Dieser vom Bund deutscher Schriftsteller Österreichs, einer 1936 gegr. und von Max Mell geleiteten Tarnorganisation der NS-Kulturpropaganda in Österreich herausgegebene Sammelband, begrüßte enthusiastisch den gerade erfolgten Anschluss, d.h. die Okkupation und Einverleibung Österreichs in das Deutsche Reich.

Es versammelte 71 Autorinnen und Autoren in alphabetischer Reihenfolge, darunter bekanntere und seit 1933 mehr oder weniger offen mit dem NS sympathisierende, mitunter auch im Ständestaat als Österreich-Patrioten sich deklarierende Stimmen wie z.B. R. Billinger, F. K. Ginkey, P. Grogger, M. Jelusich, A. T. Leitich, H. H. Ortner, J. F. Perkonig, K. H. Strobl, F. Tumler, K. H. Waggerl u.a.m.

Das Geleitwort stammt von Max Stebich; in diesem hob er hervor, wie „unermüdlich und unbeirrbar, mutig und opferbereit“ jene Schriftsteller durch ihr Werk und Wirken dazu beigetragen hätten, „den Weg zur Befreiung ihres Volkes“, d.h. den Weg in ein „Deutschland, das alle umfasst“ , vorzubereiten. Diese „Sänger deutschen Heldentums“, die 1934-38 zum Teil als Staatspreisträge auch Sänger des autoritären bzw. austrofaschistischen Ständestaates waren, und zu einem erstaunlich hohen Anteil auch nach 1945 wieder Positionen bekleiden sollten (man denke nur an F.K. Ginzkey, J.F. Perkonig, F. Schreyvogl oder K.H. Waggerl), neigten sich „freudig bewegt“ vor der „Heimkehr in das Deutsche Reich.

Das Bekenntnisbuch zeige insofern unmissverständlich, so z.B. laut Vorarlberger Tagblatt, „was die Ostmarkdeutschen des großen Jahres 1938 gedacht und gefühlt haben“.


Quellen und Dokumente

Bekenntnisbuch deutscher Dichter. In: Neues Wiener Tagblatt, 26.6.1938, S. 27, Bekenntnisbuch deutscher Dichter. In: Vorarlberger Tagblatt, 6.7.1938, S. 6f.

Literatur

K. Amann: Literaturbetrieb in der ‚Ostmark‘ (1938-1945). Vermessungen eines unerforschten Gebietes. In: ders.: Die Dichter und die Politik. Essays zur österreichischen Literatur nach 1918 (1992), 113-128; U. Baur, K. Gradwohl-Schlacher (Hgg): Literatur in Österreich 1938-1945: Handbuch eines literarischen Systems. Wien u.a. 2018; I. Dirkhammer, P. Janke (Hgg.): Die ‚österreichische‘ nationalsozialistische Ästhetik. Wien u.a. 2003; K. Gradwohl-Schlacher: Ein ostmärkisches Sittenbild. Die Causa Max Stebich (Online verfügbar), G. Renner: Österreichische Schriftsteller und der Nationalsozialismus (1933-1940). = Sonderdr. Archiv Gesch. des Buchwesens 27(1986) auch abgedr. in: F. Stadler (Hg.): Kontinuität und Bruch. 1938-1945-1955. Wien-Münster 2003.

(PHK)

Die B. oder Isotypie (engl. für: International System of Typographic Picture Education) wurde ab Mitte der 1920er Jahre von Otto Neurath und seinen Mitarbeitern im Gesellschafts- und Wirtschaftsmuseum der Stadt Wien, insbesondere Marie Reidemeister (später: Neurath) und Gerd Arntzen, im Sinn einer Sozial-Statistik entwickelt und Teil des erzieherischen Bildungsprogramms des Roten Wien war. Aufgrund dieses Kontextes wird sie auch als Bildpädagogik bezeichnet. Sie baute auf Piktogrammen, d.h. graphischen Darstellungen mit Informationscharakter auf, die durch Kombinationsregeln verknüpft wurden und klar erkennbare anthropologische Symbole bzw. Grundfiguren des Visuellen, verwendeten. Die ersten und vorrangigsten Einsatzgebiete waren Ausstellungen, die auf diese Weise illustriert und zur Kommentierung aufforderten. Später kamen Kataloge und wissenschaftliche Arbeiten, ab 1929 auch Kinderbücher, dazu. Umfasste die Isotype Sammlung 1927 erst rund 50 variabel kombinierbare Zeichen, so wuchsen diese bis 1940, insbes. dank G. Arntzen, auf 1140 an.


