Blum, Klara

geb. 27.11.1904 Czernowitz – gest. 04.05.1971 Guangzhon (China)

Schriftstellerin, Autorin

1904 in Czernowitz in eine großbürgerliche Familie geboren, zog Blum mit ihrer Mutter 1913 nach Wien, wo sie fortan in ärmlichen Verhältnissen lebte. Der Kontakt mit dem ungeliebten Vater, einem Großgrundbesitzer und Abgeordnetem zum galizischen Landtag, brach ab. Ihr 1923 begonnenes Studium der Psychologie und Literatur beendete Blum aus finanziellen Gründen nicht; stattdessen arbeitete sie als Hauslehrerin, um das Leben für sich und ihre psychisch kranke Mutter zu bestreiten. In dieser Zeit veröffentlichte sie erste Gedichte und Erzählungen, so etwa in der jüdischen Wiener Morgenzeitung, der Czernowitzer Ostjüdischen Zeitung und in der zionistischen Zeitschrift Menorah. Blum, die sich nun immer stärker mit dem Judentum identifizierte, widmete sich in ihren Werken jüdischen Fragen im Allgemeinen und der ostjüdischen Lebensart im Besonderen. Die unter Juden weitverbreiteten Assimilations-bestrebungen lehnte sie strikt ab, etwa im Beitrag Die Tochter Zions für die Ostjüdische Zeitung (9.10.1924, S. 2f.). Sie engagierte sich zudem für die Emanzipation der Frau, deren gesellschaftliche Unterdrückung sie mit jener des jüdischen Volkes in Beziehung setzte.

Als überzeugte Zionistin reiste Blum 1929 nach Palästina mit dem Ziel, sich dort in der Nähe ihres Halbbruders eine neue Existenz aufzubauen. Sie kehrte jedoch bereits nach wenigen Monaten enttäuscht nach Wien zurück, wo sie endgültig mit der zionistischen Bewegung brach und der Sozialdemokratischen Partei beitrat. Wesentlichen Einfluss auf diese Entscheidung dürfte die noch aus ihrer Studienzeit bestehende Bekanntschaft mit Alfred Adler und dessen Umfeld gehabt haben, die Fragen der Gleichberechtigung von Mann und Frau durchwegs positiv gegenüberstanden. Blum verfasste in der Folge Artikel für die Arbeiterzeitung und die Arbeiterinnen-Zeitung, die sich mit Geschlechter-, Frauen- und Erziehungsfragen beschäftigten, aber auch Lyrik, die „in wohlgefeilten, ebenmäßig fließenden Versen […] von den Sorgen und offenen Fragen des Gegenwartsmenschen“ handelte (AZ, 9.2.1932, S. 8). Darüber hinaus trat sie als politische Rednerin in Erscheinung.  Blum befasste sich ebenso mit den Ansätzen der Individualpsychologinnen Sophie Lazarsfeld und Alice Rühle-Gerstel, die sich vehement für Frauenrechte engagierten.

1933 wurde Blum Mitglied der Vereinigung sozialistischer Schriftsteller. Zur selben Zeit kam es allerdings zu einer zunehmenden Entfremdung mit der Sozialdemokratie, die noch im selben Jahr zu ihrem Parteiaustritt führte.

Mit ihrem Antikriegs-Gedicht Ballade vom Gehorsam errang Blum 1934 im Rahmen des Literaturpreises der Internationalen Vereinigung Revolutionärer Schriftsteller den zweiten Platz, mit dem eine zweimonatige Studienreise in die Sowjetunion verbunden war. Sie blieb in der Folge in Moskau, wo sie als Übersetzerin und Lehrerin für Deutsch und Französisch arbeitete und zudem als Redakteurin verschiedener Literaturzeitschriften, u. a. Das Wort und Internationale Literatur, tätig war, u. a. auch mit Literaturkritik, z.B. zu I. Keun. Daneben veröffentlichte sie erste Gedichtbände.

