Adler, Max

geb. am 15.1.1873 in Wien – gest. am 28.6.1937 in Wien; Soziologe, Philosoph, sozialdemokratischer Politiker, austromarxistischer Theoretiker

M.A., Sohn eines Kaufmanns aus assimilierter jüdischer Familie, studierte nach Ablegung der Matura von 1891 bis 1896 an der Universität Wien Rechtswissenschaften und wurde zum Dr. phil. promoviert. Bereits während des Studiums trat A. der Freien Vereinigung Sozialistischer Studenten bei, danach der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei (SDAP) Österreichs. 1903 begründete er mit Karl Renner und Rudolf Hilferding die Arbeiterbildungseinrichtung Zukunft, ab 1904 bis 1923 war A. mit Hilferding Herausgeber der Marx-Studien, die u.a. seine Ideen zu einer Theorie vom wissenschaftlichen Sozialismus verbreiteten, u.a. über die  bei Dietz erschienene Studie Marxistische Probleme. Beiträge zu einer Theorie der materialistischen Geschichtsauffassung und Dialektik (1913). 1907 war er Mitbegründer der Gesellschaft für Soziologie. Trotz Zugehörigkeit zur sog. Parteilinken und Sympathien für das Rätesystem zählte M. A. 1918/19 zu jenen Stimmen in der SDAP, die rhetorisch zwar klassenkämpferisch argumentierten, in der politischen Praxis jedoch pragmatisch und reformistisch agierten, z.B. als Funktionär des Wiener Arbeiterrates 1919-1920, als Landtagsabgeordneter für Niederösterreich 1919-21 und als Gemeinderat für Wien-Floridsdorf bis 1923. 1919 habilitierte sich Adler in Gesellschaftslehre (die erste Lehrbefugnis dieser Denomination in Österreich) an der Universität Wien, war jedoch vor allem in den Einrichtungen der Sozialistischen Bildungszentrale, in der 1926 begründeten Arbeiterhochschule, im programmatischen Organ Der Kampf sowie als Mitarbeiter der Arbeiter-Zeitung tätig. Von großer Wirkung war seine Schrift Neue Menschen. Gedanken über sozialistische Erziehung (1924) sowie seine Mitarbeit an der Formulierung des austromarxistischen Linzer Programms von 1926, insbesondere des umstrittenen Konzepts der „demokratischen Herrschaft des Proletariats“. Hermann Broch dagegen schätzte seine Marx-Studien wegen der „Reinheit der methodischen Prinzipien“ und der Verbindung zu positivistischen Theoretikern wie Ernst Mach, so in einer Besprechung der Schriften Marx als Denker bzw. Engels als Denker (beide 1921). 1928-1931 fungierte A. auch als Mitherausgeber der Berliner Zeitschrift Der Klassenkampf.  Im Februar 1934 wurde er im Zuge des Bürgerkriegs kurzzeitig verhaftet, durfte aber danach sogar seine Lehrtätigkeit wieder aufnehmen, wohl weil er sich bereits seit 1933 aus den Führungsgremien der SDAP zurückgezogen hatte. In seiner letzten größeren Schrift Das Rätsel der Gesellschaft (1936) bemühte er sich nochmals um eine Synthese zwischen seiner von Kant und Marx geprägten idealistischen Gesellschaftstheorie.


Weitere Werke

Zur Diskussion des neuen Parteiprogramms. In: Der Kampf 11/1926.

Wegweiser. Studien zur Geistesgeschichte des Sozialismus (1914); Demokratie und Rätesystem (1919); Klassenkampf gegen Völkerkampf! Marxistische Betrachtungen zum Weltkriege (1919); Die Staatsauffassung des Marxismus. Ein Beitrag zur Unterscheidung von soziologischer und juristischer Methode (1922); Fabrik und Zuchthaus. Eine sozialhistorische Untersuchung (1924); Das Soziologische in [Immanuel] Kants Erkenntniskritik. Ein Beitrag zur Auseinandersetzung zwischen Naturalismus und Kritizismus (1924); Kant und der Marxismus. Gesammelte Aufsätze zur Erkenntniskritik und Theorie des Sozialen (1925), Der Arbeiter und sein Vaterland. Marxistische Bemerkungen über bürgerliches und proletarisches Wehrsystem (1929); Lehrbuch der Materialistischen Geschichtsauffassung (Soziologie des Marxismus, 1930–1932, 2 Bände; bearb. Neuausg. 1964); Ausgewählte Schriften. Hg. von Alfred Pfabigan und Norbert Leser (Wien: 1981)

Literatur

Alfred Pfabigan: Max Adler. Eine politische Biographie (1982), Robert Kriechbaum: Die großen Erzählungen der Politik (2001), 109f., Reinhard Müller: Max Adler (2007) (Online verfügbar), Axel Rüdiger: M. Adler. In: R. Voigt, U. Weiß (Hgg.): Handbuch Staatsdenker (2010, 11-13); Peter Goller: Otto Bauer-Max Adler. Beiträge zur Geschichte des Austromarxismus (2008)

Reinhard Müller: Max Adler. In: Archiv für die Geschichte der Soziologie in Österreich.

Eintrag bei dasrotewien.at.

(PHK)