Geb. 23.3.1886 in Wien, gest. (erweiterter Suizid) 16.3.1938 in Wien. Offizier, Heimwehrführer, Politiker.

Materialien und Quellen:

Eintrag in Geschichte.wiki.wien; Wikipedia: hier; Ansprachen von Fey und Starhemberg (1933-34): hier (Nutzungsrechte bei Wiener Stadt- und Landesbibliothek)

E. Fey: Die Austrobolschewiken verlangen meinen Kopf! In: NWJ, 19.2.1933, S. 3;

Bericht im Jewish Daily Bulletin über Verleihung von außerordentlichen Befugnissen an Mj. Fey vom 1.2.1934: hier.

Georg J. E. Mautner Markhof: Major Emil Fey: Heimwehrführer zwischen Bürgerkrieg, Dollfuss-Mord und Anschluss. Graz: L. Stocker 2004;

(in preparation)

Geb.:31.8. 1881 in Wien, gest. 21.6. 1957 in Zürich. Drehbuchautor, Emigrant, Journalist, Schriftsteller.

Der aus einer jüdischen Familie aus Preßburg/Bratislava stammende Figdor, schlug bereits vor 1914 zunächst die Laufbahn eines Journalisten in Berlin (Vossische Zeitung, Berliner Tageblatt) ein, bevor er sich über den Umweg des Verfassens von Abenteuerromanen dem Film zuwandte. Mit Herrin der Welt gelang ihm 1919/20 ein aufsehenerregender Erfolg, der zu einer Verfilmung dieses Romans führte. Ihm folgte 1921 Die schwarze Marion, die explizit als ‚Filmroman‘ ausgewiesen wurde.

Materialien und Quellen:

Eintrag

(in preparation)

(keine Daten ermittelbar: Librettist, Schriftsteller, Redakteur der Zeitschrift Die Kinowoche Nr. 1- Nr. 6/1919)

Geb. 5.1.1893 in Uście-Zielone (Ostgalizien, k.k. Österreich-Ungarn, heute: Ustja-Selene, Ukr.), gest. 10.4. 1948 (vermutl. in New York). Feuilletonist, Schriftsteller, Exilant

Bereits im sechsten Lebensjahr übersiedelte Fingermann 1898 mit seiner Familie jüdischer Herkunft nach Wien, wo er seine Schulausbildung bis zur Matura absolvierte. Zwischen 1911 und 1913 reiste er vorwiegend quer durch Europa (Berlin, Antwerpen, London, Paris) u. veröffentlichte ab 1912 Reisefeuilletons in der Allgem. Zeitung des Judentums. Während des Ersten Weltkrieges diente er als k.k. österr. Soldat vorwiegend am östlichen Kriegsschauplatz und war längere Zeit in Lublin stationiert. Nach Kriegsende kehrte er wieder nach Wien zurück und wurde dort ab 1918 journalistisch und schriftstellerisch tätig, insbes. in der Wiener Morgenzeitung (WMZ).

1919 erscheint im Wiener Löwit-Verlag seine erste Buchpublikation, der aus zwei Texten bestehende Novellenband Die Flucht aus Jerusalem (Titelnovelle bereits 1918 in der AZdJ in zwei Teilen erschienen). Für Willy Cohn „[legen] die beiden Novellen [ ] Zeugnis von großer dichterischer Gestaltungskraft“ (AZdJ, H.49/1919, 564); 1920 folgt sein erster Israel Zangwill zugeeigneter Roman Menschen im Abgrund (wieder im Löwit-Verlag), der die von Armut, aber auch von Korruption u. moralisch fragwürdigen Haltungen geprägten innerjüdischen und jüdisch-polnisch-österreichischen Beziehungen in der von den österr. Truppen besetzten poln. Stadt Lublin gegen Ende des Ersten Weltkriegs thematisiert. I. Zangwill besprach diesen Roman in der Wr. Morgenzeitung u. attestierte dem Verf. die „fast unfaßbare Tragödie menschlicher Degeneration“ in Russisch-Polen mit Charakteren „welche in der Ghettoliteratur neu sind“ ebenso erfasst wie am Ende mit großer Wärme berührende Szenen, z.B. die Liebesgeschichte zwischen einem armen jüd. Fabrikmädchen u. einem Handwerker sowie die zwischen einem armen Pächter u. einem jüd. Offizier gezeichnet zu haben. Auch das Salzburger Volksblatt würdigte die, „lebensvolle, spannend geschriebene Schilderung des Elends“, – eine kurze Besprechung, in der u.a. Fingermanns Engagement für seine „Glaubensgenossen“ geschätzt wurde, auch seine Fähigkeit, „nicht fremd für deren Fehler zu sein“ (22.8.1920, 5), ähnlich wie das Neue Wr. Tagblatt (21.6.1921,24). Mit der Erzählung Chaswin war Fingermann auch im Jüdischen Nationalkalender auf das Jahr 5682 (1921-22) vertreten; ferner veröffentl. er in der WMZ 1922 eine Essay über die Tragödie des armenischen Volkes. Ab 12.1.bis 6.3. 1928 erschien in der BoulevardZtg. Die Stunde sein Fs.Roman Der goldene Käfig in 43 Folgen (der dann 1934 nochmals in einer Buchausgabe neu aufgelegt wurde).

