Janstein, Elisabeth

eigentlich Elisabeth Jenny (von) Janstein, geb. als E. J. Janeczek am 19.10.1893 in Iglau – gest. am 31.12.1944 in Winchcombe, England; Schriftstellerin, Journalistin

Als Tochter des Gendarmeriekommandanten und Reserveoberstleutnants Julius Janeczek geboren und 1917 in den Adelsstand erhoben, wuchs J. mit zwei Brüdern und einer Schwester in Brünn, Prag, Klagenfurt, Lemberg und Wien auf. Ab Dezember 1914 war sie k.k. Postaspirantin und arbeitete als Telephonistin beim Post- und Telegraphenamt in Wien, was später wiederholt in ihren literarischen bzw. feuilletonistischen Texten Abbildung fand.

Erste Gedichte erschienen ab 1913 in Österreichs Illustrierter Zeitung unter ihrem Geburtsnamen. Nach dem Krieg positionierte sich J., von Emil Lucka entdeckt, im Umfeld des österreichischen Expressionismus und publizierte u.a. in Der Friede, Die Aktion, Donauland und Ver!. Acht lyrische Texte erschienen in der von Emil Alphons Rheinhardt verantworteten Anthologie Die Botschaft (1920). Mit den Lyrikanthologien Gebete um Wirklichkeit (1919) und Die Landung (1921) sowie der Prosasammlung Die Kurve. Aufzeichnungen (1920) gelangen ihr rasch mehrere von Rheinhardt unterstützte selbständige Publikationen, die von der Kritik wohlwollend aufgenommen wurden; Grete von Urbanitzky rezensierte sie als „Dichtungen von extatischer, keuscher Inbrunst, aus innerstem Fühlen quellend“ (Bade- und Reisejournal, 1.4.1921). Aus diesen Tagen stammt eine enge Freundschaft zu Felix Braun, die bis ins Exil andauerte; der Briefwechsel im Nachlass Brauns bildet eine der wenigen Quellen zu ihren letzten Lebensjahren.

Dem Kreis um Eugenie Schwarzwald angehörend, der sie Die Landung widmete, verschrieb sich J. in der Folge dem Journalismus. Erschienen frühe Beiträge v.a. in der Grazer Tagespost, aber auch in der Arbeiter-Zeitung und der Neuen Freien Presse (NFP), so verfasste sie ab Dezember 1922 für die Tageszeitung Der Tag und die Montagszeitung Der Morgen sozialkritische Feuilletons, Reportagen und Rezensionen. Ab Anfang 1925 publizierte sie vorübergehend für Der Abend, ehe sie zur NFP wechselte, für die sie als Paris-Korrespondentin wirkte und vorrangig Gerichtsaalberichte sowie Feuilletons zum Gesellschafts- und Kulturleben verfasste. Vereinzelt erschienen Texte J.s auch im Berliner Tage-Buch, dem Berliner Börsen-Courier, dem Prager Tagblatt und sozialdemokratischen Kleinen Blatt. In den 1930ern berichtete J. für die NFP zudem aus Belgien, etwa von der Weltausstellung in Brüssel 1935, sowie der Berliner Funkausstellung 1937. Zwischen 1934 und 1936 wirkte sie als Vizepräsidentin der Féderation Internationale des Journalistes. J. blieb als eine der wenigen auch nach dem „Anschluss“ bis Mitte 1938 Korrespondentin der NFP, emigrierte aber im selben Jahr nach England. Als enemy alien ab Ende August sechs Wochen lang inhaftiert, ließ sie sich 1942 in Gloucesteshire nieder, wo sie einen autobiographischen Roman verfasste, der wie ein Gefängnistagebuch unveröffentlicht blieb. Ende 1944 starb sie an den Folgen einer Operation.


Quellen und Dokumente

Acht Gedichte in: Die Botschaft. Neue Gedichte aus Österreich. Herausgegeben und eingeleitet von E. A. Rheinhardt (1920) [Digitalisat].

Beiträge E. J.s: Das Bild. In: Neues Wiener Journal, 2.2.1919, S. 3, Der Telephondienst. In: Arbeiter-Zeitung, 29.8.1920, S. 9, Neue Lyrik. In: Neue Freie Presse, 27.11.1921, S. 32f., In der Großmarkthalle. In: Der Tag, 1.5.1923, S. 5, Dank an das Kino. In: Kino-Journal, 23.6.1923, S. 4-6, Josephine Baker. In: Neue Freie Presse, 26.5.1927, S. 7, „Menschen im Hotel“ als Tonfilm. Londoner Sensationspremiere eines Greta-Garbo-Films. In: Neue Freie Presse, 29.10.1932, S. 11, Künftiges Bilderbuch der Welt. In: Neue Freie Presse, 13.2.1936, S. 11, Die Zauberwelt der Berliner Funkausstellung. In: Neue Freie Presse, 14.8.1937, S. 7, Ein flämischer Großfilm. Volkskunst und Avantgarde im Film. In: Neue Freie Presse, 27.6.1938, S. 3.

Grete von Urbanitzky: Von neuen Büchern. [Rez. zu Gebete um Wirklichkeit]. In: Bade- und Reisejournal, 1.4.1921, S. 10, 12, Alfons Petzold: Buchanzeigen [Rez. zu Die Kurve]. In: Wiener Zeitung, 12.5.1921, S. 3f., Martina Wied: Zwei Bücher von E. J. In: Der Merker 12 (1921), H. 12, S. 303f., Moritz [!] Enzinger: Unterschiedliche Lyrik [Rez. zu Die Landung]. In: Reichspost, 20.6.1922, S. 2f., Felix Braun: E. von J. In: Wiener Zeitung, 12.8.1956, Beilage, S. 5.

Literatur

Martin Erian: Reportage und Feuilleton – Antipoden im Gleichschritt? Zur operativen Publizistik Elisabeth Jansteins und Klara Mautners. In: Hildegard Kernmayer, Simone Jung: Feuilleton. Schreiben an der Schnittstelle zwischen Journalismus und Literatur (2017), Eckart Früh: Spuren und Überbleibsel: E. J. (2004), Karsten Kruschel: J., E. In: Lutz Hagestadt (Hg.): Deutsches Literatur-Lexikon, Bd. 23, 58-59 (2014), Hans Heinz Hahnl: E. J. In: Vergessene Literaten. Fünfzig österreichische Lebensschicksale, 187-190 (1984), Armin A. Wallas: Zeitschriften und Anthologien des Expressionismus in Österreich. Bd. 2, 602f. (1995), Ursula
Seeber-Weyrer: ‚Obwohl ich immer Österreicherin sein werde …‘. E. J. (1893-1944): Suchvorgänge für eine literarische Biografie. In: Charmian Brinson u.a. (Hg.): Keine Klage über England. Deutsche und österreichische Exilerfahrungen in Großbritannien 1933-1945, 137-156 (1998).

Radiobeitrag in der Reihe Geschichten und Geschichte (2003).

(ME)