geb. am
28.11.1881 in Wien – gest. am 23.2.1942 in Petrópolis, Rio de Janeiro,
Brasilien; Schriftsteller, Übersetzer, Kritiker, Exilant
Stefan Zweiggeb. am 28.11.1881 in Wien – gest. am 23.2.1942 in Petrópolis, Rio de Janeiro, Brasilien; Schriftsteller, Übersetzer... stammte aus einer
wohlhabenden assimilierten jüdischen Familie (Vater Moriz war Textilfabrikant,
Mutter Ida, geb. Brettauer, Tochter eines Geschäftsmanns) und wuchs im ersten
Gemeindebezirk Wiens auf. Angeregt durch das kulturelle Milieu im Wien des
ausgehenden 19. Jahrhunderts (obwohl Zweig eine Generation jünger war, gibt es
biographische und literarische Verbindungslinien zu den Protagonisten des Fin
de Siècle) veröffentlichte Zweig schon im Alter von 15 Jahren unter dem
Pseudonym Ewald Berger in der Münchner Zeitschrift Die Gesellschaft sein erstes Gedicht. Seit etwa 1897-98 widmete
sich Zweig intensiv der Literatur und begann bereits als Schüler, eine
Autographensammlung anzulegen (die später mehr als 1000 Autographen umfassen
sollte, u. a. von Schiller, Lessing, Goethe Kleist, Büchner). Nach der Matura
am Gymnasium in der Wasagasse belegte Zweig an der Universität Wien das Studium
der Philosophie und Literaturgeschichte. Als Student verfasste Zweig Erzählungen
(seine erste Novelle Vergessene Träume
wird im Juli 1900 in der Berliner
Illustrierten Zeitung veröffentlicht), Gedichte (sein erstes Buch Silberne Saiten erscheint im Verlag
Schuster & Löffler, Berlin), veröffentlicht Rezensionen und übersetzt Lyrik
vom Französischen ins Deutsche (von Paul Armand Silvestre, Charles Baudelaire
und Paul Verlaine). Die frühen Veröffentlichungen Zweigs wurden meist vom
Prager Illustrator und Kunstpädagogen Hugo Steiner (1880-1945), einem Schüler
des Jugendstilmalers Franz v. Stuck graphisch gestaltet. 1902 erfolgte ein längerer
Aufenthalt in Berlin, Zweig lernte zahlreiche Dichter kennen und verkehrte im
Literatenkreis „Die Kommenden“. Auf Vermittlung von Theodor Herzl folgten die ersten
Veröffentlichungen Zweigs in der Neuen Freien
Presse. Im August 1902 kam es in Brüssel zum ersten Treffen mit Emile
Verhaeren; Zweigs Übersetzungen ausgewählter Gedichte des belgischen Dichters
sollten zwei Jahre später gleichfalls bei Schuster & Löffler in Berlin
veröffentlicht werden. 1904 wurde Zweig mit einer Arbeit über Die Philosophie des Hippolyte Taine zum
Doktor der Philosophie promoviert, ab Mitte Oktober hielt er sich für sechs
Monate in Paris auf. Noch im selben Jahr erschien zudem der Erzählband Die Liebe der Erika Ewald. Ab 1905 erschienen
die erste (Reise)Feuilletons in der NFK
(Zweig unternahm Reisen nach Frankreich, Spanien, Algerien, Italien) und
Dichterportraits in der Czernowitzer
Allgemeinen Zeitung, wieder bei Schuster & Löffler wird Zweigs erste
literarische Biographie Verlaine veröffentlicht.
