geb. am 9.10.1893 in Kulików/Galizien – gest. im Februar 1959 in London; Schauspieler, Schriftsteller, Exilant

Nach dem frühen Tod seines Vaters Israel G. Meisels wuchs Abisch Meisels bei seinen Großeltern in einer religiös geprägten Familie auf: sein Großvater war Kantor, sein Urgroßvater Rabbiner . Schon in seiner Schulzeit interessierte er sich für das Theater und versuchte sich im Verfassen von Theatertexten. 1910 verließ er das Elternhaus und ging nach Czernowitz, wo er zunächst eine Uhrmacher-Lehre begann und danach Kontakt zum Theater suchte. Dies gelang ihm als Mitglied des Tarnopoler Gordin-Clubs (benannt nach dem jiddischen naturalistischen Dramatiker Jakob/Jankew Gordin). Nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges und der russischen Offensiven von 1914-15 floh er wie viele jüdische Galizianer Richtung Wien, wo er 1915 auch sein erstes Theaterstück Die Tragödie der abtrünnigen Jüdin verfasste. 1916 folgte das patriotische Stück Die jüdische Heldin oder Herz und Hand fürs Vaterland, das auch auf der Jüdischen Bühne Wien zur Aufführung kam. Bis 1918 sind keine weiteren Aktivitäten öffentlich erfasst; nach Kriegsende wirkte er zunächst am Lemberger Theater als Schauspieler und anschließend an Theatern in tschechischen Kurorten. 1925 spielte Meisels in der Dibbuk-Aufführung auf der Rolandbühne mit, im August dess. Jahres anlässl. der Erstauff. von Smates als Festveranstaltung im Zuge des 14. Zionistischen Kongresses (an der Seite des bekannten russisch-jiddischen Schauspielers Paul Baratoff) und fortan regelmäßig auch an Inszenierungen der Jüdischen (Volks)Bühne/Künstlerspiele.

1927 wurde Meisels erste jiddische Revue fun sechisstow bis amerika/Von Sechistow nach Amerika, im Jüdischen Künstlerkabarett uraufgeführt. Ab 1928 kamen in kurzen Abständen eine Reihe weiterer Revuen in den Jüdischen Künstlerspielen (Praterstraße) zur Aufführung, die zugleich auch sein Interesse für Palästina und den Zionismus anzeigen, beginnend mit Auf nach Tel-Aviv. Revue in 15 Bildern (1928; NWJ, 6.1.1928) über Hallo! Hallo! Hier Radio Jerusalem (1936), Chassene im Städtel (1936, 50. Auff. im Feb. 1937) und Kol Nidre im Galuth (1937), dem erfolgreichsten Stück, so die Ztg. Die Stimme, der Saison, welche am 15.2.1937 auch in einem „Ehrenabend“ für Meisels Niederschlag fand.

Da Meisels auch Mitglied der Vereinigung der hebräischen und jiddischen Presse-Berichterstatter in Wien und Korrespondent der Lemberger jiddischen Zeitschrift Der Najer Morgen war, ergaben sich guten Kontakte in den mittelosteuropäischen Raum bis nach Polen und Rumänien, wo seine jiddischsprach. Revuen ebf. gespielt wurden. Eine Tournee in der Tschechoslowakei im März 1938 nahmen er und seine Frau Klara, die als Schauspielerin in den meisten seiner Stücke mitspielte sowie zum Ensemble der Jüdischen Künstlerbühne gehörte, zum Anlass, um nach der Okkupation und dem Anschluss Österreichs an NS-Deutschland, nicht mehr nach Wien zurückzukehren und noch im selben Jahr nach London zu emigrieren. Dort firmierte er 1942 als Mitbegründer des New Jiddish Theatre, übersetzte Shakespeare- und Shaw-Stücke ins Jiddische sowie Goldfaden- und Leib Peretz-Stücke, aber auch Wedekinds Der Erdgeist ins Englische. 1955 kehrte er anlässlich des PEN-Kongresses nochmals kurz nach Wien zurück.


Weitere dramatische Werke und Revuen

Nach zwanzig Jahren, der Golem von Prag (1916); Kapitän Dreifus (1916); Die Wiener Rebbyzin (1929); Ohne Zertifikat nach Palästina (1935)

Literatur

Brigitte Dalinger: Verloschene Sterne. Geschichte des jüdischen Theaters in Wien. Wien 1998; B. Dalinger: Einleitung. In: B. Dalinger, Th. Soxberger (Hgg.): Abisch Meisels: Von Sechistow bis Amerika. Eine Revue in 15 Bildern. Wien 2000, 9-15; Susanne Blumesberger, Michael Doppelhofer, Gabriele Mauthe (Hgg.): Handbuch österreichischer Autorinnen und Autoren jüdischer Herkunft 18. bis 20. Jahrhundert. Band 2, München 2002, 916; B. Dalinger: »Galizianer« in Wien. Zur Darstellung »östlicher Juden« im jiddischen Theater und Film. In: A.A. Wallas (Hg.): Jüdische Identitäten in Mitteleuropa. Literarische Modelle der Identitätskonstruktion. Tübingen 2002, 35-46 (bes. 42ff.); Philip V. Bohlman: Jewish Music and Modernity. Oxford 2008, 210-11; B. Dalinger: Popular Jewish Drama in Vienna in the 1920s. In: Edna Nahson: Jewish Theatre. A Global Vision. Leiden-Boston 2009, 175-196 (bes. 187-194).

Quellen und Dokumente

Eintrag bei Jüdisches Theater Austria.

Ankündigung von Hallo! Hallo! Hier Radio Jerusalem. In: Der Tag, 13.5.1936, S. 8; N.N.: Zu Kol Nidre im Galuth. In: Die Stimme, 5.2.1937, S.7.

(PHK)

Geb. 9.12. 1877 in Przemysl (k.k. Österreich-Ungarn, heute: Polen) – gest. (ermordet) im Juni 1942 im Ghetto Izbica (südöstl. von Lublin/Polen); Redakteur, Feuilletonist, Kritiker, Übersetzer.

