Geb. 24.8. 1857 in Wien, gest. 8.7. 1919 in Graz. Historiker, Redakteur, Schriftsteller, Übersetzer.

Nach dem Studium der Geschichte und Philologie (bei Karl Tomaschek u. Adolf Mussafia) an der Univ. Wien, das er 1882 mit einer Promotion abschloss, wirkte er sowohl als Mittelschullehrer (in Prag und Wien) als auch, ab 1883, als Professor für Geschichte und Deutsche Literatur am Theresianum in Wien und begann alsbald mit einer Reihe stadtgeschichtlicher Arbeiten, sodann auch Feuilletons, u.a. für das Neue Wiener Tagblatt, und Novellen hervorzutreten. 1901-1909 wurde er zum Chefredakteur der Wiener Zeitung ernannt, zugleich zu seiner Tätigkeit an an der k.u.k. Kriegsschule. 1910 habilitierte er sich in Neuerer Geschichte und wurde 1919 an die Univ. Graz berufen, eine Tätigkeit, die er jedoch kaum mehr ausüben konnte.

Werke (Auswahl):

Geschichte der Stadt Wien. Wien 1892; Der Wiener Kongress, seine Fürsten und Staatsmänner. In: Der Wiener Kongress. Eine Dokumentation. 1896. Nachdr. Dortmund 1983; Friedrich Mitterwurzer. Wien 1896; Noch eine Reise nach Italien. Tagebuchblätter. Leipzig-Berlin 1900;Friedrich von Gentz. Eine biographische Studie. Wien 1901; Der unglückliche Liebhaber oder Die tugendhafte Frau. Lustspiel. Wien 1903; Das Buch von der Nachfolge Goethes. Berlin 1913; Kaiserin Maria Theresia. Wien 1918.

Materialien und Quellen:

Abseits vom Kriege. Neue Romane. In: NWTBl., 30.11.1918, S. 2-3 (Über E. Lucka u. J. Kaprunner)

(PHK, in Vorber.)

eigentlich: Kiehtreiber, Albert Konrad

Geb. 5.2.1887 in Wien, gest. 16.3.1973 in Baden (Niederösterr.) Maler, Schriftsteller, Herausgeber, Regisseur

Kiehtreiber/Gütersloh besuchte zuerst das Benediktiner-Gymnasium in Melk u. ab 1900 jenes der Franziskaner in Bozen, denn er sollte gem. dem Wunsch seiner Eltern Priester werden. Doch 1904 brach er die Schule ab, nahm Schauspielunterricht u. spielte alsbald auf verschiedenen kleineren Bühnen, u.a. in Bad Reichenhall, Salzburg u. Mährisch-Ostrau. 1907 lernte er G. Klimt kennen und wurde von ihm als Schüler angenommen; bereits auf der Internationalen Kunstschau 1909 in Wien stellte er erstmals Zeichnungen aus u. trat als bildender Künstler an die Öffentlichkeit. Auf Klimts Vermittlung hin lernte er 1910 M. Reinhardt kennen und wurde von ihm ans Deutsche Theater in Berlin als Bühnenbildner engagiert. 1910 vollendete er zudem seinen ersten, Aufsehen erregenden Roman Die tanzende Törin (EA 1911), der 1913 in gekürzter Fassung als expressionist. Roman nochmals in Buchform bei G. Müller erschien. Zwischenzeitlich hielt er sich auch in Paris auf, wo er bei Maurice Denis Malerei studierte und wichtige Anregungen erhielt. Nach seiner Rückkehr trat er wieder in den Klimt-Hoffmann-Kreis ein, veröffentlichte kunstkrit. Beiträge in den Zss. Der Ruf sowie Die Aktion. 1913 erwog F. Pfemfert gar, Gütersloh eine eigene Nummer der Aktion zu widmen, wie er in einem Brief an A. Roessler ausführte (Allegorie, 77). A. Schnitzler dagegen erblickte in ihm, so eine Tagebucheintragung (24.12.1913), einen „affectirte[n] Schwindler“. 1913 heiratete er die Tänzerin Emma Berger, die bereits 1916, nach der Geburt der Tochter Alexandra verstirbt.

Nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges meldete er sich 1915 als Kriegsfreiwilliger, wurde aber bald ins Kriegspressequartier versetzt, wo er er u.a. R. Musil und F. Blei kennenlernte; mit letzterem, dem er fortan freundschaftlich verbunden blieb, gab er 1918/19 die wichtige Zs. Die Rettung heraus und wurde im Zuge der gewalttätigen Konfrontationen bei der Ausrufung der Republik am 12.11.1918 im Neuen 8-Uhr Blatt nicht nur als Mitglied der Roten Garde denunziert, sondern als einer der potentiellen geistigen Urheber der Gewalt, wovon er und später auch Blei sich entschieden distanzierten (Wolf, 121). Von 1919 bis 1921 wirkte er als Regisseur u. Bühnenbildner am Münchner Schauspielhaus u. zeitweilig auch am Wiener Burgtheater. Musil lobt in einem Brief (3.6.1919) Güterslohs Aquarelle und bespricht 1920 (Br. 7.8.1920) mit ihm eine mögliche Aufführung seines Stücks Die Schwärmer. In diese Zeit fällt auch die Bekanntschaft und Freundschaft mit Carl Schmidt. 1921 geht er die Ehe mit der Tänzerin Vera Reichert ein und im selben Jahr erschien ein weiterer Roman, Die Vision vom Alten und Neuen, gefolgt von Innozenz oder Sinn und Fluch der Unschuld und Der Lügner unter Bürgern (beide 1922). Im selben Jahr wurde er zudem, auf Vorschlag von F. Blei, mit dem Fontane-Preis ausgezeichnet und lernt Milena Friedinger kennen. An diese schriftstellerisch hochproduktive Phase schloss sich dann eine stärker der Malerei zugewandte an, die ab 1925 in mehrere renommierte Ausstellungsbeteiligungen mündete: an der Internat. Kunstausstellung in Rom im Februar 1925, der Künstlerhaus-Ausstellung 1926 und an der Ausstellung im Österr. Museum für Kunst und Industrie im Juni 1927. In das Jahr 1925 datiert auch der Beginn der Freundschaft mit H. v. Doderer sowie der Beginn der Arbeit am Roman Eine sagenhafte Figur (der erst 1946 erstveröffentlicht wird). Im Juli 1928 erhielt er neben Helene Funke u.a. einen der Ehrenpreise des Unterrichtsministeriums für die Sparte bildende Kunst; H. v. Doderer veröffentlicht seine Schrift Der Fall Gütersloh, in der er ihn mit einem formakzentuierten Genie-Begriff in Verbindung bringt; der Maler-Dichter revanchiert sich 1932 mit seiner Rede über Doderer (Allegorie, 108-112). Anlässlich der Jahresausstellung österr. Künstler in der Sezession (1930) bezeichnete ihn Ankwicz-Kleehoven in der Wiener Zeitung als „immer bizarr“ und gerade deshalb auch „jederzeit gut“. 1931 wurde Gütersloh an die Kunstgewerbeschule berufen, wo er sich v.a. für die Gobelin-Kunst einsetzte und an der er eine Professur bis 1938 innehatte. 1932 erfolgt die Trennung der zweiten Ehe; Gütersloh arbeitet auch wieder als Bühnenbildner am Wiener Akademietheater (u.a. für die Inszenierung von Goethes Triumph der Empfindsamkeit) und beginnt mit seiner Arbeit am Roman Sonne und Mond. In den 1930er Jahren nähert sich Gütersloh, der stets eine, wenngleich unorthodoxe Religiosität für sich reklamierte, stärker dem Amts-Katholizismus und gestaltet auch mehrere Kirchen künstlerisch aus. 1935 erhält er vom austrofaschistischen Ständestaat den ersten Staatspreis für Malerei. Nach dem Anschluss vom März 1938 wird er aus seiner Lehrtätigkeit an der Kunstgewerbeschule sehr bald entlassen, 1940 erhält er Berufsverbot und wird außerdem als Hilfsarbeiter und Buchhalter dienstverpflichtet. Bereits im Herbst 1945 wird Gütersloh an die Akademie für bildende Künste berufen, zählt 1946 zu den Mitbegründern des Art Club, zu dessen Präsident er auch gewählt wird, aus dem die Wiener Schule des phantastischen Realismus hervorging. Ebenfalls 1946 und in den Folgejahren veröffentlicht er auch schon vor 1938 begonnene oder während des Zweiten Weltkriegs weiter entwickelte Werkprojekte, etwa 1947 Die Fabeln vom Eros. Zudem nimmt er im Juni 1946 brieflichen Kontakt mit H. Broch auf, nicht ganz uneigennützig, erkundigt sich Gütersloh nämlich schon im Oktober 1946 nach Möglichkeiten, in den USA auszustellen bzw. einen Lehrauftrag zu erhalten. Diese Briefbeziehung dauert bis 1948 an. In den Folgejahren entwickelt sich Gütersloh zu einer der einflussreichsten Personen im Wiener Kunstbetrieb und legt 1962, ein Jahr nach dem Staatspreis für Literatur, seinen monumentalen „erzwienerischen“ 800 Seiten Roman Sonne und Mond, eine Art austrokatholische „Universalchronik“ (W. Jens) vor, der die (bundesdeutsche) Literaturkritik vor eine „enthuslastische Ratlosigkeit“ (Der Spiegel, 13/1963) stelle.