Aus: Die Stunde, 12.1.1928, S. 7

In den folgenden Jahren schlägt sich Fingermann mit Feuilletons für dieselbe Zeitung u. Almanache durch, wobei er sich ab 1930-31 auch dem Thema der Wirtschaftskrise zuwendet, z.B. in Geld liegt auf der Straße. In H. 11/1932 des Magazins Mocca veröffentlicht er ein längeres New York-Feuilleton unter dem Titel New York – Paradies der Magier, das im Feb. 1938 auch nochmals in der Zs. Die Muskete abgedruckt wurde. 1934-35 veröffentlichte er schließlich Feuilletons und kurze Erzählungen nicht nur in der Stunde sondern auch in der Ztg. Der Tag.

1938 flüchtete er zwar noch rechtzeitig aus Österreich und zwar nach Großbritannien und von dort, ungewissen Datums, in die USA.


Literatur

Renate Heuer: Lexikon deutsch-jüdischer Autoren. München 1999, Bd. 7, S. 97-99.

Quellen und Dokumente

J. Fingermann: Bemerkungen zur neuesten deutschen Moderne [S. Fischer-Autoren]. In: Wiener Morgenzeitung, 4.5.1919, S. 2; I. Zangwill: Das polnische Judentum am Abgrund. In: Wr. Morgenzeitung, 22.8.1920, S. 3-4; St. g[rossmann] über J. Fingermanns Menschen im Abgrund. In: NFP, 22.20.1920, S.9; Annonce zu Menschen im Abgrund. In: Wr. Morgenzeitung, 3.7.1921, S. 9; J. Fingermann: Die Tragödie des armenischen Volkes. In: Wr Morgenzeitung, 15.1.1922, S. 2; Ankündigung des Fortsetzungsromans Der goldene Käfig. In: Die Stunde, 10.1.1928, S. 7; J. F.: Der goldene Käfig, 1. Folge. In: Die Stunde, 12.1.1928, S. 7; J. Fingermann: Geld auf der Straße. In: Die Stunde, 12.12.1931, S. 5; J. Fingermann: Der Schneider als Frühlingsbote. In: Die Stunde, 1.4.1932, S. 5; J. Fingermann: New York – Paradies der Magier. In: Mocca, H. 11/1932, S. 67-69; J. Fingermann: Sergej der Dieb. In: Die Stunde, 2.12.1932, S. 7; J. Fingermann: New York. In: Die Muskete, 3.2.1938, S. 16-17.

(PHK)

Geb. 1887 in Lemberg, Österreich-Ungarn (heute Lwiv, Ukraine) – gest. 10.9. 1959 in Israel. Feuilletonist, Kritiker, Redakteur, Schriftsteller, Zionist

Finkelstein, der ab 1909 gemäß Ankündigungen des polnischsprachigen Kuryer Lwowski (Lemberger Courier) literarisch-feuilletonistisch tätig wurde, kam vermutlich nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges nach Wien. Dort wird er im April 1915 als Herausgeber der Zeitschrift Moria sowie mit einem Spendenbetrag für die von Anitta Müller organisierte Hilfssammlung für jüdische Flüchtlinge aus Galizien in der Neuen Freien Presse angeführt (NFP, 24.4.1915,10). Fortan blieb Finkelstein in Wien bis zu seiner Emigration/Alija nach Palästina/Israel im Jahr 1938. Im Februar 1916 bestritt er seinen ersten Leseabend im (Wiener) Jüdisch-Literarischen Klub (NFP, 12.2.1916,12); 1917 firmiert er gemäß der Wochenzeitschrift Jüdische Korrespondenz bereits als Redaktionsverantwortlicher eines in poln. Sprache für 1918 angekündigten, wesentlich jedoch von deutschsprachigen Verfassern konzipierten Jüdischen Almanach. Ab März 1919 wirkt er als Verf. von Feuilletons an der zionist. ausgerichteten Wiener Morgenzeitung (WMZ) mit, in der er u.a. über die Kindertransporte (so bereits damals die Bezeichnung) armer jüdischer Kinder nach Holland/Niederlande und Italien, die hauptsächlich von Anitta Müller, ebf. auch Mitarbeiterin an der WMZ, organisiert wurden, berichtet. Daneben widmete er sich biografischen Skizzen bedeutender jüdischer Persönlichkeiten, z.B. Salamon Maimon (WMZ, 9.3.1919, 3-4) oder Max Nordau in Jüdischer Literarischer Kalender 5684 / 1923-24, dem frühverstorbenen russisch-hebräischen Schriftsteller Perez Smolenski (WMZ, 26.4.1924). Zu jener Zeit fungierte er neben Ludwig Bato und Eugen Hoeflich als einer der Vizepräsidenten der Haruach, einer Vereinigung jüdischer Wissenschaftler, Künstler und Schriftsteller sowie als Vizepräsident der Zionistischen Sektion Wien/Brigittenau. 1924 erschien auch seine erste eigenständige Buchpublikation, eine biografisch ausgerichtete Essaysammlung unter dem Titel Stürmer des Ghetto.