Meisels fing nach einer traditionellen jüdischen Erziehung 1896 für das jiddische Lemberger Volkhenblat zu arbeiten, d.h. zu schreiben an. Dass er zugleich das Deutsche perfekt beherrschte, zeigte sich in schon kurz darauf, 1897/98, als er im Selbstverlag die Schrift Socialisitisch oder zionistisch? Lösung einer Zeitfrage vorlegte. 1902 kam in der Wiener Zeitschrift Die Neuzeit seine Übersetzung des Dramas Das Gottesgericht von Wilhelm Feldmann (aus dem Polnischen) in zehn Folgen zum Abdruck. 1903 folgte sein erster Roman unter dem Titel Der Talmud als Betrüger, der als Zeitroman ausgegeben und in Galizien angesiedelt war. Anschließend wirkte er als Redakteur des Hamburger Israelitischen Familienblattes bis 1914, publizierte nebenher aber auch in anderen prominenten Zeitschriften wie z.B. in Ost und West (z.B. Zur Geschichte des jüdischen Theaters) oder in Die Wage, in der er 1907 einen Beitrag Der Jargon veröffentlichte, sowie in der AZJ. 1909 erschien seine deutschsprachige Bearbeitung und Übersetzung von Scholem Alejchems Ruchele. 1918 siedelte er sich in Wien an, wo er bis zu ihrer Einstellung (1920) Redakteur der Zeitschrift Dr. Blochs Wochenschrift war. Daneben verfasste er auch Beiträge für andere Ztg., z.B. einen über das Verhältnis zwischen A. v. Humboldt und dem poln.-jüd. Mathematiker Chaim S. Slonimski. Der Morgen1920 erschien auch noch sein Schauspiel Kaddisch im Berliner Jahrbuch für jüdische Geschichte und Literatur. In den 1920er Jahren legte Meisels ein Grundlagenwerk zur Rezeption der Klassiker im Osten, Deutsche Klassiker im Ghetto (1922) vor, ferner biografisch und kulturhistorisch ausgerichtete Bände vor, schrieb gelegentlich für die Wiener Morgenzeitung und zog sich aus den öffentlichen Debatten schrittweise zurück. Seit 1938 erblindet mussten er und seine zweite Ehefrau die Deportation in das Ghetto Lódz 1941 und 1942 in jenes von Izbica erleben, wo beide den Tod fanden.

Weitere Werke:

Westöstliche Miszellen. Leipzig 1908; Deutsche Klassiker im Ghetto. Wien 1922; Judenköpfe. Wien 1926;

Materialien und Quellen:

Socialistisch oder zionistisch? hier (mit freundlicher Genehmigung von compact memory, UB Frankfurt)

W. Feldmann: Das Gottesgericht. Drama aus dem galizisch-jüdischen Volksleben. Autoris. Übersetzung von S. Meisels. In: Die Neuzeit, 4.7. 1902, S. 7-8.

Alexander v. Humboldt und der Gelehrte im Kaftan. In: Der Morgen, 19.9. 1919, S. 3-4.

S. M.: Die jüdische Abwehr. Antiapologetische Besinnungen. Wien: Verlag Die Neuzeit 1924. Digitalisat: hier.

Goethes ‚Faust‘ im Hebräischen. In: JB Deutscher Bibliophilen 1925/26. Neuausgabe unter dem Titel ‚Faus‘, der Andere, im Kostüm der Heiligkeit. In: Kalonymos 2007, 21-24.

Lexikoneintrag zu: Salomo Juda Löb Rapoport. In: Jüdisches Lexikon, hg. von G. Herlitz, Bd. IV (1927).

Vorwort (zum geplanten, nicht zustande gekommenen Auswahlband Vieler Sterne Geist. Moderne jiddische Lyrik. Wien 1916-17; hg. 2017 in der Reihe ‚Nadelstiche‘, Verlag der Theodor Kramer Gesellschaft, Wien, S. 6-9).

((PHK)

Geb. 15.4. 1891 in Wien, gest. 30. 9. 1959 in Wien. Redakteurin, Schriftstellerin, Übersetzerin.

Materialien und Quellen:

Eintrag von Susanne Blumesberger auf biografiA: hier.

(in preparation)

geb. am 10.11.1882 in Marburg an der Drau (k.k. Österr.-Ungarn, heute: Maribor/ Slowenien) – gest. am 12.12.1971 in Wien; Schriftsteller, Kritiker

