geb. am 12.7.1890 in Wien – gest. am 18.1.1941 in New York; Journalist, Schriftsteller, Redner

Ps.: Frater Antonius, Antoine de Lavache, Yorick

Als Sohn des jüdischen Prager Journalisten Emil Kuh (Neues Wiener Tagblatt) geboren, wuchs K. in Wien auf und verfasste bereits als Gymnasiast erste Kritiken für das Blatt seines Vaters sowie Beiträge für die Muskete und das Montagsblatt aus Böhmen. 1909 erschien nach zahlreichen anonymen Arbeiten das erste namentlich gezeichnete Feuilleton im Prager Tagblatt, wo K. seine publizistische Heimat findet. Ab 1917 schrieb er, vom Kriegsdienst verschont, auch für Siegfried Jacobsohns Schaubühne (ab 1918 Die Weltbühne), für das von Karl Tschuppik redigierte Zeitungsprojekt Der Friede und vor allem für die Montagszeitung Der Morgen. Als Rezensent schärfte er sein Profil als Kritiker des bürgerlichen Kulturbetriebs und ihrer medialen Öffentlichkeit – etwa mit Spott für Moriz Benedikt als Herausgeber der Neuen Freien Presse, den K. als „Nährvater der Verkalkten“ (Der Friede, 11.10.1918) geiselte – zunehmend. Im selben Jahr trat K. zu Gustav Meyrinks Golem erstmals als Stegreifredner in Erscheinung. Nach einer Mitarbeit an Benno Karpeles Der neue Tag, wo K. neuerlich u.a. auf Tschuppik, Alfred Polgar und Joseph Roth traf, übersiedelte er nach einer Tätigkeit als Wien-Korrespondent des Berliner Börsen-Courier in die Hauptstadt der Weimarer Republik, wo er am 19. Februar 1920 als Redner („Die sexuelle Revolution“) auf sich aufmerksam machen konnte. 1921 zurück in Wien veröffentlichte er den die Assimilation ebenso wie den Zionismus ablehnende Schrift Juden und Deutsche. Nach einem vorübergehenden Engagement beim Neuen Wiener Journal 1922/23 schloss sich K. Imre Békessys Boulevardblatt Die Stunde (Chefredakteur: Karl Tschuppik) an, was im Oktober 1925 mit der im Wiener Konzerthaus gehaltenen Rede Der Affe Zarathustras zum Höhepunkt des seit 1918 schwelenden Konflikts mit Karl Kraus führen sollte. Als Theaterkritiker der Stunde widmete er sich verstärkt populären Unterhaltungsformen wie Kabarett, Revue und Varieté, Zirkus und Tanz, initiierte aber auch publizistische Debatten u.a. zu Arnolt Bronnens Texten Exzesse (1922) und Anarchie in Sillian (1923).

Im Sommer 1926 zog K. wieder nach Berlin, wo er für zahlreiche Zeitungen und Zeitschriften arbeitete, u.a. für die Vossische Zeitung, das Berliner Tageblatt, die B. Z. am Mittag, Die Weltbühne, Das Tage-Buch, den Querschnitt, Die Dame, Das Leben und Scherl’s Magazin, aber auch für den Münchner Simplicissimus, die Münchner Illustrierte Presse und die von Walter Tschuppik geleitete Süddeutsche Sonntagspost. Parallel dazu wirkte K. an mehreren Filmdrehbüchern mit, nach vereinzelten eigenen Auftritten feierte 1931 seine Bearbeitung von Nestroys Lumpazivagabundus auf der Berliner Volksbühne Premiere. Von sich reden machte K. weiterhin als Redner, weshalb ihn Tucholsky 1932 in einer Rezension wirkmächtig als „Sprechsteller“ titulierte. Bereits seit Kriegsende 1918 setzte sich K. mit dem Antisemitismus und dem aufkommenden Nationalsozialismus auseinander. Nach der notwendig gewordenen Rückkehr nach Wien übersiedelte K. Ende März 1933 nach Prag, wo er den Vortrag Der Geist des Mittelalters oder Worüber man nicht sprechen darf hielt. Ab Mitte 1934 schrieb er regelmäßig für Die neue Weltbühne und führte ein unstetes Leben zwischen Prag, Wien, Paris und London. Ab September 1936 auf der „Liste der deutschfeindlich tätigen Journalisten und Schriftsteller“, emigrierte K. in den Tagen des „Anschluss“ nach New York, wo er unter dem Pseudonym Yorick für den Aufbau publizierte.


