Balázs, Béla
als Herbert Bauer geb. am 4.8.1884 in Szeged – gest. am 15.7.1949 in Budapest; Drehbuchautor, Filmkritiker und -theoretiker, Regisseur, Librettist, Schriftsteller
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Nach dem Studium der Philosophie in Budapest, u.a. bei Georg Simmel und Wilhelm Dilthey, und in Paris bei Henri Bergson wandte sich B. der Literatur zu und begann Lyrik, Dramen, Märchen, Novellen und Libretti zu schreiben. Bekannt ist z.B. der Märchenzyklus Der Mantel der Träume. 1919 floh B., der u.a. mit György Lukács befreundet und kommunistisch orientiert war, nach der gewaltsamen Beendigung der Räterepublik unter Bela Kungeb. am 20.2.1886 in Szilágycseh (dt.: Böhmischdorf, ehem. Transylvan. Siebenbürgen) als Béla Kohn - gest. am 29.8.1... nach Wien, wo bereits Ende Februar 1920 seine Tragödie Tödliche Jugend ihre österreichische Erstaufführung erleben konnte. Neben seiner schriftstellerischen und journalistisch-kritischen Tätigkeit in ungarischen Exilblättern wie Bécsi Magyar Ujság oder in den angesehenen Ztg. Der MorgenDer Morgen war ein von Carl Colbert und Maximilian Schreier 1910 gegründetes liberales Montagsblatt. Zunächst in Erg... bzw. Der Tag, kam er in Wien auch mit dem Film in Berührung. Für den Tag verfasste er neben zahlreichen Film- auch Theaterkritiken, z.B. zu Georg Kaisers Kolportage, Franz Werfels Der Spiegelmensch, Robert Musils Vinzenz, Arthur Schnitzlers Komödie der Verführungvon Arthur Schnitzler Schnitzler hat an seiner Komödie der Verführung über zwei Jahrzehnte gearbeitet, bis der Krieg... oder Hugo v. Hofmannsthals Der Schwierige. Im Mai 1922 firmierte er u.a. als Gründungsmitglied der Wiener Clartè-Sektion (NFP, 23.5.1922, 20) und etwa zeitgleich besprach Thomas Mann seinen Band ‚chinesischer Novellen‘ Der Mantel der Bäume in der NFP geradezu hymnisch als (illustriertes) Werk von großer „dichterischer Geschicklichkeit“ und „metaphysischem Tiefsinn“. Mit der Schrift Der sichtbare Mensch (1924) legte Balázs bekanntlich einen Kerntext der modernen Filmtheorie und Filmästhetik vor, den sowohl Hofmannsthal wie Schnitzler aufmerksam registrierten. Im selben Jahr nahm er an der ‚Kinoreformtagung‘ in der Wiener Urania als Referent teil, hielt ebendort einen Einleitungsvortrag zu einem R. Musil-Abend (19.10. 1924) und wirkte am Drehbuch des Films Moderne Ehen (gem. mit Paul Busson und Felix Saltengeb. als Sziga bzw. Siegmund Salzmann am 6.9.1869 in Budapest, gest. 8.10.1945 in Zürich; österr. Schriftsteller, Jour...) mit, der im Dezember 1924 in die Kinos kam (Kino-Journal 20.12. 1924, 13). Im Jahr 1926 übersiedelte er nach Berlin, erzielte mit dem Film Narkose (1929, nach Stefan Zweigs Briefe einer Unbekannten) einen Achtungserfolg, ebenso mit dem Film Grand Hotel. In Österreich kamen in der Folge seine Stücke nur mehr selten zur Aufführung, z. B. im Nov. 1927 sein Tanzspiel Der holzgeschnitzte Prinz auf der Grazer Arbeiterbühne (Arbeiterwille, 16.11.1927, 7), aber auch seine Regietätigkeit verlagerte sich nahezu gänzlich auf deutsche oder internationale Filmprojekte. Im Zuge des Ersten Internationalen Kongresses des unabhängigen Films in La Sarraz (Schweiz) traf er sich 1929 mit Sergej Eisenstein, mit dem er bereits seit Jahren in wechselseitiger kritischer Bezugnahme auf das jeweilige Werk stand. Kurz danach veröffentlichte B. sein zweites filmtheoretisches Werk Der Geist des Films (1930), um danach als Drehbuchautor zu arbeiten, aber auch seinen ersten (und einzigen) Roman Unmögliche Menschen (1930) vorzulegen. Für die Verfilmung von Brechts Dreigroschenoper (1931) durch W. G. Pabst, gegen die Brecht gerichtlich vorzugehen suchte, zeichnete B., gemeinsam mit Leo Laniaeigentl. Hermann Lazar, geb. am 13.8.1896 in Charkow - gest. am 9.11. 1961 in München; Journalist, Schriftsteller ... und Ladislaus Vadja ebenso für das Drehbuch verantwortlich wie für Leni Riefenstahls Debüt Das blaue Licht (1932). 1931 folgte B. der Einladung einer sowjetischen Filmgesellschaft nach Moskau, wo er ab 1933 an der Filmhochschule wirkte. Daraus ging die 1937 fertig gestellte, aber erst 1945 veröffentlichte Schrift Isskustwo Kino (Filmkunst) hervor, die den ideologischen Zwängen Tribut zollte und unübersetzt blieb. 1946 kehrte Balázs nach Budapest zurück, um seine letzte Schrift Filmkultur 1948 fertig zu stellen.
Quellen und Dokumente
O. A[beles]: Neue Wiener Bühne: Tödliche Jugend. Tragödie in drei Akten von B. Balázs. In: Der Morgen, 29. 2. 1920, S. 5; Die Geschichte von der Lógodygasse, vom Frühling, vom Tod und von der Ferne. In: Die Moderne Welt 5 (1923), H. 11, S. 11ff., Der Detektivroman. In: Die Rote Fahne, 16.5.1922, S. 4. Thomas Mann: Ein schönes Buch. In: NFP, 21.5.1922, S. 33.
Fritz Rosenfeldgeb. am 5.12.1902 in Wien – gest. am 27.12.1987 in Sussex (GB); Journalist, Film- und Literaturkritiker Ps.: Frie...: Die “Dreigroschenoper” im Film. In: AZ, 29.5.1931, S. 9.
Literatur
Hanno Loewy: Béla Balázsals Herbert Bauer geb. am 4.8.1884 in Szeged - gest. am 15.7.1949 in Budapest; Drehbuchautor, Filmkritiker und -theoreti... – Märchen, Ritual und Film (Berlin 2003); Bernhard Fetz: Schrift. Film. Leben. Der Schriftsteller und Filmtheoretiker B. Balázs; Amalia Kerekes: Béla vergisst die Ismen. Béla Balázs’ Wiener Schriften zur ungarischen Avantgarde. Beide in: Pál Dereky, Zoltán Kékesi, Pál Kelemen (Hgg.): Mitteleuropäische Avantagarden. (Frankfurt/M. 2006)
(PHK)