geb. am 8.4.1875 in Pressburg – gest. am 10.4.1956 in Hollywood/Kalifornien; Schauspielerin, Kabarettistin

Porträt von Bil Spira. Aus: Das Kleine
Blatt, 14.1.1933, S. 10

W. wuchs als Tochter des Sekretärs des Freistädtischen Theaters in Pressburg auf. Nach der Schauspielausbildung in Wien gab sie in Pressburg 1905 neben Max Pallenberg ihr Debüt und wurde von Josef Jarno, ab 1899 Intendant des Theaters in der Josefstadt, entdeckt. 1906-1919 wirkte sie an verschiedenen von Jarno geleiteten Wiener Bühnen, darüber hinaus in Etablissements, der Rolandbühne im Prater und dem Budapester Orpheum. Ab 1920 spielte die Gattin des Wiener Schauspielers und Kaffeehausbesitzers Hans Piffl (1885-1951) in verschiedenen Häusern in der Weimarer Republik, u.a. am Deutschen Theater sowie im Kabarett der Komiker in Berlin. In Wien trat sie u.a. im Kabarett Simpl, im Chat noir, 1927-1938 neuerlich im Theater in der Josefstadt sowie 1930-1935 im Raimundtheater auf. Darüber hinaus gastierte W. u.a. am Carl-Theater, am Theater an der Wien, bei den Salzburger Festspielen und am Karlsbader Theater. Im März 1938 emigrierte sie über Abbazia und die Tschechoslowakei in die USA, wo sie als Giselle Werbise(c)k in New York (etwa im Ensemble der Österreichischen Bühne) und in Los Angeles auftrat und bereits ab April 1939 an Hollywoodproduktionen (u.a. Die Braut des Gorillas, 1951), aber auch in der Verfilmung von Anna Seghers The Seventh Cross (1944, Regie Fred Zinnemann) mitwirkte. Nach 1945 blieb sie in den Vereinigten Staaten und stand noch bis 1953 u.a. mit Paul Hörbiger und auf Tournee mit dem Kabarett der Komiker um Oskar Karlweis auf der Bühne.

Vor allem an der Rolandbühne 1919-1925/26 avancierte W. in der Rolle der großherzigen, stereotypisch korpulenten kleinbürgerlich-jüdischen Ehefrau, Mutter oder Tante sowie als „komische Alte“ zum Bühnenliebling und, hervorgehoben durch Anton Kuh, zum Gesicht des jüdisch dominierten Bezirks Leopoldstadt mit seinen zahlreichen Theatern und Etablissements. Sie brillierte in häufig auf sie zugeschnittenen Komödien von Alfred Deutsch-German und Armin Friedmann, allen voran in dem innovativen, 1923 uraufgeführten Stück Frau Breier aus Gaya, das Filmeinspielungen, die die in Wien-Leopoldstadt angesiedelte Geschichte kurzzeitig in die südmährische Stadt Gaya/Kyjov verlegte, umfasste. Regie führte Karl Farkas, 1926 folgte die Verfilmung. 1928 war W. eine der Hauptdarstellerinnen in der Josephine-Baker-Revue Schwarz auf Weiß im Johann-Strauß-Theater.

Neben den umfänglichen Arbeiten für Theater und Kabarett gab W. 1912 als Mitglied des Ensembles Wiener Kunstfilm in der Komödie Wamperls und Siegellacks Liebesabenteuer nach einem Drehbuch von Felix Dörmann ihr Leinwanddebüt. 1914 spielte sie in Ludwig Anzengrubers Das vierte Gebot. In der Folge drehte sie häufig mit Heinrich Eisenbach und v.a. mit Armin Berg, mit dem sie als Köchin Kathi auch in Hans Karl Breslauers Verfilmung des Romans Die Stadt ohne Juden von Hugo Bettauer (1924) zu sehen war, danach auch in einigen weiteren Stumm- und Spielfilmen bis 1932, zuletzt in der Filmkomödie Wenn die Liebe Mode macht (1932).


Quellen und Dokumente

G. W.: Wir Komiker haben es besser. In: Der Querschnitt 7 (1927), 8, S. 580f., Theater im Sommer – Theater im Winter. In: NFP, 2.9.1937, S. 10.

Chanson: G. W.: Ich habe ‚La Garconne‘ gelesen (aus Clo-Clo von Franz Lehár, um 1925) [YouTube].

Anton Kuh: Volkstheater. Gastspiel Werbezirk. In: Der Morgen, 3.3.1919, S. 4Ludwig Hirschfeld: Die Werbezirk. Porträt einer Komikerin. In: NFP, 5.5.1921, S. 11Felix Salten: Die Frau Werbezirk. In: NFP, 1.7.1923, S. 1-3, Ludwig Hirschfeld: Roland-Bühne. [Rez. zu Frau Breier aus Gaya]. In: NFP, 4.10.1923, S. 9, Anton Kuh: G. W. In: Der Querschnitt 7 (1927) 8, S. 578f., adaptiert zu: Bezirk der Werbezirk. In: A. K.: Der unsterbliche Österreicher, 71f. (1931), Friedrich Torberg: Die Erben der Tante Jolesch. Anhang. Nachrufe: Gisela Werbezirk oder Frau Breier aus Gaya in Hollywood, 239-241 (1981).

Literatur

Brigitte Dalinger: Popular Jewish Drama in Vienna in the 1920s. In: Edna Nahshon (Ed.): Jewish Theatre. A Global View, 175-198 (2009), Werner Hanak: Frau Breier aus Gaya meets The Jazz Singer. Zwischen Bühne und Leinwand, Wien und New York. In: Barbara Eichinger, Frank Stern (Hg.): Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938. Akkulturation – Antisemitimismus – Zionismus, 463-481 (2009), Birgit Peter: Komische Strategien – Weiblicher Witz. Die Schauspielerin G. W. – weiblicher/jüdischer/österreichischer Witz? In: Monika Bernhold et al. (Hg.): Screenwise. Film – Fernsehen – Feminismus, 125-130 (2004), Lisa Silverman: Becoming Austrians. Jews und Culture between the World Wars, 88-91 (2012), Kay Weniger: „Es wird im Leben dir mehr genommen als gegeben …“. Lexikon der aus Deutschland und Österreich emigrierten Filmschaffenden 1933 bis 1945. Eine Gesamtübersicht, 77-79 (2011).

(ME)

eigentlich Franz Viktor Werfel, geb. am 10.9.1890 in Prag – gest. 26.8.1945 in Beverly Hills, USA; Schriftsteller, Dramatiker, Essayist, Exilant, Übersetzer

