Geb. 27.3. 1893 in Budapest (als Károly M.) – gest. 9. 1. 1947 in London. Soziologe, Kulturphilosoph, Exilant.

Materialien und Quellen:

Rez. zu Ideologie und Utopie in: Pester Lloyd, 29. 12. 1929, S.4; Otto Neurath: Bürgerlicher Marxismus. In: Der Kampf, H.5/1930, S. 227-232; Entlassene Hochschullehrer. In: Neues Wiener Tagblatt, 1.10. 1933, S.4. Vortragsankündigung (in ungar. Sprache) im Budapester Seminar des Cobdenbundes. In: Pester Lloyd, 5.4.1934, S. 7; Hugo Koenigsgarten: Neu Heidelberg (über Wissenschaftsbetrieb vor und nach 1933 in Heidelberg): In: Neues Wiener Tagblatt, 1.7. 1934, S. 25-26.

Eintrag von M. Krüger in: Metzler Philosophen Lexikon.

Natan Sznaider: Über Karl Mannheim. Wissenssoziologie als „jüdische Wissenschaft“? In: CAS-Blog-Univ.München (2023)

(PHK, in preparation)

oft auch Hanns, geb. am 3.5.1889 (in anderen Dok. auch: 19.9. bzw. 27.9.1889) in Sosnowitz/Sosnowiec bei Kattowitz (Dt. Reich) – gest. am 30.3.1960 in London. Dramaturg; Feuilletonist, Kritiker, Redakteur, Schriftsteller, Exilant

Hans Margulies, vorletztes von sieben Geschwistern aus einer Familie mit jüdischem Hintergrund, darunter des jüngeren Bruders Heinrich (1890-1989), der als radikaler Zionist in Debatten mit Martin Buber und Siegfried Bernfeld verwickelt war, ging mit Arnold Zweig in Kattowitz zur Schule, wohnte dann kurze Zeit in Berlin und kam nach der Matura, die er bereits in Wien ablegte, 1912-14 als Dramaturg an die von St. Großmann geleitete Wiener Volksbühne, wo er u.a. auch A. Rundt kennenlernte und in der Zs. Der Strom Gedichte u.a. Beiträge veröffentlichte.

Im Ersten Weltkrieg diente er als Offizier (Obltn.) im k.k. Infanteriereg. 31 u. nahm 1915-17 an den Kämpfen an der russischen Front teil. 1918 wurde der dem Kriegspressequartier in Wien zugeteilt.

Nach Kriegsende begann er als freiberuflicher Journalist für versch. Zeitungen zu arbeiten, u.a. bzw. zunächst für das NWJ, Die Wage und die Ztg. Der Morgen, für die er sowohl im Bereich der politischen Berichterstattung als auch der Gerichtsberichte und (kritischen) Kommentierung der Rechtsprechung tätig wurde. 1919 verlobte er sich mit Friederike Reichler, der späteren Gattin von Joseph Roth; er verehelichte sich aber 1920 mit Maria Remenyi. Ab etwa 1923 befasste er sich, nun in der Redaktion der Ztg. Der Tag, auch mit kultur- und literaturkritischen Themen und verfasste nebenher dokumentarische Bücher, die sich v.a. mit kontrovers diskutierten Justizfällen befassten, so z.B. Der Fall Pruscha, wofür er 1925 in einem Presseprozess, der ähnlich großes Aufsehen erregte wie bereits ein solcher im Jahr 1924, in dem H. Bettauer angeklagt und Margulies als Zeuge einvernommen wurde, verurteilt wurde. Dieser Fall diente als Vorlage für den 1925 gedrehten Film Frauen aus der Vorstadt. 15 Jahre schwerer Kerker, den F. Rosenfeld von der Intention her zwar schätzte, aber auch kritisch in der AZ analysierte.