1906 wird ihm, gemeinsam mit E. Handel-Mazzetti, H. Salus, F. K. Ginzkeygeb. 8.9.1871 in Pola, Küstenland, Österreich-Ungarn (heute: Pula, Kroatien) - gest. am 11.4.1963 in Wien; Offizier, K... u.a.
der Bauernfeld-Preis (1000 Kr.) zugesprochen. Zweigs Gedichtsammlung Die frühen Kränze wurde als erste
Publikation Zweigs im Insel Verlag in Leipzig veröffentlicht, der Pester Lloyd (PL) attestierte Zweigs Gedichten ein „schmerzlich weiche[s]
Adagio“, feinen Sinn für „Wortmusik“ und eine „skeptische Distanz zum bewegten
Leben (PL, 28.4.1907). 1907 wurde im
Insel Verlag schließlich Zweigs erstes Theaterstück Tersites. Ein Trauerspiel in drei Aufzügen veröffentlicht. In den
Folgejahren betätigte sich Zweig auch vermehrt als Literaturkritiker, u.a. für
die NFP, beginnend mit einer Bilanz
des Roman-Literaturjahres 1908, in dem er nicht nur die neuen Romane von A.
Schnitzler, J. Wassermanngeb. am 10.3.1873 in Fürth b. Nürnberg – gest. am 1.1.1934 in Altaussee, Steiermark; Schriftsteller, Essayist Aus:..., F.K. Ginzkey (der seinen Roman Jakobus und die Frauen Stefan Zweig gewidmet hat) u. E. Luckageb. am 11.5.1877 in Wien – gest. am 15.12.1941 in Wien; Schriftsteller, Kulturkritiker, Essayist Nach dem frühen Tod...,
sondern vor allem den Roman Die
Haindlkinder von R.H. Bartsch als einen „unbändigen, glühenden Hymnus auf
Österreich“ auffällig hervorhebt, fortgesetzt mit einem Verhaeren-Porträt in
der Zs. Der MerkerÖsterreichische Zeitung für Musik und Theater (1909-1922) Kultur- und Musikzeitschrift, die 1909 begründet wurde, de... 1909. Die
ebenfalls 1909 abgeschlossene dreibändige Verhaeren-Ausgabe, der 1910 eine von
ihm eingeleitete Dickens-Ausgabe folgte, festigte den Kontakt zu A. Kipperberg
und dem Insel Verlag in Leipzig. 1911 kam Verhaerens lyrisch-dramatisches
Gedicht Das Kloster in der
Übertragung durch Zweig am Deutschen Volkstheater zur Aufführung. Im Februar
1911 traf Zweig in Paris erstmals Romain Rolland und veröffentlichte seinen
zweiten Erzählband Erstes Erlebnis. Vier
Geschichten aus Kinderland. 1912 unternahm Zweig Vortragsreisen durch
Deutschland und Österreich, besuchte in Breslau die Uraufführung seines
Einakters Der verwandelte Komödiant,
der A. Ehrenstein im PL an
Hofmannsthals Gestern erinnerte. Am
26. Oktober feierte Zweig mit Das Haus am
Meer sein Burgtheaterdebut. H. Leostereigentlich Leopold Heinrich Pollack, geb. 1866 – gest. Anfang September 1924 in Wien; Journalist, Kritiker Nach d... kritisiert das Stück als
„konstruiert“ und „mühselig“, auch Felix Saltengeb. als Sziga bzw. Siegmund Salzmann am 6.9.1869 in Budapest, gest. 8.10.1945 in Zürich; österr. Schriftsteller, Jour... konnte ihm nicht viel
abgewinnen: Es habe zwar schöne Verse, sei jedoch eine Arbeit ohne „innere
Notwendigkeit“, ein „Stück voll Handlung und dennoch leer“.
Zum Kriegsausbruch 1914
veröffentlichte Zweig in der NFP das
bezeichnende Feuilleton Heimfahrt nach
Österreich. Nach seiner Rückkehr aus Belgien am 30. Juli wurde Zweig zunächst
dem k.u.k. Trainzeugsdepot in Klosterneuburg zugeteilt, ab 1. Dezember in das
Kriegsarchiv in der Stiftskaserne Wien versetzt. Noch im selben Jahr erschien
Zweigs Novelle Brennendes Geheimnis,
Vorlage für die erste von zahlreichen Zweig-Verfilmungen (1923 unter der Regie
von Rochus Gliese), als selbstständige Publikation im Insel Verlag. Ende 1917 wurde
Zweig von seinem Dienst im Kriegsarchiv freigestellt und reiste danach in die
Schweiz, wo er bis zum Frühjahr 1919 blieb und zahlreichen europäischen Intellektuellen
und Dichtern wie Frank Wedekind, Iwan Goll oder James Joyce begegnete. Am 27.