Werk

Otto Neurath: Gesellschaft und Wirtschaft. Bildstatistisches Elementarwerk (1930) (Online verfügbar)

Quellen und Dokumente

G.P.: Bildstatistik als Vervollkommnung und Popularisierung der Statistik. In: Salzburger Wacht, 2.1.1928, S. 3, L. Birkenfeld: Aus dem Laboratorium des Bildungsreferenten. Die bildstatistische Methode in der Arbeiterschule. In: Bildungsarbeit 1931, 69-70.

Annonce in: Österreichische Buchhändlercorrespondenz, 31.10.1930, S. 281.

Literatur

Angelique Groß: Die Bildpädagogik Otto Neuraths. Methodische Prinzipien der Darstellung von Wissen. (Veröffentlichungen des Instituts Wiener Kreis, 2015); Friedrich Stadler: Der Wiener Kreis: Ursprung, Entwicklung und Wirkung des Logischen Empirismus (2015), 356-362; Elisabeth Nemeth: Ein kritischer Blick auf Neuraths Bildstatistik. Lucien Fevre über Gesellschaft und Wirtschaft. In: C. Bonnet, E. Nemeth (Hgg.): Wissenschaft und Praxis 22 (2016), 127-149; Günther Sandner: Isotype. Visuelle Erziehung und Politik. In: JUNI. Magazin für Literatur und Politik, Bd. 55-56: Eine gefährliche Strasse. Mediale Produktion, Revolutionen und Diskussionen im frühen 20. Jahrhundert. Hgg. von G. Ackermann u. W. Delabar. Bielefeld 2019, 223-240.

W. Ritschl: Worte trennen, Bilder verbinden (Online verfügbar).

Darstellung des Gesellschafts- und Wirtschaftsmuseums (Online verfügbar).

(PHK)

Untertitel: Blätter für das Bildungswesen der deutschen Sozialdemokratie in Österreich (1909-1913), Blätter für das Bildungswesen der deutschösterreichischen Sozialdemokratie (1919-20), ab 1921: Blätter für sozialistisches Bildungswesen

Cover von O. R. Schatz. Aus: Bildungarbeit XIII (1926), H. 1

Erscheinungsweise: monatlich
Format: Großoktav
Jahresumfang: zwischen 96 S. (1922) und 260 S. (1928)
Redaktion: Robert Danneberg (Hg.), Josef Luitpold Stern (verantw. Red.)
Druck: Vorwärts, Wien
Auflage: zirka 2.200-2.400

