Geb. 2.7. 1891 in Baden/Niederösterreich; gest. [ermordet] 1942 oder 1943 im KZ Auschwitz. Journalist, Kritiker, Politiker, Mitbegründer der KPÖ.

Materialien und Quellen:

Eintrag im: Gedenkbuch für die Opfer des Nationalsozialismus an der Universität Wien 1938.

(PHK, work in progress)

Geb. 31.12.1863 in Budapest, gest. 30.5. 1939 in Wien. Dramatiker, Feuilletonist, Kritiker, Librettist, Schriftsteller, Verfasser von Operetten, Revuen, Sketches.

Materialien und Quellen:

F.A.: Der jüngste Wiener Hanswurst. In: NFP, 20.8.1925, S. 11 (über: Hans Moser); Vom Theaterkind zur Salondame. Anna Kallinas fünfzigjähriges Burgtheaterjubiläum. In: NFP, 10. 4. 1929, S. 11-12;

(PHK, in preparation)

geb. am 25.5.1898 in Wien – gest. 7.5.1977 in Wien; Schriftsteller, Journalist, Sachbuchautor, Emigrant

F. stammte aus einer angesehenen Wiener Verlegerfamilie. Sein Vater Otto war Hg. des Neuen Wiener Tagblatt, eine Zielscheibe von K. Kraus in mehreren Fackel-Beiträgen („Genie der Aufdringlichkeit“); seine Mutter kam aus der jüd. Hg.-Familie Klebinder der Wiener Sonn- u. Montagszeitung. Nach abgelegter Matura am traditionsreichen Theresianum-Gymnasium studierte er Geschichte an der Univ. Wien. Zuvor hatte er sich 1915 freiw. zum Militärdienst gemeldet u. diente in einem Feldkanonenregiment, wo er es bis zum Fähnrich brachte. F. frequentierte das Café Herrenhof, wo er in den Freundeskreis seiner Schwägerin Gina Kaus aufgenommen und rasch selbst zu einem Netzwerker im literarisch-journalistischen Feld wurde. 1919 war er Mitbegründer der Zs. Wiener Welt, für die er, meist erfolglos, große Namen zu gewinnen suchte, u.a. auch A. Schnitzler. H. Bettauer veröffentlichte in ihr eine Erzählung u. Frischauer selbst ebenfalls. Nach nur vier Ausgaben musste die Zs. ihr Erscheinen einstellen. 1921 heiratet er die promovierte Kunsthistorikerin  Alma Stephanie Wittlin, Schwester des polnischen, mit Joseph Roth eng befreundeten Schriftstellers Jozef Wittlin. In den Folgejahren begann er sich mit historischen Stoffen zu befassen und diese in verkaufsträchtige Romane zu verarbeiten, so z.B. 1924 mit dem von F. Blei eingeleiteten Roman Geheime Denkwürdigkeiten der Madame Dubarry, der, so das NWJ am 29.12.1924, eine der Überraschungen im Weihnachtsgeschäft gewesen sei. Vor dem Erscheinen dieses Textes hatte Frischauer die Möglichkeit, im Rahmen des Musik- und Theaterfests der Stadt Wien im Okt. für das abgesetzte I. Goll-Stück einzuspringen und zwar mit seinem Kammerstück Im Dunkel. Diese öffentlichkeitswirksamen Debuts öffneten Frischauer weitere Möglichkeiten. So erschien z.B. in der AZ ab 21.12.1924  bis 7.1.1925 die Erzählung Die Seele des Thomas Aniello, die 1929 unter dem Titel Maske Mensch in den Novellen-Bd. Das Herz im Ausverkauf aufgenommen wurde.

