Karl Tschuppik: Das republikanische Wien (1918)

Wien, 13. November 1918.

Wien hat rasch wieder sein altes Gesicht bekommen. Von dem Sturm des gestrigen Tages ist heute morgens nichts mehr zu merken. Die Menschen gehen ihrer Arbeit nach, der Verkehr wickelt sich ruhig ab, die Bürger spazieren in der Sonne. Man sieht es ihnen nicht an, daß sie über Nacht Republikaner geworden sind. Sie scheinen überrascht und froh zu sein, daß alles noch auf seinem alten Platze steht. Unpolitisch wie das Wiener Bürgertum ist, hat es gestern an die wildesten Gerüchte geglaubt und einen regelrechten Weltuntergang erwartet. Heute konnte es sich überzeugen, daß die Phantasien des gestrigen Abends zerstört sind. Eine helle Herbstsonne hat die grauen Nebel verjagt und scheint mild und freundlich auf das republikanische Wien. Die Wiener Revolution wäre die unblutigste, sanfteste Erhebung der Geschichte geworden, wenn nicht die Wichtigtuerei unklarer Köpfe und ein Mißverständnis die Schießerei beim Parlament veranlaßt hätten. Heute, bei Licht besehen, stellte es sich heraus, daß die Urheber der Panik ein paar aufgeregte Jünglinge sind, die sich Kommunisten nennen, aber eigentlich nichts anderes wollen, als sich von der großen Welle emportragen zu lassen. Die meisten von ihnen haben während der ganzen Kriegszeit die Kourage sorgfältig versteckt und an Alles eher gedacht als an Sozialismus und Kommunismus. So mancher dieser jungen Leute war Patriot, Kriegsberichterstatter, Feuilletonist für altösterreichische Angelegenheiten. Die Angst, den Anschluß zu versäumen, hat ihnen große Worte und revolutionäre Phrasen in den Mund gegeben. Der alberne Einfall, den Staatsrat gefangen zu nehmen und das Parlament zu besetzen, war typische Wichtigtuerei literarischer Gehirne. Die Stürmer und Dränger wußten ganz gut, daß es nichts niederzuringen gab, da das alte Österreich kampflos abgetreten war. Sie wußten auch, daß im Staatsrat die Sozialisten die Führung haben. Sie mußten auch wissen, daß die organisierten Arbeiter mit einem solchen Dilettantismus nichts zu tun haben wollten. Aber es kam ihnen nicht auf das Wesen der Revolution, sondern auf die Revolutionsspielerei, auf den äußeren Knalleffekt, an. Darum stürmten und schossen sie. Das eitle, frevle Spiel hat zwei Menschenleben und das Auge eines braven Menschen, des Pressechefs im Staatsrat Ludwig Brügel, gekostet. Den übrigen Schaden trägt Hansens Parlamentsgebäude.

Den ganzen Tag über standen heute hunderte Menschen auf dem Franzensring, um das beschädigte Parlamentshaus zu betrachten. Die Kugeln der Roten Garde, die kopflos hin- und herschoß, haben die Façade recht arg hergenommen. Viele Fenster sind zertrümmert, die hohen Säulen beschädigt, das große Tor zeigt hunderte Löcher. Schaden litt auch die schöne Giebelfüllung des Hauses, das große Halbrelief mit dem alten Kaiser in der Mitte. Franz Josef verlor gestern die rechte Hand. Die Schießerei hatte übrigens auch ein kleines komisches Nachspiel zur Folge. Als das Parlament gestern unter Feuer genommen wurde, lief das Küchenpersonal des Hauses, Köchinnen, Köche, Kellner, Waschfrauen und Buffettdamen angstvoll zusammen und suchte sich durch einen Seitenausgang zu retten. Sie stießen dabei auf Rote Gardisten, die im Scherz riefen, ein Entweichen sei unmöglich, Mitgefangen, mitgehangen, alle müßten sterben. Darauf verkrochen sich Köchinnen und Dienstmädchen in den Keller, wo sie spät nachts halb tot vor Angst aufgefunden wurden. Sie alle haben heute ihre Büchel verlangt und waren nicht zu halten. Das republikanische Parlament ist also ohne Küche.

Die wirklichen Träger der Revolution, die Wiener Arbeiter, haben den gestrigen Putsch sehr unsanft beurteilt. In den großen Massenversammlungen am Abend wurde die Spielerei der kommunistischen Knaben auf das schärfste verurteilt und die Auflösung der Roten Garde gefordert. Das Kriegsministerium wird diesem Wunsche wahrscheinlich entsprechen müssen und es täte sehr gut daran, da diese seltsame Truppe keine Existenzberechtigung hat. Nachdem der tüchtige Feldmarschall Boog, der Kommandant der Wiener Division, den Aufbau der nationalen Armee in die Hand genommen hat, ist es wirklich nicht notwendig, eine bewaffnete Schar zu dulden, die undisziplinierter, unkontrollierbar wie Schillers Libertiner, haust. Auch unter ihnen sind Idealisten und brave Burschen, und ihr Hauptmann, Egon Erwin Kisch aus Prag, hat es sicherlich gut gemeint. Aber die Mariahilferstraße gehört vorläufig noch nicht zu den böhmischen Wäldern. Es geht daher nicht gut an, Privatautos anzuhalten und andere Requisitionen zu unternehmen, auch dann nicht, wenn im Auto zufällig der Baron Rothschild sitzt.

Man muß sich übrigens wundern, daß nach dem beispiellosen Zusammenbruch der Armee die Unordnung sich auf diese kleine Episode beschränkt. Der neuen Regierung ist es gelungen, die Tausende zurückflutender Soldaten in ordnungsmäßige Bahnen zu lenken und man muß gestehen, daß die Mannschaft dabei mehr Disziplin bewahrt hat als so mancher Offizier. Er wird noch einmal darüber zu sprechen sein, wie namentlich viele höhere Offiziere die Front verlassen und dabei ganz an den Unterschied von Mein und Dein vergessen haben. Die Wachsoldaten am Hütteldorfer Bahnhof und auf den Straßen des Wiener Waldes haben wirklich ernstlich zu tun, um etwas von dem gestohlenen Staatsgut zu retten. Ein größerer Teil des Inhalts der Regiments- und Bataillonskassen belebt jetzt die Wiener Nachtlokale. Da fließt Champagner und Wein, Mädchen und Musiker werden beschenkt, und wenn nicht die Sperrstunde wäre, die der neue Staat genau so einhält wie der alte, gäbe es hier lustige Nächte bis zum Morgen. An diesem Wien ist die Weltgeschichte spurlos vorübergegangen; es scheint entschlossen, auch im republikanischen Kleid dasselbe zu bleiben.

In: Prager Tagblatt, 14.11.1918, S. 1.

N.N.: Reges Leben in der Jungwählerschaft. Österreichische Sturmscharen – Luegerfront – Junge Front im Arbeitsbund. (1932)

Nach dem programmatischen Bekenntnis, das zu Pfingsten auf einem „Jungösterreich-Tag“ zu Innsbruck die Oesterreichischen Sturmscharen in einem feierlichen Manifest niedergelegt haben, treten nun die zwei anderen politischen Organisationen der christlich­sozialen Jungwählerschaft mit programmatischen Erklärungen an die Öffentlichkeit: die Lueger-Jungfront und die Junge Front im Arbeits­bund.

Es versteht sich, daß die Grundgedanken in den drei „Programmen“ die gleichen sind, wenn auch manches in der einen Kundgebung breiter ausgeführt und stärker betont wird als in der anderen. Gemeinsam ist allen drei Willenskundgebungen und charakteristisch für die Äußerungen Jungösterreichs überhaupt die nach­drückliche Forderung der Übereinstimmung von Bekenntnis und Leben. Die Grundsätze dürfen nicht graue Theorie, nicht bloßes Lippenbekenntnis bleiben, sondern sollen von allen, die sich für sie erklären, auch gelebt werden, voran von den Führern, Funktionären und Mandataren, die den anderen durch ihr befeuerndes, mitreißendes Beispiel voranleuchten müssen, wenn sie treue Gefolgschaft erwarten wollen. Diese Betonung der Übereinstimmung von Theorie und Praxis, von Programm und Leben ist den politischen Organisationen des christlichen Jungvolks mit den unpolitischen gemeinsam. Auch auf der herrlich verlaufenen Tagung des „Reichsbundes der katholischen deutschen Jugend“ zu Pfingsten in Eisenstadt ebenso wie auf der Aelterentagung des Neuland in Gaming wurde immer wieder diese Forderung laut, die eine Erneuerung des historischen Rufes P. Abels „Heraus mit dem praktischen Christentum!“ ist.

Die Arbeit der christlichsozialen Partei, deren Wiener Gruppe morgen die Beratungen ihres Partei­tages beginnt, wird um so fruchtbarer sein, je eingehender sie sich mit den Problemen beschäftigt, die dem Jungvolk der Partei auf der Seele brennen.

Programmatische Kundgebungen der Lueger Jungfront und der „Jungfront im Arbeits-Bund“.

Das Programm der Lueger-Jungfront be­ginnt mit einem Gelöbnis:

Die Mitglieder der Lueger-Jungfront geloben mit Handschlag: daß sie als überzeugte Katholiken christlich leben und wirken wollen; daß sie keiner Vereinigung und Bewegung angehören, die mit den katholischen Grundsätzen in Widerspruch steht, oder das christlichsoziale Parteiinteresse gefährden könnte; daß sie die katholischen Tageszeitungen und katholischen Zeitschriften, die in unserem Sinne geschrieben sind, halten und fördern werden; daß sie in Beobachtung der freiwillig übernommenen Diszi­plin zu jeder für sie möglichen Arbeitsleistung im Dienste der Lueger-Jungfront jederzeit bereit sein werden; daß sie für die Verbreitung und Durchsetzung der Forderungen unseres Programmes unermüdlich tätig sein wollen. Wird ein Mitglied zu einer Führerstelle berufen, so ist dieses

Gelöbnis in feierlicher Weise zu wiederholen.

Das eigentliche Programm umfaßt sieben Kapitel, und zwar:

Religion.

Entgegen den Zeitströmungen der Gottlosigkeit, des Freidenkertums und eines sogenannten „positiven“ Christentums bekennen wir uns feierlich zu den Hochzielen der katholischen Kirche, nach deren Lehren wir selbst wirken und die Tatbereitschaft unserer Mitglieder leiten wollen. Wir wissen zwischen Religion und Politik wohl zu unterscheiden, wir wissen aber auch, daß für den Katholiken nur eine Politik in Betracht kommt, die den katholischen Grund­sätzen folgt und nur eine Partei, die für diese Grundsätze ohne Einschränkungen oder Bedingungen offen und kraftvoll einzutreten gewillt ist.

Volkstum und Vaterland.

Wir bekennen uns zu unserem großen deutschen Volke. Wie wir vom Gesamtdeutschtum Verständnis für Österreichs Wesen und Lebensnotwendigkeiten zuversichtlich erwarten, lehnen wir Pläne ab, die uns in Gegensatz zum Deutschen Reiche bringen würden. Als deutsche Katholiken verwerfen wir alle Versuche, die von Gott geschaffenen Einrichtungen der Ehe und Familie, diese Grundfesten gesunden Volkstums, zu erschüttern und bekämpfen den für unser bodenständiges Volk verderblichen übermächtigen Einfluß, den das volksfremde, materialistische Judentum im geistigen, wirtschaftlichen und öffentlichen Leben heute ausübt. Die Lueger-Jungfront betrachtet sich als Hüterin der nationalen und kulturellen Sendung des österreichischen Deutschtums. In der Hochhaltung österreichischer Vergangenheit, die durch Jahrhunderte zugleich das deutsche Schicksal verkörpert hat, wollen wir alles daran setzen, um die Aufhebung des uns unter falschen Voraussetzungen aufgezwungenen Friedensvertrages von St.-Germain en Laye zu erreichen und Österreich jene Selbständigkeit miterringen zu helfen, die ihm die Unabhängigeit seiner Willensbildung sichert.

