geb. am 10.3.1873 in Fürth b. Nürnberg – gest. am 1.1.1934 in Altaussee, Steiermark; Schriftsteller, Essayist

Nach Absolvierung erst der jüdischen, dann der Realschule im fränkischen Fürth begann W., Sohn eines kleinen Kurz- bzw. Gemischtwarenhändlers, 1889 eine Lehre in der Wiener Fächerfabrik seines Onkels Alfred Traub. Nach Abbruch der Lehre hielt sich W. abwechselnd in München und Würzburg auf, wo er auch seinen Militärdienst (1891/92) ableistete. Bei Erreichen der Volljährigkeit kündigte er eine 1892 angenommene Stellung als Büroschreiber bei einer Nürnberger Versicherung; aus einer Beamtenstelle in Freiburg i. Breisgau war er aufgrund antisemit. Ressentiments eines Vorgesetzten entlassen worden.

Seit 1893 veröffentlichte W., der noch als Realschüler – zum Missfallen von Eltern und Lehrerschaft – im Fürther Tagblatt Auszüge aus seinem ersten (verschollenen) Roman platzieren hatte können, in der polit.-satir. Münchner Zeitschrift Simplicissimus, 1896 erschien sein erster Roman Melusine. Den Kontakt zum Verleger Albert Langen hatte der von W.s literarischem Talent eingenommene Ernst v. Wolzogen, als dessen Sekretär W. seit 1895 tätig war, hergestellt. 1896 wurde W. von Langen angestellt, bald auch als Simplicissimus-Lektor. W. suchte intensiv Anschluss an die Münchner Literaturszene, verkehrte mit Autoren wie Th. Mann und R.M. Rilke, den er mit Lou Andreas Salomé bekannt machte. Als er 1898 als Theaterkorrespondent für die Frankfurter Zeitung nach Wien übersiedelte, fand er schnell Zugang zu dem im Café Central konzentrierten Literaten-Kreis von „Jung-Wien“, v.a. zu R. Beer-Hofmann und A. Schnitzler; mit Hugo v. Hofmannsthal war er seit 1896 persönlich bekannt: Auf W.s Betreiben hin war dessen Erzählung Das Dorf im Gebirge unter dem Ps. „Loris“ im ersten Jg. des Simplicissimus erschienen.

Durch den 1897 veröffentlichten Roman Die Juden von Zirndorf wurde Samuel Fischer auf W. aufmerksam; nachdem sich denn auch noch A. Schnitzler für W. bei dem Verleger verwendete, konnte der Roman Die Geschichte der jungen Renate Fuchs 1900 (mit der Jahreszahl 1901) in dem renommierten S. Fischer Verlag (Berlin) erscheinen. Auf großes Echo stieß von W.s in regelmäßiger Folge erscheinenden essayistischen und erzählerischen Arbeiten der noch vor Kriegsbeginn vollendete Roman Das Gänsemännchen (1915), ein Künstlerroman, in dem W. „das ewige Kleinbürgertum in seiner Flachheit, Bösartigkeit“ (A. Schnitzler) demaskierte. Bis 1933 erschien der Roman in 91 Auflagen (291.000 Exemplaren).

