Thom, Andreas

eigentlich Rudolf Csmarich, geb. am 11.5.1884 in Wien – gest. am 25.6.1943 in Mooskirchen (Steiermark), Schriftsteller, Verlagslektor, Volksschullehrer

Der seit 1903 in Wien als Volkschullehrer tätige Thom trat erstmals 1913 mit der Erzählung Lindeleid, veröffentl. bei Rütten& Loening, an eine breitere Öffentlichkeit. Zuvor erschienen bereits in einigen Zeitungen Ankündigungen sowie Berichte über einen Autorenabend, an dem er im Mai 1912 gemeins. mit Otto Koenig, Walter v. Molo, Hans Müller und Felix Salten teilnahm (AZ, 22.5.1912,7). Das nächste Werk, Ein Kinderbuch (1915), wurde von Helene Scheu-Riesz in der NFP als das schönste der neueren Kriegsbücher für Jugendliche aufgrund seines naiven wie poetischen Grundzuges gewertet. 1918 folgte der Roman Ambros Maria Baal. Ein Roman der Lüge, der sein schriftstellerisches Renommee begründete und, so ein späteres Bekenntnis (AZ, 2.8.1930) unter dem gewaltigen Eindruck des Krieges stand und seine destruierenden Auswirkungen mit thematisierte. Strobl würdigte ihn im NWJ (gemeins. mit dem Wadzek-Roman Döblins) als einen Roman, der ohne besondere Tendenz sich die „möglichst abgründige Erfassung einer normalen Seele“ vornehme. Thom arbeitete auch an zahlr. expressionistischen Zeitschriften mit wie z.B. ›Der Anbruch‹, ›Blätter des Burgtheater‹ (neben H. Bahr, F. Blei, H. v. Hofmannsthal, F. Werfel u.a.m.) wo er mit seinem Beitrag die Aufmerksamkeit von a[lfred] p[olgar] erregte, oder in der Botschaft-Anthologie und wurde Lektor des Strache-Verlags, in dem 1920 u.a. seine Erzählung Freundschaft. Eine Knabengeschichte, erschien. 1921 folgte der Roman Rufus Nemian, der „eine ganz sonderbare Handlung, von eigenartigen Menschen getragen“ aufweise (Wr. Morgenpost, 30.1.1922,4), aber darüber hinaus im literar. Feuilleton kaum Beachtung fand.

Bei der Neukonstituierung des ›Schutzverband deutscher Schriftsteller in Österreich‹ im Nov. 1923 wurde Thom in den Vorstand gewählt; seit 1929 war er unter O.M. Fontana dessen Zweiter Präsident. Im Atlantischen Verlag, der u.a. auch eine aktivistische Reihe führte, erschien 1924 sein ‚Dirnenroman‘ Das Chamäleon; in derselben Reihe wurden auch erotische Neuerscheinungen von Bela Balázs und Otto Flake angezeigt. Seit 1924 bis etwa 1930 erschienen, beginnend mit Der arme Josef, feuilletonistische Kurzprosatexte mit meist sozialkritischer Ausrichtung in der AZ; 1930 auch der danach bei P. Zsolnay veröffentlichte Roman Vorlenz und Brigitte als Fortsetzungsroman. Im Konflikt mit der Ravag betr. Urheberrecht und Tantiemen vertrat Thom 1927 vehement die Anliegen der Autoren und trat für eine Verbesserung des unbefriedigenden Zustandes ein.

Am 10.5.1931 hatte Thom seine erste, von Erhard Buschbeck eingeleitete Lesung in Radio Wien. Auch der Roman Noch spielt ein Kind (1934) wurde wahrgenommen und z.B. im NWJ als zeitgemäßer Großstadtroman, in dem der „Alltag dichtet“ besprochen. In Radio Wien wurde er von O. M. Fontana in der Bücherstunde am 19.8. 1934 neben Texten von Jean Giono und Mechthilde Lichnowsky vorgestellt; kurz darauf erschien bei Zsolnay der Roman Triumph der Liebe (1935). 1936 legte er das Milieu-bzw. Volksstück In der stillen Seitengasse vor, das im Dt. Volkstheater in der Regie von Heinrich Schnitzler aufgeführt wurde und im Sept. 1937 auch in der Radiobühne in der entsprechenden Adaption durch Aurel Nowotny zur Ausstrahlung kam. Am 6.1.1950 sendete es der ORF als Hörspielfassung neuerlich. Nach dem Anschluss im März 1938 veröffentlichte Thom wohl noch einige (wenige) angepasste Feuilletons in Zeitungen wie z.B. im Neuen Wiener Tagblatt oder Die Bühne, exponierte sich aber nicht weiter. Zwar wurde sein Volksstück Leute vom Grund noch 1941 am Deutschen Volkstheater gespielt, er zog sich aber danach, auch krankheitsbedingt, aus dem literarischen Leben völlig zurück.


Weitere Werke

Herr von Schallinger. Roman (1926); Das Sylvesterkind (1936); Die ungleichen Geliebten (1938)

Quellen und Dokumente

Los der Ringe. In: Die Muskete, 1.10.1923, S. 6, Münchhausen. In: Die Muskete, 1.12.1923, S. 8, Der arme Josef. Eine wahre Geschichte, die uns zu denken gibt. In: Arbeiter-Zeitung, 16.12.1924, S. 6f., Fritz und Franz. In: Das Kleine Blatt, 16.5.1933, S. 3, Schiffbrüchige. In: Die Bühne (1934), H. 370, S. 36f., Der starke Knecht. In: Neues Wiener Tagblatt, 5.2.1939, S. 35.

Karl Hans Strobl: Großstädtische Abenteurerromane. In: Neues Wiener Journal, 25.7.1918, S. 3f., Blätter des Burgtheaters. In: Oesterreichische Buchhändler-Correspondenz, 4.6.1919, S. 335, Alfred Polgar: Burgtheater. Die Schönbrunner Dependance. – Blätter des Burgtheaters. In: Der Tag, 8.6.1919, S. 11, Anzeige in: Oesterreichische Buchhändler-Correspondenz, 28.3.1924, S. 178, Protestversammlung der Schriftsteller gegen die Ravag. In: Wiener Zeitung, 19.11.1927, S. 6, Unser neuer Roman. In: Arbeiter-Zeitung, 2.8.1930, S. 5, Der Alltag dichtet. In: Neues Wiener Journal, 7.4.1934, S. 4, H. P-k.: „In der stillen Seitengasse“ (Deutsches Volkstheater). In: Der Wiener Film, 8.12.1936, S. 4, H. S.: Deutsches Volkstheater. In: Neues Wiener Tagblatt, 12.12.1936, S. 14.

Literatur

M. G. Hall: Der Paul Zsolnay Verlag: von der Gründung bis zur Rückkehr aus dem Exil, Bd. 1, Tübingen 1994, 352.

(PHK)