Karlweis, Marta

Auch: Wassermann-Karlweis, Marta, Stross, Marta

Geb. 27.4.1889 in Wien, gest. 2.11.1965 in Lugano (CH); Schriftstellerin

Marta Karlweis,  Tochter des Direktors der k.k. Südbahn Ges.mbH Carl Karlweis (1850–1901), der auch Theaterstücke verfasste, besuchte wie Maria Lazar u.a. die sogenannte „Schwarzwaldschule“  von E. Schwarzwald, an der prominente Vertreter des Wiener kulturellen Lebens lehrten, darunter Adolf Loos und Oskar Kokoschka. In Wien verkehrte sie ferner im Salon von Berta Zuckerkandl, wo sie auch aus ihren Werken vorlas. Gegen den Willen ihres Vormunds – ihr Vater starb 1901 – begann sie nach der Matura das Studium der Psychologie an der Universität Wien, das sie aber 1907 wieder abbrach, um den Industriellen Walter Stross zu heiraten. Nach der Geburt ihrer beiden Töchter wendet sich Karlweiss-Stross dem Schreiben zu und veröffentlicht 1912 in den Süddeutschen Monatsheften ihre erste Erzählung Der Zauberlehrling, die 1913 auch als eigenständige Publikation erscheint. Im Okt. 1913 kommt dann im Münchener Residenztheater ihre Komödie Der Herrenmensch zur Aufführung, die im Humoristen u.a. mit H. Bahrs Das Konzert verglichen wird. Während des Ersten Weltkrieges tritt sie bei versch. Wohltätigkeitsveranstaltungen in Erscheinung und lernt über ihre Schwägerin Emmy Wellesz den Schriftsteller Jakob Wassermann 1915 kennen. Die beiden gehen eine Beziehung ein, M. Karlweis lässt sich scheiden, was im Fall Wassermann jedoch aufgrund des Widerstands seiner Gattin erst 1926 möglich wird. In diesen Scheidungskrieg wird auch A. Schnitzler immer wieder hineingezogen, wie mehrere Tagebucheinträge seit 1916 deutlich machen, wobei er sich sowohl über Wassermann als auch über Karlweis und deren sozialem „Ehrgeiz“ irritiert zeigt (TB, 11.5.1917). 1919 erscheint bei S. Fischer (wohl auf Vermittlung Wassermanns) ihr Roman Die Insel der Diana, der eine „radikale[n] Revision männlicher Imaginationen des Weiblichen (Sonnleitner, 213/Fraisl) verlange und entsprechend kontrovers aufgenommen worden ist. Schnitzer und Beer-Hofmann haben ihn nicht nur wegen mancher „ungeheuerlicher Stellen“ (TB, 31.5.1919) abgelehnt, der Rezensent des NWr.Tagblatts, Ernst Groth, dagegen hat ihn positiver aufgenommen als einen Roman, in dem das „Fehlen jeder weichen Sentimentalität, jeder wohlfeilen Glückseligkeit“ die „Weite des Weltbildes“ bestimme (NWr.Tbl., 22.6.1919,15); W. Handl wiederum hat ihm in der ›Neuen Rundschau‹ attestiert, ein Roman zu sein, der „nur aus dem großen Erlebnis kommt“ (zit. nach Sonnleitner, 214). Auch H. Michael charakterisierte das Buch im ›Literarischen Echo‹ als „eins von jenen Büchern, die einen kühlen Glanz spenden, ohne zu wärmen“, womit die Aufnahme in Deutschland weit günstiger ausfiel als in Österreich. Ähnlich zwiespältig zeigte sich die Kritik auch beim Roman Das Gastmahl von Dubrowitza (1921). In der NFP wird der Roman über die Krimreise der Zarin Katharina d.Gr. mit der Zeichnung derselben Figur durch G.B. Shaw verglichen, Karlweis aber auch eine „eigene Physiognomie“ zuerkannt; das ›Neue Wiener Abendblatt‹ begrüßte den Roman als „große Überraschung“, insbes. hinsichtlich der Sprache, die „von großer Wucht, Eindringlichkeit und Fülle“ sei (13.9.1921). Der nächste Text erscheint, nach Geburt des gemeins. Sohnes Charles (1924) und der Scheidung Wassermanns, erst 1928 und zwar Eine Frau reist durch Amerika, gefolgt noch im selben Jahr von Amor und Psyche auf Reisen. Kurz danach erscheint 1929 ihr international erfolgreichster Roman Ein österreichischer Don Juan (Neuaufl. 2015), der 1930 auch in New York auf Englisch vorlag. R. J. Kreutz hat in der NFP den „eigenwilligen, sorgsam durchdachten Stil“ gelobt und ihn als „bedeutsam“ in Hinblick auf die Zeichnung der Wiener Gesellschaft zur Jahrhundertwende bezeichnet. Mit Schwindel. Geschichte einer Realität, zuerst in der NFP ab 11.12.1930 vorabgedruckt, legte sie 1931 ihren für das Bild der Zwischenkriegszeit wohl eindringlichsten und aufschlussreichsten Roman vor, der auch in der ›Weltbühne‹ verlagsseitig groß annonciert wurde (WB 27(1931), 631). Nach dem Tod Wassermanns (1934) übersiedelt Karlweis nach Zürich, um bei C.G. Jung ihr Psychologiestudium fortzusetzen und zu beenden. Daneben schreibt sie versch. Texte sowohl für die Schweizer Presse als auch für die NFP und die Wiener Zeitung, in letzterer 1935 die Erinnerung an Hofmannsthal. Auch zeichnet sie verantwortlich für den bei Querido 1934 erschienenen Gedenkband Jakob Wassermann – Gestalt, Kampf und Werk, basierend auf dessen Tagebuch. Nach dem Anschluss Österreichs übersiedelte Karlweis nach Kanada, wo sie zunächst an der McGilles University in Montreal einen Lehrauftrag übernahm und nach Ende des Zweiten Weltkrieges in Ottawa eine psychiatrische Praxis bis zu ihrem Tod führte.


Weitere Werke

Die Blaue Gefahr (Übers. von M. Renards Roman: Le Péril bleu [1912]) 1922.

Quellen und Dokumente

N.N.: Zu Karlweis‘ Der Herrenmensch. In: Der Humorist, 23.10.1913, S. 9; st.-g.: Die große Katharina im Roman. In: NFP, 23.10.1921, S. 32-33; Rudolf J. Kreutz: Ein desillustionistischer Roman (M.K.: Ein österreichischer Don Juan). In: NFP, 22.12.1929, S. 27; R. Auernheimer: Lebensroman eines Dichters. In: NFP, 9.2.1934, S. 28; M. Karlweis: Erinnerungen an Hofmannsthal. In: Wiener Zeitung. Sonntagsbeilage vom 14.7.1935, S. 1.

Literatur

B. Fraisl:  Das Tier in ihr – Körper, Natur und Geschlecht in Marta Karlweis‘ Roman „Die Insel der Diana“ (1919);  online verfügbar: http://www-gewi.uni-graz.at/moderne/heft8f.htm;  J. Sonnleitner: Tochter, Frau und Mutter bedeutender Männer. Die Dichterin Marta Karlweis. In: Ein österreichischer Don Juan. Wien 2015, S. 241–265.W. Delabar über M. Karlweis Don Juan: http://www.juni-magazin.de/wp-content/uploads/2016/07/35-Rezensionen-Delabar-Karlweis.pdf

(PHK)