Im Erscheinungsjahr von Das Gänsemännchen trennte W. sich von seiner ersten Gattin, der aus einer wohlhabenden Wiener Familie stammenden Julie Speyer: Durch die Heirat mit der Tochter eines Textilfabrikanten und Ks. Rates hatte W. sich 1901 endgültig in der Wiener Gesellschaft etabliert, augenscheinlich durch die 1914 nach Plänen von Oskar Sternad errichtete Wassermann-Villa im Nobelviertel Grinzing. Ende 1918 trug W. als Unterzeichner (neben W. Bonsels, H. Johst, R.v. Schaukal u.a.) einen Warnruf mit, der sich gegen den Verlust deutscher Städte wie Straßburg oder Danzig, aber auch Landschaften wie Deutschkrain (!) aus- u. die Gefahr des Aufkommens revanchistischer Strömungen ansprach u. in der AZ wie in der NFP veröffentl. wurde. 1919 verzog W. gemeinsam mit der Schriftstellerin Marta Stross (geb. Karlweis), einer Tochter des Komödienautors Carl Weiss, nach Altaussee. Trotzdem war W. in Wien stets präsent, z.B. in Form von Lesungen wie z.B. in der Schwarzwald Schule im März 1919 oder im Rahmen der Kollektivausstellung von Johannes Itten im Mai 1919. Im selben Jahr ersch. der Roman Christian Wahnschaffe, der im Wr. Feuilleton, u.a. bei R. Auernheimer oder R. Holzer, auf großes Echo stieß u. 1920 durch die Terra –GmbH zum Monumentalfilm Weltbrand in der Regie von Urban Gad u. unter Mitwirkung von Fritz Kortner verfilmt wurde u. im Herbst 1921 in die Wiener Kinos kam. Im Aug.-Sept. 1920 druckte die NFP die Novelle Jost noch vor ihrem Erstdruck im Bd. Wendekreis als Fs-Feuilleton ab. Wie gewichtig seine Stellung im Wiener Kulturleben war, zeigen mehrfach ausverkaufte Vortragsveranstaltungen, z.B. am 1.12.1921 in der Hofburg über die Bedeutung der Gestalt (1922 auch in Prag) oder seine Rede über Humanität im Okt-Nov. 1922. Zum 50. Geburtstag ersch. im März 1923 zahlr. Würdigungen (NFP, NWJ, Wr.Ztg. etc.) sowie ein Widmungsbuch seiner Frau Julie J.W. und sein Werk. Im März 1924 widmete ihm der österr. P.E.N-Club gem. mit Paul Géraldy einen von A. Schnitzler präsidierten Leseabend. Radio Wien brachte am 8.1. 1925 den von H. Nüchtern für die Radiobühne aufbereiteten Einakter Gentz und Fanny Eißler als eines der ersten Radiostücke. 1927 protestierte er gegen das Todesurteil im Fall Sacco-Vanzetti. 1926 wurde die Ehe mit Julie geschieden, die W. u.a. in dem Eheroman Laudin und die Seinen verarbeitet hatte; bis zu W.s Lebensende strengte Julie Speyer jedoch noch mehrere Scheidungs- und Unterhaltsprozesse mit W. an, der für das Auskommen von vier Kindern aus erster und den Sohn aus zweiter Ehe mit M. Karlweis aufzukommen hatte.

Als „Welt-Star des Romans“ (Th. Mann) stand W. in den 1920ern und frühen 1930ern am Zenit seines Erfolgs: Mit seinen „voluminöse[n] Sitten- und Seelentableaus aus Geschichte und Gegenwart“ (Müller-Kampel) in Romanform genügte er den Ansprüchen sowohl des (Massen-)Publikums als auch des (Bildungs-)Bürgertums sowie seiner KünstlerkollegInnen. Seinen größten Erfolg verbuchte W., seit 1926 Mitglied der Preußischen Akademie der Künste, mit dem 1928 ersch. Roman Der Fall Maurizius, dem er mit Etzel Andergast u. Joseph Kerkhovens dritte Existenz zwei Fortsetzungen 1931 u. 1934 folgen ließ.

Bis zu seinem Tod 1934 brachte W. alle zwei bis vier Jahre umfängliche Romane zur Veröffentlichung. Seit Erscheinen der Geschichte der jungen Renate Fuchs (1901) rezensierten W.s Prosawerke regelmäßig Autoren wie R.M. Rilke, St. Zweig, Th. Mann, F. Salten oder H.v. Hofmannsthal, v.a. für die dem Fischer Verlag eigene Zeitschrift Neue Rundschau. Von W.s Arriviertheit zeugen auch seine z.T. als bibliophile Sonderdrucke veröffentlichten Nachrufe auf Walther Rathenau (1922), Ferruccio Busoni (1924), H.v. Hofmannsthal (1929) u. A. Schnitzler (1932), ferner seine Präsenz als Vorlesender und Vortragender, auch im nicht-deutschsprachigen Ausland: in Brüssel, der Schweiz, Schweden, Dänemark, den Niederlanden, den USA (1927) und Riga (1931).

Die Machtergreifung der Nazis setzte W.s Reüssieren ein jähes Ende: Seine Werke wurden verboten, was für den jüd. Autor (auch) den materiellen Ruin bedeutete. Er selbst wirkte an einer der ersten Exil-Zs., K. Manns Die Sammlung mit, wo er schon im ersten Heft (Sept.1933) mit dem Beitr. Meine Landschaft, innere und äußere vertreten war. Unter Patronanz der sozialdem. Kunststelle wurde im Mai 1933 sein Schauspiel Lukardis im Dt. Volkstheater aufgeführt. Mit nur 60 Jahren verstarb Wassermann 1934. Im Vorjahr noch war er dem Ehrenpräsidium des Kulturbundes deutscher Juden beigetreten. Jüd. Figuren u. Milieus räumte W. in seinen erzählerischen Werken breiten Raum ein, und seine zahlreichen Abhandlungen über Judentum und Antisemitismus, darunter Das Los der Juden (1904) u. Die psychologische Situation des Judentums (1928), wurden bei Erscheinen mitunter heftig (u. kontrovers) diskutiert, allen voran seine u.a. mit antisemit. Ressentiments befasste Autobiografie Mein Weg als Deutscher und Jude (1921), „ein erschütterndes Zeitdokument, […] Bekenntnis und Darstellung, Klage und Anklage in einem“ (M. Reich-Ranicki).