Staat und Gesellschaft.

Die Lueger-Jungfront strebt die berufsständische Neuordnung von Staat und Gesellschaft im Sinne der Enzyklika „Quadragesima anno“ an. Sie lehnt den Klassenkampf ab, der die Volksgemeinschaft aufzulösen droht.

Sie fordert die Anerkennung des Volksbürger­schaftsprinzipes.

Verfassung und Verwaltung.

Die Lueger-Jungfront fordert die Umgestaltung und Ergänzung des heutigen Parlamentarismus durch eine dem österreichischen Wesen entsprechende, berufsständisch gegliederte Demokratie mit einem vom Volke gewählten Präsidenten an der Spitze, der durch Vollmachten und Dauer seiner Amtszeit die Stabilität der Politik des Staates gewährleistet. Bestimmungen der Ver­fassung, die der Durchführung dieser oder in anderen Teilen unseres Programmes verkündeten Ziele im Wege stehen, sind raschestens zu ändern.

Die Lueger-Jungfront fordert eine durchgreifende Aenderung des bestehenden Wahlsystems. Die Todesstrafe ist wieder einzuführen. Die heutigen Schwurgerichte sind durch Großschöffensenate, die eine bessere Rechtssprechung verbürgen, zu ersetzen. Überflüssige Bundes-, Landes- und Gemeindeämter sind abzuschaffen, ohne den Rechtsschutz der Staatsbürger oder die wirklich unentbehrliche öffentliche Fürsorge zu schädigen. Neben der öffentlichen Für­sorge muß die katholische Karitas in voller Freiheit und von den öffentlichen Organen gefördert, den notleidenden Menschen Hilfe bringen können.

Kultur.

Die Lueger-Jungfront fordert die seelische und geistige Bildung unseres Volkes zur Schaffung christlicher Persönlich­keiten. Daher bekennt sie sich zu den Grundsätzen religiös-sittlicher Erziehung der Jugend, die am besten in konfessionellen Schulen gesichert wird; zur intensiven Pflege einer nach Stadt und Land gegliederten Volksbildung auf katholischer Grundlage, unter Betonung der Schicksalsverbundenheit des Volksganzen; zur staatlichen Förderung der körperlichen Ertüchtigung unserer Jugend; zur Pflege des wehrhaften Geistes der Jugend. Änderung des bestehenden uns vom Ausland aufgezwungenen Wehrsystems im Sinne einer allgemeinen Wehrpflicht, deren erzieherischer Wert anzuerkennen ist. Dieses neue Heer muß außerhalb des politischen Kampfes stehen; zum Schutze der Kultur und Sittlichkeit unseres Volkes vor den zerstörenden Einflüssen auf den Ge­bieten des Presse-, Theater-, Kino- und Reklamewesens, deren Träger besonders das marxistische Judentum ist.

Wirtschaft.

Wir fordern: Arbeitsgelegenheit für die Jugend, besonders durch den Ausbau der produktiven Arbeitslosen­fürsorge; Schutz der bodenständigen Jugend gegen fremde (Saisonarbeiter) oder erst vor kurzer Zeit zu­gewanderte Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkte, insbesondere Beschränkung der Verwendung von Juden in akademischen Be­rufen und in öffentlichen Diensten; Förderung eines gesunden Bauernstandes; tatkräftige Entproletarisierungspolitik durch Förderung der Wirtschaftssied­lungen, des Familienhausbaues und des Kleingartenwesens; besondere Berücksichtigung der großen

Familien durch Gesetzgebung und Verwaltung des Bundes, der Länder und Gemeinden; Schutz und Ausbau der Sozialpolitik und Sozialversicherung, die allmählich alle sozial bedrohten Volksschichten erfassen soll; Kampf gegen Preiswucher durch staatliche Überprüfung, Bekämpfung jenes Zwischenhandels, der volkswirtschaftlich überflüssig und schmarotzerhaft ist. Schutz des legitimen Handels gegen Schmutzkonkurrenz und gegen einseitige Begünstigungen sozialistischer Konsumvereine; Reform des Aktien­rechtes sowie gesetzliche Regelung des Kartell- und Trustwesens. Verstärkte Überwachung der Banken und wirksame Haftung für ihnen anvertraute Gelder; Verschärfung der Konkurs- und Ausgleichsordnung, die heute den unredlichen Schuldner begünstigt und dazu beiträgt, Treu und Glauben im wirtschaft­lichen Verkehr zu untergraben; Vereinfachung der Steuergesetzgebung; Neuordnung des Besoldungsrechtes der öffentlichen Angestellten des Bundes, der Länder und der großen Ge­meinden; Führung unserer ganzen wirtschaftlichen Politik nach der Parole: „Oesterreich den Oesterreichern!“ Insbesondere schärfste Propaganda, auch mit staatlichen Mitteln, für den Grundsatz: „Kauft österreichische Waren!“ Stärkste Werbung sowohl für den Grundsatz: „Christen, kauft bei Christen!“, wie auch für den Grundsatz: „Christen, verkauft wie Christen!“

Partei.

Von den Mandataren der christlichsozialen Partei fordern wir: Bei Übernahme eines Mandates ist ein feier-//liches und förmliches Gelöbnis auf das Parteiprogramm, die Parteidisziplin und die Pflicht der Uneigennützigkeit abzulegen; die Mandatsträger sind nach ihrer Würdigkeit zu bestimmen. Die Wahlwürdigkeit ist gegeben, wenn feste Gesinnung, einwand­freier Charakter und die erforderlichen geistigen Fähigkeiten, insbesondere politisches Wissen und Rednergabe, sich vereinigen; für alle Kandidaten ist eine Altersgrenze festzusetzen, deren Überschreitung eine Bewerbung, bzw. neuerliche Kandidatur ausschließt; kommt ein Mandatar in die Lage infolge seiner politischen Stellung Einkommen zu beziehen, die über die Be­streitung seiner standes- und amtsgemäßen Ausgaben wesentlich hinausreichen, so hat er auf diesen Mehrbetrag zugunsten der Partei zu verzichten, widrigenfalls er seines Mandates ver­lustig zu erklären ist; die Vereinigung von obersten Parteifunktionen und Regierungsämtern in einer Hand ist grundsätzlich zu vermeiden, Ausnahmen sind nur zuzulassen, wenn das Interesse der Gesamtbewegung sie erfordert; unter Wahrung des föderativen Aufbaues der Partei ist deren Ein­heitlichkeit und Geschlossenheit stärker zu betonen als bisher.

Die „Junge Front“ im Arbeitsbund sagt in einer programmatischen Verlautbarung:

Der Parteitag der Wiener christlichsozialen Partei wird sich auch mit der Frage der Heranziehung der Jugend zur stärkeren Mitarbeit in der Be­wegung beschäftigen müssen, aber dabei nicht an der Frage vorbeigehen können, daß die christliche Ar­beiterbewegung nie den Kontakt mit der jungen Generation verloren hat und auch in ihre obersten Instanzen, wie Reichsarbeitsbund und Wiener Arbeitsbund, Vertreter der Jugend entsendet hat. Der Wiener Arbeitsbund, die politische Organisation der Wiener christlichen Arbeiterschaft, hat – als die geplante Gründung einer „Jungfront“, die vom Reichsbund aus­ging, gescheitert war – den in seinen Reihen organisierten Nachwuchs zu einer Kampf- und Arbeitsgemeinschaft, in der „Jungen Front“ im Arbeitsbund zusammengefaßt, um so erfolgreicher und tat­kräftiger die Werbearbeit unter der werktätigen Jugend durchführen zu können. Auf dem Boden des „Linzer christlichen Arbeiterprogramms“, das be­kanntlich den berufsständischen Ausbau der Gesellschaft fordert, stehend, hat die „Junge Front“ im Arbeitsbund zunächst ihre

                        Kampfziele für die sozialen Kämpfe der Gegenwart

festgelegt und namentlich den Kampf gegen die fort­schreitende Proletarisierung des Mittelstandes und die Entwurzelung des Bauerntums;

gegen die Vorherrschaft des liberaljüdischen Geistes im öffentlichen und Wirtschaftsleben;

gegen die Verquickung von Politik und Geschäft;

gegen die Wirtschaftsanarchie des kapitalistischen Systems,

gegen die Vorherrschaft der Banken und Börsen und

gegen den unser Volk zersetzenden brudermörderischen Klassenkampf auf ihre Fahne geschrieben.

Das Forderungsprogramm

der „Jungen Front“ im Arbeitsbund umfaßt u. a. auch folgende Punkte: Erziehung der Jugend und des gesamten Volkes zu gegenseitiger Hilfsbereitschaft, bewußte Pflege völkischen Brauchtums und enge kulturelle Verbindung mit dem gesamtdeutschen Volkstum, Beseitigung des übermächtigen jüdischen Einflusses, berufsständische Selbstverwaltung, Angleichung des staatlichen Rechtes an die Forderungen des Christentums und der gesunden Überlieferung, insbesondere auf dem Gebiete der Ehe, Familie, Erziehung und Schule, Bindung der Wirtschaft an das Allgemeinwohl auf der Grundlage einer berufsständischen Ordnung, Eigentum und Arbeit für jeden Arbeitswilligen, Familienlohn, energischen Abbau der Spitzengehälter und des Doppelverdienertums, Bankenkontrolle, Kartellkontrolle und Trustverbot.

Über die bisherige Arbeit der „Jungfront“ im Arbeitsbund berichtet die Verlautbarung: Die „Jungfront“ im Arbeitsbund ging zunächst an die Schulung ihrer Vertrauensmänner. Im Winter wurde eine Rednerschule abgehalten, der Programm­ausschuß nahm zu einer Reihe aktueller Fragen Stellung. Namentlich wurde eine gründliche Aufklärungs­arbeit über die nationalsozialistische Bewegung durchgeführt. Daneben ging die Werbe­arbeit in Wien weiter, die dann auch auf Niederösterreich übergegriffen hat. Eine größere Anzahl von sozial gesinnter junger Akademikern und Studenten und auch junger sozial gesinnter Ge­werbetreibender kämpfen und arbeiten in der „Jungen Front im Arbeitsbund“ an der Gestaltung des sozial gesinnten jungen Akademikern und Studenten und auch jungen sozial gesinnten Ge­werbetreibenden und arbeiten an der Stärkung der Jungen Front der schaffenden Stände des christlichen Volkes.

In: Reichspost, 21.5.1932, S. 2-3.

N.N.: [O. Bauer]: Rätediktatur oder Demokratie.

(Teil 4) Der Weg der Demokratie.

