Die Diskussion über Aspekte von (neuer) Sachlichkeit (n.S.) als kultureller und künstlerischer Habitus bzw. ästhetischer Verfahrensweise setzte in Österreich auf verschiedenen Ebenen bereits lange vor der Ausstellung Neue Sachlichkeit.Deutsche Malerei seit dem Expressionismus in der Kunsthalle Mannheim (Juni-Sept. 1925) ein. Bereits 1908 hatte Adolf Loos seinen – auch für die n. S. – wegweisenden Essay Ornament ist Verbrechen geschrieben, in den Folgejahren mehrmals als Vortrag gehalten, wenngleich erst 1929 erstmals publiziert. Als früher programmat. Beitrag, der zumindest in der Architektur, im Technik-Diskurs und in der bildenden Kunst Resonanz hatte, wurde er zwar verhalten rezipiert, z.B. 1927 in einem Beitrag von M. Ermers in der Ztg. Der Tag. In der zeitgenöss. Literatur- u. Kulturkritik haben ihn immerhin Döblin und später auch W. Benjamin recht geschätzt, so W. Delabar anlässl. der Neuaufl. der essayist. Schriften von Loos. Döblin, dessen sog. ›Berliner Programm‹ (1913) als frühes, auf den (Neu)Sachlichkeits-Diskurs vorausweisendes Manifest gilt, hat bereits im Nov. 1909 in einem Brief an H. Walden den von Loos geprägten Begriff der ›essentiellen Sachlichkeit‹ aufgegriffen und 1911 in einer Besprechung, diesmal mit Bezug auf E. Mach, als grundlegendes Wollen der Kunst „die Reduktion auf die sachlichste Formel“ bzw. als Baustein einer Ästhetik der Sachlichkeit formuliert (Kiesel, 2004, 305f.). Die expressionistische Bewegung und der Weltkrieg haben diese frühen Diskussionsansätze allerdings nachhaltig überschattet.

Der Terminus ›Sachlichkeit‹, der ab 1919-20 in verschiedensten Kontexten, v.a. in der Kunst- und Literaturkritik, wieder Verwendung findet, war nicht nur ein dominantes ästhetisch-habituelles „Phänomen der Weimarer Republik“ (Becker, 2000,I,6), sondern auch ein Schlüsselbegriff der österr. Zwischenkriegszeit. Er wurde allerdings, was in der Folge zu Unschärfen u. Missverständnissen führte, zunächst auf höchst unterschiedl. Werke projiziert wie z.B., um nur zwei Fälle zu nennen, auf den histor. Roman Der Roßtäuscher von Emil Scholl durch St. Zweig (NFP, 6.8.1920, 8) oder auf eine Werkausstellung des Malers Anton Faistauer (in einem Bericht für die AZ) durch O. Stoessl. In seiner Besprechung der Kriegserinnerungen Als Soldat im Prager Corps (1922) von E. E. Kisch hob A. P[olgar] ebenfalls nicht nur die Sachlichkeit dieser Erinnerungen bzw. Tagebuchblätter hervor, sondern präzisierte diese durch Verfahrensweisen, die später zum Grundbestand der neusachlichen Bewegung werden sollten: durch Reporterpflicht: „Er spart mit Schilderungen, gibt Berichte“ (Der Tag, 10.12.1922). Den Terminus ›Sachlichkeit‹ (betreffend Sprachverwendung und eine damit verbundene Entsentimentalisierung) verwenden Polgar, aber auch M. Scheyer, ferner im Hinblick auf die UA von K. Schönherrs Stück Es im Dt. Volkstheater Ende Dez. 1922, wenn es heißt, der Text ziele auf „eine Sachlichkeit, die alles Menschliche erstickt“.