Margulies war zu jener Zeit auch Mitherausgeber der juristischen Zs. Das Tribunal; 1927 wurde der vom Tag als Sonderberichterstatter zum vielbeachteten Pariser Prozess gegen Schalom Schwartzbad entsandt, der des Mordes an dem ehem. Präsidenten der Nachkriegsukraine, an Petljura, angeklagt war. 1929 las er im Wiener Schriftstellerverein ›Die Scholle‹ aus eigenen Werken (NFP, 10.3.1929,20), im Sept. engagierte er sich im Innsbruck abgehaltenen Halsmann-Prozess und betätigte sich auch als Referent für rechtspolitische Themen. Noch vor der Machtergreifung des NS in Deutschland klagte er den moralischen Verfall der Rechtsinstitutionen, d.h. ein Anbiedern an diese Bewegung an, z.B. im Beitrag Fair play vom Okt. 1932.

Von 1934 bis 1937 übernahm Margulies die künstlerische Leitung des Cabaret ABC, in dem in den Folgejahren auch einige Stücke von Jura Soyfer aufgeführt wurden, Jimmy Berg für das musikalische Programm und Bill Spira für das Bühnenbild verantwortlich zeichneten. Nach dem sog. Anschluss flüchtete er mit seiner Frau nach Prag und gelangte von dort Anfang 1939 ins rettende englische Exil.


Quellen und Dokumente

N.N. Margulies-Familienhomepage

H. Margulies: Wahlbilder aus Oberschlesien. In: NWJ, 16.3.1921, S. 3; Kultur und Krieg. In: Der Morgen, 5.2.1923, S. 5-6;N.N. Aus dem Wiener Pressesumpf. Bettauer vor Gericht. In: Wiener Morgenzeitung, 15.6.1924, S. 5; H. Margulies: Echo der Zeit. In: Der Tag, 26.11.1924, S. 4; N.N.: Die Schuld der F. Pruscha (zur Verurteilung von Margulies). In: NWJ, 8.2.1925, S. 29; Plakat zu: Frauen aus der Vorstadt. In: Das Kino-Journal, 10.10.1925, S. 21; F. Rosenfeld: Der Pruscha-Prozeß im Film. In: AZ, 24.10.1925, S. 8; H. Margulies: Es tut sich was am Büchermarkt. (Zu Neuersch. von G. Kaiser, J. Roth, J. Wassermann u.a.). In: Der Tag, 12.9.1929, S. 8; Vor dem zweiten Halsmann-Prozeß in Innsbruck. In: Der Tag, 8.9.1929, S. 3-4; Fair play. In: Der Tag, 9.10.1932, S. 21; H. M.: Der fünfzigjährige Feuchtwanger. In: Der Wiener Tag, 8.7.1934, S. 12; N.N.: Cabaret ABC im ‚Regenbogen‘. In: Der Tag, 21.7.1935, S. 10.

(PHK)

Geb. 8.11. 1889 in Wien, gest. 19. 8. 1956 in Washington D.C./USA. Buchhändler, Librettist, Musikkritiker, Übersetzer, Exilant.

(in Vorbereitung)

(1881-1934)

(in Vorbereitung)

Geb. 27.8. 1882 in Wien, gest. 4.12. 1959 in Wien. Drehbuchautor, Operettensänger, Regisseur, Schauspieler, Theaterdirektor.

Materialien und Quellen:

Eintrag in NDB;

(PHK, in preparation)

Geb. 27.8. 1882 in Wien, gest. 4. 12. 1959 in Wien. Film- und Theaterschauspieler, Regisseur, Theaterleiter, Verleger.

Materialien und Quellen:

Eintrag in: ÖML;

(PHK, in preparation)

(Geb. ? – gest. ?) Kunstkritiker, Kunsthistoriker, Redakteur.