Der Sohn eines Handschuhfabrikanten besuchte das Dt. Gymnasium in Prag, wo er 1909 die Matura ablegte, um danach an der Univ. Prag Jus u. Philosophie zu inskribieren. 1911-12 leistete er sein Einjährig-Freiwilligen Jahr in Prag ab u. wurde danach bis 1915 Lektor beim Kurt Wolff Verlag in Leipzig. Schon 1911 gelang ihm mit dem Ged. Bd. Der Weltfreund der Durchbruch als moderner, dem Expressionismus nahestehender Lyriker, wobei sich M. Brod für den jungen Lyriker, u.a. in der Zs. Der Sturm, einsetzte. Seine Leipziger Zeit war hochproduktiv; er verfasste bis 1914 Die Versuchung (1913), Einander (1914) u. Die Troerinnen (1914). In diese Zeit fällt auch die Begegnung mit R. M. Rilke, der von ihm tief beeindruckt war. 1914 rückte W. zu einem Artillerieregiment ein, nahm 1915-17 an den Kämpfen im Osten teil u. verfasste dabei erste Anti-Kriegsgedichte wie z.B. Der Krieg oder Revolutionsaufruf. 1916 kam es, ausgelöst vom Vorwort zu den Troerinnen, zu Polemiken mit M. Brod, K. Hiller u. K. Kraus. Mit letzterem brach W. 1916, nachdem ihn Kraus bereits 1914 in der ›Fackel‹ als „Kindheitsvirtuosen“ verunglimpft hatte; von Hiller u. dem Aktivismus sagte sich W. ebf. los, als er einen offenen Brief unter dem Titel Die christliche Sendung publizierte, in der einen diffusen Anarchismus, verknüpft mit einem neuen Christentum, proklamierte, auf den Brod 1917 in der Zs. ›Der Jude‹ (Hg. von M. Buber) kritisch antwortete. Im Aug. 1917 wurde W. nach einer Intervention von Harry Graf Kessler, der mit H.v. Hofmannsthal befreundet war, ins Kriegspressequartier (KPQ) nach Wien versetzt, wo er bis Mitte Jänner 1918 bleiben konnte. Im Okt. 1917 trat W. im Zuge der von F. Blei mitveranstalteten Matinee ›Die jungen Dichter‹ in der Neuen Wr. Bühne auf, wurde dabei einerseits wie ein „Star“ begrüßt u. enttäuschte andererseits ob der ausbleibenden Literaturrevolution (NWJ, 9.10.1917). Im Auftrag des KPQ reiste W. im Jänner 1918 nach Zürich u. trat dort, entgegen den Erwartungen, mit pazifist. Aktivitäten in Erscheinung, u.a. mit einer Rede an die Arbeiter von Davos sowie mit mehreren Lesungen. Nach seiner Rückkehr nach Wien im Apr. 1918 verlor er seine Funktion im KPQ. In der Zwischenzeit hatte er in Wien die verwitwete Alma Mahler, in zweiter Ehe mit W. Gropius verheiratet, kennen u. lieben gelernt. Sie gebar ihm im Aug. 1918 einen Sohn, der aber schon 1919 verstarb. Unter dem Einfluss von E. E. Kisch stieß W. im November 1918 zur ›Roten Garde‹, was einiges Aufsehen erregte und u.a. eine Klage gegen den Verf. eines Artikels im ›Neuen 8 Uhr Blatt‹ durch F. Blei nach sich zog. W. selbst distanzierte sich bald davon, unterhielt aber noch im Dez. 1918 Kontakte zur ›Föderation Revolutionärer Sozialisten‹ u. arbeitete diese Erf. in seinem Roman Barbara oder die Frömmigkeit (1929) auf.

Von Beginn an wirkte W. auch an den exponierten Wiener Zs. Der Daimon u. Der Friede mit; 1919 erschien der Bd. Der Gerichtstag, dem A. Petzold in der Wr. Ztg. eine hymnische Bespr. widmete. Im Mai 1920 wurden am Burgtheater die Troerinnen mit Erfolg aufgeführt u. im Okt.-Dez. 1920 nochmals gegeben, anschl. auch in Prag. 1919-1922 traf sich W. mehrmals mit den Prager Dichtern im Café Arco, unterstützte A. Zemlinsky in Form eines Beitr. in den ›Musikblättern d. Anbruch‹ u. besuchte 1922 auch Kafka, den er sehr bewunderte. 1920 erschien die Erz. Nicht der Mörder, der Ermordete ist schuldig, die H. Menkes im NJW mit „etwas wie Sklavenaufstand“ u. geprägt von Dostojewski würdigte, während P. Wertheimer dem „begabten Buch“ u. „heißem Rachegesang“ eher zwiespältig gegenübertrat (NFP, 27.8.1920). Mit dem Thema der Revolution u. ihrem animalisch-rebellisch-generationalen Potential befasste sich sein Drama Bocksgesang (1921, ab März 1922 im Raimundtheater von der Sozial. Bildungszentrale), das P. Friedländer in der Roten Fahne als „erstaunlichen Unfug“ u. Zumutung für ein Arbeiterpublikum verwarf, während L. Hirschfeld es als bloß lyrische Irritation empfand. Nur F. Th. Cskokor trat dem Chor der Zweifler mit einem leidenschaftlichen Plädoyer für diese Tragödie entgegen, indem er das Grauenhafte wie Triviale, das Rebellische, Mörderische wie die Sehnsucht nach Liebe u. Erlösung als Archetopos des Menschlichen schlechthin zu würdigen versuchte. Auch die Wiener Auff. des 1920 fertiggestellten Dramas Spiegelmensch im April 1922, in das sich Werfel als Dichter programmat. einbrachte, u.a. mit erkennbaren Ausfällen gegen K. Kraus, führte bereits im Vorfeld zu heftigen Debatten sowie zur Streichung der provokanteren Passagen. 1923 ersch. der Ged. Bd. Beschwörungen, in dem W.s. Auseinandersetzung mit Bachofens Mutterrecht durchschimmert. Im selben Jahr löste W. die freundschaftl. Bez. mit dem Verlag K. Wolff, weil aufgr. der galoppierenden Inflation seine Einkünfte buchstäblich zerronnen. Er nahm das Angebot von Paul Zsolnay an, in dessen neuen Verlag gegen Valuta-Honorar den in Arbeit befindl. Verdi-Roman zu veröffentlichen, der 1924 erschien. In diesem verknüpfte W. das Kontrastpaar Verdi-Wagner mit der Frage nach den Wurzeln bzw. der Wurzellosigkeit schöpferischen Schaffens. 1927 verf. W. die deutsche Fassung für die Verdi-Oper La forza del destino/Die Macht des Schicksals, die am 8.3. auch von Radio Wien übertragen wurde. Unmittelbar im Anschluss an den Verdi-Roman schrieb W. in wenigen Monaten die dramat. Historie Juarez und Maximilian nieder, das in der Inszen. durch M. Reinhardt in Wien wie in Berlin zu einem durchschlag. Erfolg wurde. In der Figur des phys. abwesenden, das Geschehen jedoch bestimmenden indian. Gegenspielers Juarez im Vergleich zum verblendeten, seine Aussichtslosigkeit nicht erkennenden Maximilians wollte es, so Werfel selbst, eine Allegorie auf die habsburg. Fehlleistungen u. einer darin gründenden histor. Gerechtigkeit sein. F. Salten charakterisierte es in der NFP eindringlich aufgr. dieser trag. Dialektik als österr. Stück. Im Feb. 1925 unternimmt W. eine Palästina-Reise, die ihn an bibl. Orte bringt u. mit den Ideen des Zionismus konfrontiert. Im Tagebuch heißt es dazu u.a. „die Verwirrung des Auges […] und der Seele sind groß.“ Dieses Erlebnis inspir. ihn zum histor. Drama Paulus unter den Juden (1926), das der Frage nachgeht, warum sich Christentum u. Judentum voneinander gelöst haben. 1927 folgten die Erz. Der Tod des Kleinbürgers u. der Bd. Geheimnis eines Menschen, die beide Themen der Entfremdung wie auch des Auseinanderbrechens der k.k. Monarchie behandelten. Unter dem Eindruck von Gesprächen mit H. Sudermann an der ligur. Riviera entst. ebf. noch 1927 die Erz. Der Abituriententag; im selben Jahr erhielt W. den Schillerpreis sowie den Tschechoslowak. Staatspreis. Daneben verf. er eine Reihe von Aufsätzen, u.a. für die Deutsche Rundschau, u. gab versch. Interviews über die Wahl seiner Stoffe oder die Zukunft des Theaters, so z.B. auch im NWJ. Im Zuge eines Paris-Aufenthaltes skizzierte W. den Plan zu seinem Roman Barbara oder die Frömmigkeit, der Ende 1929 nach mehreren Unterbrechungen, u.a. durch die Heirat mit Alma, erschien: Für K. Edschmid ein „Buch von tolstoischem Atem“ (Frankf. Ztg. 3.11. 1929), ein Buch, das aber auch von der sozialdem. Bildungsarbeit in einer Sondernr. (1931) nachdrückl. zur Lektüre empfohlen wurde. Nach Fertigstellung des Romans besuchte Werfel mit Alma wiederum Palästina, Kairo, Beirut u. Damaskus. Dort fing W. an, sich für das Schicksal der vertriebenen Armenier zu interessieren u. arbeitete bis Mitte 1933 am großen Roman über den Genozid von 1915 Die vierzig Tage des Musa Dagh, der noch 1933 bei Zsolnay erschien u. weltweites Aufsehen erregte. Vorher, 1930, stellte er das bereits 1926 skizzierte histor. Drama Das Reich Gottes in Böhmen.Tragödie eines Führers fertig, ein Drama über die Hussitenkriege u. zugl. gedacht als Mahnung für die Gegenwart. Im Zuge der Wiener UA kam es zu heftigen Debatten über die ihm vorgeworfene Standpunktlosigkeit im Konflikt zw. den Hussiten u. dem päpstl. Katholizismus. W. entgegnete darauf im NWTagblatt vom 14.12.1930 mit dem Essay Historisches Drama und Gegenwart. Im Mai 1931 setzte W. mit einem Vortrag im Kulturbund (Realismus und Innerlichkeit) nach, der zuerst in der Berliner Zs. Querschnitt in Fs. zum Abdruck kam, bevor er als Separatdruck Ende 1931 erschien. Anlässl. einer Auff. des Grünen Kakadu auf der Volksbühne hielt W. im Nov. 1931 die Gedenkrede auf den zuvor verstorbenen A. Schnitzler.