1923-24 verwendete B. Balázs in mehreren Besprechungen von Theateraufführungen und Neuerscheinungen ebenfalls den Terminus ›Sachlichkeit‹ und zwar mit unterschiedlichen semantischen Implikationen. Während er z.B. das „tragische Material“ des von ihm hochgeschätzten Kaltneker-Dramas Das Bergwerk mit „der ernsten Sachlichkeit eines anständigen Reports“ auf die Bühne gebracht sieht, erscheint ihm dieselbe Sachlichkeit in G. Reuters Roman Benedikta als „Standpunkt der Gleichgültigkeit“, wobei er, durchaus ambivalent, die Kältemetapher erstmals ins Spiel bringt: als „eine Kälte der Unbeteiligtheit“ (Der Tag, 23.1.1924, 7). Auch im Zusammenhang mit der Aufführung von Wedekinds Der Kammersänger, der sein Künstlertum bloß als Pflichterfüllung verstehe, als Beruf, der ihm keine Zeit gebe, Mensch zu sein, akzentuiert Balázs das Konzept der Sachlichkeit: „Mit genialer Sachlichkeit wird hier das Problem der Sachlichkeit aufgeworfen, wenn er schreibt…“ (Der Tag, 29. 3. 1924, 7). Auch im Zusammenhang mit der Konstruktivismus-Diskussion in der avantgard. Zs. MA des ungar. Exils in Wien widmet sich Heft 5-6/1923 (das erste deutschsprachige Heft) im Kontext der Architektur-Debatte Aspekten sachlich-funktionalen Bauens, insbes. A. Behne in seinem programmat. Beitrag Architektur. ›Sachlichkeit‹ wird ferner als wichtiges Kriterium eines Zyklus von Kriegszeichnungen von Otto Dix herausgestellt, als wesentlich für deren „Wahrheitsfanatismus“, so in der Publikationsanzeige (Österreich. Buchhändler-Correspondenz, 1924), als qualitativ neue Dimension der Reportagen von E. E. Kisch (durch R. Olden), aber auch im Grundsatzbeitrag Entgötterte Kunst von L. Lania zur zeitgenössischen amerikanischen Literatur (AZ, 20.6. 1924, 7) sowie in seinen aufsehenerregenden Tatsachen- und Reportage-Romanen Gewehre auf Reisen und Die Totengräber Deutschlands (beide 1924). Neben Kisch und Lania war es u.a. Joseph Roth, der das Konzept der ›Tatsachenpoetik‹ durch Texte an den Schnittflächen von Reportage, (Zeit)Bericht u. Entsentimentalisierung nachhaltig und als Aspekt neusachl. Kunst- u. Literaturverständnisses durchsetzte, z.B. durch sein Feuilleton Bekenntnis zum Gleisdreieck in der Frankfurter Zeitung (16. 7. 1924). Der Begriff ›Sachlichkeit‹ besetzte noch vor der Mannheimer Ausstellung zudem eine Reihe von Diskursen quer durch Bereiche der Alltagskultur, des Habitus wie künstlerischer Verfahrensweisen. G. Kaus sprach z.B. im Nov. 1925 in ihrer Besprechung des gleichnamigen Buches von M. Lichnowsky Der Kampf mit dem Fachmann von einem „Bedürfnis nach Sachlichkeit“, als „Ausdruck des Gemeinschaftsgefühls“ (Hofeneder, 462). Hans Margulies stellte in einer Besprechung für den Tag von drei Neuerscheinungen der Reihe ›Außenseiter der Gesellschaft‹ wiederum Kisch mit seinem eher wenig beachteten Buch Der Fall des Generalstabchefs Redl (1925) aufgrund seiner „unsentimentalen[…] Sachlichkeit“ als dem Typus des anglo-amerikanischen Publizisten nahestehenden, d.h. an der Reportage orientierten Schriftsteller-Publizisten heraus (und widmete in derselben Besprechung auch E. Weiß‘ Roman Der Fall Vukobrankovics, 1924) Augenmerk. K. Edschmid kommentierte dagegen 1926 in der NFP in Männertypen der Gegenwart skeptisch die „uniforme Gleichheit“, Ausdruck der zeitgenössischen „ungeheuren Sachlichkeit“, würde sich doch das Individuelle und Heroische dabei nahezu unkenntlich machen. E. Lothar widmete sich 1926 in einem Feuilleton ebenfalls Aspekten der Sach- bzw. der Unsachlichkeit u. lamentierte darin v.a. über den Überhang der Phrase, der Partei, der Rhetorik, des „Hochstaplertums des Geistes“, bei dem das ›Sachliche‹ auf der Strecke bleibe. Im selben Jahr erschien auch ein programmatisch ausgerichteter Beitrag von Heinrich Strobel über „Neue Sachlichkeit“ in der Musik in den Wiener Musikblättern des Anbruch sowie einer über Herbert Plohberger als wichtigsten Repräsentanten der Neuen Sachlichkeit in der Malerei im Anschluss an seine Ausstellung in der Galerie Würthle (Der Tag, 18.12. 1926,6) sowie Amerika ist anders von A. Rundt. Vor allem aber erschien Lanias Grundsatzbeitrag Reportage als soziale Funktion in der Literarischen Welt, der durch mehrere Buchbesprechungen, die (auch) in der AZ erschienen, u.a. über Sinclair Lewis, vorbereitet bzw. begleitet wurde. Mit C. Sternheims Lustspiel Uznach oder die neue Sachlichkeit (1926, Wr. EA Nov. 1927) eroberte dieser Begriff auch die Bühne (in Wien wie in Berlin, in Wien mit Marlene Dietrich besetzt). Neben der zeitgenössischen Wiener (und internat.) Musikmoderne (vgl. Strobel, MdA 1926) wurde er wiederholt auch auf die Jazz-Musik angewendet, z.B. auf die Jazzsymphonien von D. Dauber (Die Bühne H.163). Das NWJ druckte im Febr. 1927 einen Beitrag des (nicht unumstrittenen) Kritikers Moritz Lederer ab, in dem sich dieser mit Blick auf die ökonom. Sachzwänge des Bühnenbetriebs ironisch mit der Figur des neuachl. Autors S. auseinandersetzt und dann festhält: „der heutige Autor steht auf dem Boden der Tatsachen…“ Ebenfalls 1927 hielt A. Loos einen stark besuchten Vortrag über die Geburt der Form, der von E(rmers) im Tag als ein Schlüsseldokument der Sachlichkeits-Diskussion in der Architektur gewürdigt wurde. Das Jahr 1928 bringt eine pointierte Zuspitzung der Debatte: eröffnet durch den Vortrag Boykott des Gefühls von E. Lothar am 17.1. im (Wiener) Kulturbund. Sie richtet sich partiell gegen überzogene Erwartungen und Phraseologie im Umfeld der Amerikanismus-Debatte (NWJ, 18.1.1928,4-5), gegen den Schlagwort- und Kampfcharakter als „Grimasse der Zeit“ (Der Tag, 11.3.1928, 18), gegen die Häufung von Kriminal- und Verbrechensstücken auf deutschen Theatern (NWJ. 3.6.1928,28), setzt (Frei)Körperkultur, Sport, Tanz u. Neue Sachlichkeit in ein „Geschwister“-Verhältnis (NWJ, 15.7.1928, 16), markiert(stereotyp)-ironisch Geschlechterrollen wie z.B. F. Heller im Tag (23.9. 