Markowitz hat sich nach einem Jus-Studium schrittweise der Kunst- und Kulturkritik angenähert und trat erstmals 1919-20 mit Beiträgen für die Arbeiter-Zeitung, z.B. über den Isenheimer Altar (23.5.1920),hervor, in der er bereits 1919 als Vortragender für Fragen des Sozialismus angeführt wird und zwar in jener Kaserne, in der u.a. jenes Volkswehrbataillon untergebracht war, in das die Rote Garde inkorporiert wurde. 1921 erschien sein erster kunstkritischer Beitrag, eine Besprechung neuester Egon Schiele-Literatur, die sich v.a. den Verdiensten bzw. Publikationen von Arthur Roessler und Fritz Karpfen für bzw. über den Frühverstorbenen widmete. Ihr folgte im August 1921 ein materialistisch ausgerichteter Beitrag über die die Wandlungen der Ehe quer durch die Kulturgeschichte. 1922 folgte eine Serie über naturwissenschaftliche Fragestellungen, um 1923 wieder in die Kunstkritik (Ausstellungsbesprechungen) zurückzukehren.

Materialien und Quellen:

A.M.: An der Wende zweier Weltanschauungen. Zur neuesten Egon Schiele-Literatur. In: AZ, 30.6.1921, S. 5-6; Die Heiligkeit der Ehe. In: AZ, 7.8.1921, S. 2-3; A.M.: Moderne tschechische Kunst. In: AZ, 11.10. 1923, S. 9;

(PHK, work in progress)

auch Karl Heinz Martin, geb. am 6.5.1886 in Freiburg/Br. – gest. am 13.1.1948 in Berlin; Schauspieler, Theater- und Filmregisseur, Drehbuchautor, Gastregisseur an österr. Theatern

M. begann seine Laufbahn als Schauspieler, wechselte dann 1909 ins Regiefach.In österr. Zeitungen wird M. seit der Übernahme des Frankfurter Komödienhauses (vormals F. Residenz-Theater) als Direktor fassbar; auch der nicht auf sein Verschulden zurückzuführende finanz. Zusammenbruch desselben 1911 fand entspr. Widerhall, sodass M. wieder gezwungen war Regie oder Bühnenbild zu machen, darunter 1913 eine vielbeachtete O. Wilde-Inszen. von Der Geburtstag der Infantin als Tanzspiel. Mit Auff. von C. Sternheim trug er wesentlich zur Durchsetzung des Expressionismus auf der Bühne bei. Ende Aug. 1919 berichtete das Neue Wiener Tagblatt von der Grd. der experimentellen Bühne Tribüne in Berlin als „erste moderne Bühne ohne Dekorationen“, wo im Okt. 1919 Tollers Die Wandlung, in der F. Kortner als „starkes Talent“ entdeckt wurde, zur Auff. kam. 1920 wirkte er auch am express. Kunstfilm mit; er führte Regie in G. Kaisers von morgens bis mitternachts, der allerdings keinen Verleih fand. Zugleich begann M. seine Tätigkeit als Regisseur bei der Berliner Reinhardt-Bühne, von wo aus er sich rasch einen Namen machte, wie M. Lesser 1921 in einem programm. Feuilleton Von der neuen Kunst! festhielt. So wird auch der neubestellte Dir. des Raimundtheaters, Rudolf Beer, auf M. aufmerksam u. vertraut ihm eine Hauptmann-Insz. an, die zuerst in Brünn erprobt, bevor sie in Wien selbst gegeben wurde.