(in Vorbereitung, PHK)

geb. am 3.7.1899 in Komotau/Böhmen – gest. am 31.7.1972 in Deutschfeistritz; Schriftsteller, Politiker (KPÖ)

Ps.: F. Ernst, W. Peter, Pierre Vidal, Peter Wieden

Als Sohn eines Offiziers, der als Lehrer an die Kadettenschule Liebenau berufen wurde, um 1900 nach Graz gekommen, wuchs F. mit drei Geschwistern in bescheidenen Verhältnissen auf. Nach einem pubertären Konflikt mit dem Vater, der sich durch dessen Versetzung nach Enns entspannte, nahm F. in den Kriegsjahren mit seiner Mutter am kulturellen Leben in Graz teil und beschäftigte sich mit den Schriften Friedrich Nietzsches, fiel am Realgymnasium aber auch mit der Schülerzeitschrift Der Monatsbote und vom Expressionismus beeinflussten und als „pornographisch“ eingestuften Gedichten auf. Auf die Kriegsmatura als Externist folgte 1917/18 der Kriegsdient an der italienischen Front sowie die Wahl zum Soldatenrat. 1919 schrieb sich F. für die Fächer Germanistik, Geschichte und Philosophie an der Universität Graz ein, im selben Jahr brachte der Tod des Vaters die Familie in finanzielle Bedrängnis.

Hatte F. im Februar 1919 noch an einer Rathausbesetzung durch deutschnationale Studenten mitgewirkt, schloss er, zu Hilfsarbeiterdiensten in einer Brikettfabrik gezwungen, sich 1920 der SDAP an und besuchte die erste Parteischule sowie wenig später ein Marx-Seminar. F. übernahm eine Stelle als Redakteur der in Graz erscheinenden Parteizeitung Arbeiterwille und veröffentlichte noch im selben Jahr den Gedichtband Vogel Sehnsucht. In dieser Zeit entstand eine vorübergehende Brieffreundschaft zu Stefan Zweig, der 1924 gemeinsam mit David Josef Bach die Aufführung von F.s Stück Das Schwert des Attila im Wiener Burgtheater ermöglichen sollte. In Diensten des Arbeiterwille setzte sich F. bereits ab seiner ersten Ausstellungskritik mit kunsttheoretischen Fragestellungen auseinander, publizierte aber auch eigene Gedichte, Sonette und Erzählungen.

Ab 1925 fungierte F. als künstlerischer Leiter des Vereins Arbeiterbühne in Graz, sein zur Republikfeier uraufgeführtes Sprechchorwerk Der ewige Rebell begleitete er mit dem breiter rezipierten programmatischen Essay Sprechchor und Drama (Arbeiterwille, 18.11.1925, S. 5f.), in dem er den Sprechchor zur dem bürgerlichen Schauspiel adäquaten proletarischen Kunstform erhob. 1927 übersiedelte er nach Wien, wo er nach Fürsprache Ernst Tollers bei Otto Bauer Feuilletonredakteur der Arbeiter-Zeitung wurde, den Nachruf auf die Gefallenen des 15. Juli verfasste und die Rubrik Zwischenrufe links redigierte, für die u.a. Jura Soyfer schrieb. In seinen Essays und Kritiken propagierte F. – häufig in Auseinandersetzung mit der russischen Literatur – nach der Abwendung vom Expressionismus einen operativen Literaturbegriff. 1928 wurde sein Stück Lenin uraufgeführt, 1931 stellte er mit Robert Ehrenzweig Die neue Büchse der Pandora fertig, weitere dramatische Versuche dieser Jahre blieben fragmentarisch. Ebenfalls 1931 erschien F.s Buch Krise der Jugend, das seine erste umfassende Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus darstellte.