Begründet im Sept. 1909 als Organ der seit 1908 eingerichteten sozialdemokratischen Zentralstelle für Bildungsarbeit, mit dem weitgefassten Bildungsziel, „den Arbeiter aus stumpfer Gleichgültigkeit aufzurütteln“ bzw. ihm „die große Aufgabe zu zeigen, die die Welt seiner Klasse gestellt hat“ (Nr.1/1909). Robert Danneberg, Leiter der Zentralstelle und Hg. der BA formuliert im programmat. Beitr. Zu neuer Arbeit der seit August 1919 wiedererscheinenden Zs. die wichtigsten Anliegen nach einer Abrechnung mit dem Krieg v.a. dahingehend, eine drohende Versklavung der Arbeiterklasse der „besiegten Völker“ abzuwenden durch ein neues Miteinander auch versch. gesellschaftl.-polit. Systeme. Dies gründe auf dem Bekenntnis zur marxistischen Tradition und zum Kommunistischen Manifest, indem „die unvergleichbare Lehre von Karl Marx und Friedrich Engels […] uns dabei Pfadfinder sein [kann] nebst einer ebenso wichtigen Fundierung der sozialistischen Gesinnung auf „wissenschaftlicher Erkenntnis“ (Nr. 1/1919, 2). Verantwortlicher Redakteur der BA wird Josef Luitpold Stern, der um sich die intellektuell-politische Elite der Partei bzw. der Arbeiter Zeitung versammelt wie z.B. Helene Bauer, Otto Koenig, OttoOtto Neurath, Adelheid Popp, Therese Schlesinger, Oskar Trebitsch, Max Winter, aber auch jungen Stimmen wie Jacques Hannak, Elisa Karau oder Fritz Rosenfeld und ideologisch z.T. akzentuiert linksorientierten Positionen wie Fritz Brügel, Leo Kofler, LeoLeo Lania oder Anna Siemsen als Gastkommentatorin Raum gibt. Die thematische Schwerpunktbildung entwickelt sich bis Mitte der 1920er Jahre in enger Anlehnung an die kulturpolitischen Vorgaben der sozialdemokrat. Parteileitung; d.h. sie konzentriert sich auf allgem. Aspekte der Bildungsarbeit, auf deren Verbindung mit gewerkschaftlichen Anliegen, bis 1920-21 auch in Rücksichtnahme auf die noch bestehenden parallelen Räte-Organisationen, auf den systematischen Aufbau des Bibliotheks- und Vortragswesens sowie der sich ausdifferenzierenden proletarischen Lese- und Fest-Kultur zu der 1919-21 auch Oskar M. Fontana programmatische Beiträge verfasste, sowie einem Berichtsteil, der neben Akzenten auf Schwesterorganisationen in der Tschechoslowakei und in der Weimarer Republik auch eine dezidiert europäische Ausrichtung aufweist. In den frühen 1920er Jahren wird auch der Bereich Lesekultur / proletarische Literaturkritik über Kurzbesprechungen und umfängliche themat. orientierte Beiträge, insbes. durch F. Rosenfeld, ausgebaut, wobei der Besprechungsteil des Jg. 1930 rund 120 Neuerscheinungen aus Literatur, Politik und Geschichte umfasste. Seit 1924/25 widmet sich die BA auch den Herausforderungen durch den technisch-medialen Wandel über eine eigene Rubrik Lichtbild und Film sowie Arbeiter-Rundfunk, erweitert ab 1929-30 um Beiträge zur Musik-Kultur und neuen Tonträgern wie z.B. der Schallplatte.


Quellen und Dokumente

Textbeispiele in der Mediathek: Rudolf Brunngraber: Kunstreferate. In: Bildungsarbeit, 1933, H. 10/11, S. 201-202, Emil Reich: Bildungsarbeit! In: Bildungsarbeit, Nr. 3/4, 1919, S. 1-2, Richard Wagner: Theaterkritik und Bildungsarbeit. In: Bildungsarbeit, Nr. 7-8, 1923, S. 62.

Digitalisate der ONB.

(PHK)

Sigle für: Buch-Kultur-Musikalien-AG; siehe Hugo Heller.

Nachdem die Mitglieder und Sympathisanten der kommunistischen Bewegung Österreichs in der bereits 1925 gegründeten Österreichische Gesellschaft zur Förderung der geistigen und wirtschaftlichen Beziehungen mit der UdSSR, die eng mit der Moskauer Gesellschaft für kulturelle Verbindung der UdSSR mit dem Ausland (VOKS) kooperierte, deutlich unterrepräsentiert waren, schufen u.a. der Jurist und Parteianwalt Egon Schönhof, der Verleger Johannes Wertheim 1929 den Wiener Bund der Freunde der Sowjetunion (BdFSU) als Vorfeldorganisation der KPÖ. Sie folgten dabei dem Vorbild des Berliner BdFSU, der im November 1928 gegründet worden war und an die 1927 erfolgte Errichtung der Internationalen Vereinigung der Freunde der Sowjetunion angeknüpft hatte. 1929 wurde Bruno Freis Russlandbericht Im Lande der roten Macht in Willi Münzenbergs Neuen Deutschen Verlag vom Berliner BdFSU herausgegeben.