Aus: Neues Wiener Journal, 12.3.1927, S. 7

Zwischen Sept. u. Dez. 1922 prägte M. das Programm des Raimundth. mit Inszenierungen von Wedekinds Hidalla, Strindbergs Traumspiel, Shakespeares Othello und Hauptmanns Die Weber u. positionierte sich als einer der wichtigsten u. innovativen Regisseure auch in Wien. F. Dörmann wünschte sich in einem Beitr. über das Burgtheater, dem er in vielen Positionen „Notbesetzungen“ attestierte, ausdr. ein Regietalent wie K. M. Im Mai 1923 folgte die EA von E. Tschirikows Pogrom-Schauspiel Die Juden sowie Ibsens John Gabriel Borkman, die durchwegs auf geradezu hymnische Resonanz stießen u. in denen u.a. Heinrich Schnitzler als Schauspieler mitwirkte.  Seine Präsenz am Raimundtheater setzte sich 1924 noch nachdrücklicher fort: mit einer Deval-Insz., Hauptmanns Michael Kramer, Ibsens Volksfeind un Pirandellos Sechs Personen suchen einen Autor im März-April, mit einer Götz von Berlichingen-Insz. im Sept., Shaws Die heilige Johanna im Oktober sowie, als einen Meilenstein in der zeitgenöss. Regieführung, Wedekinds Franziska im Dezember 1924-Jänner 1925. Im Juli 1924 wurde er auch vorübergehend mit den Direktionsgeschäften betraut. Auch 1925 setzte M. seinen Erfolgslauf im Raimundtheater sowie erstmals auch im Dt. Volkstheater fort und zwar v.a. mit Jeromes Lady Fanny und die Dienstbotenfrage, die F. Salten gem. mit der Franziska-Inszenierung als „volle künstlerische Individualität“ hervorhob, ferner mit Klabunds chines. Stück Der Kreidekreis, mit Schillers Wallenstein-Trilogie, aber auch mit S. Guitrys Komödie Hilfe! Diebe! Liebe! u. Grabbes Napoleon-Drama. Im Jahr 1926 folgten weitere Höhepunkte mit Zuckmayrs Der fröhliche Weinberg, Shaws Mensch und Übermensch, Veillers Der dreizehnte Stuhl, Shakespeares Viel Lärm um nichts und Rollands Spiel von Tod und Leben, ein Revolutionsdrama, in dem v.a. A. Moissi, so F. Rosenfeld, eine Glanzrolle ablieferte. 1927 übernahm M. vorwiegend Regiearbeiten in Berlin, u.a. am Lessingtheater, führte Regie bei der Berliner Opernauff. von Kreneks Jonny spielt auf, u. war in Wien nur mehr im Rahmen einer Gastregie am Dt. Volkstheater im Juni 1927 tätig. In einem Vortrag in der Gesellschaft zur Förderung moderner Kunst sprach im F.Th. Csokor das Verdienst zu, das moderne Theater in DL revolutioniert zu haben: „Das jüngste Theater in Deutschland datiert von der revolutionierenden Tätigkeit des Regisseurs Karlheinz Martin her.“ 1928 brach er eine geplante Danton-Aufführung in Budapest ab, weil die ungar. Zensur das Büchner-Stück unzumutbar zugerichtet hatte und führte in der Winterspielzeit wieder am Dt. Volkstheater in einem Shakespeare-Zyklus Regie; im März 1929 verantwortete er die Wiener Erstaufführung von Brecht/Weills Dreigroschenoper, die als „ungewöhnlich gute Aufführung“ rundum auf Anerkennung stieß und erstmals das Wiener Jazzsymphonieorchester unter Robert Gingold auf eine große Theaterbühne brachte. Aus demselben Jahr datiert auch seine Mitwirkung am Drehbuch zur Verfilmung von Döblins Berlin Alexanderplatz. Im Anschluss an eine als spektakulär befundene Fuhrmann Henschel-Inszen. am Dt. Volkstheater war M. im Dez. 1931 kurz als Burgtheaterdirektor im Gespräch.