1928) oder R. J. Kreutz in der NFP u.v.a.m. Kurzum, ›Neue Sachlichkeit‹ steigt spätestens 1928 zu einem Referenzbegriff für nahezu alle Bereiche des Lebens u. der Kunst auf, in denen Wandel geortet u. (euphorisch bzw. skeptisch) beobachtet wird. Entsprechend häufiger auch die Anwendung des Begriffs auf literar. Neuerscheinungen oder Inszenierungen auf der Bühne, z.B. über E. Colerus Roman Die neue Rasse, in dem u.a. neusachliche Frauentypen als „das große Fragezeichen dieser Zeit“ thematisiert werden (NWJ, 20.10.1928, 3), V. Baum in der Zs. Uhu an den Novellen B. Franks „die sachliche Gewissenhaftigkeit, die so zeitgemäß ist“ herausstreicht (Uhu, 4/1928, 122) oder eine Lulu-Aufführung in den Münchener Kammerspielen insofern Neue Sachlichkeit zelebriere, als mithilfe von Jazz, Filmbildern u. Lichtsignalen „der Text zum Tönen und Leuchten“ gebracht werde (NWJ, 30.11.1928, 12). Seit 1927 erscheinen bekanntlich vermehrt Romane u.a. Texte, die auch in der Theoriedisk. über den Begriff N.S. u. dessen ästhet. Selbstverständnis eine Rolle spielen: Brods Die Frau, nach der man sich sehnt, Lanias Indeta, die Fabrik der Nachrichten, J. Roths Die Flucht ohne Ende (alle 1927) oder V. Baums Hell in Frauensee u. v.a. stud. Chem: Helene Willfüer, F. Bruckners Schauspiel Krankheit der Jugend, M. Hartwigs Ekstasen oder J. Lederers Das Mädchen George (1928), gefolgt wiederum von V. Baums Bestseller Menschen im Hotel, G. Fröschels Der Richter ohne Gnade, R. Neumanns Sintflut oder J. Roths Der stumme Prophet (alle 1929), die sämtliche auch registriert werden. 1929 ebbt die Debatte vorübergehend ab, inkludiert aber auch kuriose Aspekte, z.B. in einem Beitrag in der Stunde über die „Köpfung“ von Litfaßsäulen oder Erika Manns Manifest Die Bohème ist tot, d.h. Opfer des Sports und der neuen Sachlichkeit (Der Tag, 10.11.1929,21). Im Folgejahr 1930 taucht der Begriff über 200 Mal im publizist.-krit. Diskurs auf; vorwiegend in ironisch-polemischen Kontexten der Abgrenzung, vielfach aber auch im Zusammenhang mit Kunst-, Photographie- und Kunstgewerbe-Ausstellungen. Die prominenteste war wohl die Kunstgewerbe-Ausst. in Stockholm, die, so M. Lazar, in einem Bericht, versch. Aspekte ‚alter‘ und ‚neuer‘ Sachlichkeit präsentierte. (Neue) Sachlichkeit stand auch im Zentrum versch. Vorträge, z.B. durch F. Kainz in seinem Urania-Zyklus im Mai 1930, aber auch, scharf ablehnend, als „entästhetisierte Kunst“ bei R. Cysarz, ebf. in der Urania (NWJ, 16.12.1930,10). Auch der konservative Kulturphilosoph Aurel Wolfram sprach sich vehement gegen diese Richtung in einem Feuilleton in der Wr. Ztg. aus. Gewogener hingegen die Berichterstattung von E. Weill über eine englischsprach. G.B. Shaw-Aufführung in neusachlichem Stil (NWJ,22.3.1930,4-5), über den Erwerb des T. Impekoven-Schwanks Die neue Sachlichkeit für das Neue Wiener Schauspielhaus (ab Okt. 1930) oder die Kurzbesprechung von E. Glaesers Jahrgang 1902 sowie des NovellenBd. Die Liebesehe (Wr. Ztg. 30.1. 1930,6). Vor dem Hintergrund der steigenden Wirtschaftskrise tritt ab 1931 die Attraktivität, auch als habituell-moderner Faktor, der neuen Sachlichkeit weiter in den Hintergrund. Zwar bekennen sich noch W. Hausenstein in einem Rembrandt-Vortrag im Kulturbund (NFP, 21.4.1931,7) sowie Paul Frischauer in einem Radiovortrag (18.9. 1931) zu ihm, letzterer in Verbindung mit einem Appell, Aspekte des Amerikanismus mit Errungenschaften wisss. Fortschritts nutzbringend zu verknüpfen. Dagegen wendete F. Rosenfeld ein, die „neue Sachlichkeit existiert nur in den ästhetischen Abhandlungen der Literaten“ u. kritisiert die Standpunktlosigkeit der Reportage (AZ, 29.7.1931,7), aber auch K. Blum bezeichnete die (Berliner) Sachlichkeit in ihrem Feuilleton Großstadt in der Depression u.a. wie folgt: „Nichts als die äußerlich kalte Form eines innerlich überhitzten Wesens.“ (AZ, 22.11.1931, 17). Obwohl 1932 gewichtige Romane österr. Autoren erschienen, die u.a. auch neusachliche Aspekte aufweisen, H. Brochs Hugeneau oder die Sachlichkeit, R. Neumanns Die Macht und R. Brunngrabers in der Ztg. Der Tag auch als „angewandte Soziologie“ wahrgenommener Karl und das 20.Jahrhundert (zuerst als Fs-Roman in der AZ), überwiegt in der öffentl. Diskussion ein skeptischer, ironisch-verfremdender, aber auch dämonisierender Ton. Als Habitus einer orientierungslosen Generation wird sie in der AZ denunziert, als rhetorische Floskel in verschiedenen Feuilletons im Tag instrumentalisiert, als „nichts anderes als Materialismus“ bzw. „Entseelung“ in der Reichspost (RP, 4.8.1932, 13) verworfen; einzig L. Lania wirft sich in einem Dos Passos-Beitrag, in dem er insbes. den Aspekt der Montage herausarbeitet, für sie in die Bresche (AZ, 13.9.1932, 7). Von einer „Renaissance des Gefühls“ mit impliziter Verabschiedung neusachlicher Haltungen sprach 1933 J. R. Kreutz; sodass diese, zumindest im publizistisch-feuilletonistischen Diskurs zunehmend auf unverfängliche Bereiche wie die Architektur, Photographie oder (meist nur im Sinn von „Anklänge“) die Malerei begrenzt wurde. J. Ilg, Mitarb. der (dt.nationalen) Wiener Allgem. Zeitung, verwendete alsbald, d.h. in einem Beitr. über O. Dix, den Begriff der „sogenannten Neuen Sachlichkeit“ (Der Tag, 18.9.1934,6), womit die Marginalisierung dieses den Modernisierungsanspruch der 1920er Jahre ausdrückenden Konzepts auch die bildende Kunst erreichte, wie dies ein Kommentar zur Kunstausst. 1934 (Der Tag, 7.12.1934,7) deutlich macht. Wohl erinnert 1935 O. M. Fontana in einer Bespr. des Theaterstücks Der Fall Claasen unvoreingenommen an die Neue Sachlichkeit, dann nochmals 1938 anlässl. der Auff. der Komödie Liebesheirat von H. Jaray (Der Tag, 12.1.1938,4), aber er blieb eine der seltenen Stimmen im Chor zunehmender Banalisierung, oberflächlicher Historisierung oder Verdrängung dieser Aufbruchserfahrung der 1920er Jahre.