Weitere Werke (Auswahl):

Die Rede über Franz Blei oder Der Schriftsteller in der Katholizität (1922); Kain und Abel. Eine Legende (1924); Bekenntnisse eines modernen Malers (1926); Der Maler Alexander Gartenberg (1928); Briefe an Milena 1932-1970 (1980), Der innere Erdteil. Aus den Wörterbüchern (1966); Die Fabel von der Freundschaft (1969); Paradiese der Liebe. Gedichte (1972). Allegorie und Eros. Texte von und über Albert Paris Gütersloh. Hg. von J. Adler (1986)

Literatur:

H. v. Doderer: Der Fall Gütersloh (Wien 1930); Albert Paris Gütersloh. Autor und Werk. (München 1962, o. Hg.); R. Tremel (Hg.): H.v. Doderer-A. Paris Gütersloh Briefwechsel 1928-1962 (München 1986); A.P. Gütersloh zum 100. Geburtstag. Hgg. von H. Martinschik u. H. Hutter (Wien 1987); S. Piontek: Der Mythos von der österreichischen Identität. Überlegungen zu Aspekten der Wirklichkeitsmythisierung in Romanen von A.P. Gütersloh (Frankfurt/M. u.a. 1999); R. Mayerhofer: Essayismus im Romanwerk Albert Paris Güterslohs: Distanz und Integration nichtfiktionaler Strukturen im Roman. (Frankfurt/M.-New York 2006); N.Ch. Wolf: Revolution in Wien. Die literarische Intelligenz im politischen Umbruch 1918/19. (Wien-Göttingen 2018)

Quellen und Dokumente:

O. Rosenfeld: Die tanzende Törin. In: Pester Lloyd, 7.5.1911, S. 28; Ignotus: Paris von Gütersloh. In: Pester Lloyd, 24.12.1911, S. 33-34; J. Oehquist: P.v. Gütersloh: Die tanzende Törin. In: NFP, 14.12.1913, S.37; H. Webinger: Die Oesterreicher auf der römischen Kunstausstellung. In: NWJ, 5.4.1925, S. 8; A. M[arkowitz]: Kunstausstellung 1926. In: AZ, 30.5.1926, S. 9-10; A. M.: Kunstschau 1927. In: AZ, 25.6.1927, S.3-4; H. Ankwicz-Kleehoven: Frühjahrsausstellung der Sezession. In: Wiener Zeitung, 24.6.1930, S. 1-3; E. H. Rainalter: Paris Gütersloh (mit Foto). In: Radio Wien H.18/1931, S. 14; H.v. Doderer: Der Dichter und Maler Gütersloh. In: Der Tag, 7.1.1931, S. 6; H. Ankwicz: Berufung des Malers Gütersloh an die Kunstgewerbeschule. In: Wiener Zeitung, 25.10.1931, S. 6; N.N.: Wiener Wälzer (Über: Sonne und Mond). In: Der Spiegel, Nr.13/1963, S. 84-85.