Mitte 1925 übersiedelt F. nach Berlin, wo er Jahre hindurch mehrere Monate lebt, u. findet Zugang zu wichtigen, in der Öffentlichkeit stark präsenten Autoren wie W. Hasenclever, R. Huelsenbeck, W. Mehring, E. Toller, zu B. Viertel u.a.m. Zugleich gelingt es ihm Feuilletons in der Vossischen Zeitung unterzubringen und von Berlin aus mit dem Wiener Zsolnay-Verlag ins Gespräch zu kommen. Dieser wird bis 1933 vier historische Romane F.s. veröffentlichen, beginnend 1926 mit Dürer, auch ein Roman der deutschen Renaissance, so O. Zoff, bis hin zu einem Prinz Eugen-Buch und einem Beaumarchais-Buch. 1928 gelangte sein Schauspiel Ravaillac in Dortmund zur Aufführung; 1929 war Frischauer erstmals in Radio Wien mit einer Eigenlesung vertreten. 1930 erschien in der Modernen Welt die Emigrantennovelle, die sich mit einem russischen Emigrantenschicksal befasst; in Radio Wien war er am 18.9.1931 mit einem Vortrag über Neue Sachlichkeit zu hören, am 23. 8. 1931 mit einem unter dem Titel Ein Mann urteilt über Frauen, am 15.11. mit einem über Amerika sowie am 13.12 1931 mit einem Urbanitzky-Porträt. 1931 kam es zur Scheidung von seiner Ehe u. F. heiratete unmittelbar danach  Marica Horvat. 1932 erschien der Roman Gewinn; F. kam wiederum auf eine dichte Radiopräsenz und legte seine ersten Hörspiele Auf dem Rücken einen Berg sowie John Law (als Auftragsarbeit der Ravag) vor. Seine nachfolgende Prinz Eugen-Biographie (1933) war höchst umstritten; O. Koenig stellte sie in der AZ als eine Auftragsarbeit für die Vaterländische Front dar.

Im Anschluss an die Ereignisse auf dem PEN-Club-Kongress in Dubrovnik, auf dem sich Frischauer gegen die NS-freundliche Positionierung Urbanitzkys stellte u. von dieser beleidigt wurde, kam es zu einem vielbeachteten Ehrenbeleidigungsprozess, den F. anstrengte, der jedoch wegen Ausreise U.s. ins Dt. Reich vertagt werden musste. 1934 folgte die Garibaldi-Romanbiographie, 1935 jene zu Beaumarchais. Obwohl politisch nicht besonders exponiert, geriet Frischauer wiederholt ins Visier der NS-Literaturpolitik, z.B. insofern, als Buchhändler davor gewarnt wurden, seine Texte öffentlich auszustellen. 1934 emigrierte er daher nach Großbritannien u. fand dort Arbeit bei der BBC, 1940 übersiedelte er im Auftrag des brit. Geheimdienstes nach Brasilien u. trat in Kontakt mit dem autoritär reg. Präsidenten Vargas. Zu Kriegsende emigrierte er in die USA (New York) und kehrte von dort 1957 nach Wien zurück.


Weitere Werke

Presidente Vargas (1943; Ein großer Herr (1950); Weltgeschichte in Romanen. Bd.1-3 (1960); Der Mensch macht seine Welt. (1962); Die Welt der Bühne, die Bühne der Welt, Theatergeschichte. (1967); Sittengeschichte der Welt (1968)

Quellen und Dokumente

Die geheimen Denkwürdigkeiten der Gräfin Dubarry. In: Der Tag, 15.7.1924, S. 5, Emigranten-Novelle. In: Moderne Welt (11) 1930, H. 11, S. 1f., Aufruhr. In: Arbeiter-Zeitung, 15.5.1931, S. 9, Grete Urbanitzky. In: Radio Wien, 11.12.1931, S. 9, Essen Sie gerne Hummer? Ein Romankapitel. In: Die Bühne (1932), H. 327, S. 21.

Hans Liebstöckl: Meine Bühne. Der seltsame Unbekannte im Leben der Dubarry. In: Der Bühne (1924), H. 5, S. 2f., Bela Balazs: Premiere auf der Raumbühne. In: Der Tag, 3.10.1924, S. 6, Otto Zoff: Ein Dürer-Roman. In: Neues Wiener Journal, 2.2.1926, S. 8f., Eduard Goldscheider: „Das Herz im Ausverkauf.“ Ein neues Buch von P. F. In: Wiener Sonn- und Montagszeitung, 29.4.1929, S. 6, P. F.s. Hörspiel „Auf dem Rücken einen Berg“. Gespräch mit dem Autor. In: Neues Wiener Journal, 25.3.1932, S. 7, Otto Koenig: Der Gewinn. In: Arbeiter-Zeitung, 14.6.1932, S. 7, Das Vorwort Mussolinis. In: Arbeiter-Zeitung, 17.8.1933, S. 5, Die „gesäuberte“ Nazi-Literatur. In: Neues Wiener Journal, 23.7.1934, S. 5.

Literatur

U. Prutsch, K. Zeyringer: Die Welten des Paul Frischauer. Wien u.a. 1997.

(PHK)

Geb. 4.11.1882 in Preßburg (k.k. Österreich-Ungarn), gest. 24.7. in Wien. Ärztin, Schriftstellerin, Sexualwissenschaftlerin, Exilantin.