Werke

Juden und Deutsche (1921) (Online verfügbar), Von Goethe abwärts (1922) (Online verfügbar), Börne, der Zeitgenosse (1922), Der Affe Zarathustras. Eine Stegreifrede von A. K., gehalten am 25. Oktober 1925 im Wiener Konzerthaussaal (1925) (Online verfügbar), Der unsterbliche Österreicher (1931) (Online verfügbar), Physiognomik. Aussprüche (1931) (Online verfügbar).

A. K.: Werke. Sieben Bde. Herausgegeben von Walter Schübler (2016).

Quellen und Dokumente

Kultur. Impressionen eines Passanten. In: Prager Tagblatt, 13.8.1909, S. 1-3, Ehrlich gestanden … In: Der Morgen, 22.7.1919, S. 5,  Die Burgtheaterlüge. In: Wiener Sonn- und Montagszeitung, 11.12.1922, S. 2f., Wie ich es rede. Bekenntnisse eines Improvisators. In: Neues Wiener Journal, 20.4.1924, S. 8f., Emigranten. In: Prager Tagblatt, 16.4.1933, S. 3, Asphalt und Scholle. In: Prager Tagblatt, 29.4.1933, S. 7.

-ls: Sexuelle Revolution [Rez. zum ersten Berliner Auftritt]. In: Vossische Zeitung, 27.2.1920, S. 2, Franz Blei: Zu A. K.s Sonntagsrede. In: Berliner Tageblatt, 14.12.1928 (a), S. 4, F. B.: Der Stegreifredner. In: Prager Tagblatt, 12.1.1929, Béla Balász: Nestroy einst und jetzt. In: Die Weltbühne 22 (1931), H. 23, S. 848-851, Peter Panter (d. i. Kurt Tucholsky): Auf dem Nachttisch. [Rez. zu Physiognomik]. In: Die Weltbühne 28 (1932), H. 5, S. 177-180.

Literatur

Oliver Bentz: A. K. Kaffeehausliterat zwischen Prag, Wien und Berlin (2017), Walter Schübler: Weandorf. A. K. und die Provinzialisierung der Metropole. In: Wolfgang Kos (Hg.): Kampf um die Stadt. Politik, Kunst und Alltag um 1930, S. 108-113 (2009), W. S.: Eine Wiener „Lokalgröße“? – Mitnichten! A. K.: eine Richtigstellung. In: W. S. (Hg.): A. K.: Jetzt können wir schlafen gehen! Zwischen Wien und Berlin, S. 218-224 (2012), W. S.: Nachwort. In: A. K.: Werke. Bd. 7, S. 555-603, Ders.: Anton Kuh. Biographie. Göttingen 2018; Traugott Krischke: Ein fast berühmter Mann: A: K. Collage (1993), Ulrich Weinzierl: K., A. In: Neue Deutsche Biographie 13 1982), S. 249 f. [Onlinefassung].

Beatrix Novy: Meister der Glosse und des Feuilletons. Zum 120. Geburtstag des Journalisten A. K. In: Deutschlandfunk, 12.7.2010, Radiobeitrag in der Reihe Chronisten, Reporter, Aufklärer (2002), Sammlung von Besprechungen zur Werkausgabe (2017).

Homepage der Anton-Kuh-Gesellschaft (u.a. mit Biographie und Bibliographie)

(ME)

geb. am 20.2.1886 in Szilágycseh (dt.: Böhmischdorf, ehem. Transylvan. Siebenbürgen) als Béla Kohn – gest. am 29.8.1938 in Moskau; Politiker, Revolutionär, Flüchtling

