Tatlinismus
Bezeichnung für Entwicklungstendenzen der russischen Kunst aus der Revolution von 1917 heraus, welche über den Expressionismus von Marc Chagall und die abstrakte Kunst von Wassili Kandinsky hinausreichte. Nach den Vorstellungen ihrer Gallionsfigur Wladimir Tatlin (1885-1953) proklamiert der TatlinismusBezeichnung für Entwicklungstendenzen der russischen Kunst aus der Revolution von 1917 heraus, welche über den Express... „die souveräne Herrschaft des Objektes, des Maschinellen, des Materials“ und ähnle der (dadaistischen) Merz-Kunst-Bewegung, so ein Bericht des NWJ (u.a. Zeitungen 1920), der sich auf deutsche Reiseberichte aus Russland stützte. Gegen die gegenstandslose Kunst setze der T. eine „radikal gegenständliche Maschinenkunst“. Die Formel Die Kunst ist tot. Es lebe die neue Maschinenkunst Tatlins bildete einen der Leitsprüche der ersten Internationalen Dada-Messe in Berlin (30.6.-25.8. 1920). Neben den erwähnten Reiseberichten, u.a. A. Holitschers Drei Monate in Sowjet-Rußland (1921), waren es die Arbeiten des vielseitigen TASS-Korrespondenten und späteren Spitzendiplomaten Konstantin Umansky (1902-45), der schon im Nov. 1920 auch in Wien einen Lichtbildervortrag hielt, sowie die Darstellung von Fritz Karpfengeb. am 21.2.1897 in Wien - gest. am 26.8.1952 in Wien; Schriftsteller, Kunstkritiker, Feuilletonist Über die frühen ..., auf welche sich die Rezeption Tatlins in den frühen 1920er Jahren in Wien/Österreich vorwiegend beziehen konnte und bezog. Auch die Zeitschrift der ungarischen Avantgarde im Wiener Exil, MAUngarische Avantgarde-Zeitschrift (1916-1926, davon ab 1920 in Wien erschienen) Materialien und Quellen: Júlia Szabó: ..., nahm 1921-22 mehrfach auf Tatlin Bezug. Allerdings traten seine Arbeiten und Entwürfe nach dem nicht realisierten Projekt eines dreihundert Meter hohen zylindrischen Glas-Eisen-Beton-Denkmals in St. Petersburg für die III. Internationale zunehmend aus dem Blickfeld, insbesondere nach R. Fülöp-Millers Schrift Geist und Gesicht des Bolschewismus (1926) und auch Tatlin zog sich enttäuscht aus der sowjetDie Zeitschrift Sowjet erscheint in vier Jahrgängen von Mai 1919 bis Dezember 1922 und ist grundsätzlich als kommunist.... Kunstöffentlichkeit zurück.
Literatur:
K. Umansky: Neue Kunst in Rußland. Berlin 1920; A. Holitscher: Drei Monate in Sowjet-Rußland. Berlin 1921, bes. S. 116-120; F. Karpfen: Gegenwartskunst. Rußland. Wien 1921, bes. S. 24 u. S. 37; N. Lynton: Tatlin’s Tower: Monument to Revolution. New Haven 2009; S. Baier, G. C. Bott (Hgg.): Tatlin. New Art for a New World. Ostfildern 2012; P.H. Kucher, R. Unterberger (Hgg.) Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹. Zur Relevanz und Rezeption sowjet-russischer Kunst, Kultur und Literatur in Österreich 1918-1938. Berlin 2019, 16-19 (online verfügbar: https://www.peterlang.com/view/title/61867?format=HC)
Quellen und Dokumente:
Tatlin-Ausstellung (Basel 2012: Museum Tinguely); Modell Monument III. Internationale 1919-20; N.N.: Der Tatlinismus. In: NWJ, 16.4.1920, S. 4-5; N.N.: Ein Sowjetdenkmal in Petersburg. In: NW, 17.4.1921, S. 8; K. Sonnenfeldgeb. am 5.11.1893 in Wien – gest. am 15.3.1938 in Wien (Freitod); Journalist, Schriftsteller S. stammte aus einer jü...: Russische Gegenwartskunst. In: NWJ, 23.1.1922, S. 8; E. Skranik: Tatlinismus und Maschinenkunst. In: Freie Stimmen, 24.10.1924, S. 2; H. Ankwicz-Kleehovenbis 1901 Hans Klieres, geb. 29.9.1883 am Böheimkirchen (NÖ) - gest. am 1.10.1962 in Wien; Bibliothekar, Kunsthistorike...: Kunstausstellungen (Venedig 1924). In: Wiener Zeitung, 18.10.1924, S. 1-5.
(PHK)