Dem Wiener BdFSU gehörten neben Schönhof und Wertheim u.a. auch die Schriftstellerin und Medizinerin Marie Frischauf-Pappenheim sowie BPRSÖ-Mitglied Peter Schnur, 1931/32 Büroleiter des Bundes, an. Öffentlich trat der BdFSU zunächst durch die Organisation von Vorträgen in Wien in Erscheinung. So referierte u.a. F. C. Weiskopf am 2. März 1929 im Rahmen einer Lesung über Russland im Volksheim am Ludo-Hartmann-Platz, der Sexualforscher Wilhelm Reich, der mit Frischauf-Pappenheim 1928 die Sozialistische Gesellschaft für Sexualberatung und Sexualforschung gegründet hatte, am 27. Februar 1930 in Ottakring über die Position des Vatikans gegenüber der Sowjetunion, am 25. November 1931 der frühere sowjetische Volkskommissär für Unterricht Anatolij Lunatscharski über Kultur und Wissenschaft in Russland im Großen Musikvereinssaal, worüber auch die Arbeiter-Zeitung positiv berichtete, sowie am 21. Dezember 1932 der spätere KPÖ-Generalsekretär Friedl Fürnberg in Penzing über geistige Freiheit. Begünstigt durch die Zusammenarbeit mit dem staatlichen russischen Reisebüro Intourist, das Anfang der Dreißiger auch in Wien Zweigstellen besaß, konnten zudem mehrere Fahrten von Arbeiterdelegationen in die Sowjetunion realisiert werden, wovon ein durch den BdFSU verlegten Reisebericht Johannes Wertheims aus dem Jahr 1931 zeugt. 1932/33 erlebte der BdFSU wie die kommunistische Bewegung insgesamt leichten Auftrieb: Bei einem Kongress im Juni 1932 wurden auch außerhalb Wiens Versammlungen abgehalten und Unterstützer gefunden, die Rote Fahne berichtete von einem „Versammlungssturm zur Verteidigung der Sowjetunion“ (RF, 8.6.1932, S. 3). Im Jänner 1933 wurden im Rahmen einer Gedenkfeier des BdFSU zu Ehren Lenins, Karl Liebknechts und Rosa Luxemburgs eine „konzertmäßige Fassung“ von Brechts Die Mutter in der Vertonung Hanns Eislers aufgeführt. Mit Der Sowjetfreund gelang zudem 1932/33 die Herausgabe einer von Wertheim besorgten Zeitschrift.


Quellen und Dokumente

N.N.: Einheitsfront für die Sowjetunion. Erfolgreiche Tagung des Bundes der Freunde der Sowjetunion. In: Die Rote Fahne, 9.12.1930, S. 3, Lunatscharsky in Wien. Ein Vortrag über das kulturelle und wissenschaftliche Leben in Rußland. In: AZ, 26.11.1931, S. 5, Die Sowjetunion – ein Reiseland. In: Die Rote Fahne, 15.4.1932, S. 10, Kongreß des Bundes der Freunde der Sowjetunion. Versammlungssturm zur Verteidigung der Sowjetunion. In: Die Rote Fahne, 8.6.1932, S. 3, Lenin-Liebknecht-Luxemburg-Gedenkfeier. In: Die Rote Fahne, 20.1.1933, S. 2. Gegen die Antisowjethetze. Glänzender Verlauf des ersten Vortrages des Bundes der Freunde der Sowjetunion. In: Die Rote Fahne, 23.5.1933, S. 1.

Literatur

Der Rote Faden: Reich und die KPÖ. In: Nachrichtenbrief [Blog] (Online verfügbar), Claus Remer: Der Bund der Freunde der Sowjetunion und seine Tätigkeit auf kulturellem Gebiet. In: Heinz Sanke (Hg.): Deutschland-Sowjetunion. Aus fünf Jahrzehnten kultureller Zusammenarbeit, 117–126 (1966), Julia Köstenberger: Österreichisch-sowjetische Kulturkontakte im Überblick. In: Verena Moritz u.a. (Hgg.): Gegenwelten. Aspekte der österreichisch-sowjetischen Beziehungen 1918-1938, 231-249 (2013).