Literatur:

Helmut Lethen: Verhaltenslehre der Kälte. Lebensversuche zwischen den Kriegen. Frankfurt/M.: 1974; 21994; J. Heizmann: Joseph Roth und die Ästhetik der Neuen Sachlichkeit. Heidelberg 1990; H. Lethen: Der Habitus der Sachlichkeit in der Weimarer Republik. In: B. Weyergraf (Hg.): Literatur der Weimarer Republik 1918-1933. = Hansers Sozialgeschichte der deutschen Literatur, Bd. 8, München 1995, 371-445; Sabina Becker: Neue Sachlichkeit. Köln-Weimar: 2000 (bes. Bd. 1: Die Ästhetik der neusachlichen Literatur); Helmuth Kiesel: Geschichte der literarischen Moderne. München 2004; Angela L. Oster: Neu-(k)alte Sachlichkeit. Herkunfts- und Wirkungslosigkeit eines Konzepts. Bespr. zu: M. Baßler, E. vaan der Knaap (Hgg.): Die (k)alte Sachlichkeit. Herkunft und Wirkungen eines Konzepts. Würzburg 2004; online verfügbar unter:  https://www.iaslonline.lmu.de/index.php?vorgang_id=1430; Mathias Uecker: Wirklichkeit und Literatur. Strategien dokumentarischen Schreibens in der Weimarer Republik. Frankfurt/M: 2007; Johannes G. Pankau: Einführung in die Literatur der Neuen Sachlichkeit. Darmstadt 2010; Veronika Hofeneder: „Denn Sachlichkeit ist ein Ausdruck des Gemeinschaftsgefühls, und der taktlose Mensch ist ein kostümierter Egoist.“ Dimensionen der (Neuen) Sachlichkeit bei Gina Kaus. In: P.-H. Kucher, J. Bertschik (Hgg.): „baustelle kultur“. Diskurslagen in der österreichischen Literatur 1918-1933/38. Bielefeld 2011, 453-473; Evelyne Polt-Heinzl: Österreichische Literatur zwischen den Kriegen. Plädoyer für eine Kanonrevision. Wien 2012; W. Delabar: Das Verbrechen namens Ornament. Bespr. der Neuaufl. von A. Loos‘ Gesammelte Schriften. In: literaturkritik.de, Nr.10/2015; online unter: https://literaturkritik.de/id/21161 (2015); Michael Schwaiger: »Hinter der Fassade der Wirklichkeit«. Leben und Werk von Leo Lania. Wien 2017, 109-206; Oliver Jahraus u.a. (Hg.): Sache/Ding, Versachlichung/Verdinglichung: eine ästhetische Leitdifferenz in der Medienkultur der Weimarer Republik. München 2017 (u.a. Beitr. P.M. Lützeler über H. Broch und die Neue Sachlichkeit, 127-140); P-H. Kucher: ‚Neusachliche‘ Romananfänge. Tatsachenpoetik, kalte Persona und dokumentarischer Stil von Hugo Bettauer bis Lili Grün. In: U. Krieg-Holz/ Ch. Schütte (Hgg): Textanfänge. Berlin 2019, = Texte u. Diskurse, Bd.3, 213-230.