Bei Vortragsreisen in Deutschland wurde W. 1932 mehrmals von NS-Störtrupps angepöbelt u. am 5.3.1933 von der Preuß. Akademie der Dichtung ausgeschlossen. Den Musa Dagh-Roman begrüßte F. Rosenfeld aufgr. seiner „gleichnishaften, beispielhaften Kämpfen zwischen Mensch und Gewalt“ u. las ihn 1934 vor dem Hintergrund der NS-Judenverfolgung; allerdings positionierte sich W. im Bürgerkrieg vom Feb. 1934 auf der Seite des Austrofaschismus u. mutierte zu einem vehementen Unterstützer von Dollfuß. Ebf. 1934 kursierte jedoch auch die Idee zu einer Auftragsarbeit zu einem ›jüdischen‹ Faust (gem. mit M. Reinhardt). 1935-36, nach dem Tod von Almas Tochter Manon (Gropius), befasste sich W. einerseits mit Essays u. mit diversen kleineren Arbeiten, andererseits mit dem (bibl.) Dramenprojekt Der Weg der Verheißung, stellte dann aber1936 in kurzer Zeit den Roman Höret die Stimme. Jeremias fertig sowie kurz darauf das Schauspiel In einer Nacht (UA 1937). Auf der PEN-Tagung in Paris kam es 1937 zu polem. Konfrontationen, insbes. mit L. Feuchtwanger, der W.s. konservative Haltung öffentlich an den Pranger stellte. Den Anschluss Österreichs erlebte W. krankheitsbedingt auf der Rückreise von einem Urlaub in Mailand u. fuhr von dort mit Alma zunächst nach Zürich u. anschließend nach Paris weiter, wo er eine Reihe von Essays verf., den Roman Der veruntreute Himmel (1939) begann u. Skizzen zu Cella oder die Überwinder anfertigte. Nach einem überstandenen Herzinfarkt verbrachte er den Sommer 1938 in Sanary-sul-mer, wo er auf zahlr. andere Emigranten traf. 1939 arbeitete W. intensiv an essayist. Texten u. ab 1940 trotz der ihn beunruhigenden polit.-militär. Entwicklung an der Erz. Eine blaßblaue Frauenschrift (1941). Mit der Okkupation Frankreichs verschlimmerte sich die Lage zunehmend, doch Werfel gelang es stets, sich aus gefährlichen Situationen zu retten u. diesen mitunter literar. Ertrag abzuringen, so z.B. ersichtlich an der Kommödie Jacobowski und der Oberst, die freilich erst 1944 erschien, aber auch ein großer Theatererfolg in den USA wurde, die Werfel im Okt. 1940, gemeins. mit H. u. Th. Mann, A. Polgar u.a. von Lissabon aus erreichen konnte.


Weitere Werke

Die Mittagsgöttin (1919/1923), O. Březina. Winde von Mittag nach Mitternacht. In dt. Nachdichtungen (gem. mit E. Saudek, 1920), Der Schweiger (1922), Simone Boccanegra (Umdichtung, 1930), Die Geschwister von Neapel (1931), Das Geheimnis des Saverio (1933), Das Lied von Bernadette (1941), Stern der Ungeborenen (1946).

Quellen und Dokumente

Schalom Asch. Zum fünfzigsten Geburtstag. In: Neue Freie Presse, 2.12.1930, S. 12,

Anton Kuh: Matinee an deer “Neuen Wiener Bühne”. In: Neues Wiener Journal, 8.10.1917, S. 4, Georg Bittner: Die Wiener “Rote Garde”. Eine Gründung der Prager Kafffeehausliteraten. In: Neues 8-Uhr-Blatt, 16.11.1918, S. 1f., Alfons Petzold: Ein deutsches Gedichtwerk [Rez. zu Der Gerichtstag]. In: Wiener Zeitung, 14.4.1920, S. 4f.Hermann Menkes: Väter und Söhne. Bemerkungen zu einem Roman von Franz Werfel. In: Neues Wiener Journal, 25.7.1920, S. 6David Josef Bach: Das Ich und Nochmals-Ich. (“Spiegelmensch” von Franz Werfel – Zur Aufführung des Burgtheaters.) In: Arbeiter-Zeitung, 30.4.1922, S. 8f.Ludwig Hirschfeld: Expressionistischer Nachwuchs. In: Moderne Welt 3 (1922), H. 12, S. 27Franz Theodor Csokor: Franz Werfels “Bocksgesang”. Zur heutigen Uraufführung im Raimund-Theater. In: Arbeiter-Zeitung, 10.3.1922, S. 5Paul Friedländer: Arbeitervorstellungen im Raimund-Theater [Rez. zu Bocksgesang]. In: Die Rote Fahne, 18.5.1922, S. 5Felix Salten: “Juarez und Maximilian.” Dramatische Historische von Franz Werfel. – Theater in der Josefstadt. In: Neue Freie Presse, 28.5.1925, S. 1-3Leopold Jacobson: Burgtheater. Franz Werfels “Paulus unter den Juden”. In: Neues Wiener Journal, 5.5.1927, S. 3f., Max Frankenstein: Gespräch mit Franz Werfel. In: Neues Wiener Journal, 15.5.1927, S. 6, Max Lederer: Franz Werfel. Zur Eigenvorlesung am Dienstag, den 7. Jänner. In: Radio Wien (1930), H. 14, S. 7, Hanns Sassmann: Burgtheater. Uraufführung: Franz Werfel: “Das Reich Gottes in Böhmen.” Tragödie eines Führers. In: Neues Wiener Journal, 7.12.1930, S. 3f.Fritz Rosenfeld: Franz Werfel: Die vierzig Tage des Musa Dagh. In: Salzburger Wacht, 9.2.1934, S. 7, N.N.: Werfel schreibt, Reinhardt inszeniert jüdischen “Faust”. In: Neues Wiener Journal, 5.5.1934, S. 11.

Nachlass: University of California, Los Angeles (vgl. dazu L. B. Foltin, 1972, 1-2). Teilnachlässe: Literaturhaus Wien bzw. Österreichische Nationalbibliothek.

Literatur

Lore B. Foltin: Franz Werfel. Stuttgart 1972 (mit ausführl. Bibliogr. bis 1970); Lionel B. Steiman: Franz Werfel. The Faith of an Exile. From Prague to Beverly Hills (1985); Norbert Abels: Franz Werfel. Mit Bildzeugnissen u. Dokumenten. Reinbek 1990 Klaus Weissenberger: F. Werfels Prosa. Ihre Entwicklung vom sozialkritischen Pathos zum gemeinschaftlichen Ethos. In: Helga Schreckenberger (Hg.): Die Alchemie des Exils. Wien 2005, 191-215; A. A. Wallas: Erlösungssehnsucht, Utopiekritik und Vorausdeutung des Totalitarismus. Franz Werfels Dramenfragment ›Stockleinen‹ (1917). In: Ders.: Deutschssprachige jüdische Literatur im 20. Jahrhundert Bd. 2, Wuppertal 2008,163-195; Olga Koller: Judentum und Christentum in Leben und Werk Franz Werfels. Diss. phil. Wien 2009 [online verfügbar]; Hans Wagener, Wilhelm Hemecker (Hgg.): Judentum in Leben und Werk von Franz Werfel. Berlin-Boston 2011; Christian Wagenknecht: Karl Kraus – Franz Werfel. Eine Dokumentation. Göttingen 2011; Wolfgang Treitler: Über die Verzweiflung hinaus. Das Jahrhundert zwischen St. Zweig und A. Appelfeld. Göttingen 2015, (zu Werfel 87-126); Norbert Ch. Wolf: Revolution in Wien. Die literarische Intelligenz im politischen Umbruch 1918/19. Wien u.a. 2018; Arnulf Knafl (Hg.): Die Avantgarde und das Heilige. Neue Beiträge zur literaturwissenschaftlichen Forschung über Franz Werfel. Wien 2021.

