Jarno, Josef
eigentlich Josef Kohner, geb. am 24.8.1866 in (Buda)Pest – gest. am 11.1.1932 in Wien; Schauspieler, Regisseur, Theaterdirektor
J. absolvierte auf Drängen seines Vaters eine Lehre beim Budapester Bankverein, gab diese aber 1885 für eine Karriere als Schauspieler auf. Er übersiedelte nach Wien und wurde von Ignaz Wild, später J.s Vorgänger als Direktor des Theaters in der Josefstadt, für das Sommertheater in Ischl engagiert, wo er im Juni 1885 in Ludwig Anzengrubers Pfarrer von Kirchfeld debütierte. Nach Engagements am Stadttheater Laibach und am Deutschen Theater in Budapest übersiedelte J. 1889 nach Berlin, wo er am Residenztheater, am Deutschen Theater sowie am Lessing-Theater wirkte und Gerhart Hauptmann und August Strindberg begegnete. 1897 wurde J. Intendant des neuerbauten Sommertheaters in Bad Aussee. Im Herbst 1899 übernahm er, der zuvor auch mehrere Schwänke und Komödien verfasst hatte, nach einem Intermezzo als Leiter des Berliner Neuen Theaters die Geschicke des Theaters in der Josefstadt in Wien, das er bis 1923 und damit bis zum Umbau vor der Übernahme durch Max Reinhardtgeb. am 9.9.1873 in Baden/Niederösterreich – gest. am 30.10.1943 in New York (bis 1904 Namensschreibung: Max Goldmann... führte. 1905-1915 sowie neuerlich 1923-1927 stand J. dem Lustspieltheater im Prater (zuvor Fürsttheater bzw. Jantschtheater) vor, ehe es zu einem Kino umgebaut wurde. Darüber hinaus war J. Direktor des Neuen Wiener Stadttheaters 1914-1918, des Ischler Kurtheaters 1921-1930, der Renaissancebühne 1925-1931 und des Carl-Theaters 1928/29.
Als Direktor modernisierte J., finanziert durch eine Reihe populärer Stücke, mit Aufführungen von Werken von u.a. Henrik Ibsen, Nikolai Gogol, Arthur Schnitzler, Karl Schönherrgeb. am 24.2. 1867 in Axams/Tirol – gest. am 15.3. 1943 in Wien; Schriftsteller, Arzt Das Porträtmodul von Johann Ho..., George Bernard Shaw, Frank Wedekind und Oscar Wilde das Wiener Theater und stellte die Texte zeitgenössischer Autoren zudem in wöchentlichen literarischen Abenden zur Diskussion. Umfassende Verdienste erwarb sich J., 1922 etwa von Hermann Bahrgeb. am 19.7.1863 in Linz – gest. am 15.1.1934 in München; Schriftsteller, Kritiker, Redakteur Der Sohn eines No... hervorgehoben, in der Verbreitung der Werke Strindbergs, in dessen Stück Gläubiger er in Berlin aufgetreten war. Daneben kooperierte J. schon vor dem Ersten Weltkrieg mit dem Verein Freie Volksbühne1906 nach dem Vorbild der 1890 gegr. Berliner Volksbühne, die unter der Leitung von Otto Brahm u. Bruno Wille maßgebli..., später in der Sozialdemokratischen KunststelleAus: Arbeiter-Zeitung, 30.10.1921, S. 7 Aufbauend auf kulturell-künstlerische Vorfelderfahrungen, z.B. mit den Arbeiter... um David J. Bachgeb. am 13.8.1874 in Lemberg (Lviv) – gest. am 30.1. 1947 in London; Kulturfunktionär, Journalist, Kritiker Aus:..., institutionalisiert, und brachte u.a. Faust und Die Weber auf die BühneGegründet 1924 durch den umstrittenen Zeitungsunternehmer Emmerich Bekessy, erschien die Zs. ab 6.11.1924 als Wochenzei.... 1931 holte die Kunststelle Friedrich Wolfs Revolutionsdrama Matrosen von CattaroDer Aufstand von 4.000-5.000 österreichisch-ungarischen Matrosen fand von 1. bis 3. Februar 1918 in der montenegrinisch... vom Großen Konzerthaussaal auf J.s Renaissancebühne.