1932 folgte eine zwiespältiger aufgenommene Inszen. von Molnars Liliom in der textl. Bearb. von A. Polgar sowie das Kriegsstück Wunder um Verdun von H. Chlumberg, 1933 die Inszenierung von F. Langers Stück Engel unter uns. Von den Nationalsozialisten in seiner Theaterarbeit behindert u. 1940 auch mit Verbot belegt, wich M. 1934 neuerlich nach Wien aus, wo er so unterschiedl. Stücke wie Die Soldaten von J.M.R. Lenz, Csokors Das Spiel von den zehn Jungfrauen, das „Frontstück“ Die endlose Straße von S. Graff u. K. Hintze, aber auch die Operette Ball in Savoy von A. Grünwald u. F. Beda-Löhner inszenierte. Ab 1935 wandte sich M. stärker der Filmarbeit im Unterhaltungssegment zu wie z.B. 1936 in der Bavaria-Produktion Komödie des Herzens oder 1937 im Wiener Lux-Film Die glücklichste Ehe der Welt und 1938 mit der Styria-Tobis-Produktion Der Hampelmann. 1940 wurde er kurz mit Berufsverbot belegt; er konnte aber, obwohl den Nazis ein Dorn im Auge, bald wieder Gastregien übernehmen.


Quellen und Dokumente

Puck: Frankfurter Theaterbericht. In: Der Humorist, 10.10.1913, S. 10, B.: Berliner Theater [Rez. zu Ernst Tollers Die Wandlung]. In: Neues Wiener Journal, 7.10.1919, S. 9,Max Lesser: Von der neuen Kunst. In: Neues Wiener Tagblatt, 15.3.1921, S. 2f., Karl Marilaun: Beim neuen Direktor des Raimund-Theaters. In: Neues Wiener Journal, 31.8.1921, S. 5, Ders.: Der moderne Regisseur. In: NWJ, 4.9. 1921, S. 6; Felix Dörmann: Burgtheaterbetrieb. In: Neues 8-Uhr-Blatt, 30.12.1922, S. 2,  F. St.: Raimundtheater. In: Der Humorist, 8.4.1924, S. 3, Otto Koenig: Das Theater- und Musikfest der Stadt Wien. Die “Götz”-Inszenierung von K.H. M. In: Arbeiter-Zeitung, 17.9.1924, S. 8, K. Marilaun: Gespräch mit Karlheinz Martin. In: NWJ, 11.10.1924, S. 6; Felix Salten: Komödie [Rez. zu Raoul Auernheimers Merimée]. In: Neue Freie Presse, 18.1.1925, S. 1-3, Fritz Rosenfeld: Ein Spiel von Tod und Liebe. (Zur Erstaufführung im Deutschen Volkstheater). In: Arbeiter-Zeitung, 7.4.1926, S. 10, Entwicklungsprobleme des Bühnenbildes. Ein Vortrag des Dramatikers Franz Theodor Csokor. In: Neues Wiener Journal, 12.3.1927, S. 7f.

(PHK)

Geb. 14.3. 1877 in Wien, gest. 23.1. 1937 in Wien. Politiker (christlichsoz. Partei, Abgeordneter zum Nationalrat 1920-30), Legitimist, Rechtsanwalt, Publizist.

Materialien und Quellen:

Eintrag in ÖBL: hier.

[H. M]: Österreich und der Legitimismus. [= Bericht über gleich betitelten Vortrag] In: NFP, 22.2.1935, S. 4.

(in Vorbereitung)

geb. am 4.12.1901 in Korneuburg – gest. am 2.4.1993 in Wien; Kulturpolitiker, Volksbildner, Journalist

