Weill, Kurt

geb. am 2.3.1900 in Dessau – gest. am 3.4.1950 in New York; Komponist, Musikkritiker

Weill studierte ab 1918 an der Musik an der Hochschule für Musik in Berlin und zwar als Schüler von Ferruccio Busoni. Sein erstes Auftreten in Österreich hatte Weill anlässl. des Internat. Kammermusikfestes im August 1924 in Salzburg, auf dem er einen Liederzyklus Frauentanz präsentierte, den die Kritik, ausgenommen die Lokalpresse, als „starke Talentprobe“ (AZ) lobte, ein Zyklus, der Georg Kaiser motivierte, für ihn ein Opernlibretto zu verfassen, das umgehend, so ein Bericht im NWJ (3.9.1924) von der Wiener Staatsoper angenommen worden ist. Einen starken Eindruck hinterließ er auch mit einem Violinkonzert auf dem Zürcher Musikfest 1926 sowie mit der Urauff. der Oper Der Protagonist, ebf. 1926. In seinen frühen Opernprojekten ab 1925 arbeitete Weill also zunächst mit Libretti von G. Kaiser und Yvan Goll; 1927 begann die Zusammenarbeit mit Bertolt Brecht, die u.a. P. Stefan, der Hg. der Musikblätter des Anbruch aufmerksam verfolgte, insbes. nach der Urauff. der Oper Royal Palace und der Veröffentlichung seines programmat. Essays Bekenntnis zur Oper. 1928 folgte gem. mit Kaiser die Oper Der Zar lässt sich photographieren u. im selben Jahr verfassten Brecht und Weill zusammen Die Dreigroschenoper, die sein ab 1927 entwickelter sogenannter Songstil prägte.

Am 1.11.1928 kündigte die Wiener Zeitung die Erstauff. der Dreigroschenoper im Dt. Volkstheater an, die dann am 9. März 1929 in der Regie von Karlheinz Martin zustande kam, allerdings im Raimundtheater.

Ausgewählte Rezensionen zur Dreigroschenoper-Inszenierung finden Sie hier.

Bereits 1930 wurde Weill neben Krenek, Hindemith und Schönberg als einer der bedeutendsten Komponisten, inbes. im Opernsegment, von P. Stefan angeführt. 1931 folgte, wieder gem. mit Brecht, einerseits das Hörstück Der Lindberghflug, andererseits, nach einer Prozessflut die Verfilmung der Dreigroschenoper. Im Mai 1932 kam wiederum im Raimundtheater Brecht/Weills Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny mit Lotte Lenya, der Frau Weills in der Hauptrolle, inszeniert von H. Heinsheimer u. musikalisch betreut von Max Brand, zur Aufführung. Es handelte sich dabei um eine Inszenierung, die D.J. Bach in einem grundlegenden Beitrag über die Möglichkeiten der Oper, auf soziale Herausforderungen der Zeit einzugehen, begeistert begrüßte, aber auch der akademischere J. Marx durchaus positiv aufnahm, während sich Hans Brecka in der katholischen Reichspost polemisch und abschätzig äußerte.