(ME)

(abgekürzt auch: Bund der Geistigen)

Entstanden in Wien um 1918 im Umfeld der aktivistischen Bestrebungen von Robert Müller und als Nachfolge zu seinem Geheimbund-Projekt Die Katakombe. Als offizielles Datum seiner Konstituierung wird der 13.1.1919 angegeben (Wallas, 1995,1,66). Gegliedert war der Bund, der erstaunlich viele internationale Kontakte besaß, v.a. zu K. Hiller, aber auch anderen Bünden und Räten geistiger Arbeiter (vgl. Bericht im Morgen, 17.3.1919, 4), sowie zur Clartè-Bewegung (Barbusse, Rolland) in fünf sog. Gruppen (je eine für Politik, Zeitphilosophie, bildende Kunst, Musik, Literatur) Er hatte seinen Sitz in der Mariahilferstraße und fungierte u.a. als Herausgeberträger der Zeitschrift Der Strahl. Verantwortliche Redakteure der Zeitschrift, in deren Umfeld auch eine expressionistische Kunstausstellung im April 1919 organisiert wurde (u.a. mit Sophie Korner, Leopold Krakauer, Olga Wagner und Grete Wolf), waren neben R. Müller noch Franz Kobler und Franz Ottmann. In den beiden Nummern der Zeitschrift (H.1/1919 u. H.2/1920) publizierten u.a. H. Ball, H. Barbusse, R. N. Coudenhove-Kalergi, K. Hiller, J. Gregor, R. Rolland, R. Scheu und St. Zweig.

Materialien und Quellen:

N.N.: Die Wiederherstellung der geistigen Internationale (Brief an Barbusse). In: NWJ, 17.2.1919, S. 6-7; Ernst Wagner: Zur Expressionistenausstellung im Künstlerhaus. In: Die Zeit, 18.5.1919, S. 9; Solidaritätsadresse an Barbusse. In: Wiener Allgem. Zeitung, 19. 5. 1919, S. 2; M.E[rmers]: Die Malerin Grete Wolf-Krakauer. In: Der Tag, 28.10.1925, S. 7;

Armin A. Wallas: Zeitschriften und Anthologien des Expressionismus in Österreich. Bd. 1. München-London-Paris 1995.

(PHK)

In der Frühphase der KPÖ nach 1918-19 formierte sich zunächst weniger um die ehemaligen Mitglieder der Roten Garde wie z.B. Egon E. Kisch und Franz Werfel, sondern vor allem rund um die aus Ungarn 1919-20 geflohenen Béla Illés, Sándor Barta, Andor Gábor und Aladár Komját die proletarische Literatur in Österreich. Sie veröffentlichten zwischen 1922 und 1924 in Wien und Berlin die Zeitschrift Egység (Einheit). Nach der Erstveröffentlichung von Lenins Aufsatz Parteiorganisation und Parteiliteratur in Wien (1924) und der Gründung des Verlages für Literatur und Politik durch Johannes Wertheim im selben Jahr verstärkte Die Rote Fahne wie bereits seit 1919 die Berliner Rote Fahne in Abgrenzung zum Bund für proletarische Kultur sowie in kritischer Distanz zur Proletkult-Bewegung ihre Bemühungen zur Integration der Arbeiterkorrespondenz. Neben ausländischen Autoren publizierten bereits u.a. Ernst Fabri, Peter Schnur, Hans Maier, Karl Neugebauer und Franz Janiczek regelmäßig im Feuilleton des Blattes. Nach der Gründung des deutschen Bundes der proletarisch-revolutionären Schriftsteller (BPRS) in Berlin am 19.10.1928, an dem auch SchriftstellerInnen aus Österreich bzw. aus dem ehemaligen k.k.-Raum mitwirkten wie z.B. Maria Leitner, Theodor Balk, F. C. Weiskopf oder Hermynia Zur Mühlen, wurde eine Ortsgruppe Wien eingerichtet, die 1929 sechzehn Mitglieder zählte. Am 9.2.1930 konstituierte sich in Anwesenheit von 47 Personen der BPRSÖ in Wien. Fabri wurde zum Vorsitzenden gewählt, die Berliner Linkskurve zum Zentralorgan erklärt.