(PHK)

Geb. 11.7. 1889 in Graz, gest. 19. 2. 1963 in Zürich. Drehbuchautorin, Schauspielerin, Sprechchor- u. Theaterleiterin, Literaturagentin, Exilantin

Materialien und Quellen:

Eintrag in biografia.at; Eintrag in geschichtewikiwien;

(PHK, in preparation)

geb. am 20.10.1884 in Wien – gest. am 4.2.1923 in Wien; Schriftsteller, Journalist

G. trat bereits vor dem Ersten Weltkrieg als Essayist und Lyriker in der Zeitschrift Die Wage in Erscheinung. Publizierte er im Krieg vereinzelt Gedichte auch im Arbeiterwille, positionierte sich G. fortan vorrangig als Humorist der bürgerlichen Presse, insbesondere als Mitarbeiter des Neuen Wiener Tagblatts, der Wochenzeitung Der Morgen und der Zeitschrift Die Muskete. Zudem redigierte G. die Österreichische Reisezeitung und verfasste Beiträge u.a. für Das interessante Blatt und die expressionistischen Zs. Der Anbruch, Der Aufschwung und Ver!. Breitere Aufmerksamkeit erlangte G. durch seine humoristischen, aber auch von sozialkritischer Haltung zeugenden lyrischen Kommentare zum gesellschaftlichen wie politischen Zeitgeschehen, etwa in der Rubrik Der blaue Montag in Der Morgen. Dies überdeckte zeitlebens seine Arbeiten als umtriebiger Rezensent von Literatur, Theater, aber auch bildender Kunst sowie sein essayistisches bzw. feuilletonistisches Schaffen. So strich Rudolf Holzer in einer Rezension G.s Essaybandes Varieté. Beiträge zur Psychologie des Pöbels (1919) die „geistige Fülle und Schärfe des Essaiisten großen Formats“ (Wiener Zeitung, 30.4.1923, S. 5) hervor. Bereits 1916 veröffentlichte G. die Studie Die Kinomenschheit. Versuch einer prinzipiellen Analyse, in der er das aufkommende Kino als Traumersatz deutete. Fritz Rosenfeld sollte die Schrift neben Arbeiten Béla Balázs‘ und Willi Münzenbergs in seinen filmkritischen Schriften wieder aufgreifen und als „gute Vorbereitungsarbeit“ (AZ, 19.6.1927, S. 15) späterer Arbeiten zum Kino würdigen. Ein Drama mit dem Titel Der Anfänger erschien 1918 im Berliner S. Fischer-Verlag und wurde von Max Reinhardt für die Aufführung am Deutschen Theater in Berlin erworben. Der Plan der Aufführung, für die Alexander Moissi, 1920 erster Darsteller des Jedermanns bei den Salzburger Festspielen, für die Hauptrolle vorgesehen war, wurde letztlich nicht realisiert.


Werke

Die Kinomenschheit. Versuch einer prinzipiellen Analyse (1916), Der Anfänger (1918), Varieté. Beiträge zur Psychologie des Pöbels (1919)