Aufgrund seiner jüdischen Herkunft musste Weill 1933, nach der Machtübernahme Hitlers, Deutschland verlassen. Weill emigrierte zuerst nach Paris, wo er für das Théâtre des Champs-Élysées ein Ballett mit Gesang (Die sieben Todsünden) komponierte. In Wien wurde im März 1933 nach seiner Dreigroschenoper-Musik ein Tanzdrama nach einer Vorlage von M. Gorki in der Bearbeitung von Marcel Rubin u. Gertrud Kraus im Volksbildungshaus aufgeführt und bis 1938 wurden via Radio Wien regelmäßig Musikstücke aus der Dreigroschenoper (Kleine Dreigroschenmusik) ausgestrahlt. 1934 berichtete das NWJ von einer geplanten Vertonung des Werfel-Dramas Das Volk der Verheißung durch Weill, für daM. ReinhardtM. Reinhardt interessierte; 1935 emigrierte letzterer in die USA. 1937 kündigte die Zs. Mein Film an, Weill werde für den F. Lang-Film You and Me die Filmmusik komponieren und im April 1937 kam im Rahmen der Abonnementkonzerte der Wiener Philharmonie seine Symphonische Phantasie zur Erstaufführung. Ein Hauptwerk Weills der US-Exiljahre ist Der Weg der Verheißung bzw. The Eternal Road, ein Bibelspiel, das die Geschichte des jüdischen Volkes darstellt. 1940 komponierte er die Musik zum erfolgreichen Film The Lady in the Dark sowie die Kantate The Ballade of Magna Charta; 1943 erhielt Weill die amerikanische Staatsbürgerschaft. Im selben Jahr wurde Ben Hechts Stück We will never die über die Shoah im Square Garden (N.Y.) uraufgeführt, zu der ebf. Weill die Musik komponiert hatte und 1944 vertonte er den Liederzyklus Wie lange noch von Walter Mehring zu Chansons, Kompositionen, die u.a. sein wesentlich in den USA sich verstärkendes Engagement für jüdische Fragen dokumentieren. Auch mit George Gershwin und Maxwell Anderson komponierte er in den späten 1940er Jahren mehrere Musicals.


Quellen und Dokumente

Das Salzburger internationale Kammermusikfest. In: Arbeiter-Zeitung, 12.8.1924, S. 8, Adolf Aber: „Der Protagonist“. Ein Akt Oper von Georg KaiserKurt Weilln Kurt Weill. In: Neues Wiener Journal, 31.3.1926, S. 10, Edwin Felber: Das Züricher Musikfest. In: Wiener Morgenzeitung, 30.6.1926, S. 6, Rudolf Stephan Hoffmann: Internationales Musifest in Zürich. In: Neue Freie Presse, 3.7.1926,Paul Stefan Paul Stefan: Kaiser und Pirandello als Librettisten. Uraufführungen an der Dresdner Oper. In: Die Bühne (1926), H. 79, S. IIf., Paul Stefan: Royal Palace. Opern-Uraufführung in Berlin. In: Die Bühne (1927), H. 124, S. 16, Paul Stefan: Eine neue Oper von Georg Kaiser und Kurt Weill. In: Die Bühne (1928), H. 173, S. 17, „Die Dreigroschenoper“. In: Die Bühne (1928), H. 201, S. II, Paul Stefan: Drei Opern-Uraufführungen. Krenek – Schönberg – Kurt Weill. In: Die Bühne (1930), H. 277, S. 17, Joseph Marx: „Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny“. Oper in zwei Akten von Bert Brecht. Musik von Kurt Weill. In: Neues Wiener Journal, 27.4.1932, S. 11, B.: „Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny“. Oper von Bert Brecht. Musik von Kurt Weill. In: Reichspost, 28.4.1932,David Josef Bachd Josef Bach: Der Song vom untergehenden Kapitalismus. „Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny“ im Raimund-Theater. In: Arbeiter-Zeitung, 4.5.1932Fritz Rosenfeldtz Rosenfeld: Die Stadt wartet. Tanzdrama von Gertrud Kraus. – Uraufführung im Volksbildungshaus. In: Arbeiter-Zeitung, 10.3.1933, S. 10, Reinhardt-Bibelspiel nach dem Alten Testament. In: Die Stunde, 29.6.1934, S. 4, Reinhardt sucht ein zweites „Mirakel“. Neues Stück Franz Werfels vor der Vollendung. In: Neues Wiener Journal, 17.7.1934, S. 11, Notiz zu Filmmusikprojekt mit Fritz Lang in: Mein Film (1937), H. 599, S. 14.

Literatur

Joseph A. Kruse (Hg.): Vom Kurfürstendamm zum Broadway: Kurt Weill (1900–1950). Düsseldorf 1990; David Farneth, Elmar Juchem, David Stein (Hgg.): Kurt Weill. Ein Leben in Bildern und Dokumenten. Berlin 2000; Stephen Hinton. Weill’s Musical Theater: Stages of Reform“. California 2012.

Eintrag bei britannica.com sowie bei holocaustmusic.ort.org.

Website der Kurt Weill Foundation.

(JD/PHK)