eigentlich: Karl Gaudriczek, geb. am 12.3.1895 in Wien – gest. am 15.4.1978 in Wien; Klarinettist, Saxophonist, Kapellmeister, Musikpädagoge

Nach dem Studium der Klarinette an der Wiener Musikakademie (1909-1914) bei Franz Bartolomey (1865-1920), dem Begründer der Wiener Klarinettenschule, trat G. zunächst bei Konzerten des Wiener Konzertvereins im Dez. 1914 auf, wurde dann eingezogen und konnte ab 1918 bei den Wiener Philharmonikern als Klarinettist tätig werden. Im Zuge einer Südamerika-Tournee 1926 lernte er dort den Jazz und das Saxophon kennen, das er sich autodidaktisch aneignete. 1928 kündigte G. seine Stellung bei den Philharmonikern, nachdem er bereits 1927 die Jazzkapelle Karl Gaudriot gegründet und im April 1927 auch seine erste Radioaufführung hatte. Er avancierte rasch zu einem festen Programmpunkt der Ravag-Jazz-(Unterhaltungs)konzerte und trat daneben auch in Operetten als Solo-Saxophonist auf, z.B. in der Operette Die Königin von Oscar Straus, die im Juli 1927 im Theater an der Wien am Programm stand. Ab 1928 firmierte die Jazzkapelle unter dem Namen Charly Gaudriot und zählte neben jener von R.H. Korngold zu den präsentesten Ende der 1920er Jahre. Anlässlich des Konzerts von Jack Hylton und seiner Orchesters merkte das NWJ in einer Besprechung an, dass trotz aller Perfektion, die diese Formation aufweise, noch niemand Gaudriot am Saxophon übertroffen hätte. 1929 spielte er gemeinsam mit dem Komponisten u. Pianisten E.W. Korngold zur 50. Auff. der Operette Rosen aus Florida von Leo Fall life die Auff. begleitend (wieder im Theater an der Wien). 1931 vermeldete das Kino-Journal, dass die Gaudriot-Jazzband nach ihrem Erfolg bei der Wiener Premiere des Chaplin-Filmes Lichter der Großstadt (am 4.4.1931) von der Sascha-Film A.G. für ein längeres Gastspiel in deren Sascha-Tonfilmpalast verpflichtet worden sind. Im Dez. dess. Jahres wurde das Orchester mit dem Goldenen Band (für die beste Jazz-Orchesterleistung) ausgezeichnet. Im Juni 1932 figurierte Gaudriot u.a. auch als Juror für den Musikwettbewerb der Concordia für das beste Wiener Lied u. die beste Jazzkomposition (Kl. Volkszeitung, 17.6. 1932). Ab der zweiten Jahreshälfte 1933 ging die zuvor wöchentliche Jazzkonzertpräsenz im Abendprogramm von Radio Wien sichtbar zurück, wenngleich sie bis 1936, allerdings oft unter Weglassung des Jazz-Signals nach wie vor gegeben war. 1937 war G. nur mehr zweimal im Radio zu hören, darunter einmal gemeins. mit Fritz Kreisler. Das Jahr bestritt er mit einer Tournee in Norddeutschland sowie mit einigen wenigen Gastkonzerten in Salzburg u. Bregenz. Am 18.2. 1938 sendete die Ravag das letzte Gaudriot-Konzert, das einzige des Jahres 1938, in dem G. selbst noch eine Europatournee absolvierte u. im März 1938 nochmals in Salzburg auftrat. Nach dem Anschluss von 1938 gab es keine weiteren Gaudriot-Auftritte. 1946 kehrte Gaudriot in den wiedererstandenen Österr. Rundfunk zurück u. leitete dort das Kleine Wiener Rundfunkorchester.


Quellen und Dokumente

Programm von Radio Wien (1928), H. 29, S. 1421 sowie H. 52, S. 2313, Das Orchester der Komiker. Das Debüt der Jack-Hylton-Jazz im Konzerthaus. In: Neues Wiener Journal, 5.12.1928, S. 5f., C. G.-Gastspiel im Sascha-Palast. In: Das Kino-Journal, 4.4.1931, S. 20, C. G. erhält das Goldene Band. In: Neues Wiener Journal, 14.12.1931, S. 2.

Literatur

Uwe Harten/Monika Kornberger, C. G. In: Oesterreichisches Musiklexikon online. Eintrag bei wien.gv.at.