            Die Revolution hat der deutschösterreichischen Arbeiterschaft die demokratische Republik, die Selbstregierung des Volkes im Staate, im Lande und in der Gemeinde gebracht und damit ihre Macht wesentlich erweitert. Aber der große politische Sieg konnte das wirtschaftliche Elend nicht bannen. Unsere Lebensmittelvorräte sind erschöpft; wir leben nur von den allzu kargen Zuschüben der Entente. Die Zufuhr der ausländischen Kohle, auf die wir angewiesen sind, stockt; daher ist unser Eisenbahnverkehr gedrosselt, unsere Fabriken können infolge des Mangels ausländischer Rohstoffe und Kohlen nicht arbeiten; Hunderttausende sind arbeitslos. Die Kriegskosten sind mit Milliarden Banknoten, die in den Umlauf gepreßt wurden, gezahlt worden; dadurch sind unsere Geldzeichen entwertet, die Preise steigen ins Unerhörte, die leeren Staatskassen und die Krise der Industrie machen es unmöglich, Löhne und Gehalte in gleichem Ausmaß zu erhöhen. Die Entente verweigert uns immer noch den Frieden, die Rückkehr unserer Gefangenen, die freie Einfuhr von Rohstoffen und Lebensmitteln. An all dem kann keine Regierung etwas ändern, Aber die Massen, die hungern und leiden wie nie zuvor, sind verzweifelt und erbittert. Die Leidenschaft, durch die Not entfesselt, droht über besonnene Erwägung zu obsiegen. Das Vorbild Rußlands und Ungarns lockt Tausende. Die Bourgeoisie sieht, daß die Versuchung zu neuer Revolution, zur Proklamierung der Rätediktatur die Massen lockt, Die Bourgeoisie zittert davor, daß die Massen der Versuchung erliegt, So klammert sich die Bourgeoisie jetzt selbst an die Demokratie, gegen die sie sich vor wenigen Monaten noch mit Händen und Füßen gewehrt, die sie nur unter unwiderstehlichem Zwange hingenommen hat. Die Bourgeoisie sucht die Demokratie zu retten, indem sie den arbeitenden Volksmassen ihre Fruchtbarkeit beweist. So ist die Bourgeoisie unter dem Drucke der Furcht vor der Rätediktatur zu weit größeren Zugeständnissen bereit, als sie sonst bei gleichen Machtverhältnissen bereit wäre. Ist die Macht des Proletariats zunächst vergrößert worden durch den Sieg der Demokratie, so wird sie jetzt neuerlich vergrößert dadurch, daß die Bourgeoisie die Demokratie bedroht sieht durch die Werbekraft des Gedankens der Rätediktatur.

            So können wir heute im Rahmen der demokratischen Republik ohne neuen gewaltsamen Umsturz sehr viel durchsetzen. Wir können die alten monarchischen, feudalen und militaristischen Institutionen von der Wurzel aus ausrotten. Wir können durch eine Reihe mutiger Reformen das Unterrichtswesen neu gestalten, um für die Erziehung einer selbstbewußten, denkenden, mutigen Generation die Grundlagen zu schaffen. Wir können das Arbeiterrecht und die Arbeiterversicherung unvergleichlich schneller und unvergleichlich großzügiger, als es jemals zuvor möglich war, ausbauen. Wir können die ersten Schritte auf dem Wege zur Sozialisierung der Industrie und des Bergbaues, der Forstwirtschaft und des Handels zurücklegen. Wir können durch eine energische Vermögensbesteuerung das Volk von dem Tribut an die Staatsgläubiger befreien. All das ist heute möglich auf der Grundlage der Demokratie. Und all das ist im Zuge, im Werden. Die Demokratie wird diese Aufgaben erfüllen, wenn ihr nur Zeit zur Erfüllung dieser Aufgaben gelassen wird.

            Aber freilich, all das genügt den breiten Massen des Proletariats nicht mehr. Aufgewühlt durch das furchtbare Erlebnis des Krieges, aufgerüttelt durch die Stürme der Revolution in Rußland, in Deutschland, in Ungarn, fordert das Proletariat die volle Macht, die Alleinherrschaft. Sie kann es freilich in // der deutschösterreichischen Nationalversammlung nicht erlangen, denn in ihr halten die Kräfte der klerikalen Bauernschaft und der sozialistischen Arbeiterschaft einander das Gleichgewicht. Aber müssen wir darum die Demokratie aufgeben? Gibt es nicht auch auf demokratischer Grundlage einen Weg zur Macht?

            Im Staate ist die Macht der Arbeiter begrenzt durch die Macht der Bauern. Anders in lokalen Selbstverwaltungskörpern. In der Nationalversammlung haben wir nicht die Mehrheit; aber in der Gemeindevertretung von Wien, im Landtag von Niederösterreich, in den zu schaffenden Kreisvertretungen des Viertels unter dem Wienerwald oder des obersteirischen Kreises kann die Arbeiterschaft unschwer die Mehrheit erringen. Und wenn nun all diesen Selbstverwaltungskörpern eine breite Autonomie zugewiesen, wenn ihnen insbesondere auch das Recht zur Enteignung und Sozialisierung dazu geeigneter Betriebe zugestanden wird, dann kann die Herrschaft über die lokalen Selbstverwaltungskörper zur gewaltigsten Machtquelle des Proletariats werden. Im Staate sind die Bauern zu zahlreich, als daß die Arbeiterschaft allein herrschen könnte; in den Großstädten und Industriebezirken aber ist die Arbeiterschaft die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung, da kann sie auf demokratische Weise, durch den Stimmzettel, die Herrschaft in den lokalen Vertretungskörpern erringen und die Autonomie der Gemeinden und Kreise kann so zu einem wichtigen Herrschaftsmittel des Proletariats werden. Darum brauchen wir vor allem eine demokratische Lokalverwaltung mit breiten Kompetenzen.

            Andererseits aber brauchen wir den Anschluß an das Deutsche Reich. Denn wie immer sich die Klassenkämpfe des reichsdeutschen Proletariats vorübergehend gestalten, schließlich sind in der großen deutschen Republik die Voraussetzungen für die Herrschaft des Proletariats doch unvergleichlich günstiger als in unserem kleinen, industriell viel weniger entwickelten Deutschösterreich. Dort bildet die Arbeiterklasse einen viel größeren, die Bauernschaft einen viel kleineren Teil der Bevölkerung als hier. In Deutschland wird das Proletariat die Herrschaft erobern; also wird auch Deutschösterreich unter proletarischer Herrschaft stehen, sobald es ein Teil des Deutschen Reiches wird.

            Unser deutschösterreichischer Staat ist ein Notgebilde, zu vorübergehender Leistung bestimmt. Wenn es erst in dem großen Deutschland aufgegangen sein wird, dann werden unserer Nationalversammlung keine wichtigen Aufgaben mehr bleiben. Das Schwergewicht der Gesetzgebung und der Verwaltung wird dann fallen einerseits an das Reich, andererseits an die lokalen Selbstverwaltungskörper, an Gemeinden, Kreise und Länder. Im Reiche aber kann die Arbeiterschaft auf demokratischem Wege die Herrschaft erlangen und in den Stadtgemeinden und industriellen Kreisen wird sie mit demokratischen Mitteln die Herrschaft erobern. So können wir ohne Rätediktatur, mit den Mitteln der Demokratie die Macht gewinnen.

            Die Rätediktatur würde in Deutschösterreich keineswegs die Diktatur des Proletariats bedeuten; denn die Arbeiterräte müßten mit den Bauernräten die Macht teilen. Die Rätediktatur würde aber bei den heutigen Verhältnissen neuen Krieg gegen die Entente, die Gefahr einer Besetzung unseres Landes durch fremde Heere, die vollständige Einstellung der Lebensmittel- und Kohlenzufuhr, die ungeheuerlichste Steigerung des Massenelends bedeuten und in einer Hungerkatastrophe enden, aus der es keinen anderen Ausweg mehr gäbe als die Konterrevolution. Es gibt einen anderen, sichereren und schmerzloseren Weg zur Macht. Das ist der Weg der Demokratie. Wenn wir uns einerseits dem großen roten Deutschland eingliedern und andererseits in Gemeinden und Kreisen starke Burgen roter Herrschaft schaffen, führen wir das Proletariat auf sichererem Weg zur Macht.

In: Arbeiter-Zeitung, 28.3.1919, S. 1-2.

Deutschösterreichs Grenzen. Zwei Noten Renners (1919)

Die allgemeine Gebietsnote.

Saint-Germain-en-Laye, 16. Juni. Staatskanzler Dr. Renner hat heute dem französischen Ministerpräsidenten Clemenceau folgende die territorialen Fragen betreffende Note überreichen lassen:

Euer Exzellenz! In meiner am 10. Juni überreichten Note habe ich den Gesamteindruck des uns bis nun vorliegenden Teiles der Friedensbedingungen dahin zusammengefaßt, daß sie im allgemeinen Deutschösterreich zu einem lebensunfähigen Gebilde machen. Die folgende Note vom Gestrigen hat gezeigt, daß vor allem die Trennung der Sudetendeutschen von den Alpendeutschen, die seit dem Jahre 1526 politisch und wirtschaftlich vereinigt gewesen sind, die Wirkung erzielen muß, die Sudetendeutschen national zu vergewaltigen und politisch zu entrechten und die Alpendeutschen wirtschaftlich und kulturell zu verkümmern. In der angeschlossenen Denkschrift erbringt nunmehr die deutschösterreichische Friedensdelegation der hohen Konferenz den Beweis, daß der vorliegende Friedensentwurf für den Fall, daß Deutschösterreich auf die Alpengebiete beschränkt und geographisch als

eine ostalpinische Republik

eingerichtet wird, dieses Staatsgebiet so abgrenzt, daß die Grenzen im einzelnen national durchaus ungerecht, geographisch völlig unrichtig und wirtschaftlich ganz, unhaltbar sind. Zugleich beweist die Denkschrift, daß die geplante Abgrenzung nicht nur unsere besonderen Ansprüche verkürzt, sondern auch den Bedürfnissen der Nachbarsratten nicht gerecht wird und die allgemeinen europäischen Interessen verletzt, Die hohe Kommission wolle nicht unterlassen, die Einzelheiten dieser Denkschrift und ihrerAnlagen eingehend zu würdigen. Hier seien zusammenfassend nur folgende Momente hervorgehoben: Die uns vorgeschlagene

Nordgrenze,

die Deutschösterreich von der tschecho-slovakischen Republik trennen soll, folgt nicht den Grenzen der Sprache und der Rasse, sonst müßte sie genau dieselbe Linie einhalten, die Deutschösterreich auf Grund alter Abgrenzungsvorlagen gezogen hat und es müßte der deutsche Böhmerwaldgau, Deutsch-Südböhmen und Deutsch-Südmähren uns zufallen. Die vorgeschlagene Grenze gibt vor, den historischen Grenzen zu folgen, und auf den  Rechtsgrundsatz der historischen Grenzen beruft sich das tschechische Volk. Aber dieses selbe Volk verletzt zugleich den einzigen Rechtsstand, den es für die imperialistische Unterjochung von vielen Hunderttausenden Deutschen im Süden seiner Wohnstize vorschützt, indem es da und dort von dem geschichtlichen Gebiet Niederösterreichs wichtige Stücke beansprucht. Für diesen Anspruch

gibt es keinen Rechtstitel als die Gewalt.

Ihr halten wir das lebendige Recht eines von unverschuldetem Unglück gebeugten Volkes entgegen, dessen Selbstbestimmungsrecht niemals verjähren wird, auch wenn es zurzeit mit Füßen getreten wird, und fordern darum für den Fall, daß nicht alle Sudetendeutschen ihren frei geäußerten Entschluß, unserem Staate anzugehören, durchsetzen können, wenigstens die Gebiete des deutschen Böhmerwaldes, Deutsch- Südböhmens und Deutsch-Südmährens. Wenn es beschlossene und unabänderliche Sache sein sollte, daß auf das nationale Selbstbestimmungsrecht unserem Volke kein Anrecht gewährt werden solle, so berufen wir uns auf die Notwendigkeiten und Zweckmäßigkeiten des Wirtschaftslebens. Die von uns beanspruchten Gebiete gravitieren seit jeher nach den Märkten von Wien und Linz. Sie haben fest jeher als Deutsche für Deutsche arbeitend und mit ihnen seit vier Jahrhunderten in einem gemeinschaftlichen Leben die Erzeugnisse ihrer Steinbrüche und Forste, ihr Getreide, Vieh, ihre Milch und ihre sonstigen tierischen Produkte nach Wien und Linz geliefert, sie liegen diesen Städten weit näher als Prag und haben zu ihnen bessere Verkehrswege.