Werke

Romane: Die Juden von Zirndorf (1897) – Die Geschichte der jungen Renate Fuchs (1900) – Der Moloch (1902) – Alexander in Babylon (1905) – Caspar Hauser oder Die Trägheit des Herzens (1908) – Faustina (1912) – Der Mann von vierzig Jahren (1913) – Ulrike Woytich (1923) – Faber oder Die verlorenen Jahre (1924).

Novv., Erzz.: Schläfst du, Mutter? (1897) – Die Schaffnerin (1898) – Der nie geküsste Mund (1903) – Die Schwestern (1906) – Die Gefangenen auf der Plassenburg (1909) – Der goldene Spiegel (1911) – Geronimo de Aguilar (1911) – Oberlins drei Stufen (1922) – Sturreganz (1922) – Das Amulett (1926) – Der Aufruhr um den Junger Ernst (1926) – Das Gold von Caxamalca (1928).

Essays, Abhandlungen, (auto)biograf. Schriften: Die Kunst der Erzählung (1904)– Imaginäre Brücken (1921) – Christoph Columbus. Eine Biographie (1929) – Selbstbetrachtungen (1931).

Schauspiel: Die Prinzessin Girnara. Weltspiel und Legende (1919).

Quellen und Dokumente

Warnruf. In: Arbeiter-Zeitung, 27.12.1918, S. 5f., Jost. In: Neue Freie Presse, 15.8.1920, S. 15,

Raoul Auernheimer: W.s neuer Roman. In: Neue Freie Presse, 4.1.1919, S. 1-3, Rudolf Holzer: Neue Romane. In: Wiener Zeitung, 31.1.1919, S. 3-5, Karl Marilaun: Gespräch mit J. W. In: Neues Wiener Journal, 11.2.1919, S. 3f., Filmankündigung zu Weltbrand. In: Neue Kino-Rundschau, 4.12.1920, S. 25Richard Guttmann: J. W., der Bekenner. In: Der Morgen, 23.5.1921, S. 4f., Siegmund Wiener: Ein Lebensweg. In: Neues Wiener Tagblatt, 7.6.1921, S. 24, Moritz Heimann: J. W. [zum 50. Geburtstag]. In: Neue Freie Presse, 10.3.1923, S. 1-3Oskar Maurus Fontana: J. W. In: Radio Wien, 9 (1933), H. 25, S. 6.

Literatur

Peter Czoik (für die Bayerische Staatsbibliothek): Wassermann, Jakob. (Online verfügbar); Beatrix Müller-Kampel: Jakob Wassermann (1873–1934) im literarischen Feld seiner Zeit [2005]. (Online verfügbar); Marcel Reich-Ranicki: Über Jakob Wassermann (i.d.R. Fragen Sie Reich-Ranicki). In: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung (22.01.2006), S. 25.

(RU/PHK)

Geb. 17.2.1913 in Salzburg; gest. 19.8. 2001 in München. Dramaturg, Kritiker, Radio-Autor, Verfasser von Singspielen.

O. Weber wird erstmals als „Talent“ im Zuge einer Vorführung der Schauspiel-Schule Dr. Beer (A. Schnitzlers Freiwild) in der Ztg. Die Stunde (10.2.1932, S.7) erwähnt. 1933 trat er bei Veranstaltungen der Sozialistischen Jungfront Salzburg als Regisseur von bearbeiteten Theaterstücken in Erscheinung, z.B. des (Anti)Kriegsstücks Die andere Seite von R. C. Sheriff in Erscheinung (Salzburger Wacht, 23.1.1933). Im März desselben Jahres folgte eine weitere Regiearbeit zu Shakespeares Was ihr wollt, ebenfalls in diesem Rahmen. Ab Sept. 1933 findet sich O.W. als Mitarbeiter der Wiener Ztg. Der Tag, für die er krit. Kommentare bzw. Feuilletons zur Gleichschaltung des deutschen Theaterbetriebs verfasst (Wiener Tag, 13.9. 1933, S. 4). 1934 legte er in Salzburg ein Puppenspiel unter dem Titel Fastnacht in Sizilien, für das Stadttheater Baden ein Lustspiel Wohin euer Gnaden? vor, das in überarbeiteter Form 1940 am Münchner Volkstheater großen Erfolg (etwa 200 Auff.) erzielen sollte. 1936 folgte in Wien die Bearbeitung einer von R. Mordo ursprüngl. verfassten Revue Salzburg ausverkauft, aufgeführt in der Scala. Ab August 1938 wirkte Weber schließlich (und ein wenig überraschend) als Dramaturg am Münchner Volkstheater, wie das Neue Wr. Tagblatt (25.8 1938, S. 45) vermeldete.