(PHK)

geb. am 14.5.1888 in Wien – gest. am 26. September 1942 in Auschwitz; Journalist, Verleger

W., Sohn eines Journalisten (u.a. für Der Bote) aus Cluj/Klausenburg, studierte nach dem Besuch des Erzherzog-Rainer-Gymnasiums an der Universität Wien Philosophie, Pädagogik, Anglistik und Literatur und legte 1912 eine umstrittene Dissertation über schulische Koedukation vor. Danach betrieb W. bis 1918 eine private Mittelschule. 1916 zog er mit seiner Frau Hilde, die selbst als Journalistin und Schriftstellerin in Erscheinung trat, in die Albertgasse 26 in Wien-Josefstadt. Die Wohnung diente auch den später gegründeten Verlagen als Adresse. W. gehörte bis zum Austritt 1923 dem Judentum an.

1918 trat als Einjährig-Freiwilliger bei den Jännerstreiks als Redner auf, weshalb er für sechseinhalb Monate inhaftiert worden war, ehe im Juli der Freispruch vom Vorwurf des Hochverrats erfolgte. Ebenso wie der Linksradikale Franz Koritschoner lehnten W., Leo Rothziegel, zu diesem Zeitpunkt Protagonisten der Roten Garde, Julius Dickmann und andere die Gründung der KPDÖ im November 1918 als verfrüht ab und schlossen sich zur Föderation revolutionärer Sozialisten ‚Internationale‘ (FRSI) zusammen. Deren Presseorgan Der freie Arbeiter wurde von Hilde Wertheim, die Beilage Die Rote Gardevon Egon Erwin Kisch redigiert, in der Albertgasse 26 verlegt und erschien zwischen 9. November 1918 und 13. Juni 1919 in dreißig Ausgaben. Ende Mai 1919 fusionierten die KPDÖ und die FRSI, am dritten Parteitag im Dezember 1919 zählte W. bereits zum Präsidium und wurde als Verantwortlicher für Presse und Propaganda in den Vorstand gewählt, aus dem er 1922 ausschied.

Ab 1920 trat W. als Publizist in Die Rote FahneKommunismus und vor allem in der Internationalen Presse-Korrespondenz (Inprekorr), deren Redaktion er 1924/25 von Wien aus leitete, auf, 1932/33 wirkte er als verantwortlicher Redakteur von Der Sowjetfreund, der Zeitschrift des Bundes der Freunde der Sowjetunion. Parallel zu den verstärkten Bemühungen der KP um die Verbreitung deutschsprachiger kommunistischer Literatur und besonders wichtig angesichts des vorübergehenden KPD-Verbots 1923/24 gründete und führte W. wohl in Abstimmung mit dem Moskauer Lenin-Institut  den Verlag für Literatur und Politik (dort u.a. die Zeitschrift Arbeiter-Literatur 1924, die Reihe Marxististische Bibliothek und verschiedene deutschsprachige Lenin-Ausgaben) mit Zweigstelle in Berlin, den Agis-Verlag, den Münster-Verlag und den Verlag Egon Grünberg. Darüber hinaus fungierte er als Geschäftsführer des 1921 angemeldeten Verlags der Arbeiter-Buchhandlung. Im kommunistischen Kultur- und Gesellschaftsleben Wiens war W., nach dem Justizpalastbrand Teil der radikalen Linken innerhalb der KPÖ, etwa als Redner bei einer Feier zu Ehren Maxim Gorkis am 1. Mai 1928 oder gemeinsam mit dem jüdischen Arzt Isidor Fassler als Leiter einer Russlandreise des Bundes der Freunde der Sowjetunion, zu dessen Begründern W. mit Egon Schönhof zählte,1931 aktiv.

Wie seine Frau Hilde Gründungsmitglied des Bundes der proletarisch-revolutionären Schriftsteller Österreichs, übernahm W. Mitte 1933 nach der Emigration Ernst Fabris und Maurice Oskar Achts im von Johannes R. Becher überbrachten Auftrag der Internationalen Vereinigung Revolutionärer Schriftsteller bis zur Auflösung 1934 dessen Leitung. W. reiste mit seiner Familie Ende Februar 1934 über Zürich nach Paris aus und fungierte dort als Beauftragter der Komintern für Verlagswesen in nichtfaschistischen Ländern. Im Mai 1941 im Auftrag der Pétain-Regierung festgenommen und interniert, wurde W. am 23. September 1942 nach Auschwitz deportiert und in der Folge ermordet.


Werke

Die Föderation revolutionärer Sozialisten „Internationale“. Eine Episode aus der österreichischen Arbeiterbewegung 1918/19. In: Archiv für die Geschichte des Sozialismus und der Arbeiterbewegung 12 (1926), S. 297–309; Durch Demokratie zum Faschismus 1918-1928. Wien: Verlag der Arbeiterbuchhandlung 1928; Sozialdemokratische Arbeiter über die Sowjetunion. Die 3. oesterreichische Arbeiterdelegation im Lande des sozialistischen Aufbaus. Wien: Bund der Freunde der Sowjetunion 1931.

Quellen und Dokumente

Beiträge J. W.s: [Gedenkrede zum Jännerstreik 1918]. In: Die Wage, 16.1.1920; mit P. Friedländer, F. Koritschoner und K. Tomann: Für den Kampf gegen die Klassenjustiz. In: Die Rote Fahne, 17.12.1921, S. 1, Unsere “Rote Fahne”. Anläßlich des Beginnes des 10. Jahrganges. In: Die Rote Fahne, 1.1.1927, S. 3, Das Jubiläum einer alten Hure und ihre Gratulanten. In: Die Rote Fahne, 31.5.1928, S. 5, Der 15. Juni 1919. Ein Tatsachenbericht. In: Die Rote Fahne, 17.6.1928, S. 7, Im Zeichen der Sowjets werden wir siegen. In: Die Rote Fahne, 30.4.1929, S. 8.

N.N.: Ein Freispruch. In: Neues Wiener Journal, 31.7.1918, S. 2, Erwin Waiß: Dr. Wertheim – das unbeschriebene Blatt. In: Reichspost, 16.6.1919, S. 3, Franz Koritschoner: Der Fall Wertheim. In: Die Rote Fahne, 10.10.1920, S. 7, Johannes R. Becher: Bericht über die Tätigkeit während meiner Reise vom 5. Juli bis 27. September 1933. In: Zur Tradition der deutschen sozialistischen Literatur. Eine Auswahl von Dokumenten. Bd. 1: 1926-1935. Berlin, Weimar: Aufbau 1979, S. 624-645.

Literatur

Ernst Fischer: Verleger, Buchhändler & Antiquare aus Deutschland und Österreich in der Emigration nach 1933. Ein biographisches Handbuch. Elbingen: Verband Deutscher Antiquare 2011, S. 343f, E. F., Stephan Füssel (Hg.): Geschichte des deutschen Buchhandels im 19. und 20. Jahrhundert. Die Weimarer Republik 1918-1933, Teil 2. Berlin, Boston: de Gruyter 2012, S. 117-119, Hannes Leidinger, Verena Moritz: Gefangenschaft, Revolution, Heimkehr. Die Bedeutung der Kriegsgefangenenproblematik für die Geschichte des Kommunismus in Mittel- und Osteuropa 1917 – 1920. Wien (u.a.): Böhlau 2003, S. 568, Gerald Musger: Der “Bund der proletarisch-revolutionären Schriftsteller Österreichs (1930 – 1934). Eine Dokumentation. Graz, Univ. Diss., 1977, Herbert Steiner: Die Kommunistische Partei Österreichs von 1918-1933. Bibliographische Bemerkungen. Meisenheim am Glan: Hain 1968, Georges Wertheim: Die Odyssee eines Verlegers. In memoriam Dr. Johannes Wertheim (1888-1942). In: Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands (Hg.): Jahrbuch 1996. Wien: DÖW 1996, S. 204-229.

(ME)

Pseud.: P.W., geb. 4.2. 1874 in Wien, gest. 19.3.1937 in Wien. Schriftsteller, Feuilletonist, Literaturkritiker, Rechtsanwalt.