Im Osten

soll Deutschösterreich durch die March an die Tschecho-Slovakei und durch die Leitha an Ungarn grenzen. An der March wählt der Entwurf in erstaunlicher Abweichung von allem, was nach dem Völkerrecht üblich ist, nicht die Mitte des Flußlaufes, sondern das westliche Ufer als Grenze. Diese seltsame Willkür erklärt sich einzig und allein durch das Bestreben, Deutschösterreich von der Benützung dieser künftigen Wasserstraße auszuschließen. Welch auffälliger Vorgang angesichts der sonstigen Bestrebungen der Ententemächte, Verkehrswege zu internationalisieren oder wenigstens mehreren Völkern zugleich zugänglich zu machen, um den Weltverkehr zu erleichtern! Hier soll ein Verkehrsweg gegen die geschichtliche Rechtslage, gegen die wirtschaftliche Vernunft, gegen das nationale Interesse, gegen alle völkerrechtliche Praxis so gestaltet werden, daß er Staaten und Völker vom Verkehr absichtlich ausschließt.

Die Leitha

war allerdings seit langem die Grenze zwischen Ungarn und Österreich. Aber durch die Verfassung der Monarchie war die Leitha zu einer bloßen administrativen Scheidelinie geworden. Politisch, militärisch und wirtschaftlich war diese Grenze seit Jahrhunderten kaum mehr fühlbar. Nun soll sie Auslandsgrenze werden! Aber sie verläuft nur 48 Kilometer, also eine starke Kanonenschußweite von Wien, nur eine Flintenschußweite von Wiener-Neustadt, nur einen Tagesmarsch weit von Graz entfernt. Bruck an der Leitha war ein gemeinsamer Waffenplatz für Österreich und Ungarn, die Arbeiterschaft der großen Unternehmungen Wiener-Neustadts ergänzte sich zu einem hohen Bruchteil aus Ungarn. Das Gebiet von Oedenburg war seit jeher der Gemüsegarten von Wien. Die Gebiete von Oedenburg, Eisenstadt und Wieselburg versorgten Wien zum größeren Teile mit Mich und frischem Fleische. Die Stadt Graz, am Fuße der Alpen gelegen, ernährte sich samt ihrem alpinen Hinterland zum großen Teile aus Westungarn. Indem der Entwurf diese Gebiete durch eine Staats- und Zollgrenze zum Ausland macht, stellt er eine ungefähr zur Zeit der Entdeckung Amerikas überwunden Verkehrsschranke wieder her und schneidet die drei wichtigsten Industrieplätze von ihrem Gemüsegarten, von ihrer Milchwirtschaft und von ihrem Ackerboden ab. Er rückt so die empfindlichsten Punkte unseres Staates gleichsam vor die Geschützmündungen unserer Nachbarn, ein Zustand, der schon in diesen Tagen seine Bedenken offenbart. Man denke sich nur einen Augenblick, daß die Landesgrenze Frankreichs von Chantilly über Meaux nach Melun oder die Grenze Englands an Canterbury vorbeiführe, und frage sich dabei, ob Paris oder London unter solchen Umständen leben und sich sicher fühlen könnten! Geographie, Geschichte und wirtschaftliches Leben haben auch hier selbst den Weg gewesen:

jene westungarischen Gebiete

sind noch beherrscht von den Ausläufern der Ostalpen. sie sind seit dem tiefsten Mittelalter ganz überwiegend von Deutschen besiedelt, sie stehen seit jeher mit jenen nahen Städten in unmittelbarstem Verkehr. Budapest aber ist weit entfernt, spricht eine andere Sprache und das, was diese Gebiete einbringen, bezieht Budapest reichlicher und bester aus der nahen Tiefebene. Deutschösterreich hat geographischen, nationalen und wirtschaftlichen Anspruch auf diese Gebiete: trotzdem lehnt Deutschösterreich jede willkürliche Annexion ab, weil es wie im ganzen so hier im einzelnen seine Sache ausschließlich auf das nationale Selbstbestimmungsrecht stellt. Und darum fordern wir, daß diese Gebiete das Recht erhalten, sich durch freie Volksabstimmung selbst zu entscheiden, ob sie zum Staate Deutschösterreich kommen wollen.

                                                            Im Süden

grenzt Deutschösterreich an das jugoslavische Königreich und an das Königreich Italien. Auch im Süden hat die deutsch-österreichische Republik auch nicht ein einziges Dorf auf Grund eines geschichtlichen Vorwandes oder mit dem Mittel der Gewalt in Anspruch genommen. Da die Sprachgrenze überaus verwirrt und die Rassen unentwirrbar vermischt sind, hat Deutschösterreich dort das überwiegend deutsche Gebiet als sein eigenes

erklärt und dabei folgende Tatsache in Rechnung gestellt: Im italienischen Trentino, in Krain und im Küstenland liegen zahlreiche Städte und Märkte mit überwiegend deutscher Bevölkerung; dort leben zahlreiche deutsche Minderheiten, dort liegt das ganze deutsche Herzogtum Gottschee. Wenn Deutschösterreich diese nationalen Minderheiten, die nach Hunderttausenden zählen, dem italienischen und dem jugoslavischen Staate freiwillig unterstellt hat, so halten wir es nicht für unbillig,  wenn im Interesse einer natürlichen geographischen Abgrenzung und im Interesse der Aufrechterhaltung großer Verkehrslinien im ganzen geringe Minderheiten der Nachbarvölker, darunter nicht eine einzige Stadt von mehr als 5000 Einwohnern zu Deutschösterreich kommen, zumal da sich diese ladinischen und jugoslavischen Landesminderheiten unzweideutig zu Deutschösterreich bekannt haben. Die erwähnten deutschen Städte und Märkte im ferneren Süden wiegen an Kulturbedeutung und an Reichtum diese Landgemeinden gewiß auf. Schon dieser Umstand allein rechtfertigt ein Plebiszit, das die Mehrheiten nicht nach Gemeinden sondern nach geographischen Gebietseinheiten zur Geltung bringt.

Das geographische und Verkehrsinteresse im Süden

unseres Staates aber ist das folgende: Nach dem Entwurf der Entente würde Deutschösterreich zum Ostalpenstaat. Die Ostalpen zeichnen sich durch ihre westöstliche Längentäler aus. Vom Reschenscheideck, den obersten Lauf der Etsch abwärts bis zur Einmündung des Eisack, die Rienz aufwärts über das Toblacher Feld und das Längental der Drau abwärts bis nahe der ungarischen Grenze ist ein solches Längental, ist eine geographische und Verkehrseinheit. Es ist durch die Pustertallinie der Südbahn durchzogen und ist im ganzen genommen mindestens von neunzehnteln von Deutschösterreichern bewohnt. Durch den Ausbau der Bahn über den Ofenpaß wird diese Längenlinie, eine der wichtigsten europäischen Verkehrsadern, weil sie die Schweiz und durch diese Westeuropa mit her Tiefebene der mittleren Donau und dem europäischen Südosten verbindet, vor  allem mit Ungarn, das als die Kornkammer aller kornarmen Gebiete der Alpen angesehen werden kann. Diese Linie // wird durch den Friedensvertrag zerstückelt. Sie fällt zuerst in den italienischen, dann durch eine kurze Strecke wieder in den deutschösterreichischen, dann wieder in den jugoslavischen Herrschaftsbereich. Alle größeren Städte dieser Route, Mals, Meran, Bozen, Brixen, Klagenfurt, Marburg, alle mit ganz oder überwiegend deutscher Bevölkerung, werden den südlichen Nachbarn zugeteilt. Die ganze Talfurche, die zu neun Zehnteln deutsch ist, wird zu zwei Dritteln den Nachbarn zuerkannt. Eine rationelle Bahnverwaltung ist durch diese Aufteilung der Route einfach unmöglich gemacht. Das Interesse Italiens, der Schweiz und Frankreichs im Westen, Ungarns und Rumäniens im Osten, ja das In­teresse Europas würde unbedingt erfordern, daß diese Talfurche einschließlich ihrer südlichen Bergkämme, also bis zum Grat der Karawanken und des Bachergebirges als eine Einheit aufgefaßt und unter die Verwaltung des Ostalpenstaates Deutschösterreich gestellt werde. Trotz dieses klaren Zusammenhanges und trotz unseres nationalen Rechtes, das unzweifelhaft ist, sobald man nur die ganze Talfurche als Einheit auffaßt, hat Deutschösterreich diese Gebiete nicht ganz in Anspruch genommen und erwartet auch hier, daß der Wille des Volkes selbst, wenn es nur frei und in zusammenhängenden Gebieten abstimmt, der Vernunft und der Zweckmäßigkeit zum Sieg verhelfen wird.

Überblicken wir nun das Ganze der geplanten Regelung: Von Krumau im Norden über Znaim, Feldsberg, Wieselburg, Eisenstadt, Oedenburg, St. Gotthard, Marburg und Klagenfurt bis nach Brixen, Bozen, Meran und Mals im äußersten Südwesten würde, wenn der Entwurf in Rechtskraft erwüchse, unser Land eingesäumt von alten deutschen Städten, die von fremdsprachigen Eroberern beherrscht sind. Rings um die kaum sechs Millionen Einwohner im Lande würden

mehrere Millionen desselben Stammes,

derselben Sprache und zum Teil derselben Familien in Nachbarstaaten wohnen und feindseligen Völkern hörig werden. Welche immerwährende Reizung, welches nie zu vergessende Unrecht, wieviel unvermeidlicher Haß! Der Weltkrieg sollte der Welt den Frieden bringen— hier aber wird Haß gesät und also muß Unfriede geerntet werden. Auch der Sieger trägt sein Maß von Verantwortung in der Geschichte. Eine solche Regelung, wie sie in diesem Friedensentwurf vorgesehen wird, kann vor der Geschichte niemand verantworten! Und darum erwartet die deutschösterreichische Friedensdelegation, daß der Friedenskongreß den in der Denk­schrift ausgeführten Anregungen Folge gebe.

Die deutschen Sudetenländer.

Saint-Germain, 15. Juni.Die Note, mit welcher die von den Delegierten der deutschen Sudetenländer ausgearbeitete Denkschrift an die Entente vorgelegt und einbegleitet wird, hat folgenden Wortlaut:

Euer Exzellenz! In der Anlage beehre ich mich, Euer Exzellenz eine an den Friedenskongreß gerichtete Denkschrift zu unterbreiten, welche von den Vertretern der deutschen Gebiete von Böhmen, Mähren und Schlesien ausgearbeitet worden ist, um das Unrecht darzutun, das durch die vorgeschlagenen Friedensbedingungen

31/2  Millionen Deutschösterreichern droht.

Dieser Denkschrift schließe ich einen von den gewichtigsten Interessenten des österreichisch-schlesischen Kohlenreviers ausgearbeiteten gedruckten Vorschlag über die staatliche Neuordnung dieses Reviers an, der angesichts der dort herrschenden Wirren die höchste Beachtung verdient.

Was das künftige Los der Deutschen im Gebiete der Sudeten betrifft, gebe ich mir die Ehre, den Eindruck, den die Friedensbedingungen auf ganz Deutschösterreich gemacht haben, dessen berufener Interpret die deutschösterreichische Friedensdelegation ist, dahin zusammenzufassen: Die alliierten und assoziierten Mächte begehen an dem deutschen Volke dieser Gebiete wie an dem Deutschösterreichs überhaupt

schweres Unrecht und stürzen das tschecho-slovakische Volk in ein verhängnisvolles Abenteuer.