Materialien und Quellen:

O.W.: Kontinuität des Geistes. In: Der Tag, 24.9.1933, S. 28; O.W.: Die Sendung Wiens. In: Der Wiener Tag, 8.10. 1933, S. 19;

(PHK)

Geb. 3.12.1883 in Wien, gest. 15.9. 1945 in Mittersill (Salzburg). Dirigent, Komponist, Musikwissenschaftler.

Materialien und Quellen:

Eintrag in: WienGeschichteWiki; Eintrag in ÖBL; Eintrag von Reinhard Kapp im Österreichischen Musiklexikon;

Heinz-Klaus Metzger, Rainer Riehn (Hgg.): Anton Webern I. u. II. (= Musik-Konzepte). München: edition text+kritik 1983 bzw. 1984; Pietro Cavallotti, Simon Obert, Rainer Schmusch (Hgg.): Neue Perspektiven. Anton Webern und das Komponieren im 20. Jahrhundert (= Webern-Studien. Beihefte der A. Webern GA. Bd 4). Wien: Lafite 2019.

(in preparation)

geb. am 2.11.1885 in Wien – ermordet im Jänner 1942 im KZ Riga; Schriftsteller, Librettist, Verfasser von Liedern und Schlagern

In Vorbereitung

geb. am 2.3.1900 in Dessau – gest. am 3.4.1950 in New York; Komponist, Musikkritiker

Weill studierte ab 1918 an der Musik an der Hochschule für Musik in Berlin und zwar als Schüler von Ferruccio Busoni. Sein erstes Auftreten in Österreich hatte Weill anlässl. des Internat. Kammermusikfestes im August 1924 in Salzburg, auf dem er einen Liederzyklus Frauentanz präsentierte, den die Kritik, ausgenommen die Lokalpresse, als „starke Talentprobe“ (AZ) lobte, ein Zyklus, der Georg Kaiser motivierte, für ihn ein Opernlibretto zu verfassen, das umgehend, so ein Bericht im NWJ (3.9.1924) von der Wiener Staatsoper angenommen worden ist. Einen starken Eindruck hinterließ er auch mit einem Violinkonzert auf dem Zürcher Musikfest 1926 sowie mit der Urauff. der Oper Der Protagonist, ebf. 1926. In seinen frühen Opernprojekten ab 1925 arbeitete Weill also zunächst mit Libretti von G. Kaiser und Yvan Goll; 1927 begann die Zusammenarbeit mit Bertolt Brecht, die u.a. P. Stefan, der Hg. der Musikblätter des Anbruch aufmerksam verfolgte, insbes. nach der Urauff. der Oper Royal Palace und der Veröffentlichung seines programmat. Essays Bekenntnis zur Oper. 1928 folgte gem. mit Kaiser die Oper Der Zar lässt sich photographieren u. im selben Jahr verfassten Brecht und Weill zusammen Die Dreigroschenoper, die sein ab 1927 entwickelter sogenannter Songstil prägte.

Am 1.11.1928 kündigte die Wiener Zeitung die Erstauff. der Dreigroschenoper im Dt. Volkstheater an, die dann am 9. März 1929 in der Regie von Karlheinz Martin zustande kam, allerdings im Raimundtheater.

Ausgewählte Rezensionen zur Dreigroschenoper-Inszenierung finden Sie hier.

Bereits 1930 wurde Weill neben Krenek, Hindemith und Schönberg als einer der bedeutendsten Komponisten, inbes. im Opernsegment, von P. Stefan angeführt. 1931 folgte, wieder gem. mit Brecht, einerseits das Hörstück Der Lindberghflug, andererseits, nach einer Prozessflut die Verfilmung der Dreigroschenoper. Im Mai 1932 kam wiederum im Raimundtheater Brecht/Weills Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny mit Lotte Lenya, der Frau Weills in der Hauptrolle, inszeniert von H. Heinsheimer u. musikalisch betreut von Max Brand, zur Aufführung. Es handelte sich dabei um eine Inszenierung, die D.J. Bach in einem grundlegenden Beitrag über die Möglichkeiten der Oper, auf soziale Herausforderungen der Zeit einzugehen, begeistert begrüßte, aber auch der akademischere J. Marx durchaus positiv aufnahm, während sich Hans Brecka in der katholischen Reichspost polemisch und abschätzig äußerte.

