Das Flugblatt

Literarische Zeitschrift, hg. von Oskar Maurus Fontana und Alfons Wallis, die in unregelmäßiger Weise, d.h. etwa vierteljährlich vom Frühjahr 1917 bis zum Herbst 1918 in fünf Ausgaben im Anzengruber Verlag (Wien) erschien. Die Redaktion befand sich im dritten Bezirk, d.h. in der Landstraße 1, offenbar dem Wohnsitz von Wallis. Die letzte Ausgabe trug das Motto Das Flugblatt wendet sich an alle jungen Menschen, die den Geist suchen und nicht den Betrieb. Der Umfang betrug jeweils zwölf Seiten.

Als Mitarbeiter figurierten die Autoren, die jeweils zum Abdruck kamen. Von Beginn an versammelte dabei das F. ein recht heterogenes Spektrum: mit Richard Billinger, Felix Braun, Heinrich Eduard Jacob, Oskar Loerke u. Max Mell neuromant. Lyriker mit trad. Themen, mit Uriel Birnbaum, Rudolf Leonhard, Emil A. Rheinhardt, Erich Singer, Berthold Viertel und Paul Zech, eine Generation der in den 1890er Jahren geborenen Schriftsteller, die in unterschiedlichem Ausmaß der expressionistischen, aktivistischen oder vitalistischen Bewegung nahe standen bzw. sich tw. auch der Spätmoderne des Fin de Siècle zurechneten. Die Mehrzahl der Beiträge bestand aus Gedichten; gelegentlich kamen kürzere Prosatexte sowie ab H.2 auch programmatische Kommentare u. Reflexionen über Dichtung sowie über Zeitfragen (Krieg, Sozialismus, Zionismus) hinzu. Ebenfalls ab H. 2 bzw. ab H.3 waren Eugen Hoeflich, Max Brod, P. Hatvani, A. P. Gütersloh, Fritz Lampl sowie in den letzten beiden auch Kurt Hiller, Arthur Holitscher, Leo Strauß oder C.M. Weber mit Beiträgen vertreten, womit die Zs. stärker eine programmat. Note in Richtung einer expressionistischen, messianischen Geschichtskonzeption (Wallas, 34) erhielt. Letztere wurde mit dem Abdruck von Stellen aus Hasenclevers kriegskrit. Antigone-Schauspiel unter dem Motto Dem Aufgang zu! bzw. Die neue Welt bricht an In H. 2/1917 eingeleitet, in A. Holitschers Plädoyer für einen neuen, der Bergpredikt verpflichteten Sozialismus ausgeweitet (H.4/1918) u. mündete in einen zum Programm erhobenen Glauben „an eine neue Zeit“ (Leonhard) in H. 5/1918, in der den Dichtern, so auch O.M. Fontana, als „die wirklich Wirklichen“ eine Orientierungsfunktion zukommen werde.


Quellen und Dokumente

Ankündigung in: Oesterr.-ungar. Buchhändler-Correspondenz, 20.6.1917, S. 277.

Literatur

A.A. Wallas: Zeitschriften und Anthologien des Expressionismus in Österreich. Analytische Bibliographie und Register Bd. 1 (1995), S. 34.

(PHK)