Quellen und Dokumente:

O. Stoessl: Anton Faistauer. In: AZ, 3.7.1920, S. 2; a.p.[olgar]: Zwei Kriegsbücher (Über Kisch’s Als Soldat im Prager Corps). In: Der Tag, 12.10. 1922, S.4-5; M. Scheyer: „Es“. In: Neues Wr. Tagblatt, 27.12.1922, S. 2; B. Balázs: Das Bergwerk (H. Kaltneker). In: Der Tag, 8.2.1923, S. 5; B.B[alázs]: Drei Romana, drei Standpunkte. (u..a über G. Reuter: Bendikta). In: Der Tag, 23.1.1924, S. 7; L. Lania: Entgöttertet Kunst (u.a. über A. Paquet). In: AZ, 20.6.1924, S. 7; O. Dix: Der Krieg (Publikationsanzeige). In: Oesterreichische Buchhändler-Correspondenz, 19.9.1924, S. 4; R. Olden: Egon Erwin Kisch, der Reporter. In: Der Tag, 21.11. 1924, S. 4; H. Margulies: Außenseiter der Gesellschaft (Über Bücher von Kisch, Trautner, Weiß). In: Der Tag, 26.1.1925, S.6; G. Kaus: Der Kampf mit dem Fachmann. In: AZ, 16.11. 1925, S.7; L. Lania: Sinclair Lewis. Eine Begegnung. In: AZ,30.5.1926, S. 18; K. Edschmid: Männertypen der Gegenwart. In: NFP, 17.6.1926, S. 24; E. Lothar: Sachlichkeit. In: NFP, 13.8.1926, S. 1-3; M. E.[rmers]: Herbert Plohberger oder die Neue Sachlichkeit in Österreich. In: Der Tag, 18.12.1926, S. 6; e[rmers]: Vortrag Adolf Loos über die ‚Geburt der Form‘. In: Der Tag, 19.2.1927, S. 4; N.N.: Dolfie spielt auf (neusachliche Jazzsymphonie). In: Die Bühne, H. 163, S. 72; M. Lederer: Der heutige Bühnenautor. In: NWJ, 20.2. 1927, S. 22; L. Jacobson über Sternheim: Die Schule von Uznach. In: NWJ, 30.11.1927, S. 11; H. Liebstoeckl: Sturm gegen die „neue Sachlichkeit“. In: Die Stunde, 4.12.1927, S. 5; E. Lothar: Der Boykott der Gefühle. In: NFP, 19.1. 1928, S.1-3; R.J. Kreutz: Nochmals – die Dame. In: NFP, 10.10.1928, S. 1; G. G.: Die Wiener Plakatsäulen werden geköpft. Die neue Sachlichkeit im Straßenbild. In: Die Stunde, 6.8.1929, S. 4; E. Mann: Die Boheme ist tot. In: Der Tag, 10.11.1929, S. 21; M. Lazar: Zwischen alter und neuer Sachlichkeit (Über Ausstellung in Stockholm). In: Der Wiener Tag, 5.7.1930, S. 9; W. Marken: Karl der Große. (=FS-Roman), In: Allgem. Tiroler Anzeiger, 15.6.1930, S. 9; N.N.: Die neue Sachlichkeit in der Photographie. In: Der Kuckuck, 21.11.1931, S. 9; A. Wolfram: Neue Sachlichkeit. In: Wiener Zeitung, 31.7.1931, S. 2-3; F. Rosenfeld: Dichtung in dieser Zeit. In: AZ, 29.7.1931, S. 7; j.h.[annak]: Krise der Jugend. In: AZ, 12.11.1931, S. 9; G.U.: Wahre und falsche ‚Sachlichkeit‘ im Verhältnis der Geschlechter zueinander. In: Reichspost, 4.8.1932, S. 13; V. Grünbaum: Vom ‚Looshaus‘ zum ‚Hochhhaus‘. In AZ, 17.11.1932, S. 6; L.(ania): Sein ohne Schein (Über Dos Passos). In: AZ, 13.9. 1932, S.7; Th. F. : Vorlesung R. Brunngraber. In: Der Tag, 21.12.1932, S. 8-9; R.J. Kreutz: Wiedergeburt des Gefühls. In: Der Tag, 25.5. 1933, S. 13; O.M.Fontana: Der Fall ‚Claasen‘. In: Der Tag, 12.3.1935, S. 7:

(PHK)

Ging nach 1918 im Hagenbund auf.

Materialien und Quellen:

A. R[oessle]r: Kleine Kunstausstellungen. In: AZ, 20.5.1919, S. 5-6.

Gegründet 1884 als Reaktion auf den grassierenden Antisemitismus in der Habsburgermonarchie.

Materialien und Quellen:

Eintrag in Jewish Encyclopedia;

Robert S. Wistrich: Die Juden Wiens im Zeitalter Kaiser Franz Josephs. Übersetzt aus dem Englischen von Marie-Therese Pitner und Susanne Grabmayr. Wien : Böhlau, 1999, bes. Kap. 10: Die Österreichisch-Israelitische Union, S. 257–283;

(PHK, in preparation)

Bezeichnung für jenes Genre des Musiktheaters, das ab zirka 1900 Elemente der Operette, des Varietès und der Revue miteinander verbindet und Ähnlichkeiten zur Musical-Form aufweist. Anfänglich, z.B. im Wiener Orpheumtheater, auch Genrebezeichnung für ein Arrangement von Liedern, das bestehenden Operetten entnommen und zu einem eigens auf Publikumserwartungen hin zugeschnittenen Programm zusammengestellt und teilweise durch neue Kompositionen ergänzt wurde. Im Vergleich zur klassischen Wiener Operette wurde vor 1914 der musikalische Vortrag forciert, Handlung oft völlig weggelassen und damit ein spezifisches Unterhaltungsprogramm, das Eingang fand in Varietè- und Kabarett-Theater wie z.B. dem ›Ronacher‹ oder in das Kabarett ›Fledermaus‹, aufgebaut. Es eignete sich gut für Tournee- und Aufführungszyklen in kleineren Theatern wie zahlreiche Presseberichte aus Czernowitz, Graz, Innsbruck oder Linz belegen.