Aufgrund seiner jüdischen Herkunft musste Weill 1933, nach der Machtübernahme Hitlers, Deutschland verlassen. Weill emigrierte zuerst nach Paris, wo er für das Théâtre des Champs-Élysées ein Ballett mit Gesang (Die sieben Todsünden) komponierte. In Wien wurde im März 1933 nach seiner Dreigroschenoper-Musik ein Tanzdrama nach einer Vorlage von M. Gorki in der Bearbeitung von Marcel Rubin u. Gertrud Kraus im Volksbildungshaus aufgeführt und bis 1938 wurden via Radio Wien regelmäßig Musikstücke aus der Dreigroschenoper (Kleine Dreigroschenmusik) ausgestrahlt. 1934 berichtete das NWJ von einer geplanten Vertonung des Werfel-Dramas Das Volk der Verheißung durch Weill, für daM. ReinhardtM. Reinhardt interessierte; 1935 emigrierte letzterer in die USA. 1937 kündigte die Zs. Mein Film an, Weill werde für den F. Lang-Film You and Me die Filmmusik komponieren und im April 1937 kam im Rahmen der Abonnementkonzerte der Wiener Philharmonie seine Symphonische Phantasie zur Erstaufführung. Ein Hauptwerk Weills der US-Exiljahre ist Der Weg der Verheißung bzw. The Eternal Road, ein Bibelspiel, das die Geschichte des jüdischen Volkes darstellt. 1940 komponierte er die Musik zum erfolgreichen Film The Lady in the Dark sowie die Kantate The Ballade of Magna Charta; 1943 erhielt Weill die amerikanische Staatsbürgerschaft. Im selben Jahr wurde Ben Hechts Stück We will never die über die Shoah im Square Garden (N.Y.) uraufgeführt, zu der ebf. Weill die Musik komponiert hatte und 1944 vertonte er den Liederzyklus Wie lange noch von Walter Mehring zu Chansons, Kompositionen, die u.a. sein wesentlich in den USA sich verstärkendes Engagement für jüdische Fragen dokumentieren. Auch mit George Gershwin und Maxwell Anderson komponierte er in den späten 1940er Jahren mehrere Musicals.


Quellen und Dokumente

Das Salzburger internationale Kammermusikfest. In: Arbeiter-Zeitung, 12.8.1924, S. 8, Adolf Aber: „Der Protagonist“. Ein Akt Oper von Georg KaiserKurt Weilln Kurt Weill. In: Neues Wiener Journal, 31.3.1926, S. 10, Edwin Felber: Das Züricher Musikfest. In: Wiener Morgenzeitung, 30.6.1926, S. 6, Rudolf Stephan Hoffmann: Internationales Musifest in Zürich. In: Neue Freie Presse, 3.7.1926,Paul Stefan Paul Stefan: Kaiser und Pirandello als Librettisten. Uraufführungen an der Dresdner Oper. In: Die Bühne (1926), H. 79, S. IIf., Paul Stefan: Royal Palace. Opern-Uraufführung in Berlin. In: Die Bühne (1927), H. 124, S. 16, Paul Stefan: Eine neue Oper von Georg Kaiser und Kurt Weill. In: Die Bühne (1928), H. 173, S. 17, „Die Dreigroschenoper“. In: Die Bühne (1928), H. 201, S. II, Paul Stefan: Drei Opern-Uraufführungen. Krenek – Schönberg – Kurt Weill. In: Die Bühne (1930), H. 277, S. 17, Joseph Marx: „Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny“. Oper in zwei Akten von Bert Brecht. Musik von Kurt Weill. In: Neues Wiener Journal, 27.4.1932, S. 11, B.: „Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny“. Oper von Bert Brecht. Musik von Kurt Weill. In: Reichspost, 28.4.1932,David Josef Bachd Josef Bach: Der Song vom untergehenden Kapitalismus. „Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny“ im Raimund-Theater. In: Arbeiter-Zeitung, 4.5.1932Fritz Rosenfeldtz Rosenfeld: Die Stadt wartet. Tanzdrama von Gertrud Kraus. – Uraufführung im Volksbildungshaus. In: Arbeiter-Zeitung, 10.3.1933, S. 10, Reinhardt-Bibelspiel nach dem Alten Testament. In: Die Stunde, 29.6.1934, S. 4, Reinhardt sucht ein zweites „Mirakel“. Neues Stück Franz Werfels vor der Vollendung. In: Neues Wiener Journal, 17.7.1934, S. 11, Notiz zu Filmmusikprojekt mit Fritz Lang in: Mein Film (1937), H. 599, S. 14.

