Guttmann, Richard

geb. am 20.10.1884 in Wien – gest. am 4.2.1923 in Wien; Schriftsteller, Journalist

G. trat bereits vor dem Ersten Weltkrieg als Essayist und Lyriker in der Zeitschrift Die Wage in Erscheinung. Publizierte er im Krieg vereinzelt Gedichte auch im Arbeiterwille, positionierte sich G. fortan vorrangig als Humorist der bürgerlichen Presse, insbesondere als Mitarbeiter des Neuen Wiener Tagblatts, der Wochenzeitung Der Morgen und der Zeitschrift Die Muskete. Zudem redigierte G. die Österreichische Reisezeitung und verfasste Beiträge u.a. für Das interessante Blatt und die expressionistischen Zs. Der Anbruch, Der Aufschwung und Ver!. Breitere Aufmerksamkeit erlangte G. durch seine humoristischen, aber auch von sozialkritischer Haltung zeugenden lyrischen Kommentare zum gesellschaftlichen wie politischen Zeitgeschehen, etwa in der Rubrik Der blaue Montag in Der Morgen. Dies überdeckte zeitlebens seine Arbeiten als umtriebiger Rezensent von Literatur, Theater, aber auch bildender Kunst sowie sein essayistisches bzw. feuilletonistisches Schaffen. So strich Rudolf Holzer in einer Rezension G.s Essaybandes Varieté. Beiträge zur Psychologie des Pöbels (1919) die „geistige Fülle und Schärfe des Essaiisten großen Formats“ (Wiener Zeitung, 30.4.1923, S. 5) hervor. Bereits 1916 veröffentlichte G. die Studie Die Kinomenschheit. Versuch einer prinzipiellen Analyse, in der er das aufkommende Kino als Traumersatz deutete. Fritz Rosenfeld sollte die Schrift neben Arbeiten Béla Balázs‘ und Willi Münzenbergs in seinen filmkritischen Schriften wieder aufgreifen und als „gute Vorbereitungsarbeit“ (AZ, 19.6.1927, S. 15) späterer Arbeiten zum Kino würdigen. Ein Drama mit dem Titel Der Anfänger erschien 1918 im Berliner S. Fischer-Verlag und wurde von Max Reinhardt für die Aufführung am Deutschen Theater in Berlin erworben. Der Plan der Aufführung, für die Alexander Moissi, 1920 erster Darsteller des Jedermanns bei den Salzburger Festspielen, für die Hauptrolle vorgesehen war, wurde letztlich nicht realisiert.


Werke

Die Kinomenschheit. Versuch einer prinzipiellen Analyse (1916), Der Anfänger (1918), Varieté. Beiträge zur Psychologie des Pöbels (1919)

Quellen und Dokumente

Milchnot. Reflexionen einer Kuh. In: Arbeiterwille, 6.10.1915, S. 5, Volksbühne [Rez. zu Georg Kaiser: Die Koralle]. In: Der Morgen, 16.9.1918, S. 11, Verlassen. (Nach dem gleichnamigen Liede von Koschat zu singen.). In: Der Morgen, 9.12.1918, S. 9, Gehaltsregulierung. In: Die Muskete, 1.1.1920, S. 9, Westliche Orientierung. In: Die Muskete, 18.3.1920, S. 9, Selbst ist der Mann. In: Der Morgen, 26.4.1920, S. 5, Trautchen Sonnengold. In: Die Muskete, 20.5.1920, S. 3, Karl Kraus, Jean Paul und die Gaukler [Rez. zu Albert Ehrenstein: Karl Kraus]. In: Der Morgen, 4.10.1920, S. 5, Land Wien. In: Der Morgen, 15.11.1920, S. 8, Rund um die Woche. In: Das interessante Blatt, 14.4.1921, S. 8, Die Liebesprobe. In: Die Muskete, 27.8.1927, S. 2,

N.N.: R. G.: „Der Anfänger“. In: Wiener Allgemeine Zeitung, 12.7.1918, S. 5, Hermann Leoster: R. G. [Nachruf]. In: Der Morgen, 12.2.1923, S. 4, N. N.: R. G. [Gedicht anlässlich G.s Todes]. In: Der Morgen, 12.2.1923, S. 12, Rudolf Holzer: Aufsätze [Rez. u.a. zu R. G.]. In: Wiener Zeitung, 30.4.1923, S. 5-7, Fritz Rosenfeld: Filmliteratur. In: Arbeiter-Zeitung, 19.6.1927, S. 15.

Literatur

Handbuch österreichischer Autorinnen und Autoren jüdischer Herkunft: 18. bis 20. Jahrhundert, Bd. 1, 487 (2002), Petra Johanna Sturm: „Die Kinomenschheit“ (1916) von R. G. Diplomarbeit (2009).

Eintrag bei wien.gv.at,

(ME)