Der aus einer jüd. Kaufmannsfamilie gebürtige P.W. besuchte mit H. v. Hofmannsthal gemeins. das Wiener Akademische Gymnasium und studierte nach abgelegter Matura Rechtswissenschaft an den Universitäten Wien und Zürich, das er 1898 mit der Promotion abschloss. Schriftstellerisch gesehen begann er als Lyriker 1894 mit ersten Gedichten in der Zs. An der Schönen Blauen Donau sowie mit gemeins. Lesungen mit J.J. David, H.v. Hofmannsthal, Rudolf Lothar u. Bertha v. Suttner im März 1895 (NFP, 15.3.1895,7). 1896 erschien im Verlag Meyer in Leipzig sein erster Band Gedichte, der freundlich aufgenommen wurde. Im selben Jahr setzt auch seine feuilletonist. Arbeit für die NFP und das NWJ ein; auch in der Zs. Die Zeit (hg. von H. Bahr) erschien ein Essay über F. v. Saar als Lyriker (Nr.43/1896), in Ver sacrum 1899 einer über C.F. Meyer. Das Prager Tbl. brachte seit 1899 wiederholt Gedichte und führt ihn auch unter den Mitwirkenden einer Goethe-Festschrift der deutschen Prager Studenten an. Am 16.3.1900 kommt das Gedicht Empfängnis in der Vertonung durch A. v. Zemlinsky im Großen Musikvereinssaal zur Aufführung. 1901 stellte er sein erstes Theaterstück, den Einakter Edith fertig, in den Folgejahren widmete er sich v.a. der Lyrik und dem Aphorismus, u.a. in den Zss. Die Wage und ab 1906 in der Zs. Die Muskete. 1907 folgte sein in Indien angesiedeltes Drama Die Frau des Raja; 1908 die Komödie Wenn zwei dasselbe tun, die auch im Theater in der Josefstadt aufgeführt wurde.

Ab 1910 war W. auch in der Ztg. Der Morgen mit feuilletonist. Texten vertreten, und auf der Residenzbühne kam sein Prolog als Vorspiel zu Dymows Schauspiel Treue im Okt.-Nov. zur Aufführung. 1911 erschien seine literaturkrit. Aufsatzsammlung Kritische Miniaturen; 1913 war auf der Residenzbühne sein Einakter Schwert und Spindel zu sehen. Für O. Straus‘ Singspiel Die himmelblaue Zeit (1914) verfasste er das Libretto. Während des Ersten Weltkrieges hielt sich Wertheimer vorwiegend in Wien auf, nahm an Benefizveranstaltungen oder Lesungen teil, war aber auch gelegentlich als Korrespondent für die Frankfurter Ztg. tätig, für die er, in österr. Ztg. nachgedruckt, u.a. den militär. Durchbruch bei Stryi im Juni 1915 schilderte. 1919 wurde Wertheimer, gemeinsam mit Julius Bittner, Rudolf Holzer u. R. v. Schaukal der Bauernfeldpreis für das jeweilige Gesamtwerk zuerkannt; ab demselben Jahr erschienen auch regelm. Beiträge von ihm in der Zs. Moderne Welt. Im März 1920 kam seine nicht unumstrittene aber das Publikum anziehende Goethe-Komödie Die Frau Rat zur Aufführung, die im Okt. auch in Linz gegeben wurde sowie im Mai 1921 am Salzbg. Stadttheater und im Feber. 1925 am Grazer Schauspielhaus sowie im Lauf der 1920er mehrmals an weiteren Wiener Bühnen. 1921-22 widmete sich W. auch wieder verstärkt der Literaturkritik in der NFP, u.a. Texten von Felix Braun, Selma Lagerlöf oder dem Roman Gespenster im Sumpf von K.H. Strobl. Auch 1923 kann mit den beiden Lustspielen Das blaue Wunder (UA im März 1923, auch als Radiospiel in der Regie H. Nüchtern 24.8.1928) sowie Menschen von heute (ED in 20 Fortsetzungen in der NFP Sept.-Okt., UA im Feb. 1924 im Dt. Volkstheater) als ertragreiches Jahr angesehen werden. Als Kritiker hob er v.a. E. Lothar u. dessen Roman Bekenntnis eines Herzsklaven (NFP, 11.11.1923,32f.) hervor sowie 1925 Max Brod, dessen Schauspiel Prozeß Bunterbart (Renaissancetheater) W. als gelungene Verbindung aus Kriminalstück und psychologischer Studie würdigte (NFP, 21.1.1925, 9-10). Tief beeindruckt zeigte sich W. auch von der Auff. von Paul Raynals Das Grabmal des Unbekannten Soldaten in der Renaissancebühne im Aug. 1926.

Ab 1925 betätigte sich W. gelegentlich auch als Filmkritiker für die NFP (z.B. Don Carlos-Verfilmungen betr., zum Schinderhannes-Film, 15.6.1928,13 oder zum Danton-Film, 17.2.1931, 31 sowie zum Tannenberg-Film, 3.9.1932, 8). Unter den zahlr. Bespr. 1926-27 in der NFP sind weiters von Beachtung jene zu Schnitzlers Gang zum Weiher (21.3.1926), die J.J. David-Würdigung (21.11.1926, 34-35), R. Dehmels Bekenntnisse (24.10.1926, 31-32) oder das Rilke-Porträt (4.1.1927,9-10) sowie die Bespr. der Galsworthy-Auff. Flucht/Escape im Dt. Volkstheater (15.2.1927, 10-11) und wohl auch die UA von Hofmannsthals Der weiße Fächer im Akademietheater (8.5.1927, 14). Seit Februar 1926 trat W. darüber hinaus regelmäßig als Verf. von Kurzbeitr. für Radio Wien in Erscheinung, meist im Zsgh. mit Lyrik-Themen oder Lyrik-Lesungen. Dagegen fand die Sammlung erotischer Ged. unter dem Titel Triumphzug des Eros (1926) kein nennenswertes Echo in der zeitgenöss. Kritik. Als eines der „stärksten jüngeren […] Talente Rußlands“ begrüßte W. 1928 die von O. Halpern übertragene dt. Ausgabe des Romans Zement von F. Gladkow, die anzeigt, dass Wertheimer auch Texten, die sich der Russ. Revolution u. deren Folgen stellten, gerecht zu werden verstand. Auch die medial innovativen Elemente (z.B. Filmmontagen) des US-Schauspiels Ist Robert Parker schuldig? von E. Rice (dt. von A. Friedmann) stießen im Zuge der Auff. im Carltheater auf W.s. Interesse (NFP, 2.12.1928,20); ebenso die Komödie Grand Hotel Nevada von F. Langer (NFP, 10.4.1929, 8-9). 1930 kam sein Schauspiel Stadtpark zur Aufführung, das vom Kritiker der NFP freundlich aufgenommen, von O.M. Fontana im Tag hingegen als „Irreführung der Schauspieler und des Publikums“ vernichtet wurde. Neben Aufführungsbesprechungen, z.B. zu Hofmannsthals Frau ohne Schatten oder Lernet-Holenias „amoralische“ Komödie Lauter Achter und Neuner (24.12.1931,8) und Felix Brauns Tantalos-Drama (1.5.1932,15) widmete sich W. 1931-32 auch englischen u. französischen Werken wie z.B. A. Maurois‘ Roman Berhard Quesnay (1.2.1931,30)  sowie Goethe- und Nietzsche-Ausgaben und Würdigungen (z.B. G. Hauptmanns, 1.7.1932,10 bzw. 12.10.1932,8) in seinen Kritiken für die NFP bzw. in seinen Beiträgen für Radio Wien (z.B. über M. Brod im Jänner 1932 oder F. Salten im März 1932). Ab 1933 verfasst W. deutlich weniger Kritiken für die NFP, z.B. 1934 eine zu K. Hamsuns Segen der Erde (9.8.1934), zu R. Michels Roman Burg der Frauen (9.9.1934) sowie eine M. Brod-Würdigung (7.6.1934) oder zu G. Hermanns im Exil ersch. späten Roman Rosenmil (29.9.1935, 29). In der Bühne (H.411, 2-5) erscheint 1935 schließlich noch eine ausgreifende Tolstoi-Würdigung.


