eigentlich Friedrich Stüber, geb. am 22.3.1872 in Gaudenzdorf – gest. am 15.9.1922 in Wien; Schriftsteller, Beamter
Der Beamtensohn trat nach der Matura als Rechnungspraktikant in den Staatsdienst ein und erlangte später eine hohe Stellung im Finanzministerium. Als Feuilletonist trat er ab 1893 mit Erzählungen über das Wiener Alltagsleben in Erscheinung, vorrangig im Neuen Wiener Tagblatt, der Volkszeitung, später auch in der Reichspost; für die Ostdeutsche Rundschau verfasste St.-G. Theaterkritiken. 1902 wurde seine Posse Die gute alte Zeit mit der Unterstützung Adam Müller-Guttenbrunns uraufgeführt. 1910 erhielt St.-G. gemeinsam mit Vinzenz Chiavacci und Eduard Pötzl als Wiener Lokalfeuilletonisten im Geiste Friedrich Schlögls den renommierten Bauernfeldpreis. Ebenfalls ab 1910 trat er mit populären, mitunter auch durch Lichtbilder und Musik unterstützten Lesungen und literaturhistorischen Vorträgen in der Wiener Urania auf, u.a. zu Wilhelm Busch, Ferdinand Raimund und Johann Nestroy; ab 1917 fungierte er als Schriftleiter der Wochenschrift Urania, 1922 stieg er in die Betriebsleitung auf. Freundschaftlich verbunden, erfuhr St.-G. die Förderung durch Peter Rosegger und dessen Sohn Hans Ludwig und veröffentlichte mehrere Arbeiten in deren Zeitschrift Heimgarten. Die letzte zu Lebzeiten, anlässlich seines 50. Geburtstags erschienene Feuilletonsammlung Wiener Wandelbilder zeugt nicht nur von milieusatter „Heimatkunst im besten Sinne des Wortes“ (Reichspost, 18.9.1922, S. 1), sondern auch von St.-G.s kritischer Zeitdiagnose zur Wiener Gesellschaft der Kriegsjahre bzw. der Nachkriegszeit. Im selben Jahr starb St.-G. fünfzigjährig kurz nach seiner Pensionierung an den Folgen eines Schlaganfalls. Die Neue Freie Pressewürdigte in ihrem Nachruf St.-G. als einen Autor, der mehr als bloß „Epigone jener klassischen Schilderer der Wiener Eigenart von gestern und vorgestern“ war, er sei „niemals zum Chlichée erstarrt. […] Sentimentale Schwächlichkeit und hochtrabende, den Mund vollnehmende Erbitterung waren ihm fremd“ (NFP, 16.9.1922, S. 7).
Neben den feuilletonistischen Arbeiten und dem Wirken in der Urania trat St.-G. auch mit Wiener Romanen hervor, darunter der 1907 erschienene Wiener Studentenroman C. i. (Cum infamia) und die 1922 veröffentlichte Raimund-Hommage Rappelkopf, die von der Kritik als psychologische Studie und Epochenroman deutlich über die Raimund-Romane Adolf Bäuerles gestellt wurde. Ab 4. April 1944 druckte das Wiener Tagblatt, das auch die Veröffentlichung mehrere Feuilletonsammlungen verantwortete, den 1919 veröffentlichten Roman Gottsmann der Engel als Fortsetzungsroman ab.
St.-G. Sohn war der Politiker und Schriftsteller Fritz Stüber (1903-1978).
Werke
Feuilletonsammlungen zu Lebzeiten (Auswahl): Auf dem Küniglberg (1901), Das Durchhaus (1905), Der Stellwagen (1909), Die untere Million. Gestalten und Geschichten vom Donaustrand (1910), Wien, wie es war (1916), Wiener Kinder (1920) und Wiener Wandelbilder (1922)
Romane: C. i. (Cum infamia, 1907, später neu aufgelegt mit dem Titel Das Band ist zerschnitten), Schwiegersöhne (1910), Der Schönheitspreis (1912), Gottsmann der Egoist (1919, später neu aufgelegt unter dem Titel Der stille Freund), Rappelkopf (1922, Digitalisat)
Quellen und Dokumente
Transkripte bei Projekt Gutenberg: Die Sammlung Vom alten Schlag. Kleine Wiener Geschichten und die Erzählung Das Durchhaus.
Seelenheilmittel. In: Heimat, 21.3.1918, S. 5-6, Frau Resis Ostergewinst. Eine altmodische Geschichte. In: Neues Wiener Tagblatt, 20.4.1919, S. 18-20, Sodom und sein Gerechter. In: Neues Wiener Tagblatt, 11.5.1919, S. 2-4, Ein Schlaumeier. In: Das interessante Blatt, 23.3.1922, S. 6, Das Durchhaus. In: Reichspost, 17.9.1922, S. 1-2, Puppentheater. In: Neues Wiener Tagblatt, 17.9.1942, S. 2, Gottsmann der Engel. In: Neues Wiener Tagblatt, 4.4.1944, S. 5 bis 11.6.1944, S. 7.
Rudolf Holzer: „C. i.“ Roman von F. St.-G. In: Wiener Abendpost. Beilage zur Wiener Zeitung, 1.5.1907, S. 5, Adolf Fröden in der Urania. In: Neues Wiener Abendblatt, 23.1.1917, S. 4, N.N.: F. St.-G. In: Das interessante Blatt, 16.3.1922, S. 11, Otto Koenig: „… Ins alte, romantische Land.“ [Rez. zu Rappelkopf]. In: Arbeiter-Zeitung, 11.7.1922, S. 5-6, o.: Rappelkopf. Roman von F. St.-G. In: Linzer Tages-Post, 30.8.1922, S. 7, N.N.: † F. St.-G. In: Neue Freie Presse, 16.9.1922, S. 7, B. (Hans Breckageb. 2.1.1885 in Wien, gest. 7.10.1954 in Zelking b. Melk (NÖ); Journalist, Schriftsteller, Kulturfunktionär. Ps.: Ha...?): F. St.-G. In: Reichspost, 18.9.1922, S. 1-2, H. M. (Hermann Mailler?): Nestroy. In: Reichspost, 10.10.1922, S. 5, Rudolf Zauzal: Rappelkopf [Rez.]. In: Badener Zeitung, 10.11.1922, S. 5, N.N.: Wiener Mittelstandssommer. Ein Führer durch die Sommerfrischen Oesterreichs [Rez. zu Das Wirtshaus an der Gams]. In: Neues Wiener Journal, 4.6.1923, S. 3, Eduard P. Danszky: F. St.-G. In: Neues Wiener Tagblatt, 21.3.1942, S. 3.
Literatur
Reinhard Müller: St.-G., F. In: ÖBL 1815-1950 (Onlinefassung), Eintrag bei wien.gv.at.
(ME)