Ps.: Emmerich Schwarz, Imre Schwarz

Kun entstammte einer einfachen jüd. Familie, wuchs deutsch- und ungarischsprachig auf, besuchte das Calvinistische Kollegium in Lelei (Lellen), wo er sich intensiv mit ungarischer Literatur befasste, magyarisierte seinen Namen im Zuge des Studiums der Rechtswissenschaften an der Univ. Klausenburg (Cluj) um 1906, wo er einerseits mit sozialistischen Ideen in Kontakt kam und andererseits mit Endre Ady, herausragenden Vertr. der ungar. Moderne, Freundschaft schloss, der ihn in die Intellektuellen- und Schriftstellerkreise in Budapest einführte. In den Klausenburger Jahren bis 1914 arbeitete K. an sozialdemokr. Zeitungen mit und war bei der Arbeiterkrankenkasse angestellt. 1914 einberufen nahm er an den Kämpfen am österr.-russischen Kriegsschauplatz teil. Nach der Gefangennahme 1916 und der Internierung im Ural näherte er sich 1917 der kommunistisch-bolschewistischen Bewegung. Schon im März 1918 war K. Mitbegründer einer Vorläuferorganisation der ungarischen KP in Moskau. Kurz darauf lernte er in St. Petersburg/Petrograd W. I. Lenin kennen, nahm am Bürgerkrieg teil und positionierte sich im Umfeld des linken Flügels, d.h. in Gefolgschaft von Grigori Zinoview und Karl Radek. Nach der Kapitulation Österreich-Ungarns kehrte K. am 4.11.1918 nach Budapest zurück, gründete dort nochmals die Kommunistische Partei und ging auf Konfrontation mit der von den Sozialdemokraten unterstützten Regierung des Grafen Mihály Károly. Obwohl im Feb. 1919 in Haft, gelang es ihm am 21.3.1919 die ungarische Räterepublik auszurufen und die Reg. zu stürzen. Binnen kurzer Zeit kam es zu Nationalisierung u. Kollektivierungen nach sowjet. Vorbild. In Wien reagierte die Neue Freie Presse mit der Schlagzeile Der Bolschewismus vor den Türen der Stadt Wien und machte auch die Pariser Friedensverhandlungen dafür mitverantwortlich. Die österr. Sozialdemokratie geriet in große Verlegenheit, der Aufforderung K.s. zu folgen, sich dem revolut. Beispiel anzuschließen. Austerlitz wies dies mit dem Argument der völligen Abhängigkeit von Entente-Getreidelieferungen zurück und vertröstete die Ungarn auf die „Stunde, in der auch die Arbeiterklasse Englands und Amerikas, Frankreichs und Italiens die Fesseln sprengen“ werden und Friedrich Adler sandte namens der Arbeiterräte eine Solidaritätsadresse An das Proletariat Ungarns!, in der er ebf. Bedauern ausdrückte, dem ungar. Beispiel leider nicht folgen zu können, aber den Ausbau der Räteorganisationen vorantreiben zu wollen, eine Haltung, die im Zentralorgan der KPÖ, Die soziale Revolution, scharf kritisiert wurde. Otto Bauer stand, wenngleich gegen diese Form revolut. Umgestaltung, anfangs mit K. in briefl. Kontakt bzw. durch Emissäre in Verbindung. Auch literar. Zeitgenossen wie Karl Kraus, Robert Müller und Robert Musil verfolgten die Ereignisse aufmerksam u. kommentierten sie in Glossen, Essays oder Tagebuchnotizen. Nach einem gescheiterten antikommunist. Aufstandsversuch im Juni 1919 griff K. zu drastischen Gegenmaßnahmen über eine rasch organis. Geheimpolizei, weshalb diese Phase als Roter Terror bekannt wurde. Da zur selben Zeit Ungarn in militär. Konflikte mit der Tschechoslowakei und v.a. mit Rumänien verwickelt war, suchte K. einerseits mit sowjet. Unterstützung eine schlagkräftigere Armee aufzubauen, andererseits über verschiedene Vermittler mit dem insbes. von Frankreich auch militär. unterstützten Rumänien zu verhandeln, Initiativen, die jedoch scheiterten. K. riskierte daher im Juli 1919 eine militär. Offensive, die jedoch scheiterte und das Ende der Räterepublik herbeiführte. Erst dann trat der ehem. k.k. Admiral Miklós Horthy von Szeged aus auf den Plan, übernahm die Macht und führte eine ebf. auf Terror gegründete präfaschistische Diktatur ein. K. floh nach Wien, wo er interniert, aber im Juli 1920 im Austausch gegen österr. Kriegsgefangene frei gelassen und des Landes verwiesen wurde, worauf er in die Sowjetunion ging. Dort wurde er zum Vorsitzenden des Revolutionskomitees auf der Krim ernannt und unterdrückte den letzten Widerstand der weißrussischen Truppen unter General Wrangel. Dabei soll brutale Gewalt gegen die Gefangenen wie gegen die Zivilbevölkerung zum Einsatz gekommen sein bis hin zu Massenexekutionen. Dieser Erfolg verhalf K. zu einem weiteren Karrieresprung in der Komintern.