Quellen und Materialien:

Ch. Bittermann-Wille: Marie Pappenheim. In: Fraueninbewegung (hier)

(in Vorbereitung)

Geb. 16.11.1883 in Hall/Tirol; gest. 1.1. 1954 in Innsbruck. Architekt und Bühnenbildner.

ab 1905 Stu­dium an der Kunst­ge­wer­be­schule Mün­chen, anschließend Pra­xis im Büro von Mar­tin Dül­fer in Mün­chen und Dres­den. Von 1910 – 13 Studium an der Aka­de­mie der Bil­den­den Künste Wien bei Otto Wag­ner sowie in der Pri­vat­schule von Adolf Loos. Fritz ent­wi­ckelte ab 1919 an den Inns­bru­cker Kam­mer­spie­len das Sys­tem der Wür­fel­bühne als Bei­trag zu den konstruktivistisch-geometrischen Kunst-Be­wegun­gen der 1920er Jahre. Er ar­bei­tete mit der Ele­men­tar­form des Wür­fels und ent­warf eine vielgestaltig einsetzbare Büh­nen­-Raum-Gliederung nach ma­the­ma­ti­schen Prin­zi­pien, die sich aus der von den Kör­per­ma­ßen ab­ge­lei­te­ten Maß­zahl Sieben er­ge­ben. Ab 1922 ent­wi­ckelte Fritz das so­g. Mathmah-Bausystem, das 1927 auf der in­ter­na­t. Werk­bund­aus­stel­lung in Stuttgart-Weißenhof prä­sen­tiert wurde. Es han­delt sich dabei um eine ma­the­ma­ti­sch strukturierte Bauweise mit vor­ge­fer­tig­ten Ele­men­ten, ähnlich einem Mo­dul­sys­tem des Wür­fels mit der Kan­ten­länge 7. Das ermöglichte ein Mon­ta­ge­prin­zip mit Leicht­bau­plat­ten auf Basis der ty­pi­sier­ten Mathmah-Platte, die eine freie Bau­aus­füh­rung er­mög­licht. Das Deck­blatt des Original-Exposés (Inns­bruck, Uni­ver­si­tät, Samm­lung des In­sti­tuts für Kunst­ge­schichte) ist ein wich­ti­ges Zeug­nis gegenstandslos-konstruktiver Kunst im Ös­ter­reich der Zwischenkriegszeit.

(in Arbeit, PHK)

Geb. 24.5.1890 in Podebrady (Österreich-Ungarn, Böhmen, heute: Tschech. Republik), gest. 17.2. 1942 in London. Lyriker, Redakteur, Übersetzer, Exilant.

(in preparation)

geb. als René Philipp Müller am  17.3.1891 in Caransebes (heute Rumänien; ehem. Österreich-Ungarn) – gest. am 7.5.1963 in Hanover (USA, New Hampshire); Journalist, Herausgeber, Schriftsteller, Dozent

Als ältester von drei Geschwistern wuchs Fülöp-Miller in einem multireligiösen und mehrsprachigen Umfeld in der historischen Region des Banats auf, die in den heutigen Staatsgebieten Rumäniens, Serbiens und Ungarns liegt. Obwohl er sich bereits als Jugendlicher zum Schriftsteller berufen sah, studierte er, um die väterliche Apotheke übernehmen zu können, bis 1912 zunächst Pharmazie. Mit seiner Ausbildung wurde er 1914 in den medizinischen Dienst des habsburgischen Militärs gestellt. Nach Kriegsende zog er schließlich nach Wien, um hier Anschluss an die Literaturkreise der Hauptstadt zu erlangen. Von dort aus gelang Fülöp-Miller ein beachtlicher Aufstieg. Zunächst verfasste er Zeitungsbeiträge, reiste und berichtete als Korrespondent für die Neue Freie Presse etwa zur Weltwirtschaftskonferenz in Genua. Schließlich bildeten zwei Aufenthalte in der Sowjetunion im Jahre 1922-23 und 1924, währenddessen er sich für zahlreiche Zeitungen wie z.B. die NFP oder das NWTBl. aber auch Zeitschriften (z.B. Die Mutter) journalistisch betätigte, die thematische Grundlage seiner anschließenden Bucherfolge. Zunächst gab er als Ergebnis der Reisen und in Zusammenarbeit mit Friedrich Eckstein acht Bände bis dato unbekannter Fragmente aus den Nachlässen Dostoevskijs sowie später Tolstojs heraus, die u.a. S. Morgenstern besprach. Für den Band Die Urgestalt der Brüder Karamasoff (1928) gewann er Sigmund Freud als Autor für den Beitrag Dostojewski und die Vatertötung. Ferner hatte Fülöp-Miller in Moskau und St. Petersburg zahlreiche Kontakte geknüpft sowie Bild- und Textmaterial gesammelt, die den Steinbruch seiner folgenden Arbeiten bildeten. Der persönliche Austausch mit dem Theaterregisseur Vsevolod Mejerchol’d sowie exklusive Fotografien von russischen Bühnenkonstruktionen fanden Eingang in den mit Joseph Gregor edierten Band Das russische Theater (1928) aber auch in seine Monographie Geist und Gesicht des Bolschewismus (1926). Beide Werke waren ebenso wie Lenin und Gandhi (1927) in aufwendiger Drucklegung im Wiener Amalthea-Verlag erschienen und begründeten trotz der Kritik an Fülöp-Millers zum Teil tendenziösen Ansichten zum Bolschewismus seinen Ruf als Kulturhistoriker und Russland-Kenner. Entscheidend trug hierzu außerdem die faktual-fiktional gestaltete Biographie Rasputin. Der heilige Teufel und die Frauen (1927) bei, die im Paul Zsolnay Verlag als – neben Amalthea – eines der produktivsten österreichischen Verlagsunternehmen seinerzeit erschien.

