Federn, Karl

Geb. 2.2.1868 in Wien, gest. 21.3. 1943 in London. Feuilletonist, Jurist, Kritiker, Schriftsteller, Übersetzer, Exilant.

K. Federn, der aus einer angesehenen Wiener Familie mit jüdischem Hintergrund stammte – der Vater war Arzt, die Mutter die Frauenrechtsaktivistin Ernestine Spitzer, seine Brüder u.a. der Psychoanalytiker Paul Federn und der Verleger Robert Federn, seine Schwester Marietta trat als Anarchosyndakalistin und Widerstandskämpferin in Spanien und in der französ. Résistance hervor – absolvierte nach der Matura 1885-90 ein Jusstudium an der Universität Wien. Die Anwaltslaufbahn gab er jedoch schnell auf, um im kulturellen und literarischen Bereich Fuß zu fassen. So zählte er, gemeins. mit seiner Mutter, Rosa Mayreder und den Malerinnen Tina Blau-Lang und Olga Prager, zu den Mitbegründern der Kunstschule für Frauen und Mädchen, aus der später die Wiener Frauenakademie hervorging. Bereits 1899 erschienen erste literaturwissenschaftl. Studien zu Dante Alighieri sowie zur englischen Literatur, gefolgt von Isadora Duncans Schrift Der Tanz der Zukunft, die er 1903 kennengelernt hatte und ins Deutsche übertrug. 1904 legte er sodann den ersten Roman Jahre der Jugend vor sowie einen Band zu komparatistischen Literaturstudien. 1906setzte er sich in einem umstrittenen italienischen Mordfall zugunsten der vermutlich zu Unrecht verurteilten Mörderin ein, der als eine Art J’accuse-Schrift in der italienischen wie französischen Ausgabe große Resonanz erzielte und 1926 in der Reihe Außenseiter der Gesellschaft (Verlag die Schmiede, Berlin) erschien. Ab 1908 lebte K.F. in Berlin und wurde während des Ersten Weltkriegs Mitarbeiter der Vossischen Zeitung in der Schweiz. 1912-13 erschienen in zwei Bänden seine Hundert Novellen; mehrere davon wurden ab 1919 zu Filmvorlagen, andere in Tageszeitungen wie die NFP (aber auch in der Kärntner Ztg. Freie Stimmen) separat in Fs-Folgen nachgedruckt. In den 1920er Jahren erschienen von ihm weitere Übersetzungen (u.a. von H. Melville u. W. Whitman) sowie Romane, meist biographischen Charakters, z.B. über Richelieu. Hinzuweisen ist auch auf eine mehrbändige Kleist-Werkausgabe, die K.F. 1925 vorlegte. 1933 emigrierte Federn zuerst nach Dänemark, 1938 nach Großbritannien. Sein Buch Hauptmann Latour wurde von den Nationalsozialisten 1935 auf die Liste 1 des schädlichen und unerwünschten Schrifttums gesetzt.

Materialien und Quellen:

Eintrag von Elsa Spreyermann-Griesser in NDB.

Besprechung der Richelieu-Romanbiographie Mazzarin durch B. Pauli in NFP, 18. 8. 1922, S. 1-4;

Besprechung der Dokumentation des Prozesses um Linda Murri durch G. Urbanitzky im Tag, 31.3.1926, S. 11; Anzeige der Reclam-Ausgabe seines Romans Die Flamme des Lebens (1928).

A. Zweig über Federns Hauptmann Latour. In: Das Tagebuch, H. 1/1929, S. 28-30.

(PHK, in preparation)