie im Folgejahr als Gastspiel ebenso erfolgreich („ein ganz besonderes Vergnügen“; Der Humorist, 8.9.1923) im Bürgertheater auf dem Programm wie 1927 als eigentl. Wr. Erstauff. auf der Rolandbühne. 1928 wurde sie in der Regie von F. Preißler durch die Sascha verfilmt.

1924 vollendete Sterk zwei Operetten, die auch aufgeführt wurden: Agri sowie die recht erfolgreich (50 Aufführungen bis März 1925) Pusztaliebchen, die auch in München, Bologna u. Mailand im zwischen August 1925 u. Feb. 1926 in Gastinszen. zur Aufführung gelangte (Der Tag, 17.11.1925, 7). Für Leo Aschers erfolgreiche Operette Ich hab‘ dich lieb, die in Berlin ihre UA erlebte, verfasste Sterk 1926 das Libretto, sodass er bereits Mitte der 1920er Jahre mit nahezu allen wichtigen Operettenkomponisten zusammengearbeitet u. in verschiedenen Funktionen an insges. rund 40 Operetten u. Lustspielen mitgewirkt hat (NWJ, 29.8.1926, 26). Für die Variétébühne Der Faun (Nachfolge von Künstlerspiele Pan) verf. Sterk 1927 eine „Mitternachtsszene“ unter dem Titel Der Faun, ferner die Operette Yvette und ihre Freunde. Ende der 1920er Jahre betätigte sich Sterk auch als Komponist bzw. Verfasser von (Schlager)Liedern, die z.T. hocherfolgreich waren, so z.B. von Du bist die schönste Frau (Dez. 1929, Gr. Musikvereinssaal). 1930 folgte eine Neubearb. der Johann Strauß-Operette Der lustige Krieg, sowie die gemeins. mit Grünbaum verfasste u. von Dol Dauber mit Jazzmusik unterlegte Revue Intermezzo im Zirkus, die in F. Heller im Tag einen geneigten Kritiker fand. Im Dez. dess. Jahres kam die Operette Der König ihres Herzens zur Aufführung und ab August 1932 die von ihm für die deutschsprachigen Bühnen bearbeitete ungar. Operette Tango um Mitternacht von Karl Komjati, die auch international (auf 20 deutschen Bühnen zur Jahreswende 1932-33, Radioübertragungen in Belgien u. Italien bis 1937) überaus erfolgreich war und im März 1933 in Wien ihre Erstaufführung erlebte. Nach 1934 zog sich Sterk aus dem Betrieb sichtlich zurück bzw. beschränkte sich auf gelegentliche Mitwirkungen bei Gemeinschaftsproduktionen. Obwohl bereits 1912 aus der Israelit. KG ausgetreten, wurde er am 15.1.1943 nach Theresienstadt deportiert und von dort am 9.10. 1944 nach Auschwitz, wo er offenbar sofort nach der Ankunft ermordet wurde.


Literatur

R. Müller: W. Sterk. In: ÖBL, Bd. 13, Wien 2007-10, 219; online verfügbar unter: https://www.biographien.ac.at/oebl_13/219.pdf; K. Weniger: Zwischen Bühne und Baracke. Lexikon der verfolgten Theater-, Film- und Musikkünstler 1933 bis 1945. Mit einem Geleitwort von Paul Spiegel. Berlin 2008, 327; K. Ploog: …als die Noten laufen lernten. Bd. 1.2. Komponisten. Norderstedt 2019, 281f.

Weitere Werke (Auswahl)

Rifka Perl. Ein Liebesroman aus Galizien (1920); Des Königs Nachbarin (Singspiel, 1923, gem. mit F. Grünbaum); Ich und Du (1926); Alles verkehrt (Nachtrevue, 1927); Meine Tochter Otto (Operette, 1927)

Quellen und Dokumente

W. Sterk: Theater- Schüttel- und Knüttelverse. In: Der Humorist, 1.3.1907, S. 9; -bs-: Sturmidyll. In: NWJ, 15.11.1914, S. 12-13; Gründungserklärung der Kunstspiele „Pan“. In: Wiener Sporttageblatt, 13.3.1919, S. 4; Sozialisierung der Künstlerspiele „Pan“. In: NWJ, 30.5.1919, S. 26; N.N. über: Dorine und der Zufall. In: Der Humorist, 8.9.1923, S. 2; N.N. über: Pusztaliebchen. In: Der Morgen, 22. 12.1924, S. 4; F.Heller über: Dorine und der Zufall (Neuinsz.). In: Der Tag, 17.3. 1927, S. 5; F. Heller über: Yvette und ihre Freunde. In: Der Tag, 19.11.1927, S. 6; Filmplakat zu: Dorine (Junge, schön und reich). In: Mein Film, H. 146/1928, S. 15; Filmkritik zu: Dorine und der Zufall. In: Der Tag, 12.10.1928, S. 8; F. H[eller]: Intermezzo im Zirkus. In: Der Tag, 18.11.1930, S. 7; (Kurzmeldung): Ein Tango um Mitternacht. In: NWJ, 13.5.1932, S. 10.

(PHK)

(work in progress…)