Herterich, Franz

geb. am 3.10. 1877 in München – gest. am 28.10.1966 in Wien; Regisseur, Film- und Theater-Schauspieler, Direktor des Burgtheaters

Nach einem Studium der Kunstgeschichte schlug Herterich die Schauspieler-Laufbahn ein mit ersten Stationen in Leipzig (1910) sowie ab 1912 in Berlin, aber auch in Wien und kleineren Theatern (z.B. am Stadttheater Baden). 1918 gehörte er der Wiener Helios-Film Gesellschaft an, welche in ihrem Programm u.a. eine Verfilmung von Grillparzers Die Jüdin von Toledo ankündigte; 1919 spielte er eine der Hauptrollen im P. Czinner-Film Inferno. Neben seiner Film- und Theater-Schauspielertätigkeit wandte er sich in dieser Zeit auch grundlegenden Fragen der Kunst sowie der Regie zu. So findet er sich auch als Verf. eines Beitrags über Das Kunstwollen der Gegenwart in den ›Blättern des Burgtheaters‹ (Nov. 1919). Sein Regiedebut gab er im Mai 1920 in der Burgtheaterinszenierung von Die Troerinnen von F. Werfel, für L. Jacobson eine „Regieleistung außerordentlicher Art“ (NWJ, 21.5.1920). 1921 übernahm er die Regie für Schillers Die Braut von Messina am Burgtheater, spielte ferner im „klinischen Drama“ Gehirne eine der (Film)Hauptrollen, nahm aber auch an Rezitationsabenden am Ottakringer Volksbildungsheim teil (AZ, 10.12.1921). 1922 zählte er zu den Hauptdarstellern in den Sascha-Monumentalfilmen Sodom und Gomorrha (Regie-Produktion: Vajda-Kertesz) sowie Kinder der Revolution. 1923 bezeichnete er in einem vielbeachteten Vortrag über Moderne Inszenierungskunst das expressionistische Theater als zwar im Abklingen, als Episode, aber noch immer wirkmächtig für die Regiearbeit (Der Tag, 19.4.1923, 6) und positionierte sich auch in der Debatte über das Verhältnis zwischen dem Theater und dem Film (NFP, 21.9.1923,13). Am 24. 7. desselben Jahres wurde er, auf dem Höhepunkt der finanz. u. künstler. Krise des Burgtheaters zu dessen provisor. Direktor berufen, eine Funktion, die im Okt. 1923 bestätigt wurde, nicht zuletzt in Anerkennung seiner Regieleistungen, die sich 1923-24 vorwiegend in Inszenierung von Calderon und Raimund-Stücken zeigten, also von seinen expressionist.-experimentellen frühen Regieleistung doch deutlich abrückten. Anfang 1926 spitzte sich die Burgtheaterkrise neuerlich zu, Herterich demissionierte, wurde aber mit der Fortführung der Direktion weiterbetraut; im Mai wurde ihm gem. mit Anton Bettelheim der Kunstpreis der Stadt Wien für die Sparte Musik zuerkannt. Zur Jahreswende 1926/27 wurde der bereits länger schwelende Konflikt wegen der Nichtverlängerung der bekannten Schauspielerin Ida Roland öffentlich, wozu Herterich in einer Erklärung in der Ztg. Der Tag Stellung bezog (Der Tag, 8.1.1927, 7), im Mai 1927 kam Werfels Paulus unter den Juden zur Erstaufführung, die sehr zwiespältige Kritiken nach sich zog (O.M. Fontana vs. O. Abeles, D.J. Bach u. L. Jacobson z.B.).