Quellen und Dokumente

Milchnot. Reflexionen einer Kuh. In: Arbeiterwille, 6.10.1915, S. 5, Volksbühne [Rez. zu Georg Kaiser: Die Koralle]. In: Der Morgen, 16.9.1918, S. 11, Verlassen. (Nach dem gleichnamigen Liede von Koschat zu singen.). In: Der Morgen, 9.12.1918, S. 9, Gehaltsregulierung. In: Die Muskete, 1.1.1920, S. 9, Westliche Orientierung. In: Die Muskete, 18.3.1920, S. 9, Selbst ist der Mann. In: Der Morgen, 26.4.1920, S. 5, Trautchen Sonnengold. In: Die Muskete, 20.5.1920, S. 3, Karl Kraus, Jean Paul und die Gaukler [Rez. zu Albert Ehrenstein: Karl Kraus]. In: Der Morgen, 4.10.1920, S. 5, Land Wien. In: Der Morgen, 15.11.1920, S. 8, Rund um die Woche. In: Das interessante Blatt, 14.4.1921, S. 8, Die Liebesprobe. In: Die Muskete, 27.8.1927, S. 2,

N.N.: R. G.: „Der Anfänger“. In: Wiener Allgemeine Zeitung, 12.7.1918, S. 5, Hermann Leoster: R. G. [Nachruf]. In: Der Morgen, 12.2.1923, S. 4, N. N.: R. G. [Gedicht anlässlich G.s Todes]. In: Der Morgen, 12.2.1923, S. 12, Rudolf Holzer: Aufsätze [Rez. u.a. zu R. G.]. In: Wiener Zeitung, 30.4.1923, S. 5-7, Fritz Rosenfeld: Filmliteratur. In: Arbeiter-Zeitung, 19.6.1927, S. 15.

Literatur

Handbuch österreichischer Autorinnen und Autoren jüdischer Herkunft: 18. bis 20. Jahrhundert, Bd. 1, 487 (2002), Petra Johanna Sturm: „Die Kinomenschheit“ (1916) von R. G. Diplomarbeit (2009).

Eintrag bei wien.gv.at,

(ME)

Geb. 15.8. 1858 in Aue/Schottwien, Kaisertum Österreich, gest. 26.2. 1940 in Wien.

Materialien und Quellen:

(in preparation)

Geb. 1881 in Panevezys (Russland, Litauen), gest. 1963 in New York.

Kunsthistorikerin, Kritikerin, Mäzenin, Soziologin.

Materialien und Quellen:

F. Halle Papers (Nachlass, Columbia Univ. New York)

(in preparation)

Geb. am 24.1.1894 (andere Quellen: 1901) in Chortkow (Galizien, Österreich-Ungarn), Todesdatum nicht bekannt; Schauspieler, Regisseur

Halpern wurde in eine einfache proletarische jüdische Familie mit Jiddisch als Muttersprache geboren. Er besuchte den Cheder und danach das Gymnasium in Chortkow und nahm daneben auch Hebräisch-Unterricht. Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges besuchte er die Jiddische Hochschule in Wilna, wo er sich zum Schauspieler ausbildete. In Wien wird er im Sept. 1921 erstmals als einer von zahlreichen Spendern an den Jüdischen Nationalfonds fassbar (Wiener Morgenzeitung, 25.9.1921, 11). 1922 beginnt er mit Regietätigkeiten an der Freien Jüdischen Volksbühne sowie für den Jüd. Akadem. Kulturverband ›Jabne‹ tätig zu werden; so inszeniert er im Februar das jiddische Stück Die Puste Krejtschme, im März das auf Hebräisch gespielte Drama T’kias Kaf (Der Handschlag/Das Gelöbnis, wurde im März-April 1923 wieder aufgeführt), beide von Perez Hirschbein (1880-1948), und im Juni dessen Stück Mirjam, gefolgt von M’welje im Oktober. 1924 war Halpern Mitbegründer des jidd. Ensembles ›Die gildene Pawne‹ im Rahmen der Jüdischen Volksbühne, an dem er auch als Schauspieler mitwirkte. Auch bei einzelnen Gastspielen der Wilnaer Truppe, so z.B. im AugCarl-TheaterCarl-Theater, trat Halpern als Schauspieler mit auf, so z.B. in der Tragödie Doctor Kohn von Max Nordau (1849-1923) oder im Lustspiel Ein verworfener Winkel von Hirschbein.  1925 stand er auch im Kontakt mit Kassáks MA-Zeitschrift bzw. Gruppe; so wirkte er am 22.3. an einem (aktivistischen) Propagandaabend im Schwarzwaldsaal mit, der AZch in der AZ und der NFP angekündigt wurde.