M., Sohn des Juristen Alexander Mell und seiner Ehefrau Marie Rocek, kam bereits 1886 nach Wien, wo er die Schulausbildung absolvierte, im Jahr 1900 maturierte, um danach an der Univ. Wien die Fächer Germanistik u. Kunstgeschichte zu studieren. Er promovierte 1905 mit einer Dissertation über Wilhelm Waiblinger. Ohne einer literarischen Gruppe anzugehören schloss er früh Freundschaften mit Felix Braun, Hugo v. Hofmannsthal, Anton Wildgans u.a. Bereits 1901 publiz. die Wiener Zeitung, dessen belletr. Beilage Wiener Abendpost M. ab 1903 als Mitarbeiter angehörte, sein erstes Gedicht (Das Fest der Träume), 1903 erschien in der angesehenen Wochenschrift Die Zeit die Erz. Die Geschichte des Gärtners und 1904 sein erstes Band Lateinische Erzählungen. Ihnen folgten zwischen 1906-1920 mehrere Novellen- u. Gedichtbde., darunter Die drei Grazien des Traumes bei Insel, die fünf sehr lyrische, der „literarischen Dekadenz“ (WZ, 23.5.1906) als typisch zugeordnete Texte enthielt und auch von F. Braun als „Edelsteine“ begrüßt wurden (NFP, 19.8.1906). Im selben Jahr 1906 war M. auch mit zwei Erz. in S. Jacobsohns angesehener Zs. Die Schaubühne vertreten. Seit März 1907 stand M. in briefl. Kontakt mit H.v. Hofmannsthal, woraus sich nach kurzer Zeit eine tiefe Freundschaft entwickelte. 1908 gelangte im Kunstschau Theater die Pantomime Die Tänzerin und die Marionette zur Aufführung; ihr entsprang auch ein Essay über Grete Wiesenthal. Sein erster Ged.Bd. Das bekränzte Jahr (1911) stieß auf breite Zustimmung. Den Weltkrieg begleitete M. mit patriot. Beiträgen, u.a. mit dem Vorspiel in Kriegszeiten anlässl. der Wiedereröffn. der Theatersaison an der Neuen Wiener Bühne im Sept. 1914, sowie mit Beiträgen in der von Hofmannsthal begr. Reihe Österreichische Bibliothek (1915f.) oder Schriftstellerporträts, z.B. über Stifter (1918). 1916-17 nahm er als Einjährig Freiwilliger in einer Artillerie-Einheit an den Kämpfen an der russ. Front teil, traf im August 1917 nahe Czernowitz auf den dt. Dichter Hans Carossa, mit dem er in eine Korrespondenzbeziehung eintrat. An Ruhr sowie einer Herzneurose erkrankt im Okt. 1917 erkrankt kam M. ins k.u.k. Reservespital Klagenfurt u. musste danach keinen weiteren Militärdienst leisten. So konnte er im Juli 1918 die Stelle eines Burgtheater- und Literaturreferenten beim Wiener Mittag annehmen.

Aus: Arbeiter-Zeitung, 9.7.1922, S. 6

Nach Kriegsende trat er 1919 häufiger mit Franz K. Ginzkey bei Leseabenden auf, kam mit dem Grazer Volkskunde-Prof. Viktor v. Geramb in näheren Kontakt, was seine Legenden- und Mysterienspiele maßgebl. inspirierte u. mit Das Kripperl von 1919 (veröff. 1921, 1932 UA als Radiospiel) zum Durchbruch sowie zur Profilierung als einer der maßgebl. U. repräsentativen kathol. Schriftsteller führte. 1921 veröffentl. er ferner die Idyllen artige und zugl. hart ans Tragische heranreichende Novelle in Versen Die Osterfeier, an der für Hofmannsthal, mit dem es persönlich wie briefl. zu einem intensiven wechselseitigen Austausch über die jeweiligen Werke kam, jeder „kleinste Zug bedeutungsvoll“ war. Im Zuge eines Gastspiels russischer Tänzer am Salzburger Stadttheater kam im August 1921 der bereits 1907 mit mäßiger Resonanz uraufgeführte „pikante Einakter“ Der Barbier von Beriac neuerlich zur Auff.; 1922 folgten in einer Miniaturbibl. zum Wiener Musik- u. Theaterleben, hg. von P. Stefan, ein Bd. über den Bühnenbildner Alfred Roller, aber auch das in der AZ abgedr. Feuilleton Der Brunnen, ein Auszug aus der Novelle Hans Hochgedacht und sein Weib. Im selben Jahr betätigte sich Mell auch als Hg. in der Sammlung deutscher Volksbücher des Wiener Rikola-Verlags (u.a. mit Das Buch von Dr. Joh. Faust) u. arbeitete an Hofmannsthals Deutsches Lesebuch mit. 1923 folgten die beiden Mysterienspiele Das Schutzengelspiel, das mit einiger Resonanz von den Grazer Bühnen in versch. Städten Österreichs aufgeführt wurde sowie Das Apostelspiel(Vorabdr. NFP), das 1924 im Theater in der Josefstadt durch M. Reinhardt inszeniert wurde u. 1925 auch am Programm der Salzbg. Festspiele stand; 1927 wurde dieses Genre durch Das Nachfolge Christi-Spiel zur Trilogie abgeschlossen. Im selben Jahr erhielt M. den Literaturpreis der Stadt Wien (zum zweiten Mal nach 1924), 1929, nach der u.a. von Auernheimer und D.J. Bach gefeierten Burgtheater-Auff. des Nachfolge Christi-Spiels, den renommierten Grillparzerpreis, was dem Stück zu regelm. Auff. in den Folgejahren verhalf. Im Zuge einer Radioauff. kam es auch zu einer Neuausg. des Schutzengelspiels. Am 1.2.1930 hielt M. zunächst einen vielbeachteten Hamlet-Vortrag im Kulturbund u. seine Mysterienspiele wurden an mehreren Theatern inszeniert, das Apostelspiel auch im Rahmen der Wiener religiösen Festspiele. Im selben Jahr legte M. auch wieder einen Ged. Bd. vor, dem u.a. F. Rosenfeld „hochachtbare Religiosität“ u. „ungewöhnliche Bilderfülle“ attestiere.