Zs. Der Durchbruch, Cover

Im November 1930 nahmen Fabri, Maier, Janiczek und Lili Körber am Kongress der Internationalen Vereinigung Revolutionärer Schriftsteller (IVRS) in Charkow teil. Trotz der durch Fabri verbesserten Kontakte ins Ausland scheiterten Pläne wie die Einrichtung eines Verlages, der Herausgabe einer Sammlung proletarisch-revolutionärer Erzählungen und Gedichte oder die Veröffentlichung eines Romans Peter Schnurs. Die eigene Zeitschrift Der Durchbruch erlebte Ende August 1932 eine einzige Ausgabe. Die Rote Fahne sowie 1932/33 die Illustrierte Rote Woche blieben die maßgeblichen Publikationsorte, als wirksames Instrument zur Ausbildung der Arbeiterkorrespondenten dienten zudem von Fabri, Andor Gábor, Karl Molnar und Alexander Vajda gehaltene Kurse, Vortragsabende und Versammlungen. 1931 verhinderte ein Einreiseverbot einen Russland-Vortrag des deutschen BPRS-Funktionärs, Kritikers und Romanautors Ludwig Renn. Neben der Erziehung der Arbeiterkorrespondenten zu gesinnungstreuen Schriftstellern zählte offenes politisches Engagement zu den Betätigungsfeldern des BPRS. Ab 1931 stützte der BPRSÖ die kommunistische Spieltruppenbewegung. Nach Fabris Schritt in die Emigration 1932 übernahmen Maurice Oskar Acht und zuletzt Johannes Wertheim die Leitung des BPRS, der aufgrund der fehlenden offiziellen Verbindung zur KPÖ nach deren Verbot 1933 weiterexistierte, allerdings ohne tatsächliche Grundlage. Neben der Ausreise weiterer Protagonisten – etwa Fritz Jensens oder Otto Hellers – kündigte vor allem das Verbot der Roten Fahne im Juli 1933 die formellen Auflösung des Bundes am 7.3.1934 bereits an. Bemühungen der Emigrierten sowie der in Wien Verbliebenen zur Fortführung blieben ergebnislos.

Mitglieder (insgesamt ca. 80) u. a.: Paul Antl, Lajos Barta (Ps. Erich Barlud), Josef Barski (Ps.: Josef Beiser), Fritz Bartl, Karl Fink, Ernst Franta (Ps.: Erta), Erich Freudmann, Franz Genser (Ps.: Franz Hart), Fritz Glaubauf, Erich Grosser, Karl Groyer, Karl Gug(g)erell, Franz Hattinger, Julius Haydu, Franz Hladik, Stefan Hochrainer, Lili Körber, Maximilian Lazarowitsch, Karl Ledwina, Stefan und Hedwig Milde, Franz Millik, Friedrich Minich (Ps.: Frimin), Franziska und Robert Novotny (Ps.: Ronow), Ulrike Prochazka, Ernst Rindl (Ps.: Marin), Hugo Rosenberg, Karl Sacher, Walter Schläger, Peter Schnur, Otto Stegmüller, Maria Szucsich, Alexander Vajda, Leo Weiden, Hilde Wertheim, Otto Wolfgang, Eduard Zronek, Erwin Zucker-Schilling


Quellen und Dokumente

Satzungen des Vereines „Bund der proletarisch-revolutionären Schriftsteller Österreichs“. Abgedruckt bei Musger 1977, 298-302, Ernst Fabri: [An das] Internationale Büro für revolutionäre Literatur. Moskau [Brief, 30.1.1930] [digitalisiert, S. 345-347], E. F.: Über die Arbeit der österreichischen Sektion der IVRS. In: Internationale Literatur 3 (1933), H. 1, S. 144f. Abgedruckt bei Musger 1977, 291-294, N.N.: Bericht über die Tätigkeit des Bundes proletarisch-revolutionärer Schriftsteller im Jahre 1929 [1930]. In: Zur Tradition der deutschen sozialistischen Literatur. Eine Auswahl von Dokumenten. Bd. 1: 1926-1935, 180-194 (1979), Bund proletarisch-revolutionärer Schriftsteller Österreichs. In: Die Linkskurve 3 (1930), S. 29.