Der Zusammenbrach der österreichisch- ungarischen Monarchie macht es möglich, den allen unseligen Streit zwischen dem deutschösterreichischen und dem tschecho-slovakischen Volke zu beenden, allerdings nur dann, wenn man jedem der beiden Völker das Recht gibt, auf seinem Siedlungsgebiet sein selbständiges staatliches Leben zu führen. Die tschecho-slovakische Republik hätte, auf das tatsächlich von Tschechen und Slovaken bewohnte Gebiet beschränkt, alle Möglichkeiten einer zufriedenstellenden wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung. Im Besitz der hochentwickelten Landwirtschaft des böhmischen und mährischen Flachlandes und der reichen Waldbestände des böhmisch-mährischen Mittelgebirges und der Slovakei, der Kohlenlager von Kladno und Pilsen und der noch ungehobenen slovakischen Bodenschätze, der großen Maschinenindustrien von Prag, Pilsen und Königgrätz, der Textilindustrie des tschechisch sprechenden Mähren und Ostböhmen, der über das ganze Land verbreiteten Zucker-, Bier- und Spiritusindustrie wäre die tschechoslovakische Republik, indem sie sich mit dem Siedlungsgebiet des tschecho-slovakischen Volkes begnügt,

eines der reichsten Länder in Europa.

Wenn man ihr jedoch Deutschböhmen und das Sudetenland zuweist, wenn man diese deutschen Landstriche gegen den Willen ihrer Bewohner mit den tschecho-slovakischen Gebieten vereinigt, dann ersetzt man, wenigstens was die Deutschen und die Tschechen betrifft, den früher höchst problematischen, aber immerhin wirtschaftlich noch erträglichen Staat Österreich durch zwei zur unaufhörlichen gegenseitigen Feindseligkeit verurteilte Kleinstaaten und schafft damit im Herzen des europäischen Kontinents einen Kriegsherd, der für die Welt und für ihre soziale Erneuerung vielleicht noch verhängnisvoller werden kann als der Kriegsherd des Balkans. Dieses Urteil ist hart, aber es ruht auf der unerschütterlichen Überzeugung der ganzen Bevölkerung von Deutschösterreich. Und diese Überzeugung vor allem hat dieser Bevölkerung die Parole am meisten nahegebracht: Heraus aus diesem brennenden Hause und Anschluß an das Mutterland! Das Unrecht an den Deutschen Böhmens springt in die Augen: Das Gebiet und Volk, um das es sich handelt, ist

mehr als zweimal so groß als Elsaß-Lothringen.

Die Entente will 1870 und 1871 wieder gutmachen und geht daran, ein mehr als doppeltes Elsaß zu schaffen. Sie spricht in demselben Atemzug, mit dem sie das Selbstbestimmungsrecht der Völker verkündete, über ein Volk, das zahlreicher ist als das norwegische oder dänische, das politische Todesurteil aus. Elsaß-Lothringen wurde durch einen Krieg annektiert, durch eine Methode, die zwar heute vom moralischen Bewußtsein der Welt mit Recht verworfen wird, aber durch Jahrtausende von uns als Erwerbstitel des Völkerrechtes anerkannt war. Diese Deutschen Böhmens sind annektiert worden, ohne daß die Deutschen gegen die Tschechen im Lande im Kriege standen, zu einer Zeit, wo sich die Deutschen Österreichs durch den bereits  abgeschlossenen Waffenstillstand sicher glaubten und sich daher im Zustand der Wehrlosigkeit vergewaltigt fühlen müßten. Wie soll dieser ungeheuerliche Vorgang jemals vergessen werden? Elsaß-Lothringen ging aus der Herrschaft einer alten Kulturnation in jene einer anderen Großmacht über und dieser Uebergang wurde dennoch als unerträglich empfunden. Deutschböhmen gelangt als Teil einer großen und alten Nation in die Gewalt eines kleinen, weitaus jüngeren Volkes und eines kleinen Staates.

31/2 Millionen Deutsche sollen unter die Souveränität  von 61/2 Millionen Tschechen

gestellt werden — niemals wird die hörige Nation diese Herrschaft ertragen, niemals die herrschende das ihr gestellte Problem überwältigen; beide sind zu einer unseligen Kampfgemeinschaft verurteilt, unseliger als das alte Österreich, wo wenigstens zwischen acht verschiedenen Nationen zumeist ein Zustand schwebenden Gleichgewichtes vorherrschte. Die Bilanz dieser Versuche ist, daß nach dem fürchterlichsten Blutbad, das

die Weltgeschichte kennt, der neue Stand der Dinge weitaus schlechter und für den Frieden bedrohlicher ist als vorher! Die schmerzlichste Enttäuschung der Sudetendeutschen ist aus folgenden Gründen so gewaltig. Beinahe in demselben Moment, wo sie in begeisterter Hingabe, an die von der Entente verkündeten siegreichen Ideale der Demokratie und der nationalen Selbstbestimmung daran gingen, sich selbst zu befreien und sich im freien Entschluß mit den Alpendeutschen zur Republik Deutschösterreich zu vereinigen,

haben sie ihre Freiheit wieder eingebüßt.

eingebüßt infolge militärischer Besetzung durch die Tschechen. Der Friedensentwurf heißt diesen Gewaltakt hinterher gut, aber die deutsche Bewohnerschaft dieser Gebiete wird es niemals fassen, niemals verstehen und niemals verwinden können, daß angesichts der Grundsätze der Entente ein Prager Parlament, in dem kein einziger Deutscher sitzt, über deutsches Land verfügt, die frei gewählte Vertretung aber dieser Länder selbst durch Polizeimaßnahmen mundtot gemacht wird. Sie wird es nie verstehen, daß ihr Land und Volk unbefragt von Freunden an Freunde vergeben wird. Weit weniger als der Frankfurter Friede für Elsaß würde jemals ein auf den vorliegenden Grundlagen ruhender Friedens­schluß für die Beteiligten dauerndes Recht bilden. Das ergibt sich zwingend aus den Umständen, unter denen der tschecho-slovakische Staat geworden ist.

Dasselbe Vorgehen, das die Sudetendeutschen vergewaltigt hat. ist es gewesen, das die Alpendeutschen in den Zustand solcher Hilflosigkeit und Lebensunfähigkeit versetzt hat. Denn jene deutschen Gebiete sind der Sitz unserer wichtigsten Industrien und der Ursprung unserer wichtigsten Naturprodukte gewesen. Dasselbe Vorgehen hat

die Hunger- und Kälteblockade Wiens

hervorgerufen, die erst durch die einsichtsvolle Intervention der Großmächte halbwegs gemildert werden konnte. Abgesehen davon, daß die Blockade, wo jedermann eine Versöhnung der Völker erwarten konnte, die Kluft des Hasses noch vergrößert hat, hat sie Deutschösterreich ad ocuIos demonstriert, daß es allein nicht leben und in der früheren Völkergemeinschaft kein Gedeihen mehr erwarten könne.

Die gesamte Friedensdelegation ist mit den Verfassern der Denkschrift durchaus eines Sinnes, wenn sie die Wiederbefreiung der deutschen Gebiete in den Sudetenländern fordert und verlangt, daß

je ein konstituierender Landtag für Deutschböhmen und für das Sudetenland

nach Abzug der tschecho-slovakischen Truppen frei gewählt werde und über das Schicksal dieser Länder souverän entscheide. Nur im Besitz dieser seiner ihm rechtmäßig gehörenden Gebiete kann Deutschösterreich hoffen, sich politisch und wirtschaftlich selbst zu behaupten und den dauernden Frieden mit den Nachbarvölkern aufrecht zu erhalten. Und darum erwartet die deutschösterreichische Delegation, der Friedenskongreß werde die deutschböhmische Frage, die für Deutschösterreich die Schicksalsfrage ist, wieder zur Verhandlung stellen. Was das früher

österreichische Kohlenbecken von Mährisch-Ostrau

betrifft, so stellt dieses der Friedenskonferenz ein besonderes Problem. In diesem Becken siedeln drei Nationen. Deutsche, Tschechen und Polen, in unentwirrbarer Mischung durcheinander. Dieses von Natur aus reich bedachte Gebiet liefert seine Schätze seit jeher den Deutschösterreichern im Süden, den Tschechen im Westen, den Polen im Osten und zum Teil auch den Deutschen im Norden, es stellt also einen Punkt der Erdoberfläche dar, auf den vier, wenn man von Oberschlesien absteht, drei Volksstämme sowohl kraft des wirtschaftlichen Bedürfnisses wie kraft der Besiedlung den gleichen Anspruch haben. Wenn irgendwo, so empfiehlt sich an diesem Punkt die selbständige Konstituierung und die Internationalisierung des Landes unter verhältnis­mäßiger Mitverwaltung der beteiligten Stämme und unter Oberaufsicht des Rates der Völker. Ein Projekt dieser Art ent­hält die inliegende Denkschrift. Die deutschösterreichische Friedensdelegation empfiehlt sie darum dem Friedenskongreß zur sorg­fältigen Prüfung. Von der Überzeugung ausgehend, daß die Friedenskonferenz die Aufgabe hat, auf dem Boden der ehemaligen Monarchie „alle genau umschriebenen nationalen Ansprüche zu befriedigen, ohne neue oder fortdauernd» alte Elemente der Zwietracht und der Gegensätze einzuführen, welche geeignet wären, den Frieden zu stören“, stellt die Denkschrift feierlich fest, daß der vorliegende Vertragsentwurf dem souveränen Willen der Sudetendeutschen absolut widerspricht und von ihnen als schwerstes Unrecht emp­funden wird, und beantragt, die staatliche Zugehörigkeit der deutschen Sudetengebiete durch eine Volksabstimmnng zu entscheiden.

Der Denkschrift sind Sonderbeilagen angeschlossen, von denen je eine Südtirol, Kärnten, Steiermark und Westungarn betrifft.

In: Arbeiter-Zeitung, 17.6.1919, S. 2-3.

 [Parteivorstand]: Genossen und Genossinnen! (1919)

Einige tausend Arbeitslose und Heimkehrer haben gestern eine Demonstration veranstaltet, die damit ge­endet hat, daß Menschen, die ebenso Proletarier sind wie die Demonstranten selbst, getötet und verwundet worden sind, daß Volkseigentum in Brand gesteckt worden ist.

Wir kennen die Not der Arbeitslosen und be­greifen ihre Erregung. Wir kennen das Elend der Heimkehrer und begreifen ihre Erbitterung. Aber gewalttätige Demonstrationen sind nicht das Mittel, Not und Elend zu lindern.

Was soll durch Gewalttätigkeiten erreicht werden? Will die Arbeiterschaft das gegenwärtige Regierungssystem ändern, so bedarf es dazu nicht der Gewalt. Unsere Genossen in der Regierung werden ihr auf­reibendes und sorgenvolles Amt keine Stunde länger behalten, als die Arbeiterschaft es will. In der Stunde, in der die Mehrheit eurer von euch selbst gewählten Vertrauensmänner beschließt, daß unsere Genossen aus der Regierung scheiden sollen, werden sie das selbst­verständlich tun. Die deutschösterreichische Arbeiterschaft hat es also selbst in der Hand, durch ihren bloßen Beschluß, ohne jede Gewaltanwendung das Regierungssystem zu ändern. Aber freilich, nur der Gesamtheit der organisierten Arbeiterschaft steht dieses Recht zu! Ein paar tausend Demonstranten haben nicht das Recht, ihren Willen der Gesamtheit der organisierten Arbeiterschaft gewaltsam aufzuzwingen!

Was heute geschehen ist, ist also sinnlos! Aber mehr als das! Es ist zugleich höchst gefährlich! Längst schon ruft die Bourgeoisie nach der Besetzung Deutschösterreichs durch Truppen der Entente! Unter dem Schutze der Bajonette der Entente möchte sie ihre Herrschaft wieder aufrichten! Bisher haben wir diese Gefahr abgewehrt, indem wir die Vertreter der Entente überzeugt haben, daß Deutschösterreich, trotz dem furchtbaren Massenelend, aus eigener Kraft Ruhe und Ordnung aufrecht erhalten kann! Daß wir das wirklich können, hat auch der heutige Tag bewiesen: Mit musterhafter Disziplin hat unsere Volkswehr die Ordnung wiederhergestellt, sobald sie auf den Schauplatz der Demonstration gerufen wurde. Aber trotzdem ist die Gefahr groß. Die Entente will sich die Verkehrswege von Italien zu ihren tschechischen und polnischen Bundesgenossen nicht stören lassen; wenn sie befürchten wird, daß unser Land zum Schauplatz größerer Unruhen werden könnte, dann droht uns die Gefahr, daß Wien und unsere anderen großen Industriegebiete von Ententetruppen besetzt werden. Dann würde die Gegenrevolution triumphieren! Unsere Hoffnungen für die Zukunft wären bedroht, das schon Errungene wäre gefährdet!