M., Sohn eines Gerichtsdieners und einer Hausfrau, besuchte das Gymnasium in Stockerau und studierte Geographie und Geschichte bei Ludo Hartmann, Ernst Stein und Oswald Redlich an der Universität Wien. Nach der Promotion 1925 begann er seine Tätigkeit als Redakteur, u.a. in der ab 1927 von Nikolaus Hovorka herausgegebenen Reihe Berichte zur Kultur- und Zeitschichte, in der 1931 eine vor dem Nationalsozialismus warnende, mehrfach aufgelegte Sondernummer Zwischenspiel Hitler erschien. Parallel dazu hielt M., dessen Vorschlag eines Kurses über das Neue Russland 1926 noch abgelehnt worden war, bis 1936 rund 160 Kurse und (Lichtbild-)Vorträge in Wiener Volkshochschulen ab, etwa zur kulturellen und politischen Entwicklung der Sowjetunion, zu Fragen des Islam, dem britischen Kolonialismus in Indien, aber auch landeskundliche Betrachtungen u.a. zu Mexiko, Samoa und Tibet. Selbst unternahm M. ab 1930 mehrere innereuropäische Reisen, u.a. nach Deutschland, Belgien, Frankreich und England und pflegte Kontakt zu Friedrich Austerlitz, Otto Neurath, Ernst Karl Winter sowie zum Kreis um Franz Kobler, dem Oskar Kokoschka und Stefan Pollatschek angehörten.

1934 wurde M. vom Wiener Volksbildungsreferenten Karl Lugmayer mit der Funktion des Bildungsreferenten der Wiener Arbeiterkammer sowie der Leitung des Volksheims Ottakring (VHO) betraut und gehörte dem Vorstand des Vereins Arbeiterbüchereien um Otto Spranger an. M. bildete in der Folge das Bindeglied zwischen dem ständestaatlichen Regime und der illegalen Arbeiterbewegung und bemühte sich trotz medialer Anfeindungen u.a. durch die Forcierung von Arbeiterdichtern im VHO, Vergabe von Stipendien an politisch Verfolgte sowie die Wiedereinstellung aus politischen Gründen entlassener Dozenten wie Leo Stern und Edgar Zilsel um eine Opposition zur ständestaatlichen Kulturpolitik. Nach der Revue Das Lied vom Alltag nach dem Text des Arbeiterdichters Willy Miksch im November 1935 brachte M. im Juni 1936 die szenische Vertonung des Zyklus Hiob. Oratorium für Fabriksarbeiter des deutschen Lyrikers und KPD-Mitglieds Walter Bauer zur Aufführung, die wegen des Vorwurfs der Gotteslästerung trotz Kalmierungsversuchen durch Kardinal Theodor Innitzer zum Skandal wurde und zur Entmachtung M.s führte. Zudem reduzierten neue Volksbildungsgesetze, die Kommunalisierung der Arbeiterbüchereien und die direkte Kontrolle der Volkshochschulen durch Bürgermeister Richard Schmitz seine Gestaltungsmöglichkeiten ab Mitte 1936 massiv. Im Juli desselben Jahres gründete er den Österreichischen Arbeiterschriftstellerverband (ÖASV), der bis März 1938 knapp vierzig Mitglieder zählte. Trotz der schon im Mai 1935 eingeführten Filmzensur betätigte sich M. weiters als Mitbegründer der Gesellschaft der Filmfreunde, die 1936-38 ein anspruchsvolles Programmkinoangebot entwickelte, und setzte die wöchentliche Sendung von Betriebsreportagen durch die RAVAG durch.