Februar 1918 kam Zweigs Jeremias, der
in der Jüdischen Korrespondenz als
„biblische Kriegsdichtung“ bezeichnet wurde, am Stadttheater Zürich zur
Uraufführung. Obwohl Zweig 1919 nach Österreich zurückkehrte, um in Salzburg
ein Haus am Kapuzinerberg zu beziehen, bildet der Erste Weltkrieg eine Zäsur in
seiner Biographie, an der er sich bis zu seinem Lebensende abarbeiten sollte. Zweigs
Glaube an Europa und den „habsburgischen Mythos“ (Magris) mag auch durch seine
familiäre Herkunft begründet sein (seine Mutter entstammte einer jüdischen
Vorarlberger Familie, war in Italien geboren und aufgewachsen, sein Vater
stammte aus Mähren). Jedenfalls sollte Zweig gegen alle nationalistischen
Tendenzen, die die europäischen Staaten erfassten, bis zuletzt für eine
Einigung Europas plädieren (noch 1936 hält Zweig eine Rede mit dem Titel Die geistige Heimat Europas). Am 28.
Januar 1920 heiratete Zweig Friderike von Winternitz, im selben Jahr erfolgte
die Veröffentlichung des Essaybands Drei
Meister. Balzac, Dickens, Dostojewski im Insel Verlag sowie die Biographie Romain Rolland. Der Mann und das Werk (im
Verlag Rütten & Loening). Zweigs Biographie des französischen
Nobelpreisträgers wurde unter anderem von der schwedischen Reformpädagogin
Ellen Key rezensiert (Marie Franzos Übersetzung der Rezension von Key erschien
in der NFP am 11. März 1923). Zweigs Beschäftigung
sowohl mit zeitgenössischen als auch mit den großen Autoren des 19.
Jahrhunderts steht in engem Zusammenhang mit seinem Interesse für den
künstlerischen Prozess und Fragen nach künstlerischer Kreativität; das ›Geheimnis‹ der
Produktivität ist eines der zentralen Themen im Oeuvre Zweigs (der Titel eines
Vortrags, den er 1938 in Amerika halten wird, lautet: Das Geheimnis des künstlerischen Schaffens). 1922 nahm Zweig in
Paris an der Gründungsversammlung des ›Cercle littéraire‹ (später P.E.N.-Club) teil.
Anlässlich der Veröffentlichung des Prosabands Amok bezeichnet Julian Sternbergals Schriftsteller häufig als Josef Luitpold, geb. am 16.4.1886 in Wien - gest. am 13.9.1966 in Wien; Schriftsteller, F... Zweig in der Zeitschrift Moderne WeltEine illustrierte Revue (ab 1926 Untertitel: Das Blatt der eleganten Dame, ab 1931 Almanach der Dame) Redakteur: Ludwig ... im Februar 1923 (Jg 4, H. 9)
als „den unstreitig bedeutendsten unter der jüngeren deutschen
Dichtergeneration“. 1924 erschien im Insel Verlag unter dem Titel Die gesammelten Gedichte eine Auswahl
von Zweigs lyrischem Werk. Am 6. November 1926 erfolgte die Uraufführung von Zweigs
Volpone, einer Bearbeitung von Ben
Johnsons Volpone, or The Fox
(1605/1606) im Wiener Burgtheater; Hans Liebstöcklgeb. am 18.2.1872 in Wien – gest. am 24.4.1934 in Wien; Journalist, Redakteur, Kunst- und Musikkritiker, Schriftstelle... reagierte auf den Erfolg des
Stücks in Die BühneGegründet 1924 durch den umstrittenen Zeitungsunternehmer Emmerich Bekessy, erschien die Zs. ab 6.11.1924 als Wochenzei... am 18. November
1926: „Das Burgtheater hat ein neues Kassenstück“. 1927 erschien der Bd. Sternstunden der Menschheit, der in der
ersten Ausgabe fünf historische Miniaturen enthielt, in den weiteren Auflagen
sukzessive erweitert wurde. Fritz Rosenfeldgeb. am 5.12.1902 in Wien – gest. am 27.12.1987 in Sussex (GB); Journalist, Film- und Literaturkritiker Ps.: Frie... (Salzburger Wacht, 9.12.1927) klassifizierte das Buch als „eine Art
poetische Geschichtsschreibung, dichterisch gesteigerter, aus dem Einmaligen
das Allgemeingültige herausschälender Wirklichkeitsbericht“.