Aus: Neue Freie Presse, 16.9.1923, S. 1

1931 griff M. mit dem Drama Sieben gegen Theben (UA 1934, Burgtheater) ein schon bei Sophokles gestaltetes Thema der antiken Geschichte auf; trotz guter Verankerung im kathol.-konservativen Kultur- u. Literaturbetrieb und einer Festrede auf Goethe anlässlich der Veranstaltungen zum 100. Todestag im März 1932, wandte sich M. schrittweise völkisch-nationalem Denken und ab 1933 der NSDAP zu. Im April 1933 findet sich M. im Vorstand des Bundes deutscher Schriftsteller Österreichs, dessen Präs. Mirko Jelusich wurde: M. sei, so die AZ (28.4.1933) von der Nachfolge Christi zur „Nachfolge der Fememörder hinübergewechselt“. Als Folge der vom österr. P.E.N. mitunterzeichneten Resolution am Kongress von Ragusa/Dubrovnik (Mai 1933) verließ M. wie andere nationale Autoren den P.E.N. u. war auf der Liste der Unterstützer für A. Hitler zu finden. Zugleich begrüßte er 1934 gem. mit F. Werfel Schuschnigg in einer Huldigungsadresse (so Csokor am 20.8.1934 an F. Bruckner) u. machte Karriere im austrofasch. Ständestaat: bereits 1934 war er Vorsitzender der Jury für den Staatspreis, verkehrt im Kreis um Rudolf Henz und Hans Nüchtern (RAVAG); 1935 folgte das Spiel von den deutschen Ahnen; 1936 wurde er in die Beratungen zur Einrichtung einer österr. Schrifttumskammer durch Guido Zernatto mit einbezogen. 1937 erhielt M. den (NS)-Mozartpreis und war im Bekenntnisbuch österreichischer Dichter zum Anschluss vom März 1938 vertreten. Den 1940 gestellten Antrag auf Aufnahme in die NSDAP zog er zwar vor Ausstellung des Mitgliedsausweises wieder zurück; dennoch arbeitete er im Umfeld der NS-Literaturpolitik eifrig mit (u.a. mit dem Bd. Der Sänger von St. Stephanfür die Soldatenbücherei, 1944), was in den ersten Nachkriegsjahren, als M. wieder dem österr. P.E.N. beitrat und mit ehrenvollen Einladungen und Auszeichnungen bedacht wurde, für manche Irritation sorgte. Er kehrte in sein Metier märchenhafter, dramatisch-volkstümlicher und mysterienartiger Sujets zurück, betätigte sich als Herausgeber (Rosegger, Grillparzer) und verschloss sich jeder krit. Reflexion über seine vielfältigen wie auch problematischen kultur-ideologischen Verstrickungen.


Werke (Auswahl)

Morgenwege. Erzählungen und Legenden (1924); Die Prosa des jungen Hugo v. Hofmannsthal (Hg., 1930); Mein Bruder und ich. Den Erinnerungen eines alten Wieners nacherzählt (1935); Paradespiel in der Steiermark (1936); Das Donauweibchen. Erzählungen (1938); Steirische Heimat (1943), Der Nibelunge Not (1951); Ges. Werke in 4 Bdn. (1962).

Quellen und Dokumente

Das Fest der Träume. In: Beilage zur Wiener Abendpost, 31.12.1901, [zu Oskar Kokoschka] In: Der Sturm (1910), H. 19, S. 151, Adalbert Stifter. Zur fünfzigsten Wiederkehr seines Todestages. In: Neue Freie Presse, 30.1.1918, S. 1-3, Der Brunnen. In: Arbeiter-Zeitung, 9.7.1922, S. 6f.,

N.N.: Die drei Grazien des Traumes. In: Wiener Abendpost, 23.5.1906, S. 5, Hugo von Hofmannsthal: Ein schönes Buch [Rez. zu Die Osterfeier]. In: Neue Freie Presse, N.N.: Ein Dichter des Glaubens. In: Neue Freie Presse, 16.9.1923, S. 1-3, Raoul Auernheimer: M. M. im Burgtheater. „Das Nachfolge-Christi-Spiel“. In: Neue Freie Presse, 22.1.1928, S. 1f., David J. Bach: Kunst oder Tendenz. Das „Nachfolge-Christi-Spiel“ im Burgtheater. In: Arbeiter-Zeitung, 28.1.1928, S. 3, Paul Wertheimer: M. M. In: Radio Wien, 29.3.1929, S. 430f., Fritz Rosenfeld: Neue Gedichte. In: Arbeiter-Zeitung, 12.5.1930, S. 7, Ludwig Ullmann: Dem Dichter Max Mell! Schutzengelspiel im Burgtheater. In: Wiener Allgem. Zeitung, 23.9. 1932, S.5; Mell-Drama im Burgtheater. „Die Sieben gegen Theben“. In: Neues Wiener Tagblatt, 24.2.1934, S. 8.

Nachlass: Wienbibliothek.

Literatur

F. Aspetsberger: Literarisches Leben im Austrofaschismus (1980), K. Amann: P.E.N. Politik, Emigration, Nationalsozialismus (1984), J. Beniston: ‚Der Wiener Hofmannsthal‘: The Making of Max Mells ‚Das Apostelspiel‘. In: Mod. Language Review 2 (2009), 472-498.

Christoph Binder: M., M. In: Neue Deutsche Biographie 17 (1994), S. 17-19 [Online verfügbar]

(PHK)

geb. am 15.7.1869 (nach anderen Angaben auch 1863 bzw. 1865) in Brody (heute: Ukraine) – gest. am 11.6.1931 in Wien; Kunst- und Literaturkritiker, Redakteur, Schriftsteller

Als Sohn des wohlhabenden Verlegers von Talmud-Schriften Jakob I. Menkes u. seiner Frau Betty Lewin, die aus einer angesehenen Rabbinerfamilie stammte, konnte M. 1889 ein Studium in Berlin beginnen u. sich dabei seinen literar. Neigungen widmen. Er verkehrte im Umfeld der naturalist. Bewegung, wo er sich neben den Brüdern Hart, K. Alberti, O.E. Hartleben u. L. Jacobowski zu positionieren suchte, sehr bald auch H. Bahr kennenlernte u. versch. Publikationsprojekte, u.a. im feuilletonist. Bereich, erwog. 1891 erschien sein Skizzenbuch eines Einsamen, zeitgleich mit der Übersiedelung nach Wien, wo er Anschluss an die Jung-Wiener suchte u. Eduard M. Kafka kennenlernte.