Weitere Werke (Auswahl)

Neue Gedichte (1904); Im Lande der Torheit (Ged. 1910); Die Musterkinder (Schwank, 1911); Der Brand der Leidenschaften (Novellen, 1914), Der Sensationsprozeß (Komödie 1916, UA 1918); Das war mein Wien (1920); Alt-Wiener Theater (Hg., 1921); Plakate (1929); Respektlose Geschichten (Novellen 1930), Erinnerungen an Hofmannsthal (1930), Welt- und Weiberspiegel (1931)

Quellen und Dokumente

Die Kunst zu leben. In: Der Morgen, 20.2.1911, S. 1-3, Der Durchbruch bei Stryi. In: Grazer Volksblatt, 25.6.1915, S. 1, Die Frau Rat. In: Der neue Tag, 1.4.1920, S. 5, K.H.Strobl: Gespenster im Sumpf. In: NFP, 17.4.1921, S. 32-33, E. Lothar: Menschen von heute. In: NFP, 12.2.1924, S.1-3, Don Carlos im Film. In: NFP, 6.1.1925, S.14, A. Schnitzlers neues Drama: Der Gang zum Weiher. In: NFP, 21.3.1926, S. 27-28, Der Triumphzug des Eros. (Ankündigung) In: Moderne Welt. H.22, 1926, S. 29, Zement. Roman von F. Gladkow. In: NFP, 10.6.1928, S. 28, [Holze]r: Zur Uraufführung von P. Wertheimers „Der Stadtpark“. In: NFP, 25.2.1930, S. 14, o.m.f(ontana): Stadtpark. In: Der Tag, 25.2.1930, S. 7, Erinnerungen an Hofmannsthal. (Rez. R. Holzer) In: NFP, 24.12.1930, S. 7-8.

Literatur

J. Sonnleitner: Wertheimer, Paul. In: Killy Literaturlexikon. 2. Aufl. Bd. 12. Berlin-Boston 2011, 355.

(PHK)

Geb. 30.6.1863 in Rodaun (heute: Wien), gest. 10. 8. 1931 in Trins (Tirol). Botaniker, Univ. Professor, Rektor, deutschnationaler Aktivist, Volksbildner, Mitglied der Bürgerlich-demokratischen Partei (Kandidat bei NR-Wahlen 1927, ab 1928 der Deutschnationalen Partei), Vizepräsident der Österr. Akademie der Wissenschaften.

Materialien und Quellen:

Eintrag in GeschichteUniWien; Eintrag in ÖBL;

N.N.: Anschlußarbeit auf dem Gebiete der Schulwesens und Jugendfürsorge (Vorstandsmitgliedschaft). In: Ostdeutsche Rundschau, 15.12.1920, S. 3; Gründung einer österreichisch-deutschen Arbeitsgemeinschaft. In: Der Tag, 30. 4. 1925, S. 2 (auch in: AZ, 30. 4. 1925, S.4; NFP, 30. 4. 1925, S. 6; Neues Wiener Tagblatt, 30. 4. 1925, S. 5 u.a.m.) Gründungsmitglied der Deutsche Akademie München. In: NFP, 6.5. 1925, S. 8; Gründung des Österreichisch-deutschen Volksbundes Wien. In: Der Tag, 5.6.1925, S. 2; Das künftige Staatsoberhaupt. In: Badener Zeitung 3.3.1928, S. 1; Schiedsgericht Schulverein Südmark. In: Grazer Tagblatt, 9.7.1928, S. 4; Gründungs- und Vorstandsmitglied des Österreichischen Klub. In: Wiener Allgem. Zeitung, 8.1.1929, S. 7.

(PHK, in preparation)

Geb. 19.2. 1890 in St. Nikolaus/Innsbruck, gest. 27. 10. 1967 in Lienz/Osttirol. Schriftstellerin, Literaturfunktionärin, Publizistin.

Materialien und Quellen:

(PHK, in preparation)

geb. 21.3.1886 in Deutsch-Brod/Havlíčkúv Brod (Böhmen) – gest. am 11.5.1975 in Hall i. Tirol; Dr. phil. Mittelschullehrerin, Autorin, Journalistin, Redakteurin

„Wenn man Josefine Widmar an ihrer Arbeitsstätte aufsucht – einer sehr großen und sehr mühereichen Arbeitsstätte, in der Redaktion einer der ersten Zeitungen Wiens – dann hat man augenblicklich den unverkennbaren Eindruck einer Persönlichkeit“, ist 1936 in einer der raren biografischen Notizen zu J.W. in der ZS Radio-Wien gelegentlich einer ihrer zahlreichen Radio-Auftritte zu lesen: „Zuerst das Studium, Erlangung des Doktorgrades, dann Tätigkeit als Mittelschullehrerin“ werden als die ersten Lebensstationen „dieser Sudetendeutschen“ in Wien genannt, denen die Mitarbeit als Redakteurin bei der Tageszeitung Reichspost nachfolgt (Radio-Wien 20.3.1936, S. 8f.). Beiträge v. W. erschienen erstmals 1919 in dieser maßgebenden kath. Tageszeitung, für deren Feuilleton-Teil sie gemeinsam mit Hans Brecka verantwortlich zeichnete: In einem weiteren Radio-Wien-Beitrag wird 1933 auf ihre bereits dreizehn Jahre andauernde Tätigkeit als Reichspost-„Feuilleton-Redaktrice“ hingewiesen. W., die auch in der Zeitschrift Schönere Zukunft (vgl. Kogler) bzw. Der Kunstgarten, dem Organ der kath. Kunststelle, Beiträge zur Veröffentlichung brachte, war im konservativ-katholischen (Presse-)Spektrum behaust. In ihren journalistischen Arbeiten widmete sie sich schwerpunktmäßig dem Themenfeld („Neue“) Frau, v.a. den (politischen) Aufgaben der Frauen und deren (spezifischen) Rechten u. Pflichten, Frauenberufstätigkeit, Mädchenerziehung u.ä.; so polemisierte sie etwa u.d.T. Falsche Wege der Mädchenerziehung (Reichspost 17.5.1919) gegen den sogenannten Glöckel-Erlaß, gegen Koedukation an Gymnasien – und damit gegen die Agenden des Roten Wien. Laut Castle, der W. in seiner kompendiösen Deutsch-Österreichischen Literaturgeschichte von 1937 jener durch „das christliche Lebensgefühl“ geeinten „Gruppe von Schriftstellern“ zuschlug, die „in einem betont katholischen, übervölkisch gerichteten, selbständigen Staat Österreich die Erfüllung ihres Lebensideals [erkennt]“, widmete sich W. auch als Romanautorin vorzüglich der „Frauenfrage“, namentlich der „Problematik der Kameradschaftsehe (‚Die Kameradin‘ 1930 und ‚Eheprobe‘ 1932)“ (S. 1496 bzw. 2261f.). Seitens der Reichspost wurde man nicht müde auf W.s Verdienste bzw. Erfolge als Schriftstellerin hinzuweisen: R. Henz äußerte sich nachgerade hymnisch zum „Frauenroman“ Die Kameradin und R. List würdigte Eheprobe als Weiterführung der von W. „gewissermaßen“ begründeten „neuen Form des katholischen Zeitromans“ („Synthese journalistischen Scharfblicks und erzählerischer Tiefe“). Einer 1932 veröffentlichten „Umfrage bei Wiener Buchhandlungen“ zufolge rangierte W. unter den maßgebenden, gerne gelesenen katholischen und österreichische AutorInnen (als Alternative zu „gesinnungsfremde[n] Autoren“; Reichspost 18.12.1932), insbesondere mit dem als eine Art kath. (Frauenlit.-)Kassenschlager gehandelten Roman Die Kameradin, der, da „acht Wochen nach seinem [ersten] Erscheinen vergriffen[en]“, bereits im Oktober 1930 in zweiter Aufl. bei Tyrolia (Innsbruck) veröffentlicht wurde (Reichspost 17.10.1930) und für den Anfang 1931 die Übersetzungsrechte vom holländischen Verlag Het Nederlandsche Boekhuis erworben wurden: „ein schöner Erfolg eines katholischen Zeitromanes“ (Reichspost 1.2.1931). V.a. als Beitrag zur „Frauenfrage“ wurde zeitgenössisch auch Drei gehen aus dem Parlament (1931) gehandelt: als „Mahnung […], daß es zwar das gute Recht der Frauen ist, sich wie Männer politisch zu betätigen, daß aber das wahre Glück der Frau, ihr eigentlicher Lebensberuf die Familie, die Häuslichkeit bildet“. Schließlich handle es sich bei der „Hauptperson“ um „die geschiedene Gattin eines Salzburger Hofrates, die nun als Frauenrechtlerin und Abgeordnete in Wien wirkt“, um sich nach mannigfachen „Enttäuschungen“ wieder mit ihrem Gatten zu versöhnen (Volksfreund 8.8.1931). Der „Zeitroman“ wurde aber auch als Fortführung der „von Edith Salburg […] gepflegte[n] Gattung des österreichischen politischen Romans“ rezipiert (Castle, S. 1496 bzw. 2262), etwa von R. Hohlbaum, demzufolge W. v.a. „ein[en] tiefe[n] Pessimismus, die Erkenntnis, daß unser ganzes politisches Leben einer Reform bedarf, daß oft die Besten, wenn schon nicht ‚aus dem Parlament gehen‘, so doch nur mit verbissenem Pflichtbewußtsein, ohne Hoffnung und Freude auf ihrem Platz bleiben, keiner Zukunft gewiß“, gestaltet habe. Als „one of the literary precursors of fascism“ rief Jo Catling 2000 W.s ‚Zeitroman‘ jedenfalls in Erinnerung (vgl. S. 140) – ein Befund, der sich unschwer auf die Autorinnen-persona ausdehnen lässt: 1933 war W. in dem DICHTERBUCH. Deutscher Glaube, deutsches Sehnen und deutsches Fühlen in Österreich, einer im Nahverhältnis zum Nationalsozialismus bzw. zur (illegalen) NS-Bewegung in Österreich stehenden Adolf Luser Verlag verantworteten Anthologie, neben R.H. Bartsch, F.K. Ginzkey, R. Greinz, P. Grogger, E.v. Handel-Mazzetti, R. Hohlbaum, R.v. Kralik, M. Mell, A. Müller-Guttenbrunn, H.H. Ortner, J.F. Perkonig, A. Petzold, K. Schönherr, E. Spann-Rheinsch, H. Stiftegger (d.i. Hans Brecka), D. Stockert-Meynert, K.H. Strobl, A.v. Trentini, K.H. Waggerl, J. Weinheber, A. Wildgans, G. Zernatto u.a. vertreten: ein „‚arisches‘ Großwerk […] mit Beiträgen (Prosa und Lyrik) von 65 Autoren, alle der ‚deutschen Rasse‘ zugehörig“ (Hall). Fabris/Hausjell führen W. als eine jener kath. AutorInnen, die 1938 „mit fliegenden Fahnen ins Lager der Nationalsozialisten über[gelaufen sind]“ (Fabris/Hausjell). Die „fromme Frau Widmar“, deren „Enunziationen“ seitens der soz.dem. Presse als pars pro toto für „den sonstigen Konjunkturkram der Reaktion“ (O[tto] K[önig]: Gesprochener Funk. Arbeiter-Zeitung 4.12.1933, S. 5) gehandelt wurden, hatte im ersten Hj. 1933 einen – so der Titel eines ihrer Reichspost-Beiträge – „Kehraus auf dem deutschen Parnaß“ (Reichspost 12.4.1933) und damit auch die Bücherverbrennungen (vgl. Reichspost 17.5.1933) begrüßt.