Aus: Die Mutter, 1.8.1925, S. 10

Im Laufe sowie als Ergebnis seiner Publikationen etablierte Fülöp-Miller eine zentrale Position im Literatur- und Kulturbetrieb der Wiener Zwischenkriegszeit, er war u.a. Mitglied in der Organisation der Wiener Presse sowie in der österreichischen Union der Korrespondenten der Auswärtigen Presse 1. Er tauschte sich aus mit Stefan Zweig, Gina Kaus, Leo Lania, Hermann Broch, Kurt Kersten, Johannes Urzidil, aber auch Friedrich Kiesler. Als arrivierter Schriftsteller wurde Fülöp-Miller im Mai 1930 schließlich in den Vorstand des österreichischen PEN-Clubs gewählt. In diesem Rahmen stand er in Kontakt mit dem Präsidenten des Klubs, Felix Salten, sowie dessen Gründerin Grete von Urbanitzky. Dieses Netzwerk nutzte Fülöp-Miller auch nach seiner Emigration an die US-amerikanische Ostküste im Jahr 1939. Friderike Zweig etwa verhalf ihm dort zu Kontakten in die Exilgemeinde, nachdem Fülöp-Miller dem englischsprachigen Lesepublikum zwar durch Übersetzungen einiger Russland-Werke sowie die Monographien Macht und Geheimnis der Jesuiten (1929) und Kampf gegen Schmerz und Tod. Kulturgeschichte der Heilkunde (1938) bekannt war, sich seine europäischen Verkaufserfolge aus den 1920er Jahren jedoch nicht wiederholten und auch Hollywood-Verfilmungen seiner Werke wenig Anklang fanden, so etwa The Great Moment (1944) oder The Great Sinner (1949). Neben dem Verfassen autobiographisch geprägter Romane war er ab den 1950er Jahren bis kurz vor seinem Tod ferner als Dozent u.a. für Russian Civilization an den US-Eliteuniversitäten Dartmouth und Hunter tätig.


Weitere Werke

Das amerikanische Theater und Kino (1931); Die Phantasiemaschine (1931); Führer, Schwärmer und Rebellen (1934); Leo XIII. und unsere Zeit (1935); Die die Welt bewegten (1952); The Silver Bacchanal (1960)

Quellen und Dokumente

Russische Kunst und russische Künstler. In: Neue Freie Presse, 25.3.1924, S. 13, Wie mein Jesuitenbuch entstand. In: Die Quelle. Sonntag-Beiblatt der „Reichspost“ für Literatur, Heimatkunde und Kultur. In: Reichspost 16.2.1930, S. 19f.

Max Brod: Geist und Gesicht des Bolschewismus [Rez.]. In: Prager Tagblatt, 6.6.1926, S. 3f.