Nach versch. wenig erfolgreichen Versuchen, eine feste Stelle im Feuilleton zu erreichen, wurde er 1907 Kunstkritiker u. später Redakteur des Neuen Wiener Journals, in dem er bis zu seinem Tod wirkte und das noch bis 1936 versch., im Nachlass aufgefundene Texte zum Abdruck brachte. Die anfängl. Unsicherheit über diese Anstellung ließ ihn 1908 in Lemberg die Advokatenprüfung nachmachen, über deren Erfolg die Czernowitzer Ztg. vom 20.3.1908 in einer kurzen Notiz berichtet. Etwa zur selben Zeit ersch. im NWJ die feuilletonist. Erz. Heimkehr, die M.s. Talent feiner psycholog. Zeichnung u. Verfremdung vertrauter Orte anzeigt. 1909 wirkte M. an der Anthologie Prinzessin Sabbat mit, Bd. eins der Reihe ›Jüdischer Novellenschatz‹, an dem u.a. auch H. Blumenthal beteiligt war. Seit 1911 finden sich unter den Feuilletons für das NWJ immer wieder Erzählungen, die sich mit seiner ostjüdischen Herkunftslandschaft befassen, mit jüdischen Frauengestalten wie z.B. die Leonora-Erz., oder, ins Melancholische getaucht, mit Aspekten künstlerischen Arbeitens und lebensphilos. Fragen. Daneben erscheinen auch literaturkrit. Feuilletons, wie z.B. zu Clara Viebig oder Ernst Weiß, dessen Romandebut Die Galeere von M. vor dem Hintergrund der Wiener Moderne, A. Schnitzlers insbes., vorgestellt wird.

Den Kriegsausbruch 1914 begleitete M. mit feuilletonist. Texten, die sich einerseits den ostgalizischen Grenzlandschaften zuwandten wie z.B. Das träumende Dorf oder programm. Bekenntnisse wie z.B. Galizien, um auf die auch kult. Bedeutung dieses Raumes aufmerksam zu machen, andererseits historische Stoffe aufgriffen oder stereotypenhafte, wenngleich keineswegs aggressive Russland-Zeichnungen beinhalteten (Russische Nester, An der russischen Grenze u.a.m.). M. war 1914 auch Beiträger zu dem im G. Müller-Verlag erschienenen Ghetto-Buch, zu dem u.a. Schalom Asch, David Pinski u.a. Texte beisteuerten. 1915 widmet sich M. erstmals der Frage nach der Haltung der Literatur zum Krieg. Dabei sympathisiert er sichtbar mit jenen, die sich der Schützengraben-Rhetorik fernhalten, widmet sich z.B. der Flüchtlingsthematik (s. Die Entwurzelten), eine Haltung, die sich in weiteren Beitr. 1916-1917 niederschlägt, in denen M. auch Autoren wie z.B. Ossip Dymow u. Ludwig Winder sowie den Roman Die Armen von H. Mann bespricht.

Ab 1918 deckt M. in seinen Beitr. ein weites Spektrum ab; neben den bekannten Themen vermehrt Kunst- und Ausstellungsberichte, Literaturkritik,  aber auch Aspekte, die sich mit dem republikan.-revolut. Umbruch in Österreich befassen wie z.B. in Die revolutionäre Jugend, sowie, immer wieder, mit seinem galiz. Herkunftsraum. Dabei entspannen sich auch Polemiken, z.B. hinsichtl. der Bewertung von Autoren wie Beirach Schafir  mit S. Meisels. In M.s Literaturkritik finden sich zudem immer wieder frappierende Nebeneinanderstellungen, so z.B. in einem Beitr. über das Verhältnis Erzählung-Kleiner Roman (mit Flake, Frank, H. Mann, Wedekind, Speyer einerseits, Perkonig, Heimann, N. Jacques andererseits) oder einem zu R. Auernheimers anekdotische u. H. Manns vom Alltäglichen ins Phantastische kippende Erzählungen bzw. Novellen. M. pflegte eine Reihe von Freundschaften, die auch in Feuilletonbeiträgen Eingang fanden, z.B. mit bed. Exponenten der Wiener Moderne seit 1907, darunter H.v. Hofmannsthal, oder, später, mit Th. Rittner u.a.m. u. förderte jüngere Schriftsteller u. literar. Publizisten wie M. Scheyer.

Ab 1924-25 widmet sich M. verstärkt dem Kunst- u. Ausstellungsbetrieb mit Beitr. über Birnbaum, Kokoschka, Kollwitz, Oppenheimer, wiederholt auch zu Klimt, sowie versch. Ausstellungen im Hagenbund (mit Akzent auf jüngere Künstler wie z.B. Tibor Gergely, Viktor Hammer, Felix Harta, Josef Ortloff, Viktor Tischler, Fred Taubes u.a.), ferner im Künstlerhaus, der Sezession (Clementschitsch, Faistauer, Gütersloh, Thöny u.a.), in der Neuen Galerie, der Buchhandlung Heller oder der Galerie Würthle (u.a. über die „Sensation“ G. Grosz). Er befasste sich ferner mit versch. europ. Malerei-Traditionen, bes. der französ., italien., tschech. u. ungarischen, schrieb aber auch über Isidor Kaufmann (Jüd. Malerei), über F. Maserel, dessen Holzschnittbücher M. als „Romane in Bildern“ auffasste (5.12.1926) u.a.m. Neben einer enthusiast. Bespr. des Romans Das Elend vom Lied (urspr.: Noch alemen, 1913) des russ.-jidd. Dichters David Bergelson, neben Büchern von M. Brod oder Aphorismen von Alfred Grünewald legte er 1924 auch eine Sammlung seiner eigenen Ghettoerz. unter dem Titel Die Jüdin Leonora (mit Impressum 1923) vor, eine Thematik, die ihn auch in den Folgejahren nicht losließ, wie Bespr. von Publikationen, z.B. von Finkelsteins Stürmer des Gettos zeugen. Aber auch Klassiker der englischen, französ. u. russ. Moderne neben aktuellen Neuerscheinungen zeugen von der Kenntnis u. Aufmerksamkeit für aktuelle Entwicklungen. So besprach M. z.B. im Dez. 1925 in einer Kritik Brods Reubeni-Roman, Kafkas Process u. Dörmanns Jazz, im Jänner 1926 einen Bd. Novellen Leonhard Franks, im März 1926 Klaus Manns Der fromme Tanz oder im Dez. 1926 Novellen von Walter Eidlitz u. Albert Ehrenstein. 1927 widmetet er sich u.a. auch der Architektur, z.B. dem Vermächtnis von Otto Wagner, ferner einer Neuaufl. von Sacher Masochs Novellen, J. Roths Flucht ohne Ende sowie in einer Sammelbespr. Kafkas Das Schloß.