1921 hielt sich K. in Deutschland auf, um die KPD zu unterstützen und ihre Märzstreiks in Mitteldeutschland (Halle, Leuna, Merseburg) 1921 in revolutionäre Aktionen (sog. Märzaktion) zu verwandeln. Nach der blutigen Niederwerfung dieser Arbeiteraufstände, die Berta Lask in ihrem Drama Leuna 1921 (1927) anhand von dokumentar. Material literar. gestaltet hat, wurde auch K. von Lenin zur Rechenschaft gezogen, verlor aber (noch) nicht seine Funktionen. Er konnte auch in den Folgejahren weiterhin in Undercover-Missionen in Deutschland, Österreich und der Tschechoslowakei tätig werden. Im Zuge einer dieser Missionen wurde er am 26.4.1928 in Wien verhaftet, in einem Prozess zu drei Monaten Haft verurteilt u. neuerlich ausgewiesen. Die Folgezeit verbrachte K. in der Sowjetunion, wo er sich z.T. mitschuldig machte am entstehenden stalinistischen Denunziations- und Terrorsystem, 1934 nochmals eine führende Rolle im Zuge der Debatten über die Sozialfaschismus-These einnahm sowie, vergeblich, die am 7. Kongress der Komintern beschlossene Richtungsänderung hin zur Volksfront-Politik beeinspruchte, bevor er selbst, unter Trotzkismus-Verdacht am 28.6.1937 verhaftet wurde und im Zuge der Haft 1938 (manche Quellen sprechen von 1939) verstarb.


Quellen und Dokumente

Bela Kun, Tibor Szamuely: Alarm. Ausgewählte Reden und Aufsätze (1959)

Zur Machtübernahme: Der Bolschewismus vor den Türen der Stadt Wien. Die ungarische Räterepublik im Kriegszustande mit der Entente und verbündet mit Rußland. In: Neue Freie Presse, 23.3.1919, S. 1, Und wir? In: Die soziale Revolution, 26.3.1919, S. 1, B. K. gefallen. In: Arbeiter-Zeitung, 2.8.1919, S. 1f., Sturz der ungarischen Sowjetmacht. In: Die Rote Fahne, 5.8.1919, S. 1, B. K. in Wien verhaftet. In: Arbeiter-Zeitung, 28.4.1928, S. 1, Genosse B. K. im Landesgericht. In: Die Rote Fahne, 29.4.1928, S. 1f., Bela Illes: B. K. in der Kaserne. In: Die Rote Fahne, 27.5.1928, S. 5, Der Prozeß gegen B. K. In: Arbeiter-Zeitung, 27.6.1928, S. 4, Hugo Eberlein: Mit B. K. durch Deutschland. In: Die Rote Fahne, 1.8.1928, S. 3, Franz Koritschoner: Aus der Zeit der ungarischen Rätemacht. In: Die Rote Fahne, 23.3.1928, S. 5, Gen. B. K. über “Generalprobe”. Ein Brief an den Autor, Bela Illes. In: Die Rote Fahne, 13.12.1929, S. 3.

Literatur

M. Szinai: Zur Geschichte der Beziehungen zwischen der ungarischen Räterepublik und Österreich: Otto Bauers Brief an Béla Kun. In: Acta Hirstorica Accademia Hungaricae, Nr. 3-4/1972, 293-318; György Borsányi: The life of a Communist Revolutionary. Bela Kun. Transl. by Mario Fenyo. New York 1993; Amalia Kerekes, Zoltan Peter: Die Wiener ungarischsprachige sozialdemokratische Presse in der Anfangsphase der Ersten Republik. In: Kakanien revisited (2007) (Online verfügbar).

(PHK)

Geb. 28.4.1879 in Nagykanizsa (Österreich-Ungarn), gest. 18.11.1929 in Wien. Soziologe, Lehrer, Politiker, Übersetzer

Materialien und Quellen:

E. G.: Die neuen Männer Ungarns. Dr. Siegmund Kunfi. In: Neues Wiener Journal, 2.12. 1918, S. 2;

(in Vorbereitung)

Geb. 11.11. 1871 in Wien, gest. 13.3. 1953 in Wien. Christlichsozialer Politiker, Publizist.