Ab diesem Zeitpunkt positionierte sich F. als publizistischer Führer der Linksopposition und geriet zusehends mit der Parteispitze in Konflikt. 1932 erschien seine Erzählung Rund um den blutigen 15. Juli 1927 in Wieland Herzfeldes im Malik-Verlag publizierter Anthologie Dreißig neue Erzähler aus dem neuen Deutschland. Die Februarkämpfe 1934 verbrachte er bei Veza und Elias Canetti und flüchtete im Anschluss mit seiner Frau Ruth von Mayenburg über Prag nach Moskau. Seit April 1934 Mitglied der illegalen KPÖ, engagierte sich F. dort u.a. als österreichischer Vertreter bei der Komintern, als Redakteur der Zs. Kommunistische Internationale sowie als Mitarbeiter bei Radio Moskau.

Nach Kriegsende kehrte F. nach Wien zurück und fungierte bis Ende 1945 als Staatssekretär für Volksaufklärung, Unterricht, Erziehung und Kulturangelegenheiten. Bis 1947 gab F. die Tageszeitung Neues Österreich heraus, in der Folge gestaltete er mit Bruno Frei und Viktor Matejka das Österreichische Tagebuch und engagierte sich im PEN-Club; aus diesem wurde er aufgrund politischer Auseinandersetzungen 1956 wie dreizehn Jahre später aus der KPÖ ausgeschlossen.


Weitere Werke (Auswahl)

Die faschistische Rassentheorie (1941), Freiheit und Persönlichkeit. Drei Vorlesungen über die Probleme der materialistischen Philosophie (1947), Dichtung und Deutung. Beiträge zur Literaturbetrachtung (1953), Erinnerungen und Reflexionen (1969), Neue Kunst und neue Menschen. Literarische und essayistische Texte aus seinen Grazer Jahren (1918-1927) (2016)

Quellen und Dokumente (Auswahl)

Freiland-Ausstellung 1920. In: Beilage zum Arbeiterwille, 26.4.1920, S. 3f., Die neue Kunst. In: Arbeiterwille, 9.11.1920, S. 9, Die Stimme. In: Arbeiter-Zeitung, 27.3.1921, S. 9-11, Der Tod in der Stadt. In: Beilage zum Arbeiterwille, 5.7.1921, S. 1f., Maifeier. In: Arbeiterwille, 1.5.1923, S. 5, Das Vermächtnis der Toten. In: Arbeiter-Zeitung, 20.7.1927, S. 1, Wandlung des russischen Geistes. In: Der Kampf 20 (1927) H. 11, S. 499-507, Der Geist des Amerikanertums. „Manhattan Transfer“ von Dos Pas[s]os. In: Arbeiter-Zeitung, 15.1.1928, S. 17, Theater und Technik. In: Kunst und Volk 4 (1929) S. 293-295, Das Grauen der Provinz. Aus einem unveröffentlichten Roman von E. F. In: Arbeiter-Zeitung, 9.2.1930, S. 15f., Der Grund des Selbstmordes ist unbekannt… In: Arbeiter-Zeitung, 8.3.1931, S. 11, Hitlerplakat und Weltanschauung. In: Arbeiter-Zeitung, 5.5.1932, S. 3.

Otto Koenig: Das Schwert des Attila. In: Arbeiter-Zeitung, 2.10.1924, S. 8, Einheitsfront – wofür und mit wem? – Die Diskussionsversammlung mit dem SP-Genossen Fischer. In: Die Rote Fahne, 8.9.1932, S. 4.

Literatur (Auswahl)

Jürgen Egyptien: Ernst Fischer (1899-1972): Schriftsteller, Kunst- und Literaturtheoretiker, Essayist, Politiker (2018).

Sebastian Baryli: Zwischen Stalin und Kafka. Ernst Fischer von 1945 bis 1972 (2008), Jürgen Egyptien: Vom Burgtheater auf die Ringstraße. Zur Politisierung von Ernst Fischers literarischem und kritischem Schaffen in der Ersten Republik. In: Joanna Jabłkowska, Małgorzata Półrola (Hg.): Engagement. Debatten. Skandale. Deutschsprachige Autoren als Zeitgenossen, S. 177-189 (2002), J. E.: Ernst Fischers theoretische und literarische Stellung zum Expressionismus in Österreich. In: Literatur in der Moderne 6 (2008/09), S. 213-231, J. E.: Von der brennenden Sachlichkeit zum kalten Fanatismus. Ernst Fischers Positionen im ästhetischen, politischen und kulturphilosophischen Diskurs in der Spätzeit der Ersten Republik. In: Primus-Heinz Kucher, Julia Bertschik (Hg.): „baustelle kultur“. Diskurslagen in der österreichischen Literatur 1918-1933/38, S. 377-396 (2011), Bernhard Fetz (Hg.): Ernst Fischer. Texte und Materialien (2000).