Schrittweise wagten sich auch etabliertere Drehbuchautoren und Komponisten an dieses Genre, 1914 z.B. F. Dörmann mit Was tut man nicht alles aus Liebe? Nach Kriegsende wurden zunächst außer Benefizveranstaltungen und seichten Produktionen für Varietés wie dem ›Chat noir‹ O-Revuen bis 1921 kaum aufgeführt. Ab 1921-22 griffen das Bürgertheater und das Carltheater dieses Genre wieder auf; selbst die Freie Jüdische Volksbühne präsentierte im August 1921 ein Programm durch ihren Spielleiter Isaak Deutsch und die Volksbühne Favoriten überraschte bereits im April 1921 durch eine Revue aus klassischen Operettenstücken (Millöcker, Strauß, Zierer u.a.), unterlegt mit einem Lichtbildvortrag. 1923 kam es auch zu Zensurproblemen im Zshg. mit der zuvor in Berlin gezeigten O-Revue Die Dame vom Olymp der erfolgreichen Librettisten R. Schanzer/E. Welisch. Im selben Jahr legte erstmals ein etablierter Operettenkomponist wie F. Léhar mit Libellentanz eine Komposition vor, die in der Kritik auch als O-Revue aufgefasst worden ist; 1926 folgte ihm der erfolgreiche Librettist Oskar Friedmann (1872-1929) mit Liebesmagazin, das auf der Neuen Wiener Bühne zur Aufführung kam, sowie das Duo Fritz Grünbaum und Karl Farkas mit Journal der Liebe im Bürgertheater, – Titel, die auf eine Trivialisierung des Genres verweisen. Ab 1925-26 findet sich dieses Genre auch in den Programmen der österr. Radiosender Graz und Wien. Farkas und Grünbaum gebührt aber auch das Verdienst, das Genre an internationale Revue-Standards herangeführt zu haben, an Standards, wie diese z.B. mit Lady X (Musik von L. Gruenberg, wurde auch als Jazzoperette rezipiert) im Apollotheater 1927 sichtbar wurden. 1929 trat auch Ludwig Hirschfeld mit diesem Genre in Erscheinung, wie die Auff. von Jetzt oder nie… in Innsbruck dokumentiert. Im Juli dess. Jahres beschloss die Wiener Opernbühne (= Staatsoper) ihr Programm mit Eine Nacht in Venedig von R. Strauß, die aufgrund ihrer opulenten, revuehaften Ausstattung für Aufsehen sorgte.

Dass dieses Genre auch in den umliegenden Ländern erfolgreich war, dokumentieren Gastspiele des Olmützer Operettenensembles im Sept. 1930 mit N. Brodskys O-Revue Die entführte Frau im Raimund-Theater ebenso wie Berichte von Budapester Aufführungen oder dem Interesse von M. Reinhardt an revuetauglichen Operetten. 1931 bestätigte die Wiener Auff. der zuvor auch in Berlin erfolgreichen Bearbeitung des Dumas-Romans Die drei Musketiere zu einer O-Revue durch Schanzer/Welisch das anhaltende Interesse. Im Februar 1932 sorgte eine Auff. des Weißen Rößl als O-Revue durch das niederösterr. Theater in Znaim für Schwierigkeiten mit der Polizei, die das Gastspiel aufgrund monarchistischer (k.k.)-Tendenz u. entsprechender Bekundungen im Publikum daraufhin untersagte. Vermutlich aufgrund der Wirtschaftskrise und der sich verschärfenden politischen Verhältnisse kamen 1932-33 keine weiteren Produktionen zustande. 1934 kündigte J. Brammer wohl eine O-Revue gemeins. mit B. Granichstaedten an (NWJ, 20.5.1934) an und 1935 das Bürgertheater im Zshg. mit einem G. Werbezirk-Gastspiel ebenfalls eine neue Produktion: nur das zweitgenannte Vorhaben ist im Jänner 1936 ohne besondere Resonanz realisiert worden.


Quellen und Dokumente

Orpheum. In: Wiener Zeitung, 8.12.1903, S. 8, Inserat zu So wird’s gemacht! In: Der Floh, 23.3.1913, S. 18, Ronachertheater. In: Neues Wiener Tagblatt, 19.12.1914, S. 18, Zensurschwierigkeiten in den Kammerspielen. In: Der Morgen, 17.12.1923, S. 3, „Libellentanz“. In: Moderne Welt 4 (1923), H. 12, S. 8, Das Blendwerk der Revue. In: Moderne Welt 7 (1927), H. 10, S. 33f., Ludwig Hirschfeld: Apollotheater. In: Neue Freie Presse, 19.9.1927, S. 17, Wiener Theater. In: Der Kuckuck, 14.7.1929, S. 10, Das staatsgefährliche „Weiße Rößl“. In: Freie Stimmen, 5.2.1932, S. 3, Bürgertheater in der neuen Spielzeit. Fritz Imhoff. – Operettenrevue. – Gisela Werbezirk. In: Neues Wiener Journal, 20.8.1935, S. 11.

Wiener Operettenrevue. Aufzeichnung bei mediathek.slub-dresden.de.

(PHK)

Gegründet am 29.4. 1925 als überparteiliche Vereinigung, die sich zur Aufgabe stellte, die bereits geleisteten Vorarbeiten zusammenzuführen und die „Beziehungen zwischen dem deutschen Volk in Österreich und in Deutschland zielbewußt zu stärken und enger zu gestalten“, so der gewählte Vorsitzende, Univ. Prof. Dr. Richard Wettstein. Es gelte nämlich, die Voraussetzungen für eine Vereinigung zu schaffen, sobald Österreich wieder in der Lage wäre, sein Selbstbestimmungsrecht auszuüben.

