Die Rote Fahne

Das Zeitschriftenmodul von Martin Erian finden Sie hier.

Bereits im Mai 1918 erschien als Der Weckruf ein Organ der kommunistischen Bewegung Österreichs, nach der Gründung der KPDÖ im November 1918 wurde es zur offiziellen Parteizeitung erhoben. Der Weckruf erschien zunächst zwei Mal wöchentlich, Mitte Jänner 1919 erfolgte die Umbenennung in Die soziale Revolution. Erst als Die Rote Fahne (ab 26.7.1919) gelang eine Ausweitung auf vier Ausgaben pro Woche; von Mitte September 1919 bis zum Verbot am 22. Juli 1933 erschien das Blatt in der Regel täglich außer Montag. Nach Schätzung des kommunistischen Verlegers Johannes Wertheim lag die Auflage ab 1921 konstant bei rund 16.000 Stück (RF, 1.1.1927, S. 3), Die Rote Fahne blieb in ihrer Wirkung aber weitgehend auf Wien beschränkt. Zwischen den Funktionen eines Parteiorgans, das ideologischen Auseinandersetzungen viel Platz einräumte, und jenen eines auf Massenagitation im Klassenkampf ausgerichteten Blattes zerrieben, erreichte Die Rote Fahne erst ab Ende der Zwanziger einen kontinuierlichen Umfang von acht Seiten täglich. Trotz streng limitierter personeller wie ökonomischer Ressourcen gelang es mehrere dauerhafte Rubriken zu etablieren.

Zunächst finanziell aus Moskau unterstützt, übernahmen ab 1921 zunehmend Funktionäre der KPD die organisatorische Verantwortung über Die Rote Fahne.Die redaktionelle Leitung wechselte aufgrund ideologischer Flügelkämpfe wie individueller Karrieren häufig. Führten zunächst Karl Tomann, Franz Koritschoner, Paul Friedländer, Elfriede Friedländer-Eisler (später bekannt als Ruth Fischer), Josef Strasser und kurzzeitig auch Leo Lania Die Rote Fahne, so wirkten u.a. Hilde und Johannes Wertheim, Friedrich Hexmann, Josef Frey, Frida Rubiner und Richard Schüller im Verlauf der Zwanziger prägend auf die Ausgestaltung der Blattlinie. Ergänzt wurde die inländische Berichterstattung durch ein Netz von Arbeiterkorrespondenten, die internationale Berichterstattung vor allem durch Übernahmen aus der Berliner Roten Fahne und den Pressediensten der Kommunistischen Internationale.

Das als „‚Gegenproduktion‘ zum bürgerlichen Kulturbetrieb“ (Moser, 209) konzipierte Feuilleton orientierte sich stark an jenem der Berliner Roten Fahne, ohne dessen Umfang und Qualität erreichen zu können. Entgegen der anhaltenden Auseinandersetzung mit Radio und Film verhinderte die Personalfluktuation die Entwicklung einer kontinuierlichen Literatur- und Theaterkritik. Als Fortsetzungsromane wurden u.a. Texte Upton Sinclairs, Maxim Gorkis, Fedor Gladkows, F. C. Weiskopfs, Adam Scharrers und Hermynia Zur Mühlens abgedruckt. Zudem erhielten seit den frühen Zwanziger Jahren österreichische Autoren wie Ernst Fabri, Hans Maier oder Peter Schnur regelmäßig Publikationsmöglichkeiten. Nach der Gründung des Bundes der proletarisch-revolutionären Schriftsteller Österreichs dauerte es bis 1933, ehe längere Erzählungen österreichischer Provenienz, u.a. von Maria Leitner und Erich Barlud, abgedruckt wurden. Nach dem Verbot erschien Die Rote Fahne illegal, zunächst aus Wien, später aus Prag.


Quellen und Dokumente

Deine Zeitung. In: Die Rote Fahne, 1.6.1924, S. 3, Johannes Wertheim: Unsere “Rote Fahne”. Anläßlich des Beginnes des 10. Jahrganges. In: Die Rote Fahne, 1.1.1927, S. 3, Erwin Zucker: Die Bedeutung der Berichterstattung. In: Die Rote Fahne, 17.6.1927, S. 5.

Aus der Reihe Wie die „Rote Fahne“ entsteht: Ein Stück täglichen Schützengrabenkampfes im Klassekrieg. In: Die Rote Fahne, 14.5.1933, S. 7, Arbeiterkorrespondenzen und Reportagen. In: Die Rote Fahne, 18.5.1933, S. 9, Was bei der Herstellung der “Roten Fahne” entsteht. Berichtungen und Ehrenbeleidigungsklagen. In: Die Rote Fahne, 24.5.1933, S. 9, Die Arbeit des Bildreporters. In: Die Rote Fahne, 27.5.1933, S. 8.

Literatur

Gerhard Moser: Zwischen Autonomie und Organisation: Die Arbeiterkorrespondentenbewegung der „Roten Fahne“ in den Jahren 1924 bis 1933. Eine Studie zur Kommunikationspolitik der KPÖ in der 1. Republik. Phil. Diss., 165ff (1988), Manfred Mugrauer: „Staatsgefährliche und umstürzlerische Wühlarbeit“. Zum Verbot der Kommunistischen Partei Österreichs am 26. Mai 1933. In: Mitteilungen der Alfred-Klahr-Gesellschaft 1/2013, 6-11 (Online verfügbar), Alfred Schwarz: Die kommunistische Tagespresse in den Gründungsjahren der Ersten österreichischen Republik. Phil. Diss. (1988).

Eintrag beim Projekt Hypress der Österr. Akademie der Wissenschaften.

(ME)