Zifferer, Paul

geb. am 8.3.1879 in Bistritz/Bystice pod Hostynem (heute Tschech. Rep.) – gest. am 15.2.1929 in Wien; Schriftsteller, Diplomat, Journalist

Der aus Mähren gebürtige Z. wuchs zunächst dort mit drei Geschwistern auf und kam im Zuge der Übersiedelung der Familie nach Wien. Einen Teil der Schulausbildung und des Studiums (Jus und Philosophie) absolvierte er in Paris. Nach seiner Rückkehr nach Wien schloss er sich den jungwiener Autoren an, insbesondere H.v. Hofmannsthal u. A. Schnitzler. Die erste deutschspr. literar. Arbeit war Das Märchen des Lebens, das als Feuilleton 1899 in der AZ erschien. 1902 folgte der novellenartige Roman Der kleine Gott der Welt, der im slawischsprachigen Umfeld der Karpathen angesiedelt ist und von M. Foges im Neuen Wiener Journal (NWJ) als eine Art Gemeindekind-Erzählung mit zwar anstrengenden, aber auch Talent anzeigenden Seiten gewürdigt wurde. 1905 trat Z. eine Advokaturkandidaten-Stelle in Wien an, aus der er 1906 wieder austrat. 1907 erschien von ihm eine Übertragung von Versen einer russischen Revolutionärin, die im Grazer Arbeiterwillen (1.1.1907) zum Abdruck kamen. Im April 1907 unternahm er seine erste Amerikareise, die Anlass zu Reisefeuilletons für das NWJboten. Einer dieser Beitr. liefert interessante statist. Daten zur Amerikaemigration aus Österreich-Ungarn. Z.s. Positionierung im umstrittenen Pariser Fall Steinheil (1909) in der NFP trug ihm wüste antisemit. Polemik ein, z.B. durch die Reichspost.

Ab 1910 erschienen regelmäßig feuilletonist. Texte in der NFP, oft mit französ. Bezügen. Zu diesen zählen auch Z.s. Übersetzungen, z.B. des Frühwerks von Flaubert, aber auch zu R. Auernheimer, dem er fortan freundschaftl. verbunden blieb oder zu den russ.-jüd. Erzählungen von Ossip Dymow sowie zu St. Zweig. Sein Nov.Bd. Das Kleid des Gauklers (1911) stieß auf Anerkennung, u.a. in der Jüdischen Volksstimme oder im Pester Lloyd; 1912 veröffentl. Z. in der NFP eine Besprechung  von A. Schnitzlers Novellenband Masken und Wunder, 1913 eine zu Th. Manns Der Tod in Venedig. Im März 1914 gelangte im Dt. Volkstheater sein dramatisches Gedicht Die helle Nacht, gemeins. mit St. Zweigs Einakter Der verwandelte Komödiant zur Uraufführung. Zum Kriegsausbruch äußerte sich Zifferer kaum bzw. zurückhaltend, er nahm jedoch an Benefizveranstaltungen als Mitwirkender teil, bevor er nach Albanien als Kriegsberichterstatter entsandt wurde bzw. in Wien an verschiedenen Aktivitäten der Kriegsfürsorge mitwirkte. Seine (wenigen) Kriegsfeuilletons erschienen ab 1915 vorwiegend in der NFP; ähnlich jenen Hofmannsthals, mit dem ihm seit 1910 ein beachtl. Korrespondenzaustausch verband, waren sie von österr.-patriotischer Gesinnung geprägt, enthielten sich aber nationalistischer Töne und Übersteigerung. 1916 erschien bei S. Fischer Z.s. in Mähren angesiedelter Roman Die fremde Frau, den auch Hermann Menkes im NWJ begrüßte u. der auch in dt. Ztg. auf positive Resonanz stieß. 1917 wird Z. als Herausgeber der von Hofmannsthal begründeten Zs. Revue d’Autriche tätig, die v.a. Richtung Frankreich kulturpoltisch-propagandistisch wirken sollte.

Noch vor dem offiz. Ende d. Krieges war Z. im Okt. 1918 wieder in Paris u. zwar als Presseattaché der im Aufbau befindl. diplomat. Mission der Republik Österreich [!]; 1919 veröffentl. er die Erz. Das Feuerwerk, die seine Albanien-Erlebnisse zusammenfassen. Die Resonanz blieb diesmal unter den Erwartungen, ebenso im Zuge des 1923 ersch. Romans Die Kaiserstadt, den u.a. Moritz Scheyer im NWJ besprach. 1925 vertrat Z. den Zentralrat der geistigen Arbeiter Österreichs bei seinem Internat. Treffen in Paris, 1926 in Wien und ebf. im Juni 1926 bildete er, gemeins. mit R. Auernheimer u. F. Dörmann, die österr. Delegation auf dem Weltkongress der dramatischen Schriftsteller und Komponisten in Paris. Im März 1925 lud Z. Hofmannsthal zu einer Reise nach Marokko ein, die H. dann in seinen Bericht Reise im nördlichen Afrika (1925) einmünden ließ. 1927 brachte die NFP den wieder bei S. Fischer im selben Jahr ersch. Roman Der Sprung ins Ungewisse im Vorabdruck; ebf. 1927 wurde Z. der Titel eines Chevalier der Französ. Ehrenlegion verlieren; 1928 erkrankte er an Nierenkrebs, an dem er im Februar 1929 verstarb.


Weitere Werke

Pariser Cantilenen (1904); Die Geisterfalle (Übersetzung von Le Piège, Rachilde); König Davids Saitenspiel (1917); Hugo von HofmannsthalPaul Zifferer. Briefwechsel. Hg. von Hilde Burger (1983)

Quellen und Dokumente

Das Märchen des Lebens. In: Arbeiter-Zeitung, 10.12.1899, S. 11, Vor dem Tod. In: Arbeiterwille, 1.1.1907, S. 2, Die Amerikareise des Wiener Männergesangsvereines. New York – Philadelphia – Baltimore. In: Neues Wiener Journal, 24.5.1907, S. 5f., Madame Steinheil freigesprochen! In: Neue Freie Presse, 14.11.1909, S. 2, Die neuen Bücher Raoul Auernheimers. In: Neue Freie Presse, 12.6.1910, S. 32f., Das Tagebuch einer russischen Familie. In: Neue Freie Presse, 22.1.1911, S. 33, In Feindesland. In: Neue Freie Presse, 8.11.1912, S. 1-3, Das neue Buch von Arthur Schnitzler. In: Neue Freie Presse, 19.5.1912, S. 31f., Der Tod in Venedig. In: Neue Freie Presse, 6.8.1913, S. 31, Beim Vormarsch in den Karpathen. In: Neue Freie Presse, 4.2.1915, S. 1-4.

Toni Mark: Ein spannender Roman aus Mähren. [Rez. zu P. Z.: Die fremde Frau]. In: Mährisches Tagblatt, 7.8.1916, S. 2f., Karl Marilaun: Gespräch mit P. Z. In: Neues Wiener Journal, 14.10.1919, S. 5, Moriz Scheyer: Die Kaiserstadt [Rez.] In: Neues Wiener Tagblatt, 16.1.1924, S. 11.

Literatur

Eintrag bei Literarische Landkarte der deutschmährischen Autoren.

(PHK)