Ab der zweiten Jahreshälfte 1925 verlieren sich Halperns Spuren in Österreich; gemeinsam mit seiner Frau Esther emigrierte er nach Argentinien und wirkte an der Gründung des Yung Argentine, eines yiddischen Theaters in Buenos Aires, mit. Ende 1927 übernahm er dessen Leitung und wandelte es kurz darauf in eine Schauspielschule um. Im Juni 1928  entstand unter Halperns Regie mit H. Sacklers Dem tsadiks nesie (Die Reise des Rabbi) die erste Produktion, doch bereits knapp ein Jahr später zog sich Halpern aufgrund der angespannten finanziellen Situation gänzlich aus dem Unternehmen zurück. 1945 verfasste Halpern für die in Buenos Aires erscheinende Pinkes Galicye (Chronik Galiziens) einen Aufsatz, in dem er u.a. über seine Schulzeit in Czortków berichtete.



Quellen und DokumenteOtto Abeles>Otto Abeles: Ein verworfener Winkel. In: Wiener Morgenzeitung, 16.8.1924, S. 5, N.N.: Kleinkunstspiele der Jüdischen Volksbühne. Die gildene Pawe. In: Die Bühne, H.7, 1924,Paul Wertheimerl Wertheimer: Kleinkunstspiele. Die gildene Pawe. In: NFP, 16.12.1924, S.10.

Leo Halpern Leo Halpern bei Museum of Family History; Eintrag zu Yung Argentine bei Museum of Family History.

Literatur

Nahma Sandrow: Vagabond Stars. A World History of Yiddish Theater. Syracuse 1977, 21996, 376; Brigitte Dalllinger: Quellenedition zur Geschichte des jüdischen Theaters in Wien. Tübingen 2003, 199;

Werke

Leo Halpern, Di vig fun hashoymer hatsair iz geven Galitsye. In: Nakhman Tsuker (Hg.), Pinkes Galitsye. Aroysgegebn tsum 20-tn aniversar zayt der grindung fun Galitsyaner farband, Buenos Aires 1945, 265- 276.

(PHK, MK)

geb. am 27.6.1902 in Wien – ermordet 1942 im KZ Auschwitz; Conferencier, Kabarettist, Schriftsteller, Graphiker

Ps.: Hans Mahr

H. wuchs als Sohn eines angesehenen Ohrenfacharztes in Wien-Alsergrund auf. Einer jüdischen Familie entstammend wurde er mit Schuleintritt getauft, auch die Mutter konvertierte. In der Gymnasialzeit entstanden erste lyrische Versuche. Nach dem Schulabschluss besuchte H. Vorlesungen in Kunstgeschichte und absolvierte ein Semester lang eine Lehre für das Buch- und Illustrationsgewerbe an der Höheren Graphischen Lehr- und Versuchsanstalt. In der Folge verfasste er erste Mittelschulrevuen, für die der junge Marcel Prawy die Musik komponierte. H. trat auch mit Kabarettprogrammen in der über dem Café Herrenhof gelegenen Mädchenschule Eugenie Schwarzwalds auf. Dabei dürfte er Friedrich Torberg kennengelernt haben, der sich als Förderer entpuppte und Publikationen in Wien und Berlin, wo H. 1929/30 als „Blitzdichter“ von sich reden machte, ermöglichte (u.a. in Prager Tagblatt, Querschnitt, Weltbühne). Ein reger Briefwechsel ist für diese Jahre überliefert.