Ab 1928 dominierten wieder die Ausstellungsberichte, u.a. auch zur sowjetruss. im Hagenbund, die auch M.s Kenntnis des zeitgenöss. sowjet. Theaters dokumentiert, über E. Orlik, aber auch über Ausstellungen Wiener Künstlerinnen wie Fraenkel-Hahn oder M. Lydis. Zwischendurch widmete sich M. auch der Theaterkritik u. bezog zu kontrovers disk. Stücken Stellung, z.B. 1929 zu L. Franks Kriegsheimkehrerdrama Karl und Anna oder zur Debatte um die Identität F. Bruckners anlässl. der Aufführung seines Stückes Die Verbrecher. 1930 veröffentl. M. wieder mehrere Ghetto-Prosa-Stücke u. besprach auch jüd.-jidd. Lit. wie z.B. Texte von Joseph Opatoschu. 1931 erschienen nur mehr wenige Texte von M. im NWJ; sein vermutlich letztes Feuilleton (Die verpönte Schönheit) am 5.4.1931.


Quellen und Dokumente

Leonora. In: Neues Wiener Journal, 25.6.1911, S. 7, Moderne Erzähler. In: Neues Wiener Journal, 8.8.1913, S. 5f., Das träumende Dorf. In: Neues Wiener Journal, 18.8.1914, S. 3, Galizien. In: Pester Lloyd, 23.9.1914, S. 1f., Russische Nester. In: Neues Wiener Journal, 20.9.1914, S. 7f., An der russischen Grenze. In: Pester Lloyd, 9.8.1914, S. 1f., Literatur in der Kriegszeit. In: Neues Wiener Journal, 8.1.1915, S. 19, Die Entwurzelten. In: Neues Wiener Journal, 16.11.1915, S. 5f., Bei Thaddäus Rittner. In: Neues Wiener Journal, 14.12.1916, S. 8, Moderne Erzähler. In: Neues Wiener Journal, 8.6.1916, S. 3f., Moderne Erzähler. In: Neues Wiener Journal, 8.6.1917, S. 3, Die Armen. Ein neuer Roman von Heinrich Mann. In: Neues Wiener Journal, 18.8.1917, S. 5f., Die revolutionäre Jugend. In: Neues Wiener Journal, 9.12.1918, S. 3, Psychologie des Republikaners. In: Neues Wiener Journal, 30.11.1918, S. 4f., Seide Borowitz. Ein Ghetto-Roman von Karl Hans Strobl. In: Neues Wiener Journal, 14.8.1918, S. 3f., Die Frau als bildende Künstlerin. Die Ausstellung im Künstlerhaus. In: Neues Wiener Journal, 12.12.1919, S. 4f., Wiener Erzählungskunst [Rez. zu Hugo von Hofmannsthal]. In: Neues Wiener Journal, 11.10.1920, S. 3, Kleine Romane. In: Neues Wiener Journal, 24.3.1920, S. 3, Zwei neue Dichtungen von Franz Werfel. In: Neues Wiener Journal, 2.3.1921, S. 3, Der „Landstreicher“ Beirach Schafir. In: Neues Wiener Journal, 24.9.1922, S. 11, P. Wertheimer über Menkes Novellenband Die Jüdin Leonora. In: NFP, 1.7.1923, S. 25-26; Ein Kleinstadtroman. David Bergelson: „Das Ende vom Lied“. In: Neues Wiener Journal, 16.6.1924, S. 6f., Zwei Ausstellungen. Oskar Kokoschka – Uriel Birnbaum. In: Neues Wiener Journal, 27.6.1924, S. 5, Lebensgeschichte eines Rebellen. Artur Holitschers Erinnerungen. In: Neues Wiener Journal, 12.12.1924, S. 4f., Zeitkunst. Die Ausstellung in der Sezession – Max Oppenheimer. In: Neues Wiener Journal, 23.9.1924, S. 6, Stürmer des Gettos. In: Neues Wiener Journal, 8.1.1925, S. 5f., Der Judenmaler Isidor Kaufmann. In: Neues Wiener Journal, 26.11.1925, S. 3f., Egger-Lienz-Ausstellung. Künstlerhaus. In: Neues Wiener Journal, 20.3.1925, S. 4, Neue Romane [u.a. Franz Kafka: Das Schloß]. In: Neues Wiener Journal, 4.1.1927, S. 3f., Roman eines Kulturpessimisten. Josef Roth: „Die Flucht ohne Ende“. In: Neues Wiener Journal, 27.11.1927, S. 18f., Egon Schiele. Gedächtnisausstellung im Hagenbund und in der Neuen Galerie. In: Neues Wiener Journal, 19.10.1928, S. 8f., Russisches und Westeuropäisches. Sowjetrussische Ausstellung im Hagenbund. In: Neues Wiener Journal, 10.3.1928, S. 4, Burgtheater. „Karl und Anna“, Schauspiel von Leonhard Frank. In: Neues Wiener Journal, 1.3.1929, S. 3, Ferdinand Bruckner: „Die Verbrecher“. Die Premiere im Theater in der Josefstadt. In: Neues Wiener Journal, 19.4.1929, S. 3, Emil Orlik. Zu seinem sechzigsten Geburtstag (26. Juli). In: Neues Wiener Journal, 22.7.1930, S. 5f., Der Wiener Don Juan. In: Neues Wiener Journal, 17.12.1930, S. 3, Ahasver im Getto. In: Neues Wiener Journal, 2.12.1930, S. 3f.