Literatur

Joseph A. Kruse (Hg.): Vom Kurfürstendamm zum Broadway: Kurt Weill (1900–1950). Düsseldorf 1990; David Farneth, Elmar Juchem, David Stein (Hgg.): Kurt Weill. Ein Leben in Bildern und Dokumenten. Berlin 2000; Stephen Hinton. Weill’s Musical Theater: Stages of Reform“. California 2012.

Eintrag bei britannica.com sowie bei holocaustmusic.ort.org.

Website der Kurt Weill Foundation.

(JD/PHK)

Geb. 2.6.1863 in Zara (Österreich-Ungarn, heute: Zadar/Croatia), gest. 7.5. 1942 in Winterthur (Schweiz). Dirigent, Theater- und Operndirektor, Komponist.

Materialien und Quellen:

Eintrag von St. Schmidl im oeml.: hier.

In Vorbereitung/in preparation

Geb. 9.2.1892 in Wien (Ottakring), gest. (Freitod) 8.4.1945 in Kirchstetten/Niederösterreich. Schriftsteller (Lyrik), Mitwirkender am ‚Bekenntnisbuch‘ von 1938.

Materialien und Quellen:

O. Koenig über Weinhebers Gedichtband Von beiden Ufern (1924); in: AZ, 7.5.1924, S. 9; J. Weinheber: Das Waisenhaus. Abdruck in AZ, 7.9. 1924, Folge 1-58 (9.11.1924); Arnold Höllriegel über J. Weinheber. In: Der Tag, 1.1.1924, S. 21; Otmar Haeller: J. Weinheber. Ein Wiener Dichter. In: NWrTagblatt, 31.12.1926, S. 26;

Projekt Kunst im öffentlichen Raum: Weinheber ausgehoben (2019)

Literatur (Auswahl):

Albert Berger: Josef Weinheber (1892–1945). Leben und Werk – Leben im Werk. Salzburg: O. Müller 1999; Ders.: Dichterzwiespalt unter dem NS-Regime: „Ende gibt sich als Vollendung“. Josef Weinhebers Lyrik der vierziger Jahre. In: Orbis Liguarum, vol. 19/2002; Ders.: Vom Adel und vom Untergang. Ein Josef Weinheber-Porträt. In: Kritische Ausgabe. de (2004, S. 80-82): Christoph Fackelmann: Die Sprachkunst Josef Weinhebers und ihre Leser. Annäherungen an die Werkgestalt in wirkungsgeschichtlicher Perspektive. Wien-Münster: LIT, 2 Bde. 2006. Dazu Rezension auf literaturkritik.de; Edwin Hartl: Josef Weinheber als homo politicus. In: Isabella Ackerl (Hg.): Geistiges Leben im Österreich der Ersten Republik. München: Oldenbourg1986, S. 42-53)

(PHK, in preparation)

Geb. 27.3.1896 in Wien, gest. 24.2.1974 in Gedea (IL)

Arzt, Journalist, Islamexperte, Zionist

(in Vorbereitung)

Geb. 25.9.1887 in Zürich, gest. 18.9. 1933 in Mödling (Niederösterreich). Architekt, Herausgeber, Kritiker

Materialien und Quellen:

Eintrag im Architektenlexikon Wien 1770-1945; Eintrag von U. Prokop im ÖBL; Eintrag in: ArchInform.

(in preparation)

meist F. C. Weiskopf, geboren am 3.4.1900 in Prag – gest. am 14.9.1955 in Berlin; Schriftsteller, Journalist, Übersetzer