Quellen und Dokumente

Rudolf Henz: „Die Kameradin“. Vorwort zu einem Frauenroman. In: Reichspost (23.5.1930), S. 2f.; N.N.: Neuerscheinungen auf die Gebiete der katholischen Literatur. In: Reichspost (17.10.1930), S. 7; N.N.: Holländische Uebersetzung eines Wiener Romans. In: Reichspost (1.2.1931), S. 7; Robert Hohlbaum: „Drei gehen aus dem Parlament.“ In: Neues Wiener Tagblatt (4.7.1931), S. 25; N.N.: Die Frau im öffentlichen Leben. In: Volksfreund (8.8.1931), S. 5; Rudolf List: „Eheprobe.“ Zu einem neuen Roman von Josefine Widmar. In: Reichspost (13.5.1932), S. 6; N.N.: Man schenkt wieder Bücher. Aus einer Umfrage bei Wiener Buchhandlungen. In: Reichspost (18.12.1932), S. 12; J. W[idmar]: Preisträger des Ungeistes. Thomas Mann und sein „Bekenntnis“. In: Reichspost, 22.2. 1933, S. 4; Josefine Widmar. Eigenvorlesung am Sonntag, 26. November, 18.35 Uhr. In: Radio-Wien (24.11.1933), S. 6f.: O[tto] K[oenig]: Gesprochener Funk. In: Arbeiter-Zeitung (4.12.1933), S. 5.

Literatur

Eduard Castle (Hg.): Deutsch-Österreichische Literaturgeschichte. Ein Handbuch zur Geschichte der deutschen Dichtung in Österreich-Ungarn. Unter Mitwirkung hervorragender Facahgenossen nach dem Tode v. Johann Willibald Nagl u. Jakob Zeidler hg. v. E. Castle. Vierter Bd. Von 1890 bis 1918. Wien: Carl Fromme 1937. – Jo Catling: A History of Women’s Writing in Germany, Austria and Switzerland. Cambridge University Press 2000. – Hans Heinz Fabris/Fritz Hausjell: Die Vierte Macht. Zu Geschichte und Kultur des Journalismus in Österreich seit 1945. Verlag für Gesellschaftskritik 1991. – Murray G. Hall: Adolf Luser Verlag (Eckardt-Verlag Adolf Luser, Wiener Verlagsges.m.b.H.) (Wien-Leipzig). (Online unter). Nina Kogler: GeschlechterGeschichte der Katholischen Aktion im Austrofaschismus. Wien: LitVerlag 2014. – Deutsches Literatur-Lexikon. Biographisch-bibliographisches Handbuch. Begründet von Wilhelm Kosch. Dritte, völlig neu bearb. Auflage. 31. Bd.: Werenberg-Wiedling. Berlin-Bosten: de Gruyter 2012.

(RU)

eigentl.: Alexandrine Martina Weisl, geb. am 10.2.1882 in Wien als Alexandrine Martina Schnabl – gest. am 25.1.1957 in Wien; Schriftstellerin, Exilantin, Remigrantin.

Aus: Salzburger Wacht, 12.1.1924, S. 9

Die einzige Tochter der schriftstellerisch tätigen Mutter Jenny und des Richters Joseph Schnabl fing bereits während ihrer Schulzeit an, Lyrik zu schreiben u. veröffentlichte ab 1898 unter dem Ps. M. Wied Texte in Zs. wie Die Gesellschaft, Simplizissimus u.a.m. Nach abgelegter Matura absolvierte sie eine Ausbildung zur Lehrerin für Bürgerschulen. Danach immatrikulierte sie an der Univ. Wien und studierte dort Philosophie u. Kunstgeschichte. Dabei lernte sie Felix Braun u. F. Th. Csokor kennen, denen sie lebenslang freundschaftl. verbunden blieb. 1910 konvertierte sie zum Katholizismus u. heiratete den Textilchemiker Sigmund Weisl (gest. 1930). Ebf. 1910 wurden erstmals Gedichte von ihr öffentl. im Zug eines Rezitationsabends des Hofschauspielers Ferdinand Gregori im Volksbildungshaus Stöbergasse (Wien) vorgetragen (NWTBl., 14.2.1910, 10). Seit 1912 war sie Mitarbeiterin der Zs. Der Brenner u. kam mit L. v. Ficker, Karl Dallago, Ferdinand Ebner u.a. in Kontakt. So veröffentlichte sie Gedichte in H. 17/1913 neben P. Altenberg, K. Dallago u. G. Trakl. 1919 erschien im Strache Verlag ihr erster Gedichtband Bewegung und 1921 wurde sie mit drei Gedichten in die Anthologie Die Botschaft als einzige Frau neben E. Janstein aufgenommen. 1922 las sie, wieder im Volksbildungshaus, Szenen aus einem unvollendet gebliebenen Revolutionsdrama Heliodor und die Gefangenen (AZ, 2.2.1922,8) und  bot ab April einen Vorlesungskurs zum europäischen Roman des 19. Jahrhunderts, ab Okt. einen über Balzac, an. 1924 wurde ihr, neben R. Billinger, W. Eidlitz, M. Mell, R. Musil und O. Stoessl der Preis der Stadt Wien zuerkannt, wobei insbes. das im Manuskript eingereichte Bühnenwerk Der Spielberg dafür maßgeblich war, das im Rahmen des Musik- und Theaterfestes der Stadt Wien im Sept. 1924 im Raimundtheater zur Aufführung in der Inszenierung durch R. Beer vorgesehen war.