Barbara Coudenhove-Kalergi: „Was, das soll ein Kommunist sein?” Erinnerungen an Ernst Fischer. In: Wiener Zeitung, 28.1.2000.

Eintrag bei dasrotewien.at, bei theodorkramer.at, Eintrag im Literaturarchiv der ONB.

(ME)

geboren als Ruth Elfriede Eisler, verheiratet als Elfriede (Eisler-)Friedländer bzw. Maria Elfriede (Eisler-)Pleuchot, geb. am 11.12.1895 in Leipzig – gest. am 13.3.1961 in Paris; Politikerin, Publizistin

Ps.: Luise Boßhardt, E. Dubois, Ruth Fischer, Helene Geiringer, Golke, Ruth Kämpfer, Genossin Müller, Maria Ida Schmidt, Helene Stein

F. wurde als Tochter des Philosophieprofessors Rudolf Eisler und Ida Fischers als ältere Schwester des Journalisten Gerhart und des Komponisten Hanns Eisler in Leipzig geboren. 1901 übersiedelte die Familie nach Wien, wo F.s Vater mit Rosa Mayreder, Max Adler, Ludo Hartmann, Karl Renner und anderen die Soziologische Gesellschaft gründete. F. studierte Philosophie und Nationalökonomie an der Universität Wien und trat 1914 der SDAP bei, engagierte sich rasch im linken Flügel und führte mit ihrem Bruder Gerhart eine linksradikale Studentengruppe. An der Universität lernte sie Paul Friedländer kennen, den sie 1915 heiratete. Mit ihm gab F. im Mai 1918 die erste Ausgabe der Zs. Der Weckruf der kommunistischen Bewegung in Wien heraus, Anfang November 1918 gehörten sie zu den Gründungsmitgliedern der KPDÖ, F. erhielt das erste Mitgliedsbuch der Partei. Im stürmischen ersten Jahr der KPÖ gehörte F. zu den publizistischen wie politischen Wortführern. Sie trat im Umfeld der Roten Garde auf, wurde nach der Besetzung der Redaktion der Neuen Freien Presse am 12. November 1918 vorübergehend inhaftiert und war u.a. mitverantwortlich für die blutigen Auseinandersetzungen am Rande einer Arbeitslosendemonstration am Gründonnerstag 1919. Beim ersten Parteitag der KPDÖ im Februar 1919 hielt sie das Hauptreferat. In der von ihrem Gatten und Franz Koritschoner geführten Parteizeitung, die ab Mitte Jänner 1919 unter dem Titel Die soziale Revolution erschien, zeichnete sie sich für von Jänner bis Mai 1919 die Frauenbeilage Die revolutionäre Proletarierin verantwortlich.

Noch 1920 erschien ihre Broschüre Sexualethik des Kommunismus. Eine prinzipielle Studie in Wien, doch schon im August 1919 übersiedelte sie nach innerparteilichen Widerständen auf Einladung Willi Münzenbergs nach Berlin, wo sie in der KPD als Ruth Fischer rasch Karriere machte. Seit 1921 von Friedländer geschieden, führte sie mit ihrem Lebensgefährten Arkadi Maslow innerparteilich die linke Opposition und übernahm trotz Widerständen – Franz Pfemfert warf ihr in der Zs. Die Aktion antisemitische Tendenzen vor – 1923 die Führung der Partei und besuchte in der Folge unter Pseudonymen auch mehrmals Wien. Abweichungen von der Moskauer Linie mündeten 1926 nach vorangegangenen Auseinandersetzungen in den Parteiausschluss. Nach dem Erlöschen ihres Reichstagsmandats 1928 zog sie sich aus der Politik zurück und arbeitete bis 1933 in Berlin als Pädagogin und Pflegerin. In den Stalin’schen Schauprozessen in Abwesenheit verurteilt, emigrierte sie 1933 in die Tschechoslowakei, später nach Paris und 1940 in die USA, wo sie an der Universität Harvard die Zs. Die russische Staatspartei herausgab und 1948 ihr Hauptwerk Stalin und der deutsche Kommunismus veröffentlichte. Ebenfalls in den USA denunzierte sie nach dem Krieg ihre Brüder als Kommunisten, was zu Haft und Ausweisung führte. 1955 übersiedelte sie nach Paris und lehrte fortan an der Sorbonne. Weitere Schriften zur Entwicklung der linken Bewegung folgten bis zu ihrem Tod 1961.