Ps.: Pierre Buk, Petr Buk, F. W. L. Kovacs

Der Sohn eines deutsch-jüdischen Bankbeamten und einer Tschechin besuchte die deutsche Volksschule und das Altstädter Gymnasium in Prag und studierte nach dem Kriegsdienst 1919-23 Germanistik und Geschichte. An der Karlsuniversität engagierte sich W., ab 1919 Sozialdemokrat, u.a. in der Freien Vereinigung sozialistischer Akademiker und trat neben Otto Heller im Oktober 1921 im Zuge des Gründungsparteitags der KPČ bei. Nach frühen dramatischen Versuchen legte W. seinen literarischen Schwerpunkt zunächst auf Lyrik und veröffentlichte 1923 mit Es geht eine Trommel eine erste Gedichtsammlung. Nach dem Austritt aus der Armee 1923/24 musste sich W. wegen „literarischen Hochverrats“ vor Gericht verantworten. 1925 publizierte er für die von Julius Fučík hg. Prager Zs. Avantgarda und betätigte sich als Übersetzer aus dem Tschechischen. Neben einer im Malik-Verlag veröffentlichten Sammlung Tschechische Lieder übersetzte W. ausgewählte Werke des marxistischen Schriftstellers Jiří Wolkers (1900-1924). Ein Band mit drei eigenen Novellen erschien 1926 im Wiener Agis-Verlag, die Erzählungen Die Flucht nach Frankreich und Soldat der Revolution wurden 1929 in Die Rote Fahne in Wien als Fortsetzungen abgedruckt.

1926 bereiste W. erstmals die Sowjetunion und konnte sich in der Folge mit seinen bei Malik veröffentlichen Berichten Umsteigen ins 21. Jahrhundert (1927) und Zukunft im Rohbau (1932) neben Egon Erwin Kisch, Lili Körber und Ludwig Renn als bedeutender Russland-Reporter einreihen. Zugleich positionierte sich W., ab 1926 Präsidiumsmitglied des Internationalen Büros für revolutionäre Literatur (IBRL), als bedeutender Vermittler in der kommunistischen Literaturszene. 1927 und 1930 nahm er an den Kongressen der Internationalen Vereinigung Revolutionärer Schriftsteller in Moskau und Charkow teil. 1928 übersiedelte W. nach Berlin, wo er die Salzburgerin Margarete Bernheim, die als Alex Wedding v.a. als Kinder- und Jugendbuchautorin bekannt wurde (u.a. Ede und Unku 1931, Das Eismeer ruft 1936), heiratete. W. schloss sich dem Bund der proletarisch-revolutionären Schriftsteller Deutschlands, wo er u.a. mit Anna Seghers an der Expressionismus-Debatte teilnahm, sowie dem Schutzverband deutscher Schriftsteller an, verfasste Beiträge für die Zs. Die Front und den von Kurt Kläber hrsg. und Johannes R. Becher eingeleiteten Band Der Krieg. Das erste Volksbuch vom großen Krieg. Im März 1929 referierte W. auf Einladung des Bundes der Freunde der Sowjetunion im Volksheim Wien-Ottakring über die Entwicklung Russlands und veröffentlichte 1931 mit Ernst Glaeser und Alfred Kurella die Schrift Der Staat ohne Arbeitslose zum sowjetischen Fünfjahresplan.

1929-33 stand er in der von Willi Münzenberg finanzierten, redaktionell von Bruno Frei geleiteten Boulevardzeitung Berlin am Morgen der Feuilletonredaktion vor und berichtete u.a. vom „Blutsonntag“ am 1. Mai 1929 in Berlin. Seine linksbürgerliche Orientierung ermöglichte W. die Aufnahme ins Programm des Verlags Kiepenheuer. In Hermann Kestens Sammlung 24 Neue deutsche Erzähler, die auch Texte von Ödön von Horváth, Erich Kästner, Joseph Roth, Ernst Toller und Anna Seghers umfasste, erschien die Erzählung Cimbura. 1931 publizierte W. mit Das Slawenlied. Roman aus den letzten Tagen Österreichs und den ersten Jahren der Tschechoslowakei seinen ersten Roman, der formal durch die Verbindung subjektiver Erlebnisse und politischer Proklamationen und Darstellungen auf den Diskurs um die Krise des traditionellen Romans reagierte.

Nach der Machtübernahme Hitlers kehrte W. nach Prag zurück und gab u.a. mit B. Frei den Gegen-Angriff, die Arbeiter Illustrierte Zeitung und die Neuen Deutschen Blätter heraus. Parallel dazu begann W. einen Romanzyklus zur Geschichte der Tschechoslowakei. 1939 emigrierte er anlässlich eines Schriftstellerkongresses über Paris nach Amerika und engagierte sich für die Exilliteratur, u.a. in der Zs. Books abroad, wo er 1942 an der sog. Transplanted Writers-Debatte teilnahm. Mit Unter fremdem Himmel. Ein Abriß der deutschen Literatur im Exil 1933-1947 legte er 1947 die erste Darstellung zur deutschen Exilliteratur vor. Nach dem Krieg fungierte W. als tschechoslowakischer Diplomat in Washington, Stockholm und Peking und kehrte 1953 nach Berlin zurück, wo er mit Willi Bredel die Zs. Neue deutsche Literatur herausgab und u.a. Mitglied der Deutschen Akademie der Künste und Teil des Präsidiums des Deutschen Schriftstellerverbandes war.