Nach der Rückkehr nach Wien eröffnete H. mit der in Berlin kennengelernten Chansonniere und Kabarettistin Stella Kadmon, dem Zeichner Alex Szekely und dem Musiker Fritz Spielmann am 7. November 1931 die Kleinkunstbühne Der liebe Augustin im Souterrain des Café Prückel im ersten Wiener Gemeindebezirk, für die er bis Ende 1935 als Hausautor und Conferencier wirken sollte. Auf seine Arbeiten für den Lieben Augustin reagierte die Presse gespalten: Während das Neue Wiener Journal 1932 in einer ausführlichen Rezension das junge Projekt mit tagesaktueller Ausrichtung würdigte, äußerte Fritz Rosenfeld in der Arbeiter-Zeitung wiederholt scharfe Kritik. So schrieb er, H. sage Gedichte auf, „die er, aber wohl nur er, für gut hält“ (AZ, 8.12.1932, S. 10), ein Jahr später konstatierte er, das Künstlerkollektiv des Lieben Augustin sei „langsam daraufgekommen, daß seine Programme um so besser werden, je weniger Nummern von dem Hausdichter P. H. stammen“ (AZ, 23.11.1933, S. 7). Tatsächlich sollte H. zusehends auch Beiträge für andere Kleinkunstbühnen verfassen, etwa für Die Stachelbeere, neben Jura Soyfer, Rudolf Weys und Hans Weigel für Literatur am Naschmarkt sowie ABC, wo H.s Arbeiten unter der Regie von Leo Aschkenasy aufgeführt wurden.

Parallel dazu trat H. als feuilletonistischer Autor in Erscheinung. Das an der Berliner Illustrierten UHU orientierte Wiener Magazin führte H. 1932 als den „lustigste[n] von allen unseren Mitarbeitern“ (Wiener Magazin 6 (1932), H. 10, S. 44), bis 1937 publizierte er 58 Beiträge. Er arbeitete zugleich auch u.a. für Die Bühne, Die Muskete und Mocca. Häufig wurden seine Arbeiten reichlich illustriert veröffentlicht, häufig gestaltete H. die Graphiken selbst (siehe z.B. Wiener Magazin 5 (1931), H. 5, S. 17). Für weitere Illustrationen zeichneten u.a. Josef Danilowatz, Lisl Weil und Stefan Wessely verantwortlich. Gemeinsam mit Franz Eugen Klein, ab Ende 1932 Kapellmeister im Lieben Augustin, arbeitete H. auch für die RAVAG.

Nach kurzzeitiger Emigration nach Jugoslawien 1938 fand H. vorübergehend beim Komponisten Alexander Steinbrecher Unterschlupf. Ab 1941 musste H. Zwangsarbeit verrichten und wurde am 17. Juli 1942 nach Auschwitz deportiert, wo er den Tod fand. Eine Rezeption seiner Werke in gedruckter Form fand erst deutlich später statt. 1965 interpretierte Helmut Qualtinger H.s Krüppellied, 1972 gab Torberg eine Sammlung von Gedichten heraus, die Bil Spira illustrierte. In der Folge traten u.a. André Heller und Peter Wehle für die Verbreitung H.s Texte ein, Gerhard Bronner und Friedrich Achleitner verantworteten Neuausgaben.


Quellen und Dokumente

Gigolo-Phantasie. In: Die Bühne (1931), H. 311, S. 38f., Besuch beim Zahnarzt. In: Wiener Magazin 6 (1932), H. 10, S. 50f., Maschinenhochzeit. In: Wiener Magazin 8 (1934), H. 4, S. 22ff, Heitere Photographie. In: Wiener Magazin, 10 (1934), H. 8, S. 54-64, Spuk bei Tag. In: Die Muskete, 11.4.1935, S. 291f., Schützt die Silberlöwen. In: Mocca (1937), H. 1, S. 4ff.