In den folgenden Jahren veröffentlichte Zweig eine Reihe historischer Biographien, zunächst Joseph Fouché. Bildnis eines politischen Menschen (1929), Marie Antoinette. Bildnis eines mittleren Charakters (1932) und 1934 Triumph und Tragik des Erasmus von Rotterdam. Am 19. Februar fand in der Villa am Kapuzinerberg eine polizeiliche Hausdurchsuchung statt, durch die sich Zweig gezwungen sah, Österreich zu verlassen. Zweig reiste im Februar 1934 über Paris zunächst nach London, von wo aus er in den folgenden Jahren Reisen unter anderem in die Schweiz, nach Frankreich, nach Brasilien, in die USA, nach Portugal und eine letzte Reise nach Österreich (November 37) unternehmen sollte. 1938 erfolgte die Scheidung von Friderike, Mitte Dezember desselben Jahres reiste Zweig mit Lotte Altmann (Hochzeit am 6. Sept. 1939) nach New York und begab sich bis März 1939 auf Vortragsreise durch die USA. Zweigs erster (und zu Lebzeiten einziger) Roman Ungeduld des Herzens erschien in Zusammenarbeit der beiden Exilverlage Bermann-Fischer und Allert de Lange in Stockholm und Amsterdam. Im März 1940 erhielten Lotte und Stefan Zweig die britische Staatsbürgerschaft, verließen das europäische Festland am 25. Juni mit der Abreise von Liverpool nach New York kurz darauf aber dennoch endgültig. Im Jahr 1941 erschien Brasilien. Ein Land der Zukunft in deutscher Sprache bei Bermann-Fischer, Zweig hielt sich mehrmals in den USA und Brasilien auf, ließ sich im September schließlich in Pétropolis nieder und versendete im November von dort aus das Manuskript von Die Welt von Gestern an mehrere Verlage. Am 22. Februar nahmen sich Stefan und Lotte Zweig mit einer Überdosis Veronal das Leben, die Sterbeurkunde weist als Todestag den 23. Februar aus; posthum erscheinen noch im selben Jahr Amerigo. Geschichte eines historischen Irrtums, Schachnovelle und Die Welt von Gestern. Erinnerungen eines Europäers.
Quellen und Dokumente
Abendaquarelle aus Algier. In: Neue Freie Presse, 27.4.1905, S. 1f., „Die Haindlkinder“. In: Neue Freie Presse, 27.9.1908, S. 31f., Heimfahrt nach Oesterreich. In: Neue Freie Presse, 1.8.1914, S. 1f., Die schlaflose Welt. In: Neue Freie Presse, 18.8.1914, S. 1-3.
Hans Bergmann: Silberne Saiten. In: Montags-Revue aus Böhmen, 29.4.1901, S. 5, Hermann Leoster: Burgtheater. („Das Haus am Meer“. Ein Schauspiel in zwei Teilen von Stefan Zweig.) In: Der Morgen, 28.10.1912, S. 6, Felix Salten: Burgtheater. „Das Haus am Meer“, ein Schauspiel in drei Aufzügen von Stefan Zweig. In: Pester Lloyd, 27.10.1912, S. 1f., Albert Ehrensteingeb. am 23.12.1886 in Wien – gest. am 8.4.1950 in New York; Lyriker, Erzähler, Kritiker Das Porträtmodul von Ve...: Stefan Zweig: Der verwandelte Komödiant. In: Pester Lloyd, 12.10.1913, S. 21,
Literatur
Arturo Larcati, Klemens Renoldner, Martina Wörgötter (Hg.): Stefan-Zweig-Handbuch. Berlin, Boston: de Gruyter 2018.
(PK)