Kaltneker, Hans
geb. am 2.2.1895 in Temesvár, Österreich-Ungarn – gest. am 29.9.1919 in Gutenstein, Niederösterreich; Lyriker, Dramatiker, Expressionist
K. (eigentlich: Hans Kaltnekergeb. am 2.2.1895 in Temesvár, Österreich-Ungarn - gest. am 29.9.1919 in Gutenstein, Niederösterreich; Lyriker, Dramat... von Wallkampf) bildete während seiner Gymnasialzeit in Wien gemeinsam mit Paul von Zsolnay und Hans Flesch von Brunningend.i. Johannes Evangelista Luitpold Vinzenz Flesch Edler von Brunningen, geb. am 05.2.1895 in Brünn – gest. am 1.8.198... einen literarischen Zirkel, der in der Zeitschrift Das neue Land eigene Werke – in erster Linie Gedichte und Feuilletons – veröffentlichte. Bereits zur Schulzeit machten sich die Symptome einer Lungentuberkulose bemerkbar, die Erholungsaufenthalte in Davos und Partenkirchen notwendig machte und schließlich zu einem frühen Tod führen sollte. Nach Ablegung der Externistenmatura 1915 begann K. ein Jusstudium in Wien. Einen wesentlichen Einfluss auf sein künstlerisches Schaffen übte die Bekanntschaft mit der Burgschauspielerin Else Wohlgemuth aus, der er 1916 die Gedichtfolge Tasso an die Prinzessin überreichte. Weitere anregende Bekanntschaften ergaben sich 1915-16 mit Klabund und Hermynia Zur Mühlen anlässlich von Kuraufenthalten; Felix Saltengeb. als Sziga bzw. Siegmund Salzmann am 6.9.1869 in Budapest, gest. 8.10.1945 in Zürich; österr. Schriftsteller, Jour... wiederum zählte zu den Förderern des Dichters und war der erste Herausgeber einer Werkauswahl.
Literaturhistorisch lässt sich K.s Werk als frühexpressionistisch definieren. Entsprechende Charakteristika weist vor allem der Tasso-Zyklus auf, aus dem zwei Sonette, sowie die Gedichte Grabschrift und Der Mord von Gottfried Benn 1955 in die Anthologie Lyrik des expressionistischen Jahrzehnts aufgenommen wurden. Die vorherrschenden Themen in K.s Dichtung sind neben Schuld- und Erlösungsvorstellungen, sowie progressiv anmutenden feministischen Überlegungen ethische Gedankenexperimente. Neben Motiven aus dem Katholizismus stellen die Werke Dostojewskis und Tolstois, sowie die Musikdramen Wagners wichtige Inspirationsquellen dar. Erich W. Korngoldgeb. 29.5.1897 in Brünn (heute Brno, Tschech. Republik), gest. 29.11.1957 in Hollywood (USA); Komponist, Pianist, Dirig... vertonte einige seiner Gedichte. Einen wesentlichen Einfluss bildet außerdem die geistige Atmosphäre der Wiener Jahrhundertwende, die von einem Zusammenwirken impressionistischer, neuromantischer, expressionistischer und phantastisch-mystischer Tendenzen geprägt ist. Stilistisch werden K.s Dramen oft als ekstatisch und leidenschaftlich gedrängt beschrieben. Dem Dichter selbst blieb aufgrund seines frühen Todes die Publikumswirkung seiner Werke, insbesondere der 1918/19 entstandenen dramatischen Trilogie versagt, von denen posthum Die Opferung (1922), Das Bergwerk (1923) und Die Schwester (1923) in Wien aufgeführt wurden. Allerdings erregte die Aufführung der Schwester sowohl in Wien als auch in Berlin, dort in der Regie von Berthold Viertelgeb. am 28.6.1885 in Wien – gest. am 24.9.1953 in Wien; Schriftsteller, Kritiker, Dramaturg, Theater- und Filmreg..., nicht zuletzt aufgrund ihrer homoerotischen Grundierung, großes Aufsehen. Kaltnekers ‚Musikmysterium‘ Die Heilige (1917) inspirierte den Schriftsteller und Librettisten Hans Müller zu einer Opernfassung unter dem Titel Die Wunder der Heliane, die Erich W. Korngold vertonte und die 1927 in Hamburg uraufgeführt wurde.
Weitere Werke (Auswahl)
Das Gebet d. Pharisäers (1913); Das Gebet des Zöllners (1913); Einer Freundin (1916); Mein Gott (1916); Quasi una phantasia (1917); Herr Tristrant, Tragödie (1910); Schneewittchen, Märchenspiel (1919); Dichtungen und Dramen (1925); Gerichtet! Gerettet! (1959, hrsg. v. H. Himmel)
Quellen und Dokumente
Ludwig Hirschfeldgeb. am 21.5.1882 in Wien – gest. nach November 1942 im KZ Auschwitz (?); Schriftsteller, Kritiker, Übersetzer, ...: “Die Opferung” (Drama von Hans Kaltneker. Erstaufführung am Deutschen Volkstheater). In: Neue Freien Presse, 24. 3.1922, S. 9; Paul WertheimerPseud.: P.W., geb. 4.2. 1874 in Wien, gest. 19.3.1937 in Wien. Schriftsteller, Feuilletonist, Literaturkritiker, Rechtsa...: “Das Bergwerk.” Schauspiel in drei Akten von Hans Kaltneker. Uraufführung im Raimund-Theater. In: Neue Freie Presse, 8.2.1923, S. 7f; F[elix] S[alten]: Hans Kaltneker: “Die Schwester.” Renaissancebühne. In: Neue Freie Presse, 14.12.1923, S. 9f; Rezension von Robert Musilgeb. am 6.11.1880 in Klagenfurt – gest. am 15.4.1942 in Genf; Schriftsteller, Essayist, Wissenschaftler, Theaterkritik... zu Die Schwestern. In: Der AbendTageszeitung, begründet im Juni 1915 durch Carl Colbert, die aufgrund zensurmäßiger Eingriffe und ihrer tendenziell l..., 13.12.1923, Fritz Rosenfeldgeb. am 5.12.1902 in Wien – gest. am 27.12.1987 in Sussex (GB); Journalist, Film- und Literaturkritiker Ps.: Frie...: In den Tiefen der Erde V [= Rezension zu: Das Bergwerk]. In: Bildungsarbeit X (1923), H. 7/8, S. 66f; N.N. Die neue Oper von Korngold. In: Der Tag, 3.6.1926, S. 11.
Literatur
Gabrielle Irwin: Wiederentdeckung eines Unentdeckten: H. K. In: „The German Quarterly“ Vol. 45, No. 3 (May 1972), 461-471, Hans Heinz Hahnl: Vergessene Literaten (1984), 191-194, Norbert Frei: „Wir sind nicht gut genug zueinander“. Zum Werk von H. K. In: K. Amann/A.A. Wallas (Hg.): Expressionismus in Österreich. Die Literatur und die Künste (1994), 499-514.
Dietmar Goltschnigg: Kaltneker von Wallkampf, Hans. In: Neue Deutsche Biographie 11 (1977), S. 75 [Onlinefassung], Eintrag in ÖBL-online.
(MAUngarische Avantgarde-Zeitschrift (1916-1926, davon ab 1920 in Wien erschienen) Materialien und Quellen: Júlia Szabó: .../ PHK)