(PHK)

geb. als Thekla Blech am 25.4. (nach anderer Quelle: 13.4.) 1887 in Riga – ermordet am 20.10.1944 in Auschwitz-Birkenau; Feuilletonistin, Kritikerin, Schriftstellerin

Über die Kindheit und Jugend von M. ist wenig bekannt; ihre Familie ist wohl um die Jahrhundertwende nach Wien gezogen. 1908 heiratete Thekla Blech den Juristen Emil Merwin (geb 29.3. 1881 in Lemberg) in der Synagoge Leopoldgasse 29 im 2. Bezirk (Polnische Schul). Fassbar wird sie ab März 1909 als Beiträgerin und bald als in der Redaktion tätige Mitarb. der Jüdischen Volksstimme (Brünn/Brno), wo sie bis 1911 regelmäßig entweder im Impressum angeführt wird, 1909 auch mit Adresse in Lemberg, oder in der Feuilletonbeilage Frauen-Revue mit eigenen Beitr. präsent war, u.a. mit Gedichten, die sich jüd. Festen widmeten, aber auch feuilletonist.-essayist. Texten. 1910 veröffentl. sie ihren ersten literaturkrit. Beitr., Heines soziale Gedankengänge, in der Wiener Zs. Die Wage, weitere zu Betty Paoli oder zum Jüdischen Theater folgten in den Zs. Der Merker 1914-15; 1913  erschien ihr erstes Gedicht in der Neuen Freien Presse.

Nach dem Ende des Weltkrieges erkrankt M. an Diabetes, war zu Kuraufenthalten gezwungen u. kann nur wenige Gedichte veröffentlichen, u.a. im Neuen Wr. Tagblatt. 1922 stößt sie zur Arbeiter-Zeitung, in der sie ebenfalls  regelmäßig, wenn auch nur begrenzten Raum vorfand, d.h. einige Kurzprosa-Stücke wie z.B. Letzter Gang, aber auch Gedichte unterbringen konnte, welche sich mit zermürbenden Stadt-Erfahrungen, Straßen-, Armut- und Nacht-Bildern befassen und damit Kehrseiten der urbanen Moderne ansprechen. Seit 1924 erscheinen gelegentl. Texte von ihr in der Zs. Moderne Welt, seit 1928 auch in der Zs. Die Bühne, Anfang der 1930er Jahre ferner in Zs. wie Die Muskete oder Mocca, wobei in diesen Beiträgen, u.a. Reisefeuilletons, die sozialkritischen Züge deutlich zurücktreten. Typisch dafür wären Texte wie z.B. Romantische Fahrt (1933) oder Titel (1934). Dass M. ihre krit. Einstellung u. Kommentierung der Zeitläufe dennoch nicht aufgab, dokumentieren programmat. Texte wie Bankrott der Kultur im Neuen Vorwärts (17.3.1933, zuletzt wiederabgedr. in: Zwischenwelt, 3/2012), in dem sie das NS-Deutschland als eines „entmenschte[r] Horden“ beschreibt. Doch die veränderten Verhältnisse auch in Wien ab 1934, dem Jahr, in dem ihr Gatte Emil M. verstarb, schränkten ihre Publikationsmöglichkeiten drastisch ein. In der AZ konnte noch Anfang 1934 der dichte Prosatext Ein Brief erscheinen, in den darauffolgenden Jahren gelang es ihr aber kaum mehr, weitere Texte zu veröffentlichen. Mit einer ironisch-kritischen Reflexion über das Reisen junger, vermögender Frauen in Europa wie im Orient oder in Afrika im Text Gestern-heute gelangte M. 1937 an den Endpunkt ihrer literar.-journalist. Präsenz. Dass sie angesichts der sich zuspitzenden Verhältnisse 1938-39 nicht zur Emigration entschließen konnte, sollte sich als fataler Fehler, auch für ihre Tochter Magda (geb. 1911-1944), erweisen. Am 24.9.1942 wurde Merwin ins KZ Theresienstadt deportiert, am 19.10.1944 nach Auschwitz-Birkenau gem. mit ihrer Tochter Magda ermordet.


Quellen und Dokumente

http://theodorkramer.at/projekte/exenberger/mitglieder/thekla-merwin

Sabbat im Städtchen. In: Jüdische Volksstimme, 5.1.1910, S. 1, Letzter Gang. In: Arbeiter-Zeitung, 20.8.1924, S. 7f., Die große Reise. In: Arbeiterwille, 15.7.1925, S. 5f., Die Stadt. In: Arbeiter-Zeitung, 18.7.1926, S. 20, Dei Straße. In: Arbeiter-Zeitung, 6.6.1926, S. 17, Weg der Armut. In: Arbeiter-Zeitung, 1.1.1928, S. 19, Das rote Lied. In: Arbeiter-Zeitung, 25.12.1928, S. 14, Großstadtballade. In: Arbeiter-Zeitung, 21.4.1929, S. 17, Gang des Arbeitslosen. In: Arbeiter-Zeitung, 5.1.1930, S. 19, Romantische Fahrt. In: Die Bühne (1933), H. 363, S. 36ff, Der Brief. In: Arbeiter-Zeitung, 19.1.1934, S. 6.

Literatur

H. Exenberger: Thekla Merwin – Eine österreichische Schriftstellerin. In: Jahrbuch 1991. Dokumentationsarchiv des österr. Widerstandes (1991), 113-114; Ders.: Als stünd’ die Welt in Flammen. Eine Anthologie ermordeter sozialistischer SchriftstellerInnen (2000); S. Blumesberger u.a. (red.): Handbuch österreichischer Autorinnen und Autoren jüdischer Herkunft 18. bis 20. Jhdt (=Bd 2) (2002); A. Emanuely: Thekla Merwin. In: Zwischenwelt (3/2012), 39-40.

Weitgehend vollständiges Verzeichnis ihrer Zeitungsbeiträge bei theodorkramer.at.
Eintrag bei doew.at.

(PHK)

Geb. am 24.2.1876 in Chabersitz/Chabeřice (Österreich-Ungarn/Tschechien), gest. am 12.2. 1957 in Wien; Offizier, Schriftsteller, Agenturinhaber.