Werke (Auswahl)

Der Wundertäter. Legende von Lenin (1924), Wer keine Wahl hat, hat die Qual (1928), Der Traum des Friseurs Cimbura (1930), Zola. Sein Leben, sein Werk, sein Kampf (als Herausgeber, 1932), Die Stärkeren. Episoden aus einem unterirdischen Krieg (1934), Vor einem neuen Tag (1944), Abschied vom Frieden (1950), Elend und Größe unserer Tage (1950), Verteidigung der deutschen Sprache (1955)

Quellen und Dokumente

Beiträge F. C. W.s.: Die Fackel der Revolution. In: Arbeiterwille, 6.11.1927, S. 9, Die Feuerreiter von Petrograd. In: Die Rote Fahne, 25.12.1926, S. 10, Die Feinde von Minsk. In: AZ, 11.9.1927, S. 19f., Die todgeweihten Rechenmaschinen. In: Arbeiterwille, 20.11.1927, S. 12, Soldat der Revolution. In: Die Rote Fahne, 27.2.1929, S. 6, Die Flucht nach Frankreich. In: Die Rote Fahne, 2.6.1929, S. 7, Autobuslinie in die ewige Seeligkeit. In: Die Linkskurve 1 (1929), 5, S. 25, Nach einem Volkslied. In: Die Rote Fahne [Berlin], 21.7.1929, S. 17, Unser und ihr Schiller. Zum 125. Todestag des Dichters. In: Die Rote Fahne, 11.5.1930, S. 11, „Was geht in Rußland vor?“. In: Die Rote Fahne, 2.12.1930, S. 6, In 5 Jahren zur Sowjet-Großstadt. Sib-Chik, das “Chikago Sibiriens”. In: Die Rote Fahne, 5.7.1932, S. 7, Der rote Fetzen. In: AZ, 30.11.1933, S. 4.

Max Barthel: Es geht eine Trommel um. Verse dreier Jahre. F. C. Weiskopf. In: Die Rote Fahne, 8.7.1924, S. 2, F. C. Weiskopf [Rez. zu Umsteigen ins 21. Jahrhundert]. In: Die Unzufriedene, 3.12.1927, S. 7Fritz Rosenfeld: F. C. Weiskopf: Wer keine Wahl hat, hat die Qual. In: Bücherschau. Beilage zur Bildungsarbeit XVI (1929), S. VIII, Ein Abend der Rußlandfreunde. F. C.Weiskopf spricht über Sowjetrußland. In: Die Rote Fahne, 3.3.1929, S. 3, L. F. Boross: F. C. W.: “Zukunft im Rohbau”. In: Die Rote Fahne, 20.12.1932, S. 7, J. S.: Ernst Glaeser und F. C.Weiskopf: Der Staat ohne Arbeitslose. In: Bildungsarbeit XX (1933), 2/3, S. 60.

Nachlass: Archiv der Akademie der Künste Berlin und Russisches Staatliches Militärarchiv Moskau.

Literatur (Auswahl)

Bernd-Rainer Barth, Jürgen Kaulfuß: Weiskopf, F. C. (Franz Carl). In: Wer war wer in der DDR? (2010) [Onlinefassung], Siglinde Bolbecher, Konstantin Kaiser: Lexikon der österreichischen Exilliteratur, S. 677f. (2000), Irmfried Hiebel: Weiskopf, Franz Carl. In: Simone Barck (Hg.): Lexikon sozialistischer Literatur. Ihre Geschichte in Deutschland bis 1945, 517-519 (1994), Hans Mayer: Weiskopf der Mittler. Anmerkung zu drei Büchern. In: Neue Deutsche Literatur 5 (1957), 9, 82-90, Lenka Reinerová: Es begann in der Melantrichgasse. Erinnerungen an Weiskopf, Kisch, Uhse und die Seghers (1985), Christine Zahl Romero: „Armer und lieber Sagetete“ – Anna Seghers und F.C. Weiskopf. In: Ian Wallace (Hg.): Anna Seghers in Perspektive (1998), 29-64, Tazuko Takebayashi: Zwischen den Kulturen. Deutsches, Tschechisches und Jüdisches in der deutschsprachigen Literatur aus Prag (2005), Ludvík Václavek: Franz Carl Weiskopf. Autorenlexikon des Adalbert-Stifter-Vereins (o. J.) [Onlinefassung].

(ME)