(PHK)

geb. am 7.6.1900 in Wien – gest. am 2.4.1991 in Madrid; Tänzerin, Choreographin, Schauspielerin und Fernsehmoderatorin

Abgesehen von Geburts- und Sterbedatum gibt es von Gisa Groß, die besser unter ihrem Künstlernamen Gisa Geert bekannt war, nur wenige biografische Belege. Als Schülerin Gertrud Bodenwiesers, entwickelte sich G. in den 1920er Jahren zu einer namhaften Tänzerin. 1924 war sie bei der Einweihung von Kieslers Raumbühne beteiligt; bekannt wurde G. aber v.a. durch die von ihr initiierte Parodie eines Hochzeitstanzes, in dessen Kostüm sie zur einen Hälfte als Bräutigam und zur anderen Hälfte als Braut gekleidet war. Neben immer wieder gut besuchten Tanzabenden und Aufführungen wie etwa bei der Redoute der Bühne, studierte G. die Tänze des Festzugs der Gewerbe von 1929 ein. Im selben Jahr veröffentliche G. in der von D. J. Bach herausgegebenen Zeitschrift Kunst und Volk einen Artikel über Körper- und Festkultur. Die Körperbewegung als neue Ausdrucksform menschlichen Empfindens müsse für kulturelle Festivitäten erst entdeckt werden. Die „einende Harmonie der Massenbewegung“ brauche „keinen eingelernten Drill“ – wie es etwa beim rigiden Balletttanz der Fall sei –, denn „die große mitreißende Gewalt des Bewegungschores“ sei ein „edles Mittel zum gesteigerten Lebensgenuss“ (Geert, in: Kunst und Volk. IV (Nov. 1929), H3, S. 76). Mit der diesbezüglich einhergehenden Überzeugung, der Solotanz werde immer bedeutungsloser, gründete G. das Tänzerinnen-Kollektiv Blaue Truppe. Darüber hinaus unterrichtete G. den Bewegungschor der sozialdemokratischen Kunststelle und trug wesentlich zur Förderung des Laientanzes in Wien bei. 1934 zog es G. nach Italien, wo sie mit ihrem choreographischen Engagement auch in der Film- und Fernsehindustrie (z.B. Un due tre, 1954-59) bekannt wurde. Neben dem Begründer der italienischen futuristischen Fotografie Anton Giulio Bragaglia arbeitete G. in der Nachkriegszeit mit bedeutenden Künstlerinnen und Künstlern wie Wanda Osiris, Totò, Isa Barzizza, Ugo Tognazzi, Raimondo Vianello oder Vittorio Gassman zusammen. Gisa Geert starb am 2. April 1991 in Madrid.


Quellen und Dokumente

Körperkultur und Festkultur. In: Kunst und Volk. IV (11/1929) H. 3, S. 76.

Ballet im Konzerthaus. In: Neues Wiener Journal, 15.2.1929, S.12; Der Tanz des eigenen Ich. Gertrud Bodenwieser und ihre Schule. In: Die Bühne, H. 17 (1925), S. 34f; E’ Morta Gisa Geert Coreografa Della Rivista. In: La Repubblica.it, 3.4.1991; Ganz Wien war auf den Beinen. Das tanzende Gewerbe. – Ein Schauspiel für Hundertausende. In: Arbeiter Zeitung, 10.6.1929, S. 3; Reifeprüfung fürs Brettl. In: Arbeiter-Zeitung, 29.8.1924, S. 7; Müller, Margarete: Der Mensch schwebt in den Lüften. In: Die Bühne, H. 147 (1927), S. 28f; Rosenfeld, Fritz: Das tanzende Wien. In: Salzburger Wacht, 6.8.1932, S. 10; Tanzabende. Lisl Rinaldini.–Gisa Gehrt. In: Wiener Morgenzeitung, 13.5.1924, S. 7; Tanzabende im Burggarten. In: Wiener Morgenzeitung, 17.7.1924, S.8; Tschaikowskys „Nussknacker“. In: Die Bühne, H. 219 (1929), S. 12; Vom Theater. In: Das Interessante Blatt, 4.3.1926, S. 15; X.: Zwei Tanzabende. Gisa Geert. In: Das Kleine Blatt, 18.6.1932, S. 10.

(MP)

Geb. 13.6. 1900 in Garschönthal (heute: Uvaly/Valtice, Tschechien; ehem. Feldsberg in Südmähren) gest. 22.4.1957 in Wien. Schriftsteller, Herausgeber, Essayist, Pazifist.