Weitere Werke

Deutsche Kinderfibel (mit Franz Heimann, 1933), Übergang zur Konterrevolution (1948), Von Lenin zu Mao. Kommunismus in der Bandung-Ära (1956), Die Umformung der Sowjet-Gesellschaft. Chronik der Reformen (1958)

Quellen und Dokumente

Sexualethik des Kommunismus. Eine prinzipielle Studie (1920) [Digitalisat]

E. F. In: Wiener Caricaturen, 10.8.1919, S. 2, Die schwarzweißrote Post im ehemaligen Spartakusbund. In: Arbeiterwille, 24.8.1923, S. 3, „Hängt die Judenkapitalisten.“ In: Tagblatt, 29.8.1923, S. 2, Die deutschen Kommunisten. In: Arbeiter-Zeitung, 8.5.1924, S. 1f., Die kommunistische Propaganda in Wien und am Balkan. In: Volksfreund, 24.1.1925, S. 2, „Unwürdiges Verhalten.“ Die deutschen Kommunisten über ihre Führer von gestern. In: Arbeiter-Zeitung, 11.1.1926, S. 2, Fischer völlig mundtot gemacht. In: Arbeiter-Zeitung, 5.7.1926, S. 4, Die bestrafte Reise der E. F. In: Arbeiter-Zeitung, 8.7.1926, S. 2, Massenhinauswurf bei den deutschen Kommunisten. In: Christlich-soziale Arbeiter-Zeitung, 28.8.1926, S. 3,

Literatur

Karl Fallend: Eisler, Elfriede (Ruth Fischer). In: Brigitta Keintzel, Ilse Erika Korotin (Hg.): Wissenschaftlerinnen in und aus Österreich. Leben – Werk – Wirken, 165f. (2002), Sabine Hering: Kampfname Ruth Fischer. Wandlungen einer deutschen Kommunistin (1995), Mario Keßler: R. F. Ein Leben mit und gegen Kommunisten (1895-1961) (2013), Karin Schneider: „… da sie sich nicht erst die Mühe machen, die Frauen zu gewinnen …“. Fragestellungen zu einer kommunistischen Frauenpolitik in Österreich vor 80 Jahren. In: Weg und Ziel 56 (1998) 5, 54-59.

Eintrag in: Hermann Weber, Andreas Herbst (Hg.): Deutsche Kommunisten. Biographisches Handbuch 1918 bis 1945 (2008) [Onlinefassung], Eintrag beim Projekt Ariadne der ÖNB.

Kurt Stimmer: Die Frau, die Stalin verärgerte. Eine Erinnerung an die Kommunistin Ruth Fischer. In: Wiener Zeitung, 25.05.2001, Sarah Maria Brech: Die Frau, die von Hitler und Stalin gejagt wurde. In: Die Zeit, 9.6.2013, Henry Bernhard: Bolschewistin und skrupellose Antikommunistin. In: Deutschlandfunk, 17.6.2013, Michael Hollmann: KPÖ-Mitglied Nummer eins. In: FAZ, 29.9.2013, Conrad Seidl: R. F.: Eine Österreicherin als Chefin der deutschen Kommunisten. In: Der Standard, 17.7.2014.

(ME)

Geb. 16.7. 1884 in Wien, gest. 4.7. 1965 in Wien.

Pädagoge, (Literatur)Kritiker, Exilant

Materialien und Quellen:

Eintrag in: dasrotewien: hier.

(in Vorbereitung)

geb. am 22.12.1895 in Wien – gest. am 21.1.1990 in Brewster/New York; Fotografin, Exilantin

T. Fleischmann wuchs mit zwei Geschwistern als Tochter der Kaufmanns Wilhelm F. u. seiner Frau Adele, geb. Rosenberg in Wien in gesicherten bürgerlichen Verhältnissen auf. Bereits früh, d.h. noch als Kind, begann sie zu fotografieren. Nach der Matura ging sie kurzzeitig nach Paris und danach, von 1913 bis 1916, absolvierte sie eine Ausbildung in der Graphischen Lehr- und Versuchsanstalt in Wien. Nach einer Praxis bei Dora Kallmus (Atelier D’Ora) und weiterer Fotoausbildung  bei H. Schieberth eröffnetet T.F. Anfang 1920 ihr eigenes Fotostudio in der Ebendorferstr. 3 (gegenüber dem Rathaus). Ihre Porträtfotos machen sie rasch zu einer der gefragtesten Fotografinnen Wiens, insbesondere im Theater- und Kunstbereich, aber auch für Schriftsteller und Schriftstellerinnen (Altenberg, Loos, Urbanitzky u.a.). 1923 trat sie aus der Jüdischen Kultusgemeinde aus. Ab 1924 erscheinen ihre Fotos in Zeitschriften wie Die Moderne Welt, Wiener Salonblatt und ab 1925 v.a. auch in der Bühne, in der auch das skandalumwitterte Aktfoto von Claire Bauroff oder das der Wiener Tänzerin Ellen Güll veröffentlicht wurde. Sie belieferte aber auch prominente Berliner Zeitschriften wie z.B. Die Dame oder Berliner Illustrierte Zeitung. Mit ihren z.T. androgyn inszenierten Aktfotos partizipierte T.F. auch am zeitgenössischen Gender-Diskurs. 1929 veranstaltete sie in ihrem Studio ihre erste Ausstellung, beteiligte sich an der Ausstellung Akt und Porträt in der Photographie in der Neuen Galerie (mit ihrer berühmten Bauroff-Studie); 1930 wiederum war sie in der vom (deutschen) Werkbund übernommenen Wiener Ausstellung Film und Foto sowie in jener des Hagenbund vertreten.