Bidens: Sechs Personen spielen Montparnasse. Kabarettgründung junger Künstler. In: Neues Wiener Journal, 29.11.1932, S. 7, Fritz Rosenfeld: Der liebe Augustin. In: Arbeiter-Zeitung, 8.12.1932, S. 10, Fritz Rosenfeld: Der Liebe Augustin. In: Arbeiter-Zeitung, 23.11.1933, S. 7, F. F.: Kleinkunstbühne „Der liebe Augustin“. In: Neues Wiener Journal, 23.1.1934, S. 11, F. F.: Kleinkunstbühne „ABC“. In: Neues Wiener Journal, 6.8.1935, S. 12, Rudolf Weys: Wiener Kleinkunst – Neuland des Theaters. Vom „Lieben Augustin“ bis zur „Literatur im Moulin Rouge“. In: Die Wiener Bühne (1945), Novemberheft, S. 15f.

Nachlass: ÖLA 25/94, ÖLA 35/96

Literatur

Monika Kiegler-Griensteidl: „Ein Meschuggener, ein Genie, ein hochgebildeter Bursche“. Annäherungen an Leben und Werk P. H.s. In: M. K.-G., Volker Kaukoreit (Hg.): Kringel, Schlingel, Borgia. Materialien zu P. H., S. 17-75 (1997), Hans Veigl: Lachen im Keller (1986).

Eintrag bei kabarettarchiv.at, bei wien.gv.at, bei ÖBL 1815-1950, Bd. 2 (Lfg. 7, 1958), S. 170.

Michael Horowitz: Gugelhupf und Satire, Würstel und Seele. In: Die Presse, 10.6.2018, K. H. Kramberg: Das Hurenkindlein bellt. Peter Hammerschlags poetischer Nachlaß. In: Die Zeit, 24.11.1972, Günther Stocker: Weit entfernt. In: Neue Zürcher Zeitung, 24.2.2002.

(ME)

Geb. 22. 3. 1875 in Brünn/Brno, Österreich-Ungarn; gest. 7. 1. 1934 in Wien. Bildhauer, Zeichner, Lehrer und Direktor an der Kunstgewerbeschule.

Hanak absolvierte ein Studium an der Wiener Akademie, wurde Mitglied der Wiener Secession sowie der Wiener Werkstätte. Seine erste Ausstellung hatte er 1902 im Hagenbund. 1912 zählte er zu den Gründungsmitgliedern des Österreichischen Werkbund. Neben einer handwerklichen Komponente kennzeichnet auch die expressionistische Bewegung sein Frühwerk. Von Beginn seiner künstlerischen Tätigkeit an arbeitete er eng mit Josef Hoffmann zusammen, für den er einige Bauten ausstattete. Nach 1918 stattete er zahlreiche Wohnbauten der Gemeinde Wien mit Plastiken aus und schuf wichtige, auch symbolträchtige öffentliche Denkmäler wie z.B. das Republikdenkmal zur Zehnjahresfeier der Ausrufung der Republik, das 1928 enthüllt wurde.  


Literatur

M. Eisler: Anton Hanak. Wien 1921;

Materialien und Quellen

H. Haberfeld: Der Bildhauer A. H., in: NWJ, 23.5.1919, 5-6; Hans Hellmer: Anton Hanak. In: Der Kampf, H. 7/1923, S. 245-251; B.H.: Beim Schöpfer des Republikdenkmals. In: AZ, 19.7.1928, S. 9; Das Republikdenkmal: hier.

(PHK, work in progress)

Geb. 10.1.1871 in Wien, gest. 8.4. 1955 in Linz. Schriftstellerin, Übersetzerin.

Materialien und Quellen:

Eintrag in: fraueninbewegung; Eintrag von K. Vancsa in: NDB; Eintrag in: Forum oberösterreichische Geschichte.

Eduard Korrodi: Enrica von Handel-Mazzetti. Die Persönlichkeit und ihr Dichterwerk. Münster 1909; Michaela Klosinski: Katholische Literatur zwischen Anpassung und Widerstand. Enrica von Handel-Mazzettis Starhemberger-Romane im Kontext von Austrofaschismus, katholischer Literaturtradition und Moderne. In: Aneta Jachimowicz (Hg.): Gegen den Kanon – Literatur der Zwischenkriegszeit in Österreich. Frankfurt a. M.: P. Lang 2017, S. 407–428.

(PHK, in preparation)