Bereits im frühen Kindesalter kam Geist nach Wien, wo er schon als Vierjähriger Lesen und Schreiben erlernte. Danach erst besuchte er die Volks- und die Bürgerschule in Ober St. Veit. Noch nicht 18jährig wurde Geist am 18.2.1918 zur k.k. Armee eingezogen, aus der er alsbald zu desertieren versuchte. Die Erfahrung des Krieges verstärkte eine grundlegend pazifistische Einstellung sowie sein Interesse für das Schreiben. Ab 1923 entstanden erste literarisch-essayistische Texte, die davon sowie von der Erfahrung sozialer Benachteiligung und einem Engagement für Lebensverhältnisse am Rande der Gesellschaft geprägt sind. Gemeinsam mit Leo Schmidl gründete er dazu eine Zeitschrift Das Wort, deren erstes Heft im Mai 1923 erschien (Der Tag, 9.5.1923, 5); das letzte (3.) erschien im August desselben Jahres und enthielt Beiträge u.a. zu Lucka, Mulford u. W. Whitman. 1924 veröffentlichte er den programmatischen Essay Partei und Pazifismus, die sich kritisch zur Haltung der Sozialdemokratie und dem Kriegsausbruch 1914 positionierte. Ihr folgte 1925 sein erster Roman Nijin. Der Sibire (im Malik-Verlag), der die Russische Revolution und die Aufbaujahre der Sowjetunion zum Thema hat, allerdings auf verhaltene Resonanz stieß. F. Rosenfeld hat ihn etwa als „grobe Mache“ bzw. „Kitsch“ abgelehnt. 1927 legte er die Schrift Die Wiener Julirevolte. Bericht eines Augenzeugen vor. Nichtsdestotrotz erhielt Geist im November 1927 die Gelegenheit, im Volksheim Ottakring aus eigenen Werken im Rahmen eines mehrteiligen Zyklus Leseabende zu gestalten; dabei trug er erstmals ein Kapitel aus dem 1928 dann veröffentlichten Anti-Kriegsroman Der anonyme Krieg vor (Der Tag, 10.11.1927, 7 bzw. AZ, 12.11.1927, 16).

Materialien und Quellen:

Eintrag bei Diskurse des Kalten Krieges (Hebenstreit/Maurer/Rieser-Neumann): hier.

R.G.: Stillende Mütter (Ged.) In: Die Mutter, 1.6.1925, S. 6; N.N. Rez. zu Nijin. In: Die Rote Fahne, 21.2.1926, S. 2; Bauernsprüche. In: AZ, 24.10. 1926, S. 20; F. Rosenfeld: Kolportage. In: Salzburger Wacht, 15.12.1926, S. 5-6; Ankündigung zu Der anonyme Krieg. In: Österr. Buchhändler Correspondenz, 18.1.1929, S. 2;

(PHK, work in progress)

Geb. 1861 in Wien, gest. 6.8. 1937 in Wien.

Publizistin, Juristin, Funktionärin im Allgemeinen Österreichischen Frauenverein.

(in preparation)

Geb. 29.11.1872 in Swoikowitz (Mähren, k.k. Österreich-Ungarn, heute: Vojkovice, Tschech. Rep.), gest. (ermordet) am 12.10. 1942 in Mauthausen (KZ). Regisseur, Intendant, Theaterdirektor.

(in Vorbereitung)

Geb. 29.11. 1872 in Swoikowitz (k.k. Österreich-Ungarn, heute Svojkovice), gest./ermordet 12.10. KZ. Mauthausen (Ostmark/Dt. Reich, heute: Österreich). Indendant, Regisseur, Theaterleiter (Neue Wiener Bühne, Josefstädter Theater).

Materialien und Quellen:

KayWenninger: Zwischen Bühne und Baracke. Lexikon der verfolgten Theater-, Film- und Musikkünstler 1933 bis 1945. Berlin: Metropol 2008, S. 390.

(PHK, in preparation)

geb.17.12. 1867 in Waizkirchen, gest. 3.6. 1941 in Linz. Bischof, Redakteur, Professor für Pastoraltheologie.

