Roda Roda, Alexander

eigentlich Alexander Rosenfeld, geb. am 13.4.1872 in Zdenci (Österreich-Ungarn/Kroatien) – gest. am 20.8.1945 in New York; Feuilletonist, Erzähler, Satiriker, Schauspieler, Drehbuchautor, Übersetzer

Ps. Roda Roda

Der Sohn eines Offiziers u. Gutsverwalters aus Slawonien stud. in Wien ab 1890 Jus, trat aber 1893 in die Armee ein u. schlug die Offizierslaufbahn ein. Bereits 1901 schied er jedoch freiw. wieder aus, unternahm Reisen u. wurde freier Mitarbeiter mehrerer Zs. u. Ztg., darunter des Simplicissimus des Prager Tagblatts, der Neuen Freien Presse (NFP) aber auch div. Unterhaltungsblätter. Seit 1905 lebte R. vorw. in München oder in Berlin, trat in Cabarets in Wien wie z.B. in der ›Fledermaus‹ oder im ›Pavillon‹ auf, wo er u.a. dessen Dir. Fritz Grünbaum kennenlernt. In diesem Kontext kam R. auch mit K. Kraus im Zuge einer Prügelei mit nachfolgendem Prozess, in dem R. für K. entlastend aussagte, in Kontakt, was letzterem wenig gefiel u. zu einer jahrelangen wechselseitigen Polemik führte. Mehrere militärkrit. Beiträge u. Erzählungen führten dazu, dass ihm 1907 der Offiziersstatus aberkannt wurde; trotzdem fungierte R. 1914-1918 im Österr. Kriegspressequartier als patriot. Berichterstatter insbes. vom russ. u. serb. Kriegsschauplatz. Nebenher verfasste er, oft aus der Etappe, über 700 Kriegsfeuilletons für die NFP, was ihm Kritik u. Spott durch Kraus eintrug. 1917-18 hielt sich R. einige Zeit in Bulgarien auf, ab 1920 wieder vorwiegend in München. 1919 wurde sein Erfolgsstück Der Feldherrnhügel wieder in Wien u. Graz gespielt, seit 1920 arbeitete er an der Zs. Die Muskete mit und begann sein Frühwerk mehrfach in verschiedenen Neuausgaben zu verwerten. 1921 erschien im Rikola-Verlag der Band Die sieben Leidenschaften, über den K. Tucholsky in der Weltbühne (13.4.1922) meinte, er „hat den deutschen Witz durch prägnante Formung überhaupt erst literaturfähig gemacht.“ 1924 reihte sich R. mit Ein Frühling in Amerika in die zeitgenöss. Amerika-Reisebeschreibung ein; wiederum hat Tucholsky den Bd. als zwar kleines, aber „nützliches“, weil gegen die ego- und eurozentrische Weltsicht gerichtetes „Büchlein“ geschätzt. 1926-28 übersiedelte R. nach Paris. nachdem er zuvor in Wien an den Dreharbeiten zur Verfilmung seines Stückes Feldherrnhügel mitgewirkt hatte, ein durchschlagender Kinoerfolg im Spätherbst 1926. Von 1928 bis 1933 lebte R. in Berlin, hielt sich aber auch in Wien auf, nicht zuletzt wegen weiterer Filmprojekte, in denen er als Schauspieler oder als Drehbuchautor tätig war. Dazu zählte u.a. der erfolgreiche Géza v. Bolváry-Film Das Liebeskommando, zu dem er mit Grünbaum das Drehbuch u. Robert Stolz die Filmmusik, darunter bekannte Slowfox-Schlager verfasste, ein Film, den F. Rosenfeld als „verlogenen militärischen Kitschfilm“ ablehnte. Trotzdem hielt sich dieser Film bis 1937 in zahlreichen Kinos in Wien, aber auch in Prag und floss auch in Radiobearbeitungen ein. Aufgrund seiner Beteiligung an NS-kritischen Satiren u. Beiträgen in der Zs. Götz von Berlichingen agitierte der Kampfbund für Deutsche Kultur bereits im Februar 1933 für ein Sprechverbot R.s. bei kulturellen Veranstaltungen, wie das Prager Tagblatt berichtet, in dem R. 1933 mit zahlreichen Sketches und kleinen Texten vertreten war. Diese Hetze gegen R. war mitverantwortlich für seine Rückkehr nach Wien, wo er 1934 Schenk ein, Roda folgen ließ und 1935-36 neben der NFP, in der 1936 seine Fortsetzungsnovelle Polo erschien, die für das literar. Rahmenprogramm der Olymp. Spiele in Berlin nominiert wurde, auch an Ztg. wie Das interessante Blatt oder Der Morgen mit kurzen Erzählungen und Humoresken mitarbeitet. Seit 1937 lebte R. vorwiegend in der Slowakei und entschied sich 1938 zur Emigration über die Schweiz in die USA.

Ein Frühling in Amerika. München: Gunther Langes (1924), Cover

Werke

Von Bienen, Drohnen und Baronen (1908); Der Feldherrnhügel. Eine Schnurre in 3 Akten (1910); Serbisches Tagebuch (1918); Die Staatsgewalten. Drei lustige Akte (1919); Roda Rodas Roman (1925); Gift und Galle, Schwänke und Schnurren, Satiren und Gleichnisse (1926); Donner und Doria (1927); Ausgewählte Werke. 3 Bde. (1933-34); Die Panduren. Roman einer Landschaft (1935)

Quellen und Dokumente

Eifersucht. In: Das interessante Blatt, 24.12.1936, S. 30, Polo. In: Neue Freie Presse, 20.6.1936, S. 16,

Peter Panther [d.i. Kurt Tucholsky]: Ein Frühling in Amerika. In: Die Weltbühne, 13.03.1924, S. 350, N.N.: Liebeskommando. In: Österreichische Filmzeitung, 21.11.1931, S. 5, Fritz Rosenfeld: Filme der Woche [Rez. zu Liebeskommando]. In: Arbeiter-Zeitung, 25.12.1931, S. 9, Nares: Wieder auf dem Feldherrnügel. Von R. R. In: Der Morgen, 13.11.1933, S. 7, N.N.: R. R. darf nicht sprechen [zum Aufruf des Kampfbund für Deutsche Kultur]. In: Prager Tagblatt, 22.2.1933, S. 2, g.: [o. T.] [über das literarische Rahmenprogramm der Olymp. Spiele 1936]. In: Der Morgen, 6.4.1936, S. 9.

Nachlass: bis 2002 an der ÖNB, danach an Martin Becher Roda restituiert. Siehe dazu: R.-R.-Nachlass wurde restituiert. In: Der Standard, 25.7.2002. Teilnachlass: Wienbibliothek.

Literatur

Rotraut Hackermüller: Einen Handkuss der Gnädigsten. Roda Roda Bildbiographie (1986); Vlado Obad (Hg.): Roda Roda. = Zagreber Beitr. zur Germanistik, Beiheft 4 (1996), Oliver Bentz: Der Spötter mit der ‚roten Weste‘. In: Wiener Zeitung 10.4. 2022.

(PHK)