Literatur

Rolf Bulang: René Fülöp-Miller. Eine biographische Skizze. In: Markus Bauer (Hg.): Zum Thema Mitteleuropa. Sprache und Literatur im Kontext, 189-219 (2000), Horst Fassel: Ein vergessener Banaler deutscher Autor: René Philipp Müller aus Karansebesch. In: Beiträge zur deutschen Kultur I, Nr. 3, S. 18-31 (1984), Murray G. Hall: Österreichische Verlagsgeschichte 1918-1938. Bd. 2: Belletristische Verlage der Ersten Republik (1985), Katja Plachov: Kulturakteur. Netzwerker. Stratege. René Fülöp-Miller als Vermittler russischer Kultur im 20. Jahrhundert. Paderborn: Fink/Brill 2022; Franz-Joseph Wehage: René Philipp Müller. In: John Spalek (Hg. u.a.): Deutschsprachige Exilliteratur seit 1933. T.1 Bd. 2, 202-216 (1989).

Anton Scherer: Müller, Philipp. In: Neue Deutsche Biographie 18 (1997), S. 467-468 (Online verfügbar).

(KP)


  1. Fülöp-Miller an Leopold Mandl am 29.12.1928 (BSB: Sig. ANA 373, Schachtel 14).

Geb. 1.11.1872 in Graz, gest. 19.5.1959 in Wien. Publizist, Herausgeber, Kulturpolitiker.

Materialien und Quellen:

Eintrag auf WienGeschichte: hier.

Nikolas Scholz über F. Funder: hier.

Gertrude Enderle-Burcel: Christlich – ständisch – autoritär. Mandatare im Ständestaat 1934–1938. Wien: Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes 1991, 79-80.

(in preparation)

geb. 3.9.1869 Chemnitz, Sachsen, gest. 31.7.1957 Wien; Malerin, Grafikerin

Die in wohlhabende Verhältnisse hineingeborene Funke – der Vater war Textil-Industrieller, die Mutter entstammte dem flämisch-fränkischen Adel – wuchs mit vier Brüdern in einem streng traditionell-patriarchalen Elternhaus auf, wo sie Privatunterricht erhielt. Gegen den ausdrücklichen Willen der Familie inskribierte sie mit 29 Jahren an der Münchner Damenakademie des Künstlerinnenvereins, um bei Friedrich Fehr und Angelo Jank Malerei zu studieren. Ab 1904 stellte sie in München, Berlin und Dresden aus, ging jedoch 1905 nach Frankreich, wo sie in Paris, in der Bretagne und in Südfrankreich lebte und sich dem Impressionismus und Fauvismus zuwandte. Ihre zunächst vor allem an den Pointilismus angelehnten Werke – großteils (weibliche) Portraits, aber auch Landschaftsbilder – stellte sie gemeinsam mit Matisse, Vlaminck, Derain und Braque aus, war aber auch in den Pariser Herbstsalons sowie in den Jahren 1907, 1910 und 1911 den Salons des Indépendants vertreten. Ebenfalls 1911 nahm sie an der zweiten Ausstellung der Vereinigung bildender Künstlerinnen Österreichs (VBKÖ) im Hagenbund teil, wo ihr Wiener Kritiker einerseits abwertend „unglaubliche Pinseleien“ vorwarfen (Deutsches Volksblatt, 15.9.1911, S. 10), andererseits ein „ungestümes Temperament“ konstatierten, „das sich im grellen und sonnigen, im knalligen und buntscheckig darauflos krachenden Farbengetümmel am wohlsten fühlt.“ (WZ, 19.9.1911, S. 17).

Gemeinsam mit der Malerin Martha Hofrichter, mit der sie bereits in Paris zusammengelebt hatte, verlagerte Funke ihren Lebensmittelpunkt 1913 nach Wien, wo sie beruflich rasch Fuß fassen konnte. Ihr künstlerisches Schaffen konzentrierte sich nun vorwiegend auf die Darstellung von Frauen: Gruppenbilder von Frauen, die den Betrachter selbstbewusst anblicken, aber auch Aktbildnisse, die sich scheinbar bewusst dem voyeuristischen Anspruch widersetzen (so zB. „Liegender Frauenakt in Strümpfen“, 1917), gesellten sich nun zu ihrem Œu­v­re, das u. a. in der Secession und im Künstlerhaus ausgestellt wurde. Als nunmehriges Mitglied der VBKÖ erregte ihr Schaffen aber weiterhin auch internationales Aufsehen: Die Liljevalchs Konsthall in Stockholm widmete ihr 1917 als einziger Künstlerin einen ganzen Ausstellungsraum.