(in preparation)

Eigentlich: Rezsö Laban de Varalja, geb. 15. 12. 1879 in Pressburg/Bratislava/Pozsony, k.k. Österreich-Ungarn, gest. 1.7. 1958 in Weybridge, GB. Choreograph, Tänzer, Tanzpädagoge, Zeichner.

Der Sohn eines k.k. Generals besuchte zuerst die Militärakademie, die er jedoch vorzeitig verließ, um sich zuerst einer Czardastruppe anzuschließen und danach in München ein Studium an der Akademie der bildenden Künste zu beginnen. Dort lernte er die junge Malerin Martha Fricke kennen, die 1900 seine erste Frau wurde. 1904 verließen beide mit einem gemeinsamen Kind München, um ihre Studien in Paris fortzusetzen und dort in Kreisen der Boheme zu verkehren. 1911 begann Laban in Ascona (CH) am Montè Verità Tanzkurse zu geben, welche die zeitgenössische Tanzavantgarde anzogen und dabei auch alternative Lebensformen zu experimentieren. Diese Einrichtung überdauerten auch den Ersten Weltkrieg bis etwa 1919-20. Danach begründete er in rascher Folge mehrere Tanzinstitute bzw. Choreographische Institute (z.B. in Hamburg, Würzburg und Berlin) zwischen 1922 und 1929, trat aber zunehmend auch in choreographisch traditionellen (Festumzüge) oder innovativen (Sprechchor-Aufführungen) Herausforderungen in Erscheinung, so z.B. 1929 auch in Wien für den

Materialien und Quellen:

Eintrag von Valerie Preston-Dunlop in: Trinity Laban Conservatoire of Music and Dance: hier

M. Ermers: Transformatoren der Weltgeschichte. In: Der Tag, 1.1.1928, S. 18-19, S. 19;

N.N.: Laban und seine Tanzkunst. In: Der Kuckuck, 9.6.1929, S. 2;

(in preparation)

eigentl.: Hedwig Eva M. Kiesler, geb. am 9.11.1914 in Wien – gest. 19.1.2000 in Altamonte Springs, Florida/USA; Schauspielerin, Erfinderin

In Vorbereitung

geb. am 28.9.1892 in Wien – gest. am 5.3.1955; Schriftsteller, Herausgeber, Künstler, Exilant

Lampl, der aus einer wohlhabenden Wiener jüdischen Familie stammte, begann ab 1912 in der Zs. Der Brenner von L. v. Ficker Gedichte zu veröffentlichen. 1914 kamen auch in Ztg. wie dem Prager Tbl. Gedichte von ihm zum Abdruck. Den Ersten Weltkrieg konnte er, nachdem zwei seiner Brüder gefallen waren, im Kriegspressequartier verbringen.  Dort lernte er u.a. A. Ehrenstein und F. Werfel kennen. Im Nov. 1917 trat er gemeins. mit Leopold Liegler u. Hugo Sonnenschein bei einer Lesung in Wien in Erscheinung; 1918 publizierte er auch im Flugblatt  O. M. Fontanas. Nach Ende des Krieges beteiligte er sich an der Hg. der express. Zs. Der Daimon; 1919 war er auch Mitbegründer des Genossenschaftsverlag. 1920 erschienen bei E.P. Tal die seit 1914 verstreut veröffentlichten Texte im Bd. Gedichte, dem noch im selben Jahr die Komödie Flucht folgte, die W. Tschuppik im Prager Tbl. als sehr feine Komödie annoncierte. Auch fungierte er als Hg. des Werkes des 1918 verstorbenen Otfried Krzyzanowski. 1921 stellte ihn A. Petzold in einem Feuilleton unter dem Titel Neue Lyrik in der Wiener Ztg. vor und zwar als eine „an Novalis […] erinnernde Begabung“. Im Nov. 1922 reichte er gemeins. mit A. Gatscha ein Chorwerk mit dem Titel Stimmen der Nacht beim Österr. Musik- und Männerchorwerk ein, das mit dem ersten Preis ausgezeichnet wurde (NWJ/NWTbl. 19.11.1922).