Es ist unsere Pflicht, Genossen und Genossinnen, eine solche Katastrophe zu verhindern! Klärt eure Arbeitsbrüder und Arbeitsschwestern darüber auf, daß Gewalttätigkeiten und Unruhen uns fremde Truppen ins Land bringen und damit alles, was wir schon errungen haben, in Gefahr bringen, alles, worauf wir hoffen, gefährden können! Klärt die ganze Arbeiterschaft darüber auf, daß jeder, der heute durch sinn- und zwecklose Gewalttätigkeit die republikanische Ordnung stört und die proletarische Disziplin verletzt, nur den alten Mächten hilft, unter dem Schutze fremder Waffen ihre Herrschaft wieder aufzurichten!

Genossen und Genossinnen! Wir brauchen revolutionären Mut und revolutionäre Tatkraft! Aber wir brauchen auch — heute dringender denn je! — Besonnenheit, Einsicht und Selbstzucht!

Der Parteivorstand der deutschösterreichischen Sozialdemokratie.

In: Arbeiter-Zeitung, 18.4.1919, S. 1.

N.N.: Die Jungfront (1932)

Schuster (Wien): Die Jungfront will keine selbständige Organisation sein, sie will mit arbeiten im Namen der Partei. (Leb­hafter Beifall.) Die Jungfront hat nicht nur große organisatorische Aufgaben unter der Jugend unserer Partei, sondern auch politische Aufgaben. Es ist notwendig, gerade von Jugend zu Jugend politisch aufrüttelnd zu wirken, zu diskutieren und zu debattieren, nicht nur über die Fragen des politischen Alltags, son­dern vor allem auch über den großen Kampf des Sozialismus. Deshalb mögen die führenden Genossen nicht nervös werden, wenn manchmal irgendwo etwas heftig diskutiert wird. Über die organisatorischen Fragen der Jungfront, die der von Deutsch besprochene Antrag der Parteiver­tretung über die Wahl der Jungfrontfunktionäre behandelt, hat sich seit einiger Zeit unter der Jungfront ein heftiger Kampf entwickelt. Wir stehen auf dem Standpunkt der funktionellen Demokratie. Wir sagen: die eine besondere Funktion unter der Jugend haben, sollen ein Mitbestimmungrecht haben, wen sie als Führer wählen. Der Antrag des Parteivorstandes trägt diesem Wunsche Rechnung und ich glaube, im Namen der Mehrheit der Wiener Jungfrontler sagen zu dürfen, daß es uns freut, daß der Parteivorstand unserem Wunsche Rechnung getragen hat. Die Jugend soll nicht allein bestimmen, sondern sie hat im Rahmen der gesamten Partei mitzubestimmen, wir glauben aber, daß die Jungfront die Möglichkeit haben soll, ihre Vorschläge zu erstatten, wen sie wünscht. Haben Sie Vertrauen zu dieser Jugend und nehmen Sie vor allem diese Jugend ernst, denn dieser Jugend ist es auch ernst um die Sache der Partei und des Sozialismus.

Der Kern der Jugend ist gut; denn er ist revolutionär. Und wer diese Jugend wirklich hat, der hat die Zukunft. (Starker Beifall.)

Piperger (Wien): Es hieße, die Aufgabe der Jungfront völlig verkennen, wenn man meinen wollte, ihre Aufgabe sei lediglich eine organi­satorische oder administrative. Die Aufgabe, innerhalb der jungen Generation zu wirken, kann nur verstanden werden vor allem als politische Aufgabe von außerordentlicher Wichtigkeit. Der Streit der Meinungen hat sich an der Frage entzündet, ob die Jungfrontvertrauensleute ihre Funktionäre zunächst selbst bestimmen sollen und die Partei sie nachträglich bestätigen soll, oder umgekehrt, wie die Parteivertretung es dem Parteitag heute vor­schlägt, ob nicht die Gesamtheit der Partei, die Jungfrontreferenten in ihren Konferenzen wählen soll— natürlich im Einvernehmen mit den jungen Vertrauensleuten selbst. Ich glaube, wenn man alles Für und Wider abwägt, daß man schließlich doch dazu kommen wird, zuzu­geben, daß der zweite Weg der richtigere und zweckmäßigere ist. Die Lösung, die die Partei­vertretung dem Parteitag vorlegt, dient vor allem auch einem möglichst reibungslosen Generationswechsel in der Partei.

Es ist in den Diskussionen, die in Wien ins­besondere über diese Fragen geführt wurden, das Problem mit Recht einmal auf die Formel ge­bracht worden: bei dem Streit komme es darauf an, ob man an die Frage herangehe als Junger oder als Sozialdemokrat. Ich glaube, wenn man diese Frage durchdenkt, wird man zugeben müssen, daß sie gar nicht anders betrachtet werden kann als vom Gesichtspunkt der gesamten Partei. Erst Sozialdemokrat und dann Jungfrontler muß die Formel sein! (Leb­hafter Beifall.)

In: Arbeiter-Zeitung, 14.11.1932, S. 5.

N.N.: Die Rote Garde gegen das Parlament. Sturmszenen und Panik (1918)

[…] Hierauf verläßt der Staatsrat die Rampe und zieht sich ins Parlament zur weiteren Tagung der Nationalversammlung zurück. Die Tore schließen sich. Während die Massen vor dem Parlament sich zum Abzug anschicken, fällt plötzlich, es ist etwa 5 Minuten vor halb 5 Uhr, ein Schuß. Doch die Ruhe in den nächsten Minuten läßt Zweifel darüber aufsteigen, ob es wirklich ein Schuß war. Bald aber hört man Salven und ununterbrochen Schuß auf Schuß fallen. Des unzähligen, durcheinander gewürfelten Publikums bemächtigte sich eine ungeheure Panik. Einige Beherzte versuchen, die Ruhe herzustellen. Es geht aber nicht. Es beginnt eine wilde Flucht nach allen Nebenstraßen des Franzensringes. Viel schlimmer noch ist die Panik, die auf den der Bellaria zu gelegenen Seiten entsteht. Tausende von Menschen laufen in Angst und wildschreiend zur Oper zu, wo sich ein unentwirrbarer Knäuel von Menschen gebildet hat. Wie in äußerster Todesgefahr drängte jeder vorwärts. […]

Gewehrfeuer gegen das Parlament.

            Kein Mensch weiß, was eigentlich geschehen ist, niemand kennt die Ursache der furchtbaren Szenen. Dann aber heißt es: Die Rote Garde will das Parlament stürmen! Die unmöglichsten Gerüchte durchschwirren die Luft, und erst nach geraumer Zeit klärt sich die Situation. Die tatsächlichen Vorgänge waren folgende: Nachdem Präsident Seitz seine Ansprache beendet hatte, zog er sich mit den Mitgliedern der Nationalversammlung in das Abgeordnetenhaus zurück. In diesem Momente drängte die Rote Garde nach, um in das Parlament zu kommen. Dies wollte man verhindern und die Gardisten bedienten sich daher der Gewehrkolben. Nun entstand ein noch ärgeres Gedränge, da alle die schützende Säulenhalle erreichen wollten. Präsident Seitz gab den Auftrag, die Tore auf keinen Fall zu öffnen und die Lichter in der Vorhalle abzudrehen, was auch sofort durchgeführt wurde. In den nächsten Augenblicken hörte man heftige Schläge gegen das große Gittertor und das Klirren der Scheiben hallte in den weiten Räumen wider. Die massiven Tore gaben jedoch nicht nach. Unter dem Publikum, das von den Galerien in die übrigen Räume des Parlaments gelangt war, entstand große Aufregung. Die Leute stoben nach allen Richtungen auseinander. Bald darauf hörte man eine heftige Schießerei. Es war sofort erkennbar, daß auf das Parlament geschossen wird, und der Aufenthalt in der Säulenhalle und in den vorgelagerten Räumen war lebensgefährlich. Das Gewehrfeuer dauerte etwa zehn bis fünfzehn Minuten, die manchen Leuten zu einer Ewigkeit wurden. Die Mitglieder des Staatsrates bewahrten vollkommene Ruhe. Der Preßleiter Ludwig Brügel wurde durch einen Kopfschuß schwer verletzt, ein Projektil war oberhalb seines linken Auges eingedrungen. Mittlerweile war bekannt geworden, daß die „Rote Garde“ alle Tore des Gebäudes besetzt hatte. Nach einer Pause von einer halben Stunde wurde die Sitzung der Nationalversammlung, die anläßlich der Ansprache an die Menge unterbrochen worden war, wieder aufgenommen und die restliche Tagesordnung in aller Ruhe und ohne jeden Zwischenfall erledigt. Im Hause waren auch eine Reihe nichtdeutscher Abgeordneter anwesend, die längere Zeit das Gebäude nicht verlassen konnten; sie äußerten ihr schärfstes Mißfallen und Bedauern über diese Gewalttat. Unterdessen waren vor dem Parlament die Stadtschutzwache und Volkswehr aufgezogen. Staatssekretär Mayer empfing ein Mitglied der „Roten Garde“. Es stellte sich heraus, daß es sich angeblich nur um ein Mißverständnis gehandelt habe. Die ganz unsinnige Behauptung, daß aus dem Parlament scharf oder auch nur blind geschossen worden war, konnte durch nichts erhärtet werden. Die Roten Gardisten räumten sodann das Feld.

[…]

Die Rote Garde in der Redaktion der „Neuen Freien Presse“.

            In den Abendstunden erschienen Mitglieder der Roten Garde in der Redaktion der „Neuen Freien Presse“ in der Fichtegasse. Sie besetzten das Gebäude und erklärten, daß sie von nun an die Leitung des Blattes in die Hand nehmen würden. Diese Tatsache wurde durch ein Extrablatt bekannt gemacht, in dem es heißt: In Ausführung eines Beschlusses der kommunistischen Partei wurde heute nachmittags das Redaktionsgebäude der „Neuen Freien Presse“ durch Volkswehr und Rote Garde besetzt. Die „Neue Freie Presse“ wird bis auf weiteres unter der Kontrolle kommunistischer Redakteure erscheinen. Für vollkommenen Ruhe wird verbürgt. Die Gerüchte, daß die Rote Garde an der Schießerei beim Parlament, welche eine furchtbare Panik hervorgerufen hat, teilgenommen hätte, sind vollkommen erlogen. Es wurde aus dem Parlament blind geschossen. Gezeichnet: Osternig, Koniakowsky, Rote Garde, Hoffmann, Lux, Infanterie-Regiment Nr. 4.

            Zu einem späteren Termin wurden Verhandlungen mit den Gardisten eingeleitet. Volkswehr und Sicherheitswache war inzwischen aufmarschiert und die Rote Garde bewogen, das Haus zu verlassen. Bald darauf erschien eine zweite von der Roten Garde herausgegebene Extraausgabe, in der erklärt wird, die ganze Besetzung des Redaktionsgebäudes sei nur als warnendes Beispiel anzusehen, als Beweis dafür, daß die Soldaten und Arbeiter imstande seien, wenn sie wollten, die Macht an sich zu reißen. Das hätten sie der Polizei mitgeteilt und seien dann ruhig abgezogen.