Anfang der 1930er Jahre erweitert sie ihr Spektrum um Landschaftsfotos und Buchcover-Entwürfe. 1934 fertigte F. das berühmte G. Wiesenthal-Foto an; 1935 steuerte sie zu J. Weinhebers Bd. Wien wörtlich die Illustrationen/Fotos bei. Nach dem Anschluss floh Fleischmann über Paris nach London und von dort 1939 in die USA weiter, wo sie in New York ab 1940 wieder ein Atelier, gem. mit Frank Elmer (= Franz Epstein), eröffnete u. in der Nachkriegszeit an ihre frühere Karriere anschließen konnte. 1942 wurde sie US-Staatsbürgerin.


Quellen und Dokumente

Die Gschamige. In: Die Bühne (1927), H. 157, S. 22f., Grete Müller: Bub oder Mädel. In: Die Bühne (1928), H, 212, S. 4f., Akt und Porträt in der Photographie. Ausstellung in der “Neuen Galerie”. In: Die Bühne (1929), H. 267, S. 13f., Hans Ankwicz-Kleehoven: Die Photofachausstellung im Hagenbund. In: Wiener Zeitung, 25.9.1930, S. 4, Wiener Photographen weltbekannt. In: Die Bühne (1931), H. 295, S. 12, Trude Fleischmann: Weiß und Schwarz. In: Die Bühne (1932), H. 321, S. 22, Porträt von Grete Wiesenthal. In: Die Bühne (1934), H. 377, S. 5.

Literatur

Anna Auer, Carl Aigner: Trude Fleischmann. Fotografien 1918–1938 (1988), Anna Auer (Hg.): Übersee. Flucht und Emigration österreichischer Fotografen 1920–1940 (1997); Anton Holzer, Frauke Kreutler (Hgg.): Trude Fleischmann – Der selbstbewusste Blick (2011); Iris Meder, Andrea Winklbauer (Hgg.): Jüdische Fotografinnen aus Wien – Vienna’s Shooting Girls. (2012)

Lisa Silverman: T. F., Eintrag bei jwa.org.

(PHK)

d.i. Johannes Evangelista Luitpold Vinzenz Flesch Edler von Brunningen, geb. am 05.2.1895 in Brünn – gest. am 1.8.1981 in Bad Ischl; Schriftsteller, Journalist, Herausgeber, Übersetzer

Ps.: Vincent Brun, Johannes von Bruning, Flesch-Brun

Bereits während seines Jusstudiums veröffentlichte der in Abbazia/Opatja und Wien aufgewachsene F.B. in den Jahren 1913/14 erste expressionistische Texte in den Zeitschriften Pan und Die Aktion wie z.B. Der Satan. Als Dr.jur. beendete F.B. 1919 das Studium in Wien, gefolgt von Jahren als Bankangestellter und Rechtsanwaltsanwärter, die stets durch sein literarisches Schaffen begleitet wurden. So erschien schon 1919 Baltasar Tipho. Eine Geschichte vom Stern Karina im Wiener Verlag Tal & Co – ein früher Text, in dem indirekt der Untergang der Monarchie, aber auch gewerblich organisierte Terminehen thematisiert werden. Den Erlebnissen im Ersten Weltkrieg, Einsätzen in Russland und Italien 1915-18, schenkt F.B. in seinem übrigen Werk nur wenig Beachtung. Vielmehr ist er an privaten, habituellen und gesellschaftlichen statt politischen Geschehnissen u. Veränderungen interessiert; das sinnliche Lebensprinzip F.B.s prägt seine literarischen Anfänge ebenso wie stete Zivilisationskritik. Sichtbar wird dies u.a. in der Erzählung Bürger Narr (1920, Strache-Verlag), beispielhaft für den eindrucksvollen Sprachstil seiner frühen Novellen.

Ab 1925 als freier Schriftsteller lebend, siedelte F.B. auf Drängen seines Freundes Albert Ehrenstein 1928 nach Berlin über, wo er sowohl im Verlag Ernst Angel als auch journalistisch tätig war. Heimito von Doderer, ein bewunderter Freund, wies als einziger auf die Werke F.B.s aus dieser Zeit hin. Die Begegnung mit dem Schriftsteller war F.B.‘s zahlreichen Reisen zu verdanken – so auch die prägenden Bekanntschaften mit James Joyce, Hans Kaltneker, Hermann Kesten, Robert Neumann oder Alexander Lernet-Holenia. Aus dieser Zeit stammt auch der kolportageartig strukturierte Roman Auszug und Wiederkehr (1929).