Ab 1923 baute er die Glaskunstwerkfirma Bimini auf, an der zahlreiche Künstler wie z.B. die Brüder seiner Frau Hilde Josef und Artur Berger mitwirkten. Lampl selbst widmete sich nun der künstlerischen Glasbläserei, wurde Mitglied des ›Neuen Österreichischen Werkbund‹, aber schrieb weiterhin auch Literatur, u.a. in Form von feuilletonistischen Erzählungen und Märchen. In seiner Werkstatt richtete einen Begegnungsraum für zeitgenössische Kunst ein, in dem er sich u.a. mit Oskar Kokoschka, Josef M. Hauer, dem Architekten Paul Engelmann und Ludwig Wittgenstein traf.

1930 stellte Alma St. Frischauer Lampls Glaskunst auch in Radio Wien vor, H. 2/1931 der Zs. Moderne Welt widmete ihr in der Rubrik ›Neuzeitliches Wohnen‹ ebf. einen Beitrag und 1934 reihte auch Josef Hofmann Lampls Bimini unter die wichtigsten Erzeugnisse des modernen Kunsthandwerks. 1938 emigrierte Lampl nach London, nachdem bereits 1936 Josef und Artur Berger ebf. aus Wien weggegangen waren. Dort baute er seine Glasmanufaktur wieder auf, nannte sie aber Orplid. 1940 wurde er, obwohl Gründungsmitglied des ›Free Austrian Movement‹, einige Monate auf der Isle of Man interniert und konnte danach seine Tätigkeit aufgrund der Kriegseinwirkungen nur mehr eingeschränkt fortführen.


Weitere Werke

Sklaven der Freiheit. Novellen und Märchen. Heidelberg 1925; 12 Gedichte. Wien 1936; Gesang der Stille. Gedichte. Heidelberg 1947.

Quellen und Dokumente

Die Bimini-Werkstätten. In: Neues Wiener Tagblatt, 31.5.1931, Beilage.

Nachlass: Österreichische Nationalbibliothek

Literatur

S. Bolbecher/Konstantin Kaiser: Lexikon österreichischer Exilliteratur. Wien 2000, 421; H. Ohrlinger: Lampl, Fritz. In: W. Kühlmann (Hg.): Killy Literaturlexikon. Autoren und Werke des deutschsprachigen Kulturraumes. Bd 7, Berlin 22010, S. 180f.

(PHK)

Geb. 4.11.1848 in Wien, gest. 15. 7. 1933 in Wien. Mäzen, Kunsthistoriker, Forschungsreisender.

 

Polnisch-galizischer Herkunft (Karol Lanckoroński) zählte K. L. zu den vermögendsten hocharistokratischen Familien, sein gleichnamiger Onkel Karl (1799-1863) war Oberstkämmerer und damit für Kulturförderung zuständig, eine Funktion, die auch K.L. in den letzten Regierungsjahren von Ks. Franz-Joseph und Karl v. Habsburg ausübte. Eigentlich war er jedoch Forschungsreisender, der in den 1880er Jahren mehrere archäologische Expeditionen in das damalige Osmanische Reich, später auch nach Ostasien, begleitete und Förderer zeitgenössischer Bildhauer und Maler, u.a. von Arnold Böcklin, Hans Makart, aber auch Auguste Rodin. Auch verbanden ihn freundschaftliche Beziehungen mit Marie v. Ebner-Eschenbach, Hugo v. Hofmannsthal und Rainer Maria Rilke. 1894 ließ er das Palais Lanckoronski durch das bekannte Architektenbüro Fellner & Helmer erbauen, in dem eine der reichhaltigsten, über 1600 Exponate umfassenden privaten Kunstsammlungen, die auch öffentlich zugänglich war, untergebracht wurde. Nach 1918 war er in der Denkmalpflege tätig und in dieser Funktion nicht nur in Wien, sondern auch in Polen, insbesondere in Krakau/Kraków hochangesehen. Ein Teil seiner 1938 von den Nationalsozialisten beschlagnahmten Sammlung kam nach 1945 nach Krakau und ist jetzt auch virtuell zugänglich.

Materialien und Quellen:

Eintrag auf ÖBL: hier.

Digitalisat seines Werkes Künstler und Kunsthistoriker (1924)

(PHK, in Vorbereitung)

eigentl. Hermann Lazar, geb. am 13.8.1896 in Charkow – gest. am 9.11. 1961 in München; Journalist, Schriftsteller

Das Porträtmodul von Primus-Heinz Kucher finden Sie hier.