Nach der Absolvierung des deutschsprachigen Gymnasiums in Prag trat Michel in die ebenfalls dort ansässige Infanteriekadetten-Schule ein, um die Offizierslaufbahn einzuschlagen. Ab 1890 etwa verstärkte sich das Interesse an der Literatur, das zu ersten kleineren Arbeiten und nicht namentlich gezeichneten Veröffentlichungen in Prager Zeitungen führte. 1895 kam er als Leutnant nach Wien, wo er eine intensive Freundschaft mit Leopold v. Andrian einging, die ihm den Zugang zum Kreis der Jungwiener ermöglichte. 1898 wurde er nach Mostar in Bosnien-Herzegowina versetzt und lernte einen völlig neuen Raum und seine Kultur kennen, welche in späteren Erzählungen und Romanen immer wieder aufgegriffen wurden. Ab 1900 wirkte er als Lehrender an der Kadettenschule in Innsbruck und knüpfte dort Kontakte zur Zs. Der Brenner; 1911 kam er ans Kriegsarchiv nach Wien und wurde dem dortigen Kriegspressequartier zugeteilt.

Materialien und Quellen:

Eintrag in Wien Geschichte Wiki: hier.

(work in progress)

Geb. 26.2. 1904 in Wien, gest. 10.3. 1992 in Wien. (Arbeiter)Dichter

Dokumente und Quellen:

Eintrag im Exenberger-Archiv (TKG);

in preparation

Geb. 30.3.1906 in Wien, gest. 14.10. 2001 in Wien.

Schriftstellerin, Fürsorgerin, Publizistin, Übersetzerin

Materialien und Quellen:

Erika Mitterer-Gesellschaft: hier.

Literatur (Auswahl):

Johann Holzner: Dialoge und Kontroversen mit der Moderne. Gedichte von Erika Mitterer. In: literaturepochen.at; Martin Petrowsky (Hg.): Erika Mitterer. Eine Dichterin – ein Jahrhundert. Wien 2002; Esther Dür: Erika Mitterer und das Dritte Reich. Schreiben zwischen Protest, Anpassung und Vergessen. Wien 2006; M. G. Petrowsky (Hg.): Dichtung im Schatten der großen Krisen. Erika Mitterers Werk im literaturhistorischen Kontext. Wien 2006

(in Vorbereitung)

Geb. 12.1.1878 in Budapest, gest. 1.4.1952 in New York. Dramatiker, Journalist, Schriftsteller, Exilant

Nach Abschluss des Calvinistischen Gymnasiums (1895) Ferenc fing Molnár das Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Budapest zu studieren an. Da er in jener Zeit regelmäßiger Gast im „Central Café“ war, wo er mehr Zeit als in den Hörsälen verbrachte, wurde er von seinem Vater nach Genf geschickt, um seine juristischen Studien fortzusetzen. Während der zwei Semester an der Schweizer Universität begann er, Reportagen und Berichte zu schreiben und diese nach Ungarn an verschiedene Zeitungen zu schicken. Dabei entstand auch die kurze Novelle Magdolna. Um sein Französisch zu verbessern und neue Entwicklungen am Theater kennenzulernen, ging Molnár nach Paris. Die modernen Boulevard-Komödien von Bernstein, Bataille, Capus und anderer beeinflussten später auch den Stil seiner Dramen. Nach seiner Rückkehr nach Budapest begann er professionell zu schreiben und änderte seinen deutschen Namen in das ungarische Molnár (deutsch: Müller). Eine mögliche juristische Laufbahn gab er schon 1896 auf und wurde zunächst Journalist.

In dieser Rolle berichtete er für mehrere Zeitungen, zunächst vor allem über Gerichtsprozesse, und insbesondere für den „Budapesti Napló“ unter dem einflussreichen Chefredakteur József Vészi. Dabei wurde er vertraut mit den Sorgen der verschiedenen Klassen und eingängiger Stil erregte bald die Aufmerksamkeit der Leser. Zugleich versuchte er sich literarisch tätig zu werden. Sein erster Roman, Az éhes város (Die hungrige Stadt, 1901), war eine vernichtende Anklageschrift gegen geldhungrige Politiker und soziale Parvenüs. Die schonungslose Zeichnung der dämonischen Wirkung des Geldes aus der Sicht eines jungen, idealistisch gezeichneten Zeitungsjournalisten zog ebenfalls Aufmerksamkeit auf sich und trug Molnár Bekanntheit und Anerkennung ein. Im folgenden Jahr 1902 fing er an, für das Theater zu schreiben – und begann damit eine außergewöhnliche Karriere.

Nicht wenige der frühen Stücke waren Nebenprodukte seiner journalistischen Arbeit, teils impressionistische Skizzen, teils Zufallsszenen oder dialogisierte Chroniken, so z.B. sein erstes Stück, A doctor úr (Der Rechtsanwalt), im Grunde noch eine Art Farce im Stil französischer Komödien. Auch das Lustspiel Józsi (UA 1904), wurde zuvor als Folge von Dialogen veröffentlicht. 1906 wurde Molnár zum Redaktionsmitglied des Budapesti Napló und ging seine erste Ehe mit der damals sechzehnjährigen Margit Vészi ein, die später auch als Schriftstellerin und Künstlerin Aufsehen erregte. Nach der Geburt der Tochter Márta im darauffolgenden Jahr ging diese Ehe bereits in Brüche und wurde getrennt. Doch schon wenige Monate nach der Trennung ging Molnár ein Verhältnis mit Irén Varsányi eingegangen, Ungarns bedeutendster Schauspielerin und Frau eines Fabrikanten, Für sie schrieb er Az ördög („Der Teufel“), ein Stück, in dem eine Schauspielerin aufgefordert wird, ihren langweiligen Ehemann zu verlassen. Das 1907 uraufgeführte Drama brachte ihm internationalen Ruhm und die Mitgliedschaft in der exklusiven „Petöfi Gesellschaft“ ein, aber auch ein Duell mit dem eifersüchtigen Gatten sowie eine zweiwöchige Gefängnisstrafe.

(in Vorbereitung)