Dass Funke nunmehr der künstlerische Durchbruch gelungen war, zeigte sich in den zwanziger Jahren nicht nur in der wohlwollenden Erwähnung in führenden Kunstzeitschriften wie „Die bildenden Künste“ oder „Kunst und Künstler“, sondern auch in der Tatsache, dass das Österreichische Staatsamt für Inneres und Unterricht ihr Gemälde „Musik“ (inzwischen verschollen) für 10.000 Kronen ankaufte. Zudem war sie die einzige Künstlerin, die Oskar Laske in sein die Wiener Moderne karikierendes Bild „Das Narrenschiff“ (1923) aufnahm.

Für das Gemälde „Die Verzückten“ erhielt sie 1928 den Olga-Flögel-Förderungspreis; im selben Jahr wurde ihr von der Akademie der bildenden Künste der Staatspreis für bildende Künste für ihr Bild „Tobias mit dem Engel“ verliehen, das 1929 an die Chemnitzer Kunstsammlung verkauft wurde.

Fehlende Aufträge aufgrund der Weltwirtschaftskrise sowie ein Augenleiden führten zu Beginn der 1930er Jahre zu finanziellen Schwierigkeiten und zwangen Funke,  ihren Lebensunterhalt vorwiegend als Reinigungskraft zu bestreiten. Ihre Malerei, inzwischen gemäßigt konservativ, wurde nun – wohl den politischen Strömungen in Österreich geschuldet – von religiösen Themen dominiert.

Obwohl ihre Kunst in keiner Weise dem modernitätsfeindlichen nationalsozialistischen Ideal entsprach, äußert sich Funke in ihrer schriftlichen Korrespondenz geradezu euphorisch über Hitler. Einem 1944 verfassten Brief an Hermann Hesse, der mit Ninon Dolbin, einer Freundin aus Pariser Tagen, verheiratet war, entstammt das berühmt gewordene Zitat: „Ich bin eben selbst ein einsamer ‚Steppenwolf‘!“

Nach dem Krieg nahm Funke, deren Werk in der Zwischenzeit in Vergessenheit geraten war, die österreichische Staatsbürgerschaft an. Mit 86 Jahren wurde ihr 1955 ein Professorinnen-Titel verliehen. Sie starb zwei Jahre später sozial isoliert und völlig verarmt in Wien. Heute gilt sie als eine der Wegbereiterinnen der Moderne.


Literatur

Peter Funke, Die Malerin Helene Funke 1869–1957. Leben und Werk, Wien, Köln, Weimar 2011; Eintrag bei fembio.org; Eintrag bei fraueninbewegung.onb.ac.atWebsitezu Leben und Werk von Helene Funke.

Quellen und Dokumente

Zweite Ausstellung der VBKÖ. In: WZ, 19.9.1911, S. 17f; Ausstellung im Hagenbund. In: Deutsches Volksblatt, 15.9.1911, S. 10; Sezession. In: Neues Wiener Journal, 4.6.1919, S. 9f; Wiener Frauenkunst. In: AZ, 27.12.1927, S. 9; Staatspreis für bildende Künste an Helene Funke. In:Die Österreicherin, Nr. 7 (1928), S. 11; Richard Harlfinger, Die Ausstellung „Wiener Frauenkunst“. In: Die Österreicherin, Nr. 2 (1928), S. 4f; Eckard-Bund zur Förderung der schönen Künste – siebzehn Kunstpreise. In: Salzburger Chronik, 30.10.1928, S. 7; Verliehene Kunstpreise. In: AZ, 2.6.1928, S. 8; Ausstellung „Wiener Frauenkunst“ im Österreichischen Museum für Kunst und Industrie. In: Radio Wien, 16.1.1928, S. 28.

(MK)

Geb. 18.4.1897 in Wien, gest. 4.4. 1970 in Wien. Arbeitersportler und Arbeitersportfunktionär, Widerstandskämpfer.

Materialien und Quellen:

Eintrag in dasrotewien.at;

Zweite Arbeiter-Wintersport-Olympiade : Festführer. Mürzzuschlag Feber 1931. Für den Inhalt verantw.: Hans Gastgeb. Digitalisat Wien-Bibliothek;

H. Gastgeb: Vom Gasthaus ins Stadion. 60 Jahre Arbeitersport in Österreich.Entstehung und Entwicklung österreichischen Arbeiter-Turn und Sportbewegung. Im Auftrage des ASKÖ-Bundesvorstandes. Wien: Jungbrunnen 1952; Christian Heihs: Arbeitersport in der Zwischenkriegszeit (1918–1938) Wien 2001;

(in preparation)