L. kam nach dem Tod seines Vaters, der in Charkow Arzt war, 1903 mit seiner Mutter zu Verwandten nach Wien, wo er auch den Großteil seiner schulischen Ausbildung absolvierte. Seit 1915 arbeitete er unter dem Pseudonym Leo Lania an der Arbeiter-Zeitung (AZ) mit und meldete sich zugleich als Freiwilliger zum Militärdienst. Gegen Ende des Krieges wandelte sich L. zum Pazifisten und militanten Sozialisten, trat 1919 in die KPÖ ein und wurde Redakteur der Wiener KP-Zeitung Die Rote Fahne. Bis 1921 gehörte er dem Leitungsgremium der Partei an, konferierte in Berlin mit den Spitzen der KPD und befreundete sich mit Paul Levi. Da er die zunehmend von Moskau vorgegebene Linie nicht teilte, kam es im noch 1921 zum Bruch mit der Parteiführung. Lania übersiedelte im September 1921 nach Berlin, wo er über das Romanische Café zur Kunst- und Medienszene Zugang fand und in der dynamischen publizistischen Landschaft als Journalist und Kritiker Fuß fasste. Er gründete u.a. die Internationale Telegraphen Agentur (Intel) als Alternative zu bestehenden bürgerlich-konservativen Agenturen, wie Alfred Hugenbergs Tel-Union, eine Erfahrung, die er später im Roman Indeta aufarbeitete. 1922 lernte er Anita Berber, frühe Ikone des Nackttanzes, kennen und durch sie die die abgründigen Aspekte der von Spekulation und Sensationsgier geprägten Unterhaltungsindustrie. Zugleich machte er sich seit 1923 über politisch brisante Reportagen wie Die Totengräber Deutschlands oder Gewehre auf Reisen einen Namen. Letzteres, im Malik-Verlag erschienen, trug ihm einen Hochverratsprozess ein, in dem er freigesprochen wurde, aber auch die Sympathien zahlreicher Schriftstellerkollegen wie z.B. Kurt Tucholsky. Von Berlin aus knüpfte er wieder Kontakte zur Wiener AZ, wo er seit 1923 Feuilletons und Kritiken veröffentlichte, z.B. die bündige Erzählung Im Nebel. 1925 wurde er Mitarbeiter des Berliner Büros der Chicago Daily News, 1926 Redakteur im angesehenen Berliner Börsen Courier und publizierte darüber hinaus regelmäßig auch in anderen deutschen und österreichischen Zeitungen und Zeitschriften wie Berliner Morgenpost, Der Drache, Kunst und Volk, Prager Tagblatt, Weltbühne oder Das Tagebuch. Sein Themenspektrum war vielfältig und durchaus auf das jeweilige medial-publizistische Profil und potentielle Adressaten bezogen: von Genreskizzen, die Aspekte des habituellen Wandels in Berlin oder Technisierungsphänomene wie die Luftfahrt thematisierten bis hin zu programmatischen Positionierungen der Literatur im sozialen und politischen Kontext, insbesondere zur Reportage und zu sachlichen Schreibweisen, zur Funktion des Theaters im Umfeld der Piscator-Bühne, zur Rezeption der amerikanischen aber auch der russischen Literatur sowie zur boomenden Filmproduktion und zum Radio.