Unmittelbar nach dem Einmarsch der Deutschen Wehrmacht im März 1938 wurde M. festgenommen und ins KZ Dachau verschleppt, wo er, von einem halbjährigen Aufenthalt im KZ Flossenbürg abgesehen, bis 6.7.1944 festgehalten wurde. Als Häftlingsbibliothekar fertigte M. mehr als zwanzig sog. „Pickbücher“ mit Zeitungsausschnitten an und zeigte sich für die Aufführung von Rudolf Kalmars Ritterstück Die Blutnacht auf dem Schreckenstein oder Die wahre Liebe ist das nichtim KZ Dachau verantwortlich. Nach seiner Rückkehr nach Wien näherte er, der sich wiederholt als „parteiloser Linker“ oder „Linkskatholik“ bezeichnete, sich der illegalen KPÖ an, deren Zentralkomitee er 1945-1957 angehörte. 1945-1949 bekleidete er das Amt des Wiener Stadtrats für Kultur und Volksbildung und gehörte bis 1954 dem Gemeinderat an. M. bemühte sich – nur teilweise erfolgreich – um die Rückkehr emigrierter Intellektueller wie Oskar Kokoschka, Ernst Krenek, Hermynia Zur Mühlen und Arnold Schönberg nach Wien und veröffentlichte in der Austro American Tribune im November 1945 den Aufruf An die Österreichischen Künstler und Wissenschaftler in den USA. Als Stadtrat war M. zudem für die Wiedereröffnung der Theater, Konzertsäle und Kinos verantwortlich und initiierte u.a. im Herbst 1946 die Ausstellung Niemals vergessen im Künstlerhaus. Als Publizist trat Matejka neben der mit Ernst Fischer und Bruno Frei zwischen 1949 und 1957 besorgten Herausgabe der kommunistischen Kulturzeitschrift Österreichisches Tagebuch u.a. in der Österreichischen Volksstimme, in Die Woche sowie im von B. Frei neu herausgegebenen Blatt Der Abend in Erscheinung.


Werke (Auswahl)

Grundlinien der Kulturpolitik in Österreich (1938), Katholik und Kommunist (1945), Widerstand ist alles. Notizen eines Unorthodoxen (1983), Anregung ist alles (1991), Das Buch Nr. 3 (1993)

Quellen und Dokumente

Der faschistische Feldzug gegen die Bücher. In: AZ, 16.12.1934, S. 6, Leo Gabriel: Katholische und neutrale Volksbildung. In: Reichspost, 22.1.1935, S. 1f.

Literatur

N.N.: V. M. – Kulturstadtrat. Über die Schwierigkeit, einer öffentlichen Funktion ein politisches Profil zu geben. In: Mitteilungen der Alfred Klahr Gesellschaft, Nr. 1/2003 [Onlinefassung], Siglinde Bolbecher, Konstantin Kaiser: Lexikon der österreichischen Exilliteratur (2000), S. 473f. [Onlinefassung], Horst Jarka: Opposition zur ständestaatlichen Literaturpolitik und literarischer Widerstand. In: Klaus Amann, Albert Berger: Österreichische Literatur der dreißiger Jahre. Ideologische Verhältnisse, institutionelle Voraussetzungen, Fallstudien, 13-41 (1985), P.-H. Kucher: Zur Vielfalt und Spezifik Erster Briefe des österreichischen Exils. Kontaktaufnahmen von Exilanten (Angel, Bernfeld, Engel, Kramer, Polak, Zur Mühlen) zu literarischen Netzwerkern und Freunden (Basil, Dubrovic, Fontana, Matejka). In: Ders. et al. (Hg.): Erste Briefe/First Letters. Aus dem Exil 1945-1950. (Un)Mögliche Gespräche. Fallbeispiele des literarischen und künstlerischen Exils, 32-62 (2011), Manfred Mugrauer: „Angelegenheit Matejka“. V. M.s KPÖ-Mitgliedschaft im Spannungsfeld von Konflikt und Freiraum. In: Zeitgeschichte 32 (2005), H. 6, 371-398 [Online verfügbar], Franz Richard Reiter (Hg.): Wer war Viktor Matejka? Dokumente – Berichte – Analysen (1994), Christian H. Stifter: Interesse am kritischen Disput. Viktor Matejka und sein Beitrag zur Volkshochschularbeit in den Jahren 1925-1936. In: Ders. (Hg.): „Volksbildung mach ich wo immer …“. Viktor Matejka 1901-1993, 19-36 (2005).

Heimo Gruber: Viktor Matejka und die Demokratisierung des Buches. [Onlinefassung]

Eintrag bei wien.gv.at.

Nachlass: Wien-Bibliothek im Rathaus [Verzeichnis online]

(ME)