Margulies, Hans

oft auch Hanns, geb. am 3.5.1889 (in anderen Dok. auch: 19.9. bzw. 27.9.1889) in Sosnowitz/Sosnowiec bei Kattowitz (Dt. Reich) – gest. am 30.3.1960 in London. Dramaturg; Feuilletonist, Kritiker, Redakteur, Schriftsteller, Exilant

Hans Margulies, vorletztes von sieben Geschwistern aus einer Familie mit jüdischem Hintergrund, darunter des jüngeren Bruders Heinrich (1890-1989), der als radikaler Zionist in Debatten mit Martin Buber und Siegfried Bernfeld verwickelt war, ging mit Arnold Zweig in Kattowitz zur Schule, wohnte dann kurze Zeit in Berlin und kam nach der Matura, die er bereits in Wien ablegte, 1912-14 als Dramaturg an die von St. Großmann geleitete Wiener Volksbühne, wo er u.a. auch A. Rundt kennenlernte und in der Zs. Der Strom Gedichte u.a. Beiträge veröffentlichte.

Im Ersten Weltkrieg diente er als Offizier (Obltn.) im k.k. Infanteriereg. 31 u. nahm 1915-17 an den Kämpfen an der russischen Front teil. 1918 wurde der dem Kriegspressequartier in Wien zugeteilt.

Nach Kriegsende begann er als freiberuflicher Journalist für versch. Zeitungen zu arbeiten, u.a. bzw. zunächst für das NWJ, Die Wage und die Ztg. Der Morgen, für die er sowohl im Bereich der politischen Berichterstattung als auch der Gerichtsberichte und (kritischen) Kommentierung der Rechtsprechung tätig wurde. 1919 verlobte er sich mit Friederike Reichler, der späteren Gattin von Joseph Roth; er verehelichte sich aber 1920 mit Maria Remenyi. Ab etwa 1923 befasste er sich, nun in der Redaktion der Ztg. Der Tag, auch mit kultur- und literaturkritischen Themen und verfasste nebenher dokumentarische Bücher, die sich v.a. mit kontrovers diskutierten Justizfällen befassten, so z.B. Der Fall Pruscha, wofür er 1925 in einem Presseprozess, der ähnlich großes Aufsehen erregte wie bereits ein solcher im Jahr 1924, in dem H. Bettauer angeklagt und Margulies als Zeuge einvernommen wurde, verurteilt wurde. Dieser Fall diente als Vorlage für den 1925 gedrehten Film Frauen aus der Vorstadt. 15 Jahre schwerer Kerker, den F. Rosenfeld von der Intention her zwar schätzte, aber auch kritisch in der AZ analysierte.

Margulies war zu jener Zeit auch Mitherausgeber der juristischen Zs. Das Tribunal; 1927 wurde der vom Tag als Sonderberichterstatter zum vielbeachteten Pariser Prozess gegen Schalom Schwartzbad entsandt, der des Mordes an dem ehem. Präsidenten der Nachkriegsukraine, an Petljura, angeklagt war. 1929 las er im Wiener Schriftstellerverein ›Die Scholle‹ aus eigenen Werken (NFP, 10.3.1929,20), im Sept. engagierte er sich im Innsbruck abgehaltenen Halsmann-Prozess und betätigte sich auch als Referent für rechtspolitische Themen. Noch vor der Machtergreifung des NS in Deutschland klagte er den moralischen Verfall der Rechtsinstitutionen, d.h. ein Anbiedern an diese Bewegung an, z.B. im Beitrag Fair play vom Okt. 1932.

Von 1934 bis 1937 übernahm Margulies die künstlerische Leitung des Cabaret ABC, in dem in den Folgejahren auch einige Stücke von Jura Soyfer aufgeführt wurden, Jimmy Berg für das musikalische Programm und Bill Spira für das Bühnenbild verantwortlich zeichneten. Nach dem sog. Anschluss flüchtete er mit seiner Frau nach Prag und gelangte von dort Anfang 1939 ins rettende englische Exil.


Quellen und Dokumente

N.N. Margulies-Familienhomepage

H. Margulies: Wahlbilder aus Oberschlesien. In: NWJ, 16.3.1921, S. 3; Kultur und Krieg. In: Der Morgen, 5.2.1923, S. 5-6;N.N. Aus dem Wiener Pressesumpf. Bettauer vor Gericht. In: Wiener Morgenzeitung, 15.6.1924, S. 5; H. Margulies: Echo der Zeit. In: Der Tag, 26.11.1924, S. 4; N.N.: Die Schuld der F. Pruscha (zur Verurteilung von Margulies). In: NWJ, 8.2.1925, S. 29; Plakat zu: Frauen aus der Vorstadt. In: Das Kino-Journal, 10.10.1925, S. 21; F. Rosenfeld: Der Pruscha-Prozeß im Film. In: AZ, 24.10.1925, S. 8; H. Margulies: Es tut sich was am Büchermarkt. (Zu Neuersch. von G. Kaiser, J. Roth, J. Wassermann u.a.). In: Der Tag, 12.9.1929, S. 8; Vor dem zweiten Halsmann-Prozeß in Innsbruck. In: Der Tag, 8.9.1929, S. 3-4; Fair play. In: Der Tag, 9.10.1932, S. 21; H. M.: Der fünfzigjährige Feuchtwanger. In: Der Wiener Tag, 8.7.1934, S. 12; N.N.: Cabaret ABC im ‚Regenbogen‘. In: Der Tag, 21.7.1935, S. 10.

(PHK)