Materialien und Quellen:

Bericht in: Ostdeutsche Rundschau, 30.4. 1925, S. 3; Der Tag, 30.4. 1925, S. 2;

(in preparation)

(ÖDV, 1925-1938)

1925 von Hermann Neubacher (1893-1960), der politisch im deutschnationalen Lager (ab 1933 in illegaler NSDAP) verankert war, aber auch gute Beziehungen zur SDAPÖ und zur Christlichsoz. Partei unterhielt, in Wien gegründete und geleitete überparteiliche Vereinigung, die für den Anschluss an Deutschland agitierte und zahlreiche einschlägige Veranstaltungen und Akzente setzte. Präsident des auch in Berlin ansässigen Volksbundes war der sozialdemokratische deutsche Reichstagspräsident Paul Loebe. Der ÖDV konnte an mehrere ähnlich lautende bzw. ausgerichtete Vereinigungen seit 1919 anknüpfen, etwa an den Österreichisch-Deutscher Reichsbund oder den Österreichisch-deutschen Volksbund für Berlin und das nordöstliche Deutschland (Salzburger Volksblatt, 14.1.1920, 2). Bereits Ende 1925 erschien eine erste Denkschrift des ÖDV unter Mitwirkung der Professoren Wilhelm Bauer und Hans Eibl über die Geschichte der Anschlussfrage (Wiener Ztg., 19.1.1926, 3). Vorwiegend wurden im offiziellen Programm Vorträge angeboten, etwa über die (wirtschaftlichen) Vorteile bzw. kulturelle Notwendigkeit des Anschlusses Österreichs an das Deutsche Reich, gelegentlich auch Ausstellungen mitveranstaltet, z.B. im Frühjahr 1928 gemeins. mit der Preußischen Akademie der Wissenschaften über graphische Kunst aus Österreich vom 18. Jhdt. bis Faistauer, Klimt und Kokoschka (Grazer Tagbl. 20.1.1928, 5). Obwohl auch innerhalb der Sozialdemokratie vor und nach 1920 Anschluss-Sympathien bekannt waren und z.T. offen propagiert wurden, hielt sich die Führungsriege und die sozialdemokratische Presse eher bedeckt und vermied lange Zeit offizielle Kontakte zum ÖDV. Um 1930 lassen sich aber eine Reihe von hochrangigen Beteiligungen an Veranstaltungen des ÖDV nachweisen. So hielt z.B. am 12.3. 1930 Otto Glöckel einen Vortrag über die Anschlußidee in der Schule (Tag, 12.3.1930, 5) und im Zuge einer Vollversammlung der Kärntner Arbeiterkammer im Mai 1930 sprach sich ein Funktionär ausdrücklich für die Agenda des ÖDV aus, was in der Roten Fahne sofort als Beleg für eine Achse zwischen Faschismus und Sozialdemokratie an den Pranger gestellt wurde (RF, 30.5.1930, 7). Bald danach, im Juni 1930, hat Karl Renner auf der Jahreshauptversammlung der Ortsgruppe Graz das Hauptreferat Der großdeutsche Gedanke in der Geschichte der deutschen Nation gehalten, wofür die Ztg. Arbeiterwille ausdrücklich geworben hat (AW, 23.6.1930, 3).

1931-32 sprach sich der ÖDV in mehreren Vortrags-Veranstaltungen gegen eine Exklusion Deutschlands aus den damals diskutierten Donauföderations-Überlegungen aus (Wr. Ztg. 24.2.1932, 6). Im April 1932 fand die letzte freie Generalversammlung des ÖDV im Berliner Reichstag statt, bei der das Präsidium unter Vorsitz von Loebe für ein weiteres Jahr bestätigt wurde (Wr.Ztg. 3.4.1932,5). Im September 1933 löste sich der ÖDV am Standort Berlin jedoch auf (bzw. wurde aufgelöst), was die österreichische Sektion bewog, in einer Presseaussendung den Weiterbestand als nunmehr autonome Organisation bekanntzugeben (NWJ, 26.9.1933,4).  

Materialien und Quellen:

Biographie H. Neubacher: hier.

Bundestagung des ÖDV 1930 in Klagenfurt, verbunden mit der Zehnjahresfeier des „Abstimmungskampfes“. In: Der Tag, 22.6.1930, 6.

(PHK)

Gegründet 1884 als Reaktion auf den Wahlsieg von antisemitisch agitierenden Kandidaten in Wien und Niederösterreich, konstituierende Versammlung 1886; Nach dem Ersten Weltkrieg nannte sich der Verband Union deutsch-österreichischer Juden, ab 1931 Union österreichischer Juden. Bekannte Vorstandsmitglieder waren Joseph Samuel Bloch, Moritz Güdemann, Sigmund Zins und Philipp Meitner, Vater der Wissenschaftlerin (Physikerin) Lise Meitner. Ab 1892 wurde der Kalender für Israeliten, der zu den besten Jahrbüchern des jüdischen Lebens zählt, herausgegeben, ab 1901 die Monatsschrift der Österreichisch-Israelitischen Union (bis Juni 1921). Später fungierte als Mitteilungsorgan die Wochenzeitung Die Wahrheit.

Materialien und Quellen:

Eintrag von G. Deutsch, A. Kisch in Jewish Encyclopedia;

Jakob Ornstein: Festschrift zur Feier des 50 jährigen Bestandes der Union Österreichischer Juden. Wien: Union Österreichischer Juden 1937.

(in preparation)

In Arbeit/ work in progress

Gegründet 1929 in Wien durch Julius Meinl und Karl Anton Rohan.