1927 druckte die AZ die Novelle Ein Störenfried ab; im selben Jahr trat sie Reisen an, die sie bis 1928 nach Lodz und danach nach Frankreich, Italien und England führten. 1929 las sie in der Volkshochschule Ottakring und die AZ druckte die mehrteilige Novelle Das unruhige Herz im Mai dess. Jahres in 10 Folgen ab. 1930 reichte sie das Romanmanuskript Das Asyl zum obdachlosen Geist beim Preisausschreiben des E. Diederich-Verlags ein und kam dabei, neben H. Broch, in die engere Auswahl (Tages-Post, 5.7.1930, 7). Im Mai 1932 hatte sie ihre erste, von O. Stoessl eingeleitete, Eigenlesung von eigenen Werken; 1933 folgte eine von ihr mitgestaltete Gedenksendung für Paul Ernst. Im Linzer Tagblatt erschien die ›russische‹ Legende Aller Geschöpf – aller Herrin. 1934 rezensierte sie den Stoessl-Band Arkadien in der NFP (1.2.1934, 24), im Sept. 1934 P. Ernsts Tagebuch eines Dichters. 1935 schrieb sie an ihrem Roman Rauch über Sanct Florian oder die Welt der Mißverständnisse, der 1936 dann erschien. Ende August 1937 präsentierte L. Liegler die Autorin nochmals (nach 1932) in Radio Wien. Am 10.3.1939 emigrierte sie nach London und arbeitete dort an verschiedenen Institutionen des österreichischen (Free Austrian Movement) und deutschen Exils (Freier Deutscher Kulturbund) sowie ab 1940 als Lehrerin an verschiedenen koedukativen Mädchenschulen, u.a. auch in Schottland. Ab 1946 knüpfte sie wieder, in Form von Beiträgen über engl. Literatur für österr. Zeitungen (Wiener Ztg.), Kontakt mit Wien/Österreich und kehrte 1947 nach Wien zurück. Wied erhielt 1952 als erste Schriftstellerin den Großen österr. Staatspreis.


Weitere Werke

Spuk (1920); Das Einhorn. Aus dem Tagebuch eines schottischen Malers in Italien (1948); Kelingrath. Roman (1950); Das Krähennnest. Begegnungen auf verschiedenen Ebenen. Roman (1951); Die Geschichte des reichen Jünglings. Roman (1952); Brücken ins Sichtbare. Ausgewählte Gedichte 1912-1952 (1952).

Quellen und Dokumente

Das Ende des Bürgertums [über O. Stoessl: Das Haus Erath], in: AZ, 5.1.1921, S. 2-3; Unser guter Kaiser. In: Salzburger Wacht, 12.1.1924, S. 9, Otto Stoessl. (Zu seinem fünfzigsten Geburtstag.). In: Arbeiter-Zeitung, 4.5.1925, S. 4, Ein Störenfried. In: Arbeiter-Zeitung, 14.8.1927, S. 18f., Das unruhige Herz. In: Arbeiter-Zeitung, 11.5.1929, S. 20, Vicky Baum: Menschen im Hotel. In: Wiener Allgemeine Zeitung, 9.7. 1929, S. 5; Drei neue Kriegsbücher und ein altes [Beradt, Binding, Frey, Carossa]. In: Wiener Allgemeine Zeitung, 16.7. 1929, S. 5; Aller Geschöpf – aller Herrin. In: Tagblatt, 23.4.1933, S. 21f., Tramp. In: Die Bühne (1936), H. 424, S. 1f., Die Mitzi. In: Die Bühne (1936), H. 437, S. 21f., Die beiden letzten Romane Aldous Huxleys. In: Wiener Zeitung, 17.9.1946, S. 4.

Verlangsanzeige zu Bewegung. In: Buchhändler-Correspondenz, 12.11.1919, S. 689, Die Kunstpreise der Stadt Wien für das Jahr 1924. In: Wiener Zeitung, 2.5.1924, S. 6, Das Theaterfest. In: Der Tag, 3.8.1924, S. 11, Ankündigung einer Radiolesung. In: Radio Wien, 27.5.1932, S. 42, Leopold Liegler: Martina Wied. In: Radio Wien, 27.8.1937, S. 5.

Literatur

Eintrag von Doris Hermanns auf: Fembio.org; Hanns Winter: Martina Wied. In: Wort in der Zeit 3(1957), 257-262; Karl-Markus Gauß: Versuch über Martina Wied. In: iwk-Mitteilungen 2(1987): Österreichische Exilliteratur, 41-45; Audrey Milne: A Hard Life: Martina Wied in Exile. In: German Life and Letters 3(1992), 239-243; Siglinde Bolbecher, Konstantin Kaiser: Martina Wied. In: Diess. (Hgg.): Lexikon der österreichischen Exilliteratur (2000), 696-697; Evelyne Polt-Heinzl: Am Rand der Peripherie. In: Wiener Zeitung 2002 (Online verfügbar).

(PHK)

Geb. 23.2. 1887 in Nötsch/Kärnten, k.k. Österreich-Ungarn; gest. 17.12. 1944 ebd. Maler, Mitglied des Nötscher Kreises.

Nach Ablegung der Matura an der Realschule in Klagenfurt und einem Arbeitsjahr in der elterlichen Schmiede-Schlosserei ging Wiegele 1907 nach Wien, um das Studium der Maerlei an der Akademie der bildenden Künste aufzunehmen und nach drei Jahren abzuschließen. Dort lernte er Anton Kolig sowie Egon Schiele kennen, mit denen er sich auch befreundete. Letztere formierte dort die sog. Neukunstgruppe, der auch Wiegele angehörte. 1910 stellte er zum ersten Mal aus, erhielt 1912 ein Stipendium nach Paris, hielt sich 1913 in Holland auf, besuchte den Elsass und brach ab Mai 1914 zu einer Nordafrika-Reise auf, insbesondere nach Marokko. Nach Ausbruch des Weltkrieges wurde er gefangen gesetzt und in ein Lager nach Algerien verlegt, von wo er 1916 in die Schweiz entlassen wurde. In Zürich verbrachte Wiegele die Jahre bis 1926-27, lernte u.a. H. Hesse kennen und schuf sich eine materielle Absicherung durch zahlreiche Porträtaufträge. 1927 löste er sein Atelier auf und kehrte nach Nötsch zurück, wo ihm sein Bruder, zugleich sein lokaler Mäzen, ein Haus umbaute und zur Verfügung stellte. Zu seinen bekannteren Werken zählen die Akte im Walt, Lesendes Mädchen und Familienbildnis Isepp. 1936 lehnte er eine Professur und Berufung an die Wiener Akademie ab; er starb, gemeinsam mit anderen Familienmitglieder, bei einem Bombenangriff im Dezember 1944.

Materialien und Quellen:

Eintrag in: Museum des Nötscher Kreises; Sammlung Belvedere-Wiegele;

Arnulf u. Brunhilde Rohsmann: Franz Wiegele. Das grafische Werk. Klagenfurt: Heyn 19..; Peter Assmann, Hermine Wiegele (Hgg): Franz Wiegele. Salzburg-Wien: Residenz 2023.

(PHK, in preparation)

Geb. 3.2. 1878 in Wien, gest. (genaues Datum unbekannt) zwischen 1934 und 1937. Schauspieler, Drehbuchautor, Filmproduzent und Filmregisseur. Bruder des bekannteren Regisseurs Robert Wiene.

Der Sohn des Schauspielers Karl W. wendete sich nach einer Schauspielerlaufbahn an vorwiegend deutschen Bühnen (Gera, Lübeck, Hannover u.a.) ab 1912 dem aufkommenden Film zu und gründete gemeinsam mit seinem Bruder Robert die FAG-Deutscher Künstlerfilm AG (1912-13) und zeichnete erstmals 1914 als Regisseur eines Stummfilms. Nach dem Ende des Weltkrieges war er Regisseur der International Film-Gesellschaft und erzielte mit der Regiearbeit für Glanz und Elend der Kurtisanen (nach H. de Balzac) 1920 den ersten bedeutenden Kinoerfolg.

Materialien und Quellen:

C. Wiene: Die Zukunft des Films. In: Die Kinowoche, H. 7/1919, S. 6.

(PHK, work in progress)