Aus: Arbeiter-Zeitung, 22.10.1927, S. 17

Ab 1927 bis 1932 war L. regelmäßig auf deutschen Sendern wie z.B. Funkstunde Berlin mit Radiostücken oder Radiovorträgen zu hören, die, z.B. Maschine und Dichtung nach einem gleichnamigen Film, Emigranten und Der Mensch Nr. 17.381 lebhafte Reaktionen in der Radiokritik nach sich zogen. Großes Echo erzielten auch seine Filmprojekte, allen voran Hunger in Waldenburg (1929) sowie die Mitwirkung an Brechts Dreigroschenoper-Film in der Regie von Georg W. Papst, für das L. gemeinsam mit Lászlo Vajda und Béla Balázs das Drehbuch verfasste (1931).  Nach einer Reise in die Sowjetunion (1932) übersiedelte L. angesichts des aufkommenden Nationalsozialismus Ende 1932 nach Wien. Er blieb aber weiterhin für deutsche Medien tätig, u.a. verfasste unter dem Titel Wie lange? für die letzte freie Ausgabe des Tagebuch (H.8/25.2.1933) eine Abrechnung mit dem NS und hielt am 3.3.1933 eine vielbeachtete, von Krawallen begleitete Rede Wie lange noch Hitler? Während ihm z.B. Theodor Kramer einen Respekt bezeugenden Brief übermittelte, veröffentlichte der Völkische Beobachter einen programmatischen Warnartikel (17.3.1933): Der jüdische Krieg beginnt. Kurz darauf emigrierte Lania nach Frankreich, wo er in Paris für Organe des deutschsprachigen Exils publizistisch weiterwirkte, 1935 seinen Exilroman Wanderer ins Nichts (Erstabdruck im Pariser Tageblatt) Pilgrims without Shrines (engl. Buchausgabe) vorlegte, der bereits 1936/37 auf Tschechisch, Schwedisch und Holländisch erschien. Daneben befasste er sich in Zusammenarbeit mit Rudolf Bernauer mit verschiedenen Filmprojekten, die jedoch nicht realisiert werden konnten, u.a. unter dem Projekttitel Poet im Exil über Heine. Nach dem deutschen Angriff auf Frankreich wurde L. zunächst interniert; es gelang ihm jedoch die Flucht nach Südfrankreich und 1941 über Spanien jene in die USA. In den USA fasste L. aufgrund des großen Erfolgs seiner Frankreich-Aufarbeitung The Darkest Hour (1941) rasch Fuß, nahm die amerikanische Staatsbürgerschaft an und integrierte sich bestens über das Programm des American Lecture Bureaus (ab 1941) sowie des Joint Distribution Commitees (ab 1944). Neben diversen Filmprojekten konzentrierte sich L. nach 1945 auf journalistisch-politische und historisch-biographische Literatur u.a. über Jan Masaryk, Ernest Hemingway und Willy Brandt.


Weitere Werke

Gruben, Gräber, Dividenden (1925); Der Hitler-Ludendorff-Prozess (1925); Friedenskonferenz (1926, Komödie); Konjunktur (1927, Komödie); Der Tanz ins Dunkel. Anita Berben (1930); Gott, König, Vaterland (1930, Dr.); Land of Promise (1934, dt.: Land im Zwielicht, 1949); Today we are Brothers (1942; dt.: Welt im Umbruch, 1953, Autobiogr.); M.B. oder die ungehörte Melodie (1948); The Nine Lives of Europe (1950); The Foreign Minister (1956); Joseph Schildkraut. My Father and I as told to L.L. (1959); Mein Weg nach Berlin (1960); Hemingway. Eine Bildbiographie (1960).

Quellen und Dokumente

“Wiener Kinderelend”. Sensationsfilm in einem Akt. In: Die Rote Fahne, 1.2.1921, S. 5f., Das junge Amerika. In: Arbeiter-Zeitung, 30.8.1923, S. 5, Von der Schießbaumwolle zum Filmband. In: Prager Tagblatt, 31.3.1926, S. 2, Die Toten und die Lebenden. In: Arbeiter-Zeitung, 30.7.1926, S. 4.

Literatur

F.-H. Hackl: Leo Lania; in: J.M. Spalek/J. P. Strelka: Deutschsprachige Exilliteratur seit 1933. Bd. 2: New York, 1989, S. 491-508; J. P. Strelka: Österr. Exilliteratur seit 1938, 1999, S. 230-32; Lexikon deutsch-jüd. Autoren (R. Heuer, Archiv Bibl. Judaica) Bd. 15, 2007, S. 159-167; M.Uecker: Wirklichkeit und Literatur. Strategien dokumentar. Schreibens in der Weimarer Republik, 2007, S. 383-388; E. Polt-Heinzl: Österreichische Literatur zwischen den Kriegen. Plädoyer für eine Kanonrevision, Wien 2012, S. 270, P-H. Kucher: Über Leo Lania (Hermann Lazar). In: Literatur und Kritik H. 483-84 (Mai 2014), S.97-110; Michael Schwaiger: „Hinter der Fassade der Wirklichkeit“. Leben und Werk von Leo Lania. Wien 2017.

(PHK)

Geb. 1.9.1876 in Budapest, gest. 11.9. 1943 in Amsterdam. Schriftsteller, Feuilletonist, Pazifist.

(work in progress)