Materialien und Quellen:

Eintrag in Diözesanarchiv;

Gutachten der Linzer Straßennamenskommission (Auszug zu J. Gföllner) zur Umbenennung der Gföllnerstraße. Linz 2022

J. Gföllner: Hirtenbrief über wahren und falschen Nationalismus. Linz 1933; N.N.: Zwei hohe Geistliche gegen den Linzer Hirtenbrief. In: Ostdeutsche Rundschau, 7.2. 1933, S. 1-2;

Forschungsliteratur:

Rudolf Zinnhobler: Johannes Ev. Maria Gföllner. In: Die Bischöfe von Linz. Hrsg. von Rudolf Zinnhobler. Linz 1985, 261–288; Ders.: Die Bischöfe Gföllner und Fließer in der Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus. In: Staat und Kirche in der „Ostmark“. Hrsg. von Maximilian Liebmann u.a. Frankfurt am Main 1998, 515–546; Stefan Moritz: Grüß Gott und Heil Hitler. Katholische Kirche und Nationalsozialismus in Österreich. Wien 2002; Ernst Hanisch: Der politische Katholizismus als ideologischer Träger des „Austrofaschismus“. In: Austrofaschismus. Politik, Ökonomie, Kul-
tur 1933–1938. Hgg. von Emmerich Tálos und Wolfgang Neugebauer. Wien 2005, 68–86; Jürgen Steinmair: Johannes Maria Gföllner und der Ständestaat. Porträt eines ungemütlichen Bischofs. In: Oberösterreich 1918–1938. Bd. 3. Linz 2015, 279–318.

(in preparation)

geb. 8.9.1871 in Pola, Küstenland, Österreich-Ungarn (heute: Pula, Kroatien) – gest. am 11.4.1963 in Wien; Offizier, Kartograph, Kritiker, Schriftsteller

In Vorbereitung

Geb. 27.2.1882 in Braunau/Inn; gest. (Suizid) 20.6.1946 im NS-Täterlager Langwasser bei Nürnberg. Offizier, Kriegsarchivdirektor, Militärschriftsteller, Vizekanzler im Kabinett Seyss-Inquart, NSDAP-Mitglied, General zur besonderen Verwendung in Zagreb/Agram (1941-1944).

Materialien und Quellen:

Eintrag auf: GeschichteWienWiki; Eintrag in ÖBL;

(in preparation)

Geb. 13.8.1881 in Wien, gest. 10.12. 1976 in Wien. Arzt, Journalist, Kritiker, Redakteur.

(nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen verantwortlichen Redakteur des Grazer Tagblatts)

Glaser studierte an der Univ. Wien, wo er 1905 zum Dr. der Medizin promoviert wurde. Nach der Teilnahme am Weltkrieg als Stabsarzt und der Rückkehr nach Wien begann er ab 1919 neben seiner Anstellung in der Volkswehr (bis Juli 1920) beim Neuen Wiener Tagblatt publizistisch tätig zu werden. Im Besonderen interessierte er sich für Fragestellungen an den Schnittflächen von Medizin und Psychologie, für gesundheitspolitische Aspekte sowie für neue, auch umstrittene Methoden wie z.B. der Stainach-Methode der Verjüngung, die um 1920 entwickelt und in den 1920er Jahren kontrovers diskutiert wurde. Regelmäßig verfasste er auch medizinbiographische Feuilletons zu bekannten Persönlichkeiten, die an der Univ. Wien wirkten (H. Nothnagel, W. Wundt u.a.m.). Für die 1923 eingerichteten sogenannten Wochenausgaben des NWTBl. schrieb Glaser regelmäßig Beiträge zu z.T. populärwissenschaftlichen Fragestellungen (z.B. ›Medizinische Kuriosa‹ oder ›Fortschritte der Medizin‹) sowie, gelegentlich, auch Buchempfehlungen. Im Nov. 1923 wird er gemäß einer Mitteilung der Ztg. Reichspost (17.11.1923, 4) auch als Mitglied des „leitenden Komitee[s]“ der neugegründeten Wiener Parapsychischen Gesellschaft zur exakten Erforschung okkulter Phänomene angeführt. 1925 erschien seine erste Buchpublikation, ein ärztlicher Ratgeber in der Reihe der Tagblatt-Bibliothek, der 1928 nochmals aufgelegt wurde. 1929 wurde Glaser zum Mitglied des ›Vorstandes des Schutzverbandes deutscher Schriftsteller in Österreich‹ gewählt. 1930 veröffentlichte er ein bemerkenswertes Feuilleton zum Giftgaskrieg 1915 unter dem Titel Die bunten Räume oder: Der Untergang der Menschheit.

Werke:

Der ärztliche Fragekasten (Tagblatt-Bibliothek, 1925); Lesebuch des Lebens (1930);

Materialien und Quellen:

(Work in progress)