            Ein kleines Aufgebot von Sicherheitswache ist zum Schutze des Redaktionsgebäudes zurückgeblieben.

In: Fremden-Blatt, 13.11.1918, S. 5.

N.N.: Der Umsturz (1918)

            Die Bevölkerung von ganz Österreich ist von fieberhafter Gärung ergriffen. Im Norden und im Süden erschallt befreiender Jubel über die Schaffung der neuen nationalen Staatsgebilde. Er ist nur zu begreiflich, sind doch die Tschechen und Südslawen der Unterstützung von seiten der siegreichen Entente sicher. Deutschösterreich hat sich viel zu spät auf sich selbst besonnen, und der Moment, da es von seinem Selbstbestimmungsrecht Gebrauch macht, findet es in der denkbar gefährlichsten Situation. Unsere unmittelbaren Nachbarn sind uns recht wenig freundlich gesinnt. Die Absperrung der Lebensmittelzufuhren ist ein sichtbarer Beweis hiefür. Hinter diesen Nachbarn steht aber der Feind, mit dem wir seit fünfviertel Jahren im mörderischesten aller Kriege stehen. Die unglückliche Politik einer k.u.k. Regierung hat uns so weit gebracht, daß wir nun darauf angewiesen sind, unser Schicksal vom Gegner bestimmen zu lassen. Wie es beschaffen sein wird, ist noch in Dunkel gehüllt.

            Düsterer als die Zukunft ist aber die unmittelbare Gegenwart. Die Berichte aus dem Kriegspressequartier verkünden, daß das italienische Gebiet geräumt wird. Was das zu bedeuten hat, vermag die üppigste Phantasie kaum auszumalen. Der Verlust der besetzten Landstriche wäre noch das wenigste. Wir können ihn um so leichter verschmerzen, da ja die Freigabe der nichtdeutschen Provinzen bereits eine ausgemachte Sache ist. Dagegen ist zu befürchten, daß der Rückzug der Armee Erscheinungen auslösen wird, welche die Sicherheit und Ordnung des Hinterlandes aus das Schwerste bedrohen. Was wird geschehen, wenn für die zurückflutenden Soldatenmassen keine Nahrungsmittel vorgesehen sind? Die Zivilbevölkerung hungert sich von einem Tag zum anderen hinüber. Sie kann den durchziehenden Heeresmassen so gut wie gar nichts bieten. Der Hunger treibt aber den Gutmütigsten zu Taten der Verzweiflung…

            Wie eine drohende Gewitterwolke naht das Unheil immer näher. Wir vernehmen, daß die „Grünen Garden“ das Feld ihrer Schreckenstaten bis nach Steinbrück ausgedehnt haben. Auf den südlich gelegenen Bahnstrecken spielen sich schon jetzt furchtbare Szenen ab und in den allernächsten Tagen dringt die Welle der Auflösung aller ordnenden Bande vielleicht bis zu uns, wenn es uns nicht gelingt, ihr rechtzeitig einen Damm zu setzen. Es werden geradezu übermenschliche Anforderungen an die Spannkraft unserer Nerven gestellt werden. Wir werden ihnen nur gerecht werden können, wenn jeder einzelne kaltes Blut bewahrt und seine ganze Persönlichkeit in den Dienst des Gemeinwohls stellt.

            Der von den Vertretern aller Bevölkerungskreise eingesetzte Wohlfahrtsausschuß steht mit den militärischen Stellen in Verhandlungen, um entsprechende Sicherheitsmaßnahmen zu treffen. Jedermann, der die Stimmung unserer Soldaten und Offiziere kennt, weiß, daß sie mit Begeisterung bereit sind, sich der Sache des Volkes zur Verfügung zu stellen. Die k.u.k. Armee ist im Begriffe, sich in eine Volkswehr im vollsten Sinne des Wortes umzubilden, und wenn sie für ihre Aufgabe zu schwach sein sollte, sind die Arbeiter selbstverständlich bereit, ihre Reihen zu verstärken. Ihre Aufgabe ist es aber nicht, etwa einen auswärtigen Feind zu bekämpfen, sondern für die Aufrechterhaltung der Ordnung im Innern in diesen schweren Tagen Sorge zu tragen.

            Damit dies aber möglich sei, müssen alle Versuche von einzelnen Leuten, auf eigene Faust vorzugehen, mögen sie dabei auch von den besten Absichten geleitet sein, mit Entschiedenheit zurückgewiesen werden. Wir sind sonst keine Freunde allzu weitgehender Ordnungsmacherei. In dieser ernsten Zeit hängt aber alles davon ab, daß sich jedermann dem Willen derjenigen unterordne, die von dem Vertrauen der Bevölkerung getragen sind. Niemand soll sich durch die unruhige Zeit zu unüberlegten Handlungen hinreißen lassen. Durch solche Handlungen schaden wir uns nur selber. Die Bevölkerung möge wissen, daß trotz der eruptiven Erscheinungen, welche die Gründung des südslawischen Staates begleiten, nicht alle Fäden nach dem Süden abgerissen sind. Es zeigt sich vielmehr, daß auch die verantwortlichen Führer der Südslawen sich dessen bewußt sind, daß sie auch in Zukunft unsere Nachbarn sein werden und daß sie deshalb auch in ihrem Interesse handeln, wenn sie in ihren Handlungen möglichst einvernehmlich mit uns vorgehen. Über alle auftauchenden Differenzen kann und wird verhandelt werden, und der Bürgermeister von Marburg hat ein treffendes Wort ausgesprochen, als er in einer Aufrufe sagte: „Es ist unsere heiligste Pflicht, Ruhe und Ordnung zu halten und allen Hader und Zwist, welcher geeignet ist, die Verhandlungen zu hindern, zu bannen, da dieselben nur geeignet sind, der Bevölkerung den längst ersehnten Frieden vorzuenthalten.“ Darum noch einmal: Kühles Blut wie, wenn es sein muß, kühne Entschlossenheit, sind heute notwendiger denn je.

In: Arbeiterwille (Graz), 1.11.1918, S. 1.

N.N.: Die Gründung des deutschösterreichischen Soldatenrates (1918)

            Gestern abend fand in den Drehersälen die konstituierende Versammlung des zu schaffenden Soldatenrates für Deutschösterreich statt, die einen überaus stürmischen Verlauf nahm und schließlich infolge der turbulenten Szenen vorzeitig endete, ohne daß es zur eigentlichen Konstituierung und zur Verlesung der bereits vorbereiteten Resolution gekommen wäre. In der Versammlung machten sich im Verlaufe der Reden unter den Soldaten Gegensätze bemerkbar, die stellenweise hart aufeinanderprallten und zu Auseinandersetzungen führten, welche die geordnete Fortführung der Versammlung unmöglich machten. Panikartig wurde die Situation, als plötzlich während der Rede eines Soldaten aus dem Saale der – wie sich herausstellte – unbegründete Ruf ertönte: „Vor dem Kriegsministerium wird geschossen!“ Minutenlang dauerten der ungeheure Lärm und die fast unbeschreibliche Aufregung, die dieser Ruf auslöste. Nur mit Mühe gelang es den Ordnern, die Ruhe unter den Soldaten, von denen ein großer Teil sofort zum Kriegsministerium ziehen wollte, wiederherzustellen und den Rednern Gehör zu verschaffen.

            Schon lange vor Beginn der Versammlung, der für 6 Uhr angesagt war, war der große Hof vor dem Riesensaale von Offizieren und Mannschaftspersonen dicht besetzt, und als der Saal geöffnet wurde, herrschte geradezu beängstigendes Gedränge. Es mochten sich ungefähr 3000 Soldaten eingefunden haben, die den Saal und die Seitengänge bis auf das letzte Plätzchen füllten.

            Namens des gegründeten provisorischen Soldatenrates eröffnete Zugsführer Gabriel vom Deutschmeisterregiment, der schon gestern vor dem Kriegsministerium eine leidenschaftliche Ansprache gehalten hatte, die Versammlung mit einer stellenweise von minutenlangem Beifall unterbrochenen Rede. Er entbot allen Kameraden, die herbeigeeilt waren, nun an dem Bau des neuen Deutschösterreich werktätig Hand anzulegen, den Brudergruß und sagte unter anderem: Das alte Österreich hat ein Ende gefunden. Wir sind nun ein Volk, deutsch an Leib und Seele, deutsch und treu bis ins Grab (lebhafter Beifall). Niemand vermag uns zu knechten, niemand soll uns das Recht nehmen, das Recht der Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit. Arbeiter, Soldaten, Bürger und Bauern, reichen wir uns die Hände und seien wir einig, was immer auch kommen mag. Wir wollen fortan in Eintracht und Brüderlichkeit zusammenleben, und so lange wir leben, soll nie mehr so schreckliches Unheil unsre Heimat treffen, wie in diesem Kriege, An einem denkwürdigen Tage, dem Geburtstage unserer Freiheit, wurde der Soldatenrat gegründet. Er soll euer Berater sein, eine Institution, die auch eure Rechte geben soll, sie soll euch aber auch schützen, diplomatisch nach außen und nach innen. Ihr kennt alle den „Verbrecher“, der sich für uns geopfert hat, diesem Manne sind wir unseren Dank schuldig, so lange wir leben. (Die Versammlung brach in minutenlang andauernde Hochrufe auf Friedrich Adler aus.) Diesem Manne müssen wir den ersten Platz an der Sonne verschaffen. (Stürmischer Beifall.)

            Ein Trainsoldat erstattete Bericht über die bisherige Tätigkeit des vorbereiteten Soldatenratskomitees und kündigte an, daß am Freitag in allen Wiener Kasernen Soldatenversammlungen abgehalten werden, um Delegierte zu wählen, die dann den eigentlichen Soldatenrat zu bilden hätten. „Wir müssen,“ sagte er, „die Zustimmung der ganzen Wiener Garnison haben, und dann wird es unsre wichtigste Aufgabe sein, die Disziplin zu halten, die wir als Soldaten gelernt haben, und Institutionen bringen, die die Ruhe und Ordnung in unsrer Heimat verbürgen. Wir müssen die blutige Umwandlung vermeiden, Plünderungen um jeden Preis hintanhalten![1] Wir haben erst jetzt erfahren, wofür wir Krieg geführt haben, für Preistreiber und Kriegswucherer haben wir uns nicht geopfert. Fritz Adler, den Sie hier gefeiert haben, will, wie uns mitgeteilt wird, nicht begnadigt werden. Er will nicht das Gefängnis verlassen als Begnadigter, er will vor ein Schwurgericht kommen, das ihn freispricht oder verurteilt. Was jetzt not tut, ist, die Anarchie und die blutige Revolution von unsern hartgeprüften Brüdern um jeden Preis fernzuhalten.“

            Der nächste Redner Oberleutnant Berger entwickelte das Programm der sofort zu schaffenden Nationalgarde und forderte alle selbstdisziplinierten Kameraden ohne Unterschied ihres Parteibekenntnisses auf, sich zur Aufrechterhaltung der Ordnung und Ruhe zur Verfügung zu stellen. Er teilte mit, daß in allen Bezirken Wiens Werbebureaux für diese Garde errichtet werden, das Zentralbureau sei bereits im 4. Bezirk, Mittersteig Nr. 15, errichtet, das Stadtbureau befindet sich Singerstraße Nr. 8. „Helfet uns, Kameraden,“ schloß er seinen Appell, „die Ruhe und Ordnung aufrechterhalten, damit wir einem gedeihlichen Frieden entgegengehen!“

            Der nächste Redner, ein Infanterist, verlangte die Immunität des Soldatenrates.

            Stürmischen Beifall fanden die Ausführungen eines Rittmeisters vom Schützenregiment in Stockerau, der es als wichtigste Aufgabe der zu schaffenden Garde bezeichnet, die Ordnung aufrechtzuerhalten und den Lebensmitteltransport zu sichern. Wir müssen uns bewußt sein, daß hinter uns unsre Frauen und Kinder stehen, die genug gelitten haben.