Bedeutung in der Wiener Theaterszene erwarb sich J. zudem als Entdecker junger Künstler wie etwa Rudolf Forster, Ferdinand Maierhofer, Max Pallenberg, Gisela Werbezirkgeb. am 8.4.1875 in Pressburg – gest. am 10.4.1956 in Hollywood/Kalifornien; Schauspielerin, Kabarettistin Porträt v... und des späteren Filmregisseurs Richard Oswald. Trotz der Leitung mehrerer Häuser betätigte sich J. weiter auch als Regisseur und Schauspieler, häufig in Personalunion. J. spielte 1913 neben seiner Frau, der Volksschauspielerin Hansi Niese (1875-1934), die Hauptrolle bei der Erstaufführung von Alfred Polgars Übersetzung von Ferenc Molnárs Liliom, die den Weltrang des Stücks begründete. 1919 wirkte er in Otto Kreislers Grillparzer-Verfilmung Die Jüdin von Toledo mit. 1930/31 stand J. mit Niese und der gemeinsamen Tochter Hansi Jarno in Ludwig Hirschfelds Die Frau, die jeder sucht auf der Bühne, Anfang Jänner 1932 wurde eine von J. gestaltete Aufführung zu Strindberg und Wedekind im Programm der RAVAGDie Radio-Verkehrs-Aktiengesellschaft, kurz RAVAG, wurde im Februar 1924 als erste österreichische Rundfunkgesellschaft... wenige Tage vor seinem Tod gesendet. J. war der Bruder des Opern- und Operettenkomponisten Georg Jarno (1868-1920), sein Sohn Josef jun. (1899-1964) war ebenfalls Theaterleiter.
Quellen und Dokumente
Karl Kraus: Herr Jarno. In: Die Fackel VII (1906), H. 195, S. 14-21, Robert Blum: J. J.s Abschied vom Stadttheater. In: Neues-8-Uhr-Blatt, 31.5.1918, S. 3, [Umfrage u.a. mit R. Auernheimer, H. Bahr, M. Pallenberg, K. Schönherr:] J. J. – 25 Jahre Direktor des Josefstädter-Theaters. In: Neues Montagblatt, 26.12.1922, S. 3, Alfred Markowitz, Otto Koeniggeb. am 12.5.1881 in Wien – gest. am 15.9.1955 in Klosterneuburg; Redakteur, Kritiker, Volksbildner K. studierte Germ...: J.s Abschied. In: Arbeiter-Zeitung, 16.6.1923, S. 7, Rudolf Holzer: J. J. In: Wiener Zeitung, 30.6.1923, S. 3f., J. J.: Strindberg und Wedekind. Zur Aufführung am Samstag, 2. Jänner. In: Radio Wien, 1.1.1932, S. 3, J. J. gestorben. In: Reichspost, 11.1.1932, S. 4, Ludwig Hirschfeldgeb. am 21.5.1882 in Wien – gest. nach November 1942 im KZ Auschwitz (?); Schriftsteller, Kritiker, Übersetzer, ...: Abschied von J. J. In: Neue Freie Presse, 12.1.1932, S. 8, Der Tod J. J.s. In: Reichspost, 12.1.1932, S. 7f., Rudolf Holzer: J. J. In: Wiener Zeitung, 12.1.1932, S. 1f., David J. Bach: Der Bühnenleiter J. J. In: Arbeiter-Zeitung, 14.1.1932, S. 4.
Joseph Gregor: Das Theater in der Wiener Josefstadt (1924).
Literatur
Deutsches Theater-Lexikon, Bd. 2, S. 900f. (1960), Hilde Haider-Pregler: J., J. In: Neue Deutsche Biographie 10 (1974), S. 357f. [Onlinefassung], Andrea-Maria Jánosi: Theaterkritiker als Theaterschriftsteller. Journalismus und Theater in Wien von der Jahrhundertwende bis 1933. Diss. phil. (1987), Gustav Naue: Josef Jarnoeigentlich Josef Kohner, geb. am 24.8.1866 in (Buda)Pest – gest. am 11.1.1932 in Wien; Schauspieler, Regisseur, Theat.... Schauspieler, Regisseur, Theaterdirektor und Schauspiel-Dramatiker. Phil. Diss. (1964).
Eintrag bei ÖBL online, Eintrag bei wien.gv.at.
(ME)