Berichte in Die Rote Fahne: Was wollen die proletarisch-revolutionären Schriftsteller? In: Die Rote Fahne, 9.2.1930, S. 8, Béla Illés: Vor dem Plenum der internationalen revolutionären Schriftsteller. In: Die Rote Fahne, 21.9.1930, S. 6, N.N.: Die proletarisch-revolutionären Schriftsteller als rote Wahlhelfer für die kommunistische Partei. In: Die Rote Fahne, 10.10.1930, S. 3, N.N.: Durch internationale Solidarität ein Opfer dem weißen Terror entrissen. Genosse Kerechki enthaftet! In: Die Rote Fahne, 10.10.1930, S. 3, Hans Maier: Unsere Reise ins Land der Towarischi. In: Die Rote Fahne, 28.12.1930, S. 5, Trude Richter: War arbeitet der Bund proletarisch-revolutionärer Schriftsteller? In: Die Rote Fahne [Berlin], 25.6.1932, S. 6, N.N.: Ein Brief Stefan Zweigs über die Kriegsgefahr. Und die Antwort der proletarisch-revolutionären Schriftsteller. In: Die Rote Fahne, 17.7.1932, S. 8f., N.N.: Arbeiterschriftsteller erzählen. In: Die Rote Fahne, 5.10.1932, S. 7, N.N.: Eine Tat der proletarisch-revolutionären Literatur. Der Sammelband „30 neue Erzähler des neuen Deutschlands“. In: Die Rote Fahne, 9.12.1932, S. 7.

Literatur

Martin Erian: Proletarisch-revolutionäre Literatur in Österreich 1918-1934 (2016).

Herbert Exenberger: Österreichische Arbeiterliteratur und ihre Schriftsteller. In: Harald Troch (Hg.): Wissen ist Macht! Zur Geschichte sozialdemokratischer Bildungsarbeit, 165-175 (1997), Gerald Musger: Der “Bund der proletarisch-revolutionären Schriftsteller Österreichs” (1930 – 1934). Eine Dokumentation. Phil. Diss. (1977), N.N.: Bund der proletarisch-revolutionären Schriftsteller Österreichs (BPRSÖ), Alexander Vajda: Proletarisch-revolutionäre Schriftsteller Österreichs. In: Weg und Ziel 30 (1970), H. 7/8, 46-48.

(ME)

Gegründet 1936 als der NSDAP nahestehende Organisation von Schriftstellern und Schriftstellerinnen, die zumeist 1933 nach dem PEN-Kongress von Ragusa/Dubrovnik aus dem österreichischen PEN ausgetreten waren. Zum ersten Präsidenten wurde Max Mell gewählt. Der BdSÖ fungierte 1938 als Herausgeber des Bekenntnisbuches österreichischer Schriftsteller, die den Anschluss Österreichs an NS-Deutschland begrüßten.

Literatur und Quellen:

Gerhard Renner: Österreichische Schriftsteller und der Nationalsozialismus (1933–1940). Der „Bund der deutschen Schriftsteller Österreichs“ und der Aufbau der Reichsschrifttumskammer in der ‚Ostmark. Frankfurt a. M. 1986; Uwe Baur, Karin Gradwohl-Schlacher, Sabine Fuchs unter Mitarbeit von Helga Mitterbauer (Hgg.): Macht–Literatur–Krieg. Österreichische Literatur im Nationalsozialismus. Wien-Köln-Weimar 1998.

(in preparation)

Als lose Vereinigung im Zuge von Vortragszyklen von Pierre Ramus seit Oktober 1919 in Wiener Cafés entstanden, wird in den erst 1922 verschriftlichten Leitlinien 1920 als Gründungsjahr 1920 angeführt. Bis hin zu 1925/1926 hatte er über 4000 Mitglieder in mehr als 60 verschiedenen Ortsgruppen und war damit die größte anarchistisch (aber auch pazifistisch und anarchokommunistisch) ausgerichtete Gruppierung, die organisatorisch aus einer Reihe von kleineren Gruppierungen und Bünden zusammengesetzt war wie z.B. Freie Vereinigung Radikalsozialistischer Studenten, KunstkulturbundBund freier JugendVereinigung individueller AnarchistenVereinigung herrschaftsloser geistiger Arbeiter u.a.m. Neben der Teilnahme (bzw. Störung) an Demonstrationen insb. der sozialdemokratisch oder kommunistisch organisierten Arbeiterschaft Wiens trat der BhS 1924 im Zuge der Veranstaltungen und Demonstrationen zum 10jährigen Gedenken an den Kriegsausbruch „Nie wieder Krieg“ von 1914 stärker hervor.