Als Mitarbeiterin der Internationalen Arbeiterhilfe lernte sie den in Moskau untergetauchten chinesischen Schauspieler und Theaterregisseur Zhu Xiangcheng kennen, mit dem sie eine Liebesbeziehung einging. Als er nach wenigen Monaten verschwand, ging Blum als überzeugte Kommunistin davon aus, er sei von der Partei im Rahmen einer Geheimmission zurück nach China berufen worden. Tatsächlich war Zhu jedoch einer der Stalinistischen Säuberungswellen zum Opfer gefallen. Blum machte es sich in den folgenden Jahren zum Lebensinhalt, nach ihrem Freund zu suchen. Als ihr nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs die Ausreise aus der Sowjetunion erlaubt wurde, reiste sie mittellos und über zahlreiche Umwege nach China, wo sie sich – nach wie vor davon überzeugt, ihren Geliebten dort zu finden – dauerhaft niederließ. 1952 wurde sie zur Professorin für deutsche Sprache und Literatur an die Universität von Nanjing berufen, zwei Jahre später erhielt sie die chinesische Staatsbürgerschaft und nahm den Namen Zhu Bailan an.

In China verfasste sie, von der Exilerfahrung geprägt, zahlreiche Werke in deutscher Sprache, so z. B. den über weite Strecken autobiografischen Roman Der Hirte und die Weberin, in welchem sie ihre Beziehung mit Zhu aufarbeitete und der in der DDR publiziert wurde. Für die Zeitschrift Die Rote Fahne schrieb sie in den 1960er Jahren einige Artikel. Blum, die nicht mehr nach Österreich zurückkehrte, starb 1971 in Guangzhou in der Provinz Guangdon (ehemals Kanton).

Werke (Auswahl)

Die Antwort (1939); Wir entscheiden alles (1941); Donauballaden (1942); Schlachtfeld und Erdball (1944); Das Lied von Hongkong (1959); Der weite Weg (1960).

Literatur

K. Blum, Irmgard Keun. In: Internationale Literatur. Deutsche Blätter 9 (1939), H.6, 118-120; Thomas Lange, Emigration nach China: Wie aus Clara Blum Dshu Bailan wurde. In: Exilforschung. Ein internat. Jahrbuch, Bd. 3, 1985, 339-348; Clara Kenner, Der zerrissene Himmel. Emigration und Exil der Wiener Individualpsychologie, Göttingen 2007;  Zhidong Yang, Klara Blum – Zhu Bailan. Leben und Werk einer österreichisch-chinesischen Schriftstellerin, Frankfurt/M.1996; Zhidong Yang, Klara Blum. Kommentierte Auswahledition, Wien, Köln, Weimar 2001. Siglinde Bolbecher, „Vom Kinderblick der Zukunft überstrahlt…“ Die Dichterin Klara Blum. In: Cécile Cordon, Helmut Kusdat (Hg.): An der Zeiten Ränder. Czernowitz und die Bukowina. Geschichte. Literatur. Verfolgung. Exil. Wien 2002, 295-300; Adrian Hsia: China-Bilder in der europäischen Literatur. Würzburg 2010, 154-170; Klara Blum. In: Lexikon Exilliteratur [Online verfügbar].

Quellen und Dokumente

Klara Blum, Die Lieder des roten Palästina. In: AZ, 28.2.1930, S. 5; Klara Blum, Verständigung. In: AZ, 9.3.1930, S. 18; Klara Blum, Die Frauen und die bürgerliche Revolution. In: AZ,1.8.1931, S.11f; Werke gegen Krieg und Fascismus. In:  AZ,7.12.1933, S. 4; Klara Blum, Das Problem der Pubertätserziehung. Grundsätzliche Betrachtungen zum Film „Mädchen in Uniform“. In: AZ,1.2.1932, S. 3; Klara Blum, Revolutionierte Pädagogik. In: AZ, 7.12.1931, S. 3; Klara Blum, Frauen auf der Brücke. In: AZ, 30.5.1932, S. 3; Sozialistische Jugenddichter. In: AZ, 9.2.1932, S. 8; Klara Blum, Sind die Frauen reaktionär? In: AZ,5.12.1933, S. 6.

(MK)