Karpfen, Fritz
geb. am 21.2.1897 in Wien – gest. am 26.8.1952 in Wien; Schriftsteller, Kunstkritiker, Feuilletonist
Über die frühen Jahre und die schulische Laufbahn ist nur wenig bekannt. Greifbar wird K. erstmals 1916 in einer lobenden Besprechung seiner Beiträge für die „poetischen Blätter“ Die Aussaat, – „Eindrücke aus dem Kriegsgebiet und von den Feldern des Kampfes…“. Diese kontrastieren scharf seine erste selbständige Publikation im expressionistisch-aktivistischen Umfeld, d.h. sein sechzehnseitiges Literarisches Verbrecheralbum im Verlag der Zs. Ver 1918, die als Abrechnung mit der Kriegslyrik eines R. Dehmel, A. Petzold und R. Schaukalgeb. am 27.5.1874 in Brünn/Brno – gest. am 10.10.1942 in Wien; Schriftsteller, Essayist, Übersetzer Aus: Radio ... sowie der Kriegspropagandaschriften von H.H. Ewers, Alice Schalek u.a. weite Resonanz erfuhr, wie selbst eine Leserzuschrift in der Ztg. Die soziale Revolution (12.2.1919) belegt. In Ver selbst, insbes. in den Heften 12/13 (1918), aber auch in anderen express. Zs. wie in Kritik (1923) oder im Literaria-Almanach (1921), war K. mit Gedichten, Kunst-Essays u.a. Kritiken regelmäßig präsent, u.a. auch mit einem Essay über K. Kraus (Ver,15/16/1918).
1921 schreibt sich K. mit seinem mehrbändigen Werk Gegenwartskunst in die zeitgenöss. Kunstkritik ein; der erste Bd. ist Russland, der zweite Österreich und der dritte Bd. Skandinavien gewidmet (siehe Ankündigung in Die Muskete). Daneben betätigt er sich als Verf. von Einaktern wie z.B. Im Kanal, der 1922 auf der Roland-Bühne aufgeführt wurde. In der Zs. Muskete kam dagegen 1923 der Einakter Tiefe zum Abdruck. 1924 folgen wieder mehrere Bände zur Kunst/Geschichte: Biographien zu Egon Schiele und zum Bildhauer Gustinus Ambrosi sowie eine, auch von der Wirkungsgeschichte her bemerkenswerte Arbeit, d.h. Der Kitsch. Eine Studie über die Entartung der Kunst (1925), die in ihrer Argumentation auf H. Broch und seine Überlegungen zum Kitsch im Rahmen von dessen Werttheorie vorausweist. 1925-26 veröffentl. K. Beiträge in der Ztg. Der MorgenDer Morgen war ein von Carl Colbert und Maximilian Schreier 1910 gegründetes liberales Montagsblatt. Zunächst in Erg... mit, u.a. eine Kontroverse mit Max Eisler über die von Abel Pann illustrierte Bibel in Bildern sowie über ein ambitioniertes Russland-Ansiedelungsprojekt österr. Arbeitsloser. Ab 1926 engagiert sich K. vermehrt für den Wintersport und dessen Propagierung, insbes. für Schikurse, sowie für Gesellschaftsreisen, letztere vorwiegend in den Mittelmeerraum; er bewirbt diese in Zs. wie Die BühneGegründet 1924 durch den umstrittenen Zeitungsunternehmer Emmerich Bekessy, erschien die Zs. ab 6.11.1924 als Wochenzei... oder in Form von Lichtbildervorträgen. Im Juni 1928 erleidet K. als Augenzeuge bei einem Ehrenbeleidigungsprozess, bei dem der Beschuldigte, der bekannte Journalist Bruno Wolf vom Neuen Wiener Journal, im Gerichtssaal ermordet wurde, einen Nervenzusammenbruch. Im darauffolgenden Jahr tritt er aus der IKG aus. 1930 werden einzelne seiner der Freizeitkultur gewidmeten Texte auch im Radio gesendet, insgesamt jedoch ist seine Präsenz, insbes. in Zeitschriften, stark rückläufig. Über seine weiteren Lebensumstände in den 1930er Jahren ist ebenfalls nahezu nichts bekannt, 1938 flüchtete er aus Österreich, vermutlich nach Frankreich.
Weiteres Werk
Kunst, Erotik, Sittlichkeit. Essays (1924)
Quellen und Dokumente
Die Kunst in Sowjetrußland. In: Der AbendTageszeitung, begründet im Juni 1915 durch Carl Colbert, die aufgrund zensurmäßiger Eingriffe und ihrer tendenziell l..., 9.10.1920, S. 3, Land! Sechshundert Österreicher wandern nach Sowjetrußland aus. In: Der Morgen, 2.6.1925, S. 6, Die Bibel in Bildern. In: Der Morgen, 29.3.1926, S. 8, Ein alltägliches Märchen. In: Die Muskete, 9.9.1926, S. 417, Nackt im Schnee. In: Die Bühne 4 (1927), H. 78, S. 43f., Die Religion der weißen Berge. In: Die Bühne 4 (1927), H. 115, S. 24f., Zwischen Frühling und Winter. In: Wiener Sonn- und Montags-Zeitung, 2.5.1927, S. 6, Frühling im Schnee. In: Österreichische Illustrierte Zeitung, 27.5.1928, S. 2f., Märchen. In: Die Muskete, 11.2.1932, S. 115.
K. B.: Werkzeuge. In: Die soziale Revolution, 12.2.1919, S. 4.
Literatur
M. Kessler, P. M. Lützeler (Hgg.): Hermann Brochgeb. am 1.11.1886 in Wien - gest. am 30.5.1951 in New Haven CT, USA; Schriftsteller, Kritiker, Industrieller, Exilant D... Handbuch (Berlin-Boston 2016), 341f.; N. Grosch/C. Stahrenberg: Nationaler ›Kitsch‹ als ästhetisches Problem im populären Musiktheater. In: K. Ackermann u.a. (Hg.): Kitsch und Nation. Zur kulturellen Modellierung eines Begriffs (Bielefeld 2016), 164f.
Eintrag in der Opferdatenbank auf holocaust.cz.
(PHK)