Materialien und Quellen:

Was ist und will der Bund der herrschaftsloser Sozialisten? Die auf der Bundestagung am 25. und 26. März 1922 angenommenen Leitsätze und Richtlinien unserer Anschauung und Betätigung. Wien-Klosterneuburg 1922 (Verlag Erkenntnis und Befreiung)

Bericht zu „Nie wieder Krieg“ in : NFP, 27. 7. 1924, S. 11; ähnlich auch: Illustriertes Wiener Extrablatt, 26.7. 1924, S. 8;

(In Vorbereitung)

Der BöF wurde 1902 gegründet und war seit 1903 Mitglied des Frauenweltbundes/Council of Women. Erste Vorsitzende des aus 12 Frauen bestehenden Vorstandes, wurde Marianne Hainisch (1839-1936; die diese Funktion bis 1918 innehatte und in dieser Zeit die Organisationsdichte von anfangs 18 dem BöF beigetretenen Vereinen auf 99 erhöhen konnte. Nach ihrem Rücktritt im Zuge der X. Generalversammlung im Juli 1918 wurde eine nach ihr benannte Stiftung eingerichtet und sie selbst zur Ehrenvorsitzenden vorgeschlagen. In dieser Funktion stand sie weiterhin dem Vorstand beratend zur Seite und veröffentlichte regelmäßig in der Zeitschrift des BöF Der Bund. Die Ausrichtung des BöF war gem. §1 des Vereinsstatuts strikt unpolitisch, überkonfessionell und übernational, wenngleich die Vereinsziele einem politischen Programm (siehe Geleitwort in der Zs. Der Bund) nahekamen. Die 1905 eingerichtete Zs. Der Bund wurde von Henriette Herzfelder redaktionell betreut. Den Zusammenbruch der habsburg. Monarchie bedauerte der Vorstand zwar in einem Leitartikel, die (demokratischen) Forderungen nach Frauenwahlrecht und verbessertem, wenn nicht gleichem Zugang zu Bildung und Erwerbsmöglichkeiten vertrat er dagegen (wie schon zuvor) mit großem Nachdruck. Der Bund erschien zuletzt mit H 5 im Jahr 1919. Danach gab es kein offizielles Organ des BöF bis 1928, als die Zs. Die Österreicherin eingerichtet wurde (erschien bis 1938), die zunächst noch, unter Mitwirkung von Rosa Mayreder, eine überparteiliche Ausrichtung vertrat, jedoch von den Mitarbeiterinnen und den Themen her gesehen ab 1930/31 sich zunehmend Richtung katholisch-christlichsoziale Ausrichtung bewegte. Die definitive, gewaltsame Ausschaltung der republikanischen Demokratie im Februar 1934 wurde z.B. in der März-Nummer wohl vage als „furchtbare Erschütterungen“ angesprochen, ein Bedauern über das Verbot der sozialdemokratischen Frauenorganisationen jedoch nicht ausgesprochen.

Materialien und Quellen:

Geleitwort. In: Der Bund, Nr. 1, Nov. 1905, S. 1-2; M.L.K.: Zum Abschied von Marianne Hainisch. In: Frauenstimmrecht, H.7/1918, S. 2-3; Margarete Minor: Zur X. Generalversammlung des BöF. In: Der Bund, H. 7/1918, S. 4-11; Deckblatt der letzten Ausgabe der Zs. Der Bund, H. 5/1919.

Übersicht der Vereine, die 1931 im BöF versammelt waren: Die Österreicherin, H. 2/1931, S. 16. Einrichtung eines Frauen-Notdienst. In: Die Österreicherin, H. 2/1934, S. 1.

(PHK)