Materialien und Quellen:

Bericht über die Gründungsversammlung. In: Wiener Allgem. Zeitung 8.1.1929, S. 7.

(in preparation)

In der österreichischen Zwischenkriegszeit ist dieser Ausdruck erst 1927 in einem Bericht der Zs. Photographische Korrespondenz von W. Warstatt (Stettin) über Neuere Stilwandlungen in der bildmäßigen Photographie mit Bezugnahme auf Arbeiten von L. Moholy-Nagy belegt (1.7.1927, 209f.). Im Umfeld der entstehenden Reportage-Literatur seit 1924-25 kam die montageartig eingesetzte Fotographie allerdings schon früher zum Einsatz, vor allem in der Covergestaltung. Ein Beispiel dafür war die Reportage Gruben, Gräber, Dividenden von Leo Lania (1925), zu der John Hartfield das Cover im Sinn einer Fotomontage beisteuerte. Gegen Ende der 1920er Jahre wurden schon diverse Ausgaben, z.B. 1928 die Upton Sinclair-Ausgabe (Malik) u.a. auch mit Verweis auf deren Fotomontage-Covers von Hartfield intensiv beworben (RF, 16.9.1928, 5). Auch im Film gerieten diese Technik und daraus ableitbare Perspektiven in den Fokus der Aufmerksamkeit, wie ein Beitrag von I. Grimm am 29.3. 1929 in der Zs. Das Kino-Journal dokumentiert. 1930 veranstaltete der Österreichische Werkbund im Museum für Kunst und Industrie eine Fotografie-Ausstellung; in der AZ (1.3.1930) wurden im Bericht darüber insbesondere Fotomontagen von El Lissitzky, J. Hartfield und L. Moholy-Nagy als interessant wie innovativ eingestuft.

Als weiteres Beispiel der (Photo)Montage als innovatives künstlerisches Prinzip bezeichnete F. Rosenfeld in einer Besprechung Erich Kästners Gedicht-Chancon-Zyklus Leben in dieser Zeit, der im Rahmen eines Arbeitersymphoniekonzertes Ende Jänner 1931 zur Aufführung gelangte. Kritische Lichter auf die sozialen und politischen Verhältnisse in Form von Photomontagen warf seit 1929 auch die illustrierte (sozialdemokrat.) Wochenzeitung Der Kuckuck, z.B. anlässlich der neuen Bundeshymne (2.3.1930), von Erste Mai-Propganda-Montagen oder Montagen für die Wahlpropaganda im Okt. 1930, Anti-NS- und Anti-Heimwehr-Montagen, für die meist Siegfried Weyr (1890-1963) verantwortlich zeichnete.

Ein weiterer maßgeblicher Photokünstler und Covergestalter war Artur Stadler, von dem u.a. das berühmte Cover Auf ins Dritte Reich stammte (12.2.1933). Dagegen denunzierte Der Tag z.B. die in der Ausstellung ›Kunst und Alltag in Sowjetrussland‹ (Juni 1931) gezeigten Exponate als Photomontagen im Dienst der Agitation (während er die Ausstellung selbst gleichwohl empfahl). 1932 häuften sich in Deutschland Beschlagnahmungen von Covers, die auf Photomontagen basierten und meist von J. Hartfield gestaltet wurden, z.B. eine Ausgabe der AIZ wegen seiner Montage Krieg und Leben oder die dt. U. Sinclair-Ausgabe des Romans Alkohol, gegen die eine einstweilige Verfügung durch die Rechtsvertreter von zwei Whisky-Firmen angestrengt wurde.

Ab Ende 1933 gingen die politisch-satirischen Photomontagen schlagartig zurück; in der Zeit des Austrofaschismus waren sie nur mehr im Kontext von phototechnischen Zeitschriften präsent oder dienten Reklame- und Propagandazwecken, z.B. 1937 auf der Pariser Weltausstellung. Österreichs Beitrag bestand dort in einer raumgroßen Photomontage verschiedener Ansichten der Großglocknerstraße.


Literatur

Stefan Riesenfellner, Josef Seiter (Hgg.): Der Kuckuck. Die moderne Bildillustrierte des Roten Wien. Mit einem Beitrag von Murray G. Hall. Wien 1995; Joyce Tsai: Der Kuckuck and the problem of worker’s photography in Austria. In: Journal of History of Photography Nr.3/2005, 275-286.

Quellen und Dokumente

Marianne Jobst-Riedler: Politische Plakate in Österreich im 20. Jahrhundert. Online verfügbar unter: https://www.onb.ac.at/koop-poster/projekte/Oesterr_Plakatgeschichte.pdf

L. Moholy-Nagy: Zirkus. In: Photographische Korrespondenz, Juli 1927, 209-210; Iwan Grimm: Studiofilm und Reprisenkino. In: Kino-Journal, 23.3.1929, 28-29;N.: Sei gesegnet ohne Ende…(Bundeshymne-Montage). In: Der Kuckuck, 2.3.1930, S. 3; S. Weyr: Wahlkampf-Montage. In: Der Kuckuck, 19.10.1930, S.2;F. Rosenfeld: Leben in dieser Zeit. In: AZ, 21.1.1931, S. 8; S. Weyr: Die Ballade vom Unterschied. In: Der Kuckuck, 4.1.1931, S.4; A. Stadler: Auf ins Dritte Reich. Cover: Der Kuckuck, 12.2.1933, 1; A. Stadler: Trotz Tod und Terror. In: Der Kuckuck, 19.3.1933, S. 3; A. Selinko: Unser Pariser Pavillon. In: Die Bühne, H. 452/1937, S. 2-3.

(PHK)