In: Neues Wiener Tagblatt, 1.11.1918, S. 8.


[1] Diese Passagen aus der Rede des namentlich unbekannten Trainsoldaten spiegelt die ideologisch ungewöhnliche Gesinnungslage jener frühen Protagonisten, die ungeachtet ihres revolutionären Elans und Selbstverständnisses zugleich die sozialdemokratische Linie des geordneten Umsturzes bzw. Übergangs in eine demokratische und sozialistische Republik zu unterstützen trachteten. 

N.N. [Leitartikel]: Ein blutiger Sonntag in Wien.

Verhängnisvolle Folgen der kommunistischen Massenversammlung.

Das Land in Gefahr.

Zwölf Tote und achtundsechzig Ver­wundete hat der gestrige Tag in Wien gekostet — wenn nicht die traurigen Ziffern sich noch erhöhen. Wer selbst in diesen bluterfüllten Zeiten den Gedanken der Heiligkeit des Menschen­lebens hochhält, kann nur mit Grauen bei der Vorstellung verweilen, daß so viele Menschen­leben durch Umtriebe vernichtet wurden, die dem Wesen unsrer Stadt völlig fremd sind, von der erdrückenden Mehrheit der Bevölkerung, auch des Proletariats, abgelehnt werden und, wie nunmehr nachgewiesen ist, im größten Stile von den Budapester Ge­walthabern inszeniert und finanziert worden sind. Aber damit ist das Maß des Unheils nicht erschöpft: die Unruhe und Erregung müssen durch derartige Vorfälle verschärft, die Arbeitsfreudigkeit noch weiter gemindert, die allgemeine Not gesteigert und das Miß­trauen des Auslandes gegen unsre Zustände vermehrt werden, und das alles zu einer Zeit, wo unsre Friedensdelegation in Paris den verzweifelten Kampf gegen das Diktat übermütiger und übelberatener Sieger führt und den Versuch unternehmen muß, die geplante grausame Verstümmelung unsres Landes wenigstens einigermaßen zu mildern.

Mit dem gestrigen Tage ist das Maß voll geworden. Diese Blutopfer schreien zum Him­mel. Ist nicht genug gemordet worden in diesen viereinhalb Jahren? Sollen wir noch das allerbitterste Leid mitmachen, den grausamsten aller Kriege, den Bürgerkrieg? Was nützt es heute, Untersuchungen über den berüchtigten ersten Schuß anzustellen? Es dürfen eben nicht Situationen geschaffen werden, in denen die Gewehre von selbst losgehen. In der Wiener Bevölkerung herrscht heute das Gefühl, daß es so nicht weitergeht. Allen Ernstes wird die Frage aufgeworfen, ob wir ein Staats­wesen sind mit ordentlicher Staatsgewalt oder ein haltloses und gestaltloses Etwas, worin Chaos und Anarchie herrschen. Jeder­mann würdigt vollauf die außerordentlichen Schwierigkeiten, denen die Regierung gegenübersteht, und ein herostratisches Beginnen wäre es, ihr durch übelwollende Kritik oder faktiöse Opposition die ohnehin genug ernste Lage zu erschweren. Allein beim besten Willen läßt sich der Eindruck nicht verwischen, daß mit mehr Klarheit des Wollens und Festigkeit des Auftretens das gestrige Unglück zu verhüten gewesen wäre. Die Regierung hatte in der Nacht vom Samstag zum Sonntag bereits das Verbot der für Sonntag einberufenen kommunistischen Versammlung verfügt, und sie war vollauf berechtigt, es zu tun, denn die kommunistische Veranstaltung diente hochverräterischen Zwecken: es sollte ein gewalt­samer Umsturz der Verfassung vorbereitet oder herbeigeführt, die  Nationalversammlung beiseite geschoben, der in den Wahlen legal geäußerte Volkswille vergewaltigt und die Diktatur der Räterepublik ausgerufen werden. Gleichwohl wurde die Verfügung des Verbotes rasch wieder zurückgenommen, und so konnte das Verhängnis seinen Lauf nehmen. Auch späterhin wurde ein Beweis von Schwäche gegeben, indem eine Anzahl verhafteter Kommunistenführer und Anhänger der Bewegung auf Drängen einer kommunistischen Abordnung freigelassen wurde, obwohl die hochverräterischen Ziele der sonntägigen Veranstaltung und der ganzen kommunistischen Umtriebe von ihren Urhebern selbst gar nichtgeleugnet werden.

Allein jetzt ist nicht die Stunde für ver­spätete Rekriminationen, jetzt handelt sich’s darum, was geschehen soll, um weiteres, noch schlimmeres Unglück zu verhüten, das uns schlechthin den Untergang bringen könnte. Die Regierung ist durch den tragischen Vor­fall über das Maß der Gefahr unterrichtet. Dieser Erkenntnis muß die Zielsicherheit und Festigkeit ihrer Maßnahmen entsprechen. Was sie vor allem braucht, ist eine durchaus verläß­liche Wehrmacht. Jede Stunde erbringt aufs neue den Beweis, daß in dieser Zeit ein Staatswesen ohne starke Exekutivgewalt einem auf sturmgepeitschtem Meere hin und her geschleuderten Nachen gleicht, dem jeder Augenblick den Untergang bringen kann. In Deutschland hat man das erkannt; Noske ist gewiß alles eher, denn ein altpreußischer Militarist, aber er ist ein echter Deutscher, der weiß, was Ordnung, Disziplin und Gesetzesachtung für ein Land bedeuten. Ist unsre Volkswehr eine verläßliche Stütze der Exekutivgewalt— und das bisherige Ver­halten des größten Teiles der Volkswehr läßt dies erhoffen —, dann um so besser; sollten einzelne Teile der Volkswehr ins Wanken ge­raten, dann gilt es, für vertrauenswürdigen Ersatz zu sorgen und, wenn nötig, neue Kaders zu schaffen; Kräfte dafür sind genug vor­handen. Daß eine verläßliche Wehrmacht das Werkzeug einer Reaktion von rechts werden könnte, ist nicht zu besorgen; kein ernst zu nehmender Mensch denkt hierzulande an eine Gegenrevolution von rechts, die das Land in ein Meer von Blut und Elend stürzen müßte. Nur dann könnte die Gegenrevolution eine Gefahr werden, wenn sich hier chaotische Zu­stände dauernd einnisten und die weitesten Volkskreise in ihrer Verzweiflung schließlich nur mehr im Säbelregime die Rettung erblicken würden. Wie die Dinge heute liegen, droht die Gefahr des Umsturzes von links, nicht von rechts.

Das Organ der deutschösterreichischen Sozialdemokratie hat gestern in aufsehenerregenden Mitteilungen die längst ver­breitete Annahme bekräftigt, daß die kommunistischen Unruhen in Wien von der Budapester Räteregierung mit ungeheueren Geldmitteln gemacht werden und daß die ungarische Gesandtschaft in Wien der Mittelpunkt der Bestechungsaktionen sonach der Mittelpunkt einer Ver­schwörung gegen die innere Ruhe Deutschösterreichs ist. Unsre Regierung darf nunmehr nicht länger Vogel Strauß spielen, sie muß unverzüglich die sorgfältigsten Nachforschungen anstellen, ob diese Angaben den Tatsachen entsprechen, und durch die Teil­nahme von Politikern aller Parteien muß die Bürgschaft dafür geschaffen werden, daß die Untersuchung wirklich mit dem Zwecke strengster Wahrheitserforschung erfolgt. Wenn, woran kaum zu zweifeln ist, die Mitteilungen den Tatsachen entsprechen, dann obliegt der Regierung die Pflicht, unverzüglich die diplo­matischen Beziehungen zu den Budapester Ge­walthabern abzubrechen und die Gesandt­schaft der Budapester Usurpa­toren des Landes zu verweisen.

Das Vorbild ist gegeben: Als sich seinerzeit herausstellte, daß der Gesandte der russischen Sowjetregierung in Berlin, Joffé, sein Amt zu dem Zwecke angetreten hatte, um den bolschewistischen Umsturz in Deutschland herbeizuführen, wurde ihm über Nacht der Laufpaß gegeben. Es wäre der Gipfel der Un­entschlossenheit, wenn unsre Regierung tatenlos dulden würde, daß die diplomatische Ver­tretung eines fremden Staates ihre völkerrechtliche Vorzugsstellung in unerhörter Weise mißbraucht, um unser Land in den Abgrund des Verderbens zu stürzen. Was die Budapester Gewalthaber zunächst wollen, ist ja klar: Sie wollen für die vielen Millionen, die sie in Wien investiert haben, endlich auch Leistungen sehen. Zu Hause sind sie von den schwersten Kalamitäten bedrängt, da ihr Phantasiegeld weder von den Arbeitern noch von den Bauen: angenommen wird. Sie brauchen Geld von höherem Ansehen, das heißt die Noten der Österreichisch-ungarischen Bank, und dazu soll ihnen ein Wiener Putsch, soll ihnen die Besetzung und Ausplünderung der Banken, der Postsparkasse, der Notenbank und der Staatskassen dienen. Das Verlangen nach Ausweisung der ungarischen Gesandt­schaft wird von unsrer Bevölkerung mit solchem Nachdrucke und solcher Beharrlichkeit erhoben werden, daß sich die Regierung ihm nicht wird entziehen können.

Die sozialdemokratische Partei Deutschösterreichs, unsre eigentlich regierende Macht, hat in letzter Stunde erkannt, daß es sich nicht nur um die Existenz der Republik Deutschösterreich, sondern auch um die der Partei handelt. Endlich, wenn auch spät, hat sie eine festere Sprache gegenüber dem kom­munistischen Umstürze gefunden. In der Tat wäre die Partei verloren, wenn das bisher vielfach wahrnehmbare Hin- und Her­schwanken zwischen Demokratie und Diktatur weiter anhielte. Die politische Geschichte aller Länder und Zeiten beweist, daß jede Partei mit dem System des schwächlichen Lavierens und des halben Entgegenkommens an die radikalsten Strömungen nur sich selbst das Grab gräbt, denn sie ermuntert damit die­jenigen, die die Herrschaft an sich reißen wollen, macht weite Volkskreise unsicher und bereitet die Gemüter für die Aufnahme des geistigen Giftes vor. Auch für die Sozial­demokratie sind die Tage der Zweideutig­keiten und der Halbschlächtigkeit vorbei. Es geht nicht weiter an, den Gedanken der Rätediktatur nicht grundsätzlich abzulehnen, sondern nur die Taktik und die Wahl des Zeitpunktes als verfehlt zu bezeichnen. In Weimar hat man es anders gehalten. Der Parteitag der deutschen Sozialdemokratie hat den Ver­kündern der Diktatur des Proletariats ein un­bedingtes, weithin hallendes Nein zugerufen // und aufs neue das Banner der Demokratie entfaltet, das in der Herrschaft des gesetzlich geäußerten Willens des Gesamtvolkes. Das ist eine klare, bestimmte und jedenfalls die aus­sichtsreichste Politik in einer Zeit der Verwirrung und der planmäßigen Umtriebe. Aber nicht nur die sozialdemokratische, auch die bürgerlichen Parteien müssen wissen, was das Gebot dieser Stunde ist; das teilnahmslose Abseitsstehen und halb schadenfrohe Gewährenlassen vermehrt nur das Unheil. Wir brauchen ein rasches, kräftiges, entschlossenes Zusammenwirken aller Ordnungsparteien, der sozial­demokratischen und der bürgerlichen, mit der Regierung. Die Nationalversammlung muß unverzüglich zusammentreten. Das Land ist in Gefahr.

In: Neues Wiener Tagblatt, 16.6.1919, S. 1-2.