Nicht wissend, dass sein Weg ihn selbst im darauffolgenden Jahr in das Londoner Exil führen sollte, hatte sich F.B. bereits 1933 literarisch mit dem Thema der Emigration auseinandergesetzt. Eine umfassende historisch-psychologische Studie war das Resultat, dessen Rahmen sich von der Antike bis zur Zwischenkriegszeit spannt: Vertriebene. Von Ovid bis Gorguloff (Essays). F.B.’s Veröffentlichungen im Exil, darunter Alkibiades (London: Putnam; 1935), für Hermann Kesten einer der besten historischen Romane, konnten zwar nicht an seine früheren Erfolge anknüpfen, doch sie sicherten ihm, im Verein mit Filmscript-Arbeiten und seiner Mitwirkung an engl. Magazinen bis 1938 ein bescheidenes Auskommen. Seit 1939 veröffentlichte er unter dem Namen V. Brun englischsprach. Romane, die, wie z.B. Untimlely Ulysses (1940), in der Kritik gut aufgenommen, jedoch wenig verkauft und bislang nicht ins Deutsche übertragen worden sind.

Bis zur Rückkehr nach Wien im Jahr 1958, begleitet von seiner späteren Frau Hilde Spiel, war F.B. in der österreichischen Abteilung der BBC tätig.


Weitere Werke (Auswahl)

Das zerstörte Idyll. Novellen., 1917; Gegenspiel. Novellen., 1920; Die beiden Wege. Ein Buch der Jugend. Nachwort A. Ehrenstein., 1928; Auszug und Wiederkehr, 1929; Die Amazone. Revolutionsroman, 1930 (engl. 1931: A Mistress of the Terror); Die Herzogin von Ragusa, 1933; Perlen und schwarze Tränen (1948, Neuauflage 2020); Die verführte Zeit. Lebenserinnerungen. Hg. von Manfred Mixner (1988)

Dokumente und Quellen

Broch, Hermann: Hans Flesch: “Balthasar Tipho”. In: Moderne Welt (1920), H. 4, S. 24, Broch, Hermann: Hans Flesch: “Gegenspiele”. In: Moderne Welt (1921/22), H. 2, S. 35, Doderer, Heimito von: Geheimnisse der Euphorie. [Rezension zu F.B.‘s Amazone]. In: Merkur (1956), H. 95, S.94 ff. bzw. Schreibheft (2003), H. 61, S. 77-78, Kesten, Hermann: Wunderlicher Mensch, wunderliche Geschichten. Hans Flesch. (1959) In: Schreibheft (2003), H. 61, S. 50-52.

Nachlass: Deutsches Literaturarchiv Marbach; Signatur A: Flesch-Brunningen; Kryptonachlass auch im NL Hilde Spiel, Österreichisches Literaturarchiv (ÖLA 15/91)

Literatur

Bolbecher, Siglinde/Kaiser, Konstantin: Lexikon der Österreichischen Exilliteratur. Wien: Deuticke 1999. – Dove, Richard: The Gift of Tongues: German-speaking Novelists writing in English. In: William Abbey, u.a. (Hg.): Between Two Languages. German-speaking Exiles in Great Britain 1933-45. Stuttgart: Verlag H.-D. Heinz 1995 (= Stuttgarter Arbeiten zur Germanistik). – Fischer, Ernst (Hg.): Hirnwelten funkeln. Literatur des Expressionismus in Wien. Salzburg: Müller 1988, Garger, Sonja: Hans Flesch-Brunningen. Eine Einführung zu Leben und Werk. Diplomarbeit, Wien, 1995. – Mixner, Manfred (Hg.): Nachwort. In: Hans Flesch-Brunningen: Die verführte Zeit. Lebenserinnerungen. Wien (u.a.): Brandstätter 1988. – Patsch, Sylvia: Österreichische Schriftsteller im Exil in Großbritannien. Ein Kapitel vergessene österreichische Literatur. Wien (u.a.): Brandstätter 1985. – Polt-Heinzl, Evelyne: Hans Flesch-Brunningen (1895-1981). In: Literatur und Kritik (2005), H. 393/394, S. 101-109, P.-H., E.: Schonungsloser Chronist seiner Zeit. In: Die Furche, 30.1.2020, S. 17f.

Thuswaldner, Anton: Hans Flesch-Brunningen. Stifter-haus.at, 12.10.2011.

(SK)