Der Zeitgeist

war das offizielle Organ des Kulturbunds in Wien, von dem insg. nur 3 Hefte in den Jahren 1922-23 erscheinen sollten. Als Redakteure zeichneten Kurt Frieberger, Robert Müller u. Friedrich Schreyvogl (H.1) bzw. K.A. Rohan (H. 2-3) verantwortlich. Die Zeitschrift erschien im Verlag Wiener Literarische Anstalt, in dessen Räumlichkeiten (Krotenthallergasse 2) bis 1925 auch das [no-lexicon]Kulturbund[/no-lexicon]-Sekretariat untergebracht war.

Entsprechend der (vorgeblich) überpolitisch-pluralistischen, „übernationalen“ [no-lexicon]Kulturbund[/no-lexicon]-Programmatik war auch D.Z. eine „Plattform heterogener ästhetischer und gesellschaftspolitischer Konzeptionen“ (Wallas), und versammelte Beiträge sowohl zu wirt., polit., soz. Problemfeldern der Nachkriegszeit (in weltanschaulicher Nähe zur Darmstädter „Schule der Weisheit“ von Hermann Graf v. Keyserling) als auch zu kunstwiss. Diskussionen (u.a. zu express. Kunst und atonaler Musik). Neben der Partizipation an der express. Literaturbewegung etwa durch Abdruck  v. Aphorismen Albert Paris Güterslohs und einer Passage aus Friebergers Drama Irdische Freifaltigkeit präsentierte D.Z. v.a. neuromant. lit. Texte u.a. v. Felix Braun, F.K. Ginzkey, Joseph Gregor, Alfons Petzold, Erika Rheinsch u. Stefan Zweig. Das Hauptgewicht lag auf essayistischen Beiträgen aus der Feder d. Kulturbund-Gründungsmitglieder; aber auch F. Braun, Hans Ewald Heller, Max Pirker, Oskar A.H. Schmitz u. Thomas Mann (mit dem urspr. in der Neuen Rundschau veröffentlichten Essay Von deutscher Republik) kamen in D.Z. zu Wort. Für das dritte (u. letzte), der schwedischen Kunst und Literatur gewidmete Heft arbeitete [no-lexicon]Rohan[/no-lexicon] mit dem schwed. Maler u. Schriftsteller Ernst Norlind zusammen; die Beiträge darin stammen u.a. v. dem Psychiater Poul Carl Bjerre sowie den Schriftstellern Ragnar Jändel, Ellen Karolina Sophie Key u. Selma Lägerlöf.

Inhaltsübersicht:
  • Der Zeitgeist 1 (Juli 1922), H. 1: Karl Anton Rohan: Das kommende Europa. – Friedrich Hardtmuth: Politik, Wirtschaft oder Moral? – Robert Müller: Individualismus und Millionität. – Oscar A.H. Schmitz: Die falsch gestellte Judenfrage. – Fortunat Schubert-Soldern: Das Wesen des Stils und seine Wandlungen. – Erich Wolfgang Korngold: Erste Manuskriptseite aus dem neuen Streichquartett in A-Dur. – Friedrich Schreyvogl: Das Problem der Form. – Franz Karl Ginzkey: Aus meinem Tagebuch. – Kurt Frieberger: Aus der mythischen Tragödie „Irdische Dreifaltigkeit“. – Alfons Petzold: Der Pilgrim. – Felix Braun: Auf den Tod eines Gelehrten. Max Dvořák + zum Gedächtnis. – Victor Frisch: Die Zeit wird kommen. Originalradierung. – E.W.K.: Musik im Zeitgeist. – Hans Ewald Heller: Musik von heute. – F. Heigl: Die verkehrs- und volkswirtschaftliche Bedeutung der Großschiffahrtsstraße Rhein-Main-Donau. – Friedrich Kronseder: Neueste religiöse katholische Literatur. – Kurt Frieberger: Erich von Kahler. – Friedrich Schreyvogl: Othmar Spann. – Friedrich Schreyvogl: Wilhelm Bauer. – Fr. Schr.: Adam Müller. – R.M.: Coudenhove. – R.M.: Thomas Mann. – R.M.: Wilhelm Hausenstein. – R.M.: Josef Gregor. – R.M.: Alfred Neumann. – R.M.: Kasimir Edschmid. – Friedrich Hardtmuth: Cuno Hofer. – R.M.: Otto Flake. – N.N.: Mitteilungen des Kulturbundes.
  • Der Zeitgeist 1 (Dez. 1922), H. 2: Karl Anton Rohan: Revolution, Schule der Weisheit, Kulturbund. – Thomas Mann: Von deutscher Republik. – Oscar A.H. Schmitz: Führerschaft und Magie. – Friedrich Hardtmuth: Fascismus und Genossenschaft. – Felix Braun: Wien und die Länder. – Stefan Zweig: Der Fakir. Aus einem Zyklus lyrischer Statuen „Die Herren des Lebens“. – Victor Frisch: Auguste Rodin. – Joseph Gregor: Der Duft. – Albert Paris Gütersloh: Worte für V… – Max Pirker: Hugo von Hofmannsthal. Ein Versuch. – Erika Rheinsch: Geheimes. – J.L. Groysbeck: Ackerbeetkultur. – Oscar A.H. Schmitz: Die Herbsttagung der Weisheitsschule in Darmstadt. – N.N.: Bericht des Sekretariats. – N.N.: Was will der Kulturbund?
  • Der Zeitgeist 1 (1923), H. 3: Karl Anton Rohan: Schwedisches Heft. – Poul Bjerre: Die Heiligkeitsgebote. – Ernst Norlind: Der Bussard. Federzeichnung. – Ragnar Jändel: Die Erneuerung der Kultur. – Ellen Key: Zwei Menschen. – Gerhard Henning: Porzellanplastiken. – Selma Lagerlöf: Judas. Russische Volkssage. – Hans Larsson: Gedanken. – Gerhard Henning: Der Handkuß. Porzellanplastik. – Ernst Norlind: Der Emigrant in London. – N.N.: Hald und Gate. Glasgegenstände. – N.N.: Altschwedische Tänze und Reigen. – Karl Anton Rohan: Die Tätigkeit des Kulturbundes.

Literatur

Armin Wallas: Der Zeitgeist. In: Ders.: Zeitschriften und Anthologien des Expressionismus in Österreich. Analytische Bibliographie und Register. Bd. 1: Analytische Bibliographie. München-New Providence-London-Paris: K.G. Saur 1995, S. 75-77 bzw. 449-452. – Murray Hall: Wiener Literarische Anstalt. Online unter: http://verlagsgeschichte.murrayhall.com/?page_id=653 (Stand: Nov. 2015).

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