Rudolf Henz: Für ein neues Zeitalter. (1925)

Zu den Ergebnissen der katholischen Akademikertagung in Essen.

Weltanschauungsfeste, wie diese letzte katholische Akademikertagung eines war, erhalten ihren vollen Wert nicht nur durch die Begeisterung der Teilnehmer, durch die glänzenden Reden und Debatten, sondern vor allem durch das triebkräftige Nach- und Weiterwirken der aufgestellten Probleme und der aufgezeigten Lösungen. Es ist nicht genug, daß eine Schar überzeugter junger Leute Fragen diskutiert und löst, sondern daß die weiteste für uns erreichbare Öffentlichkeit gleichfalls daran Anteil nehme, und es ist nicht genug, nach solchen Zusammenkünften heim­zugehen, froh und stolz zu sein, das Resultat in der Tasche zu haben, sondern es ist Pflicht, mit den Erfolgen nicht zufrieden zu sein und die in festlicher Atmosphäre gewon­nenen Erkenntnisse auf der Basis des unerbittlichen Alltags zu verarbeiten. Gerade das der Essener Tagung zugrunde gelegte Gemeinschaftsproblem kann in diesem Sinne ein dauerndes, ein praktisch fast unlösbares genannt werden, eines, das eine ungeheure Menge praktischer Kleinarbeit, praktischen Christentums in sich schließt. Aber seien wir uns von vornherein klar, daß der Aufbau einer neuen Gemein­schaft auch das Grundproblem der Zeitüberhaupt darstellt und daß fast die gesamte geistig ehrliche Gegenwart in allen Lagern gerade in dieser entscheidenden Frage auf den Katholizismus als den Retter hinblickt. Wohin immer wir horchen, Notschreie und Jammerrufe, aber nirgendwo ein Ansatz zur Erlösung, ja nicht einmal der Wille dazu. „Keine Gegenwehr!“ schreibt ein feinsinniger Wiener Schriftsteller in einem Aufsatz über die „Monotonisierung der Welt“ und „so bleibt nur eines für uns, da wir den Kampf für vergeblich halten: Flucht, Flucht in uns selbst, vollkommene Nachgiebigkeit gegen die äußere, als übermächtig erkannte Zeitgewalt, bei eherner Bewahrung des inneren, unantastbaren Eigen­ willens“. Individuelle Vollkommenheit als letztes Ziel. Aber gehört nicht eben auch der Gemeinschaftsgedanke zu dieser Vollkommenheit? Der Mensch ist ein soziales Wesen, und wenn die Gesellschaft um uns zum Teufel geht, dann ist es auch aus mit persönlicher Freiheit, mit Eros und Kunst.

Ich weiß wohl zu sehr, welch unübersteigbare Hinder­nisse sich derzeit einer wahren katholischen Gemeinschaft entgegentürmen, aber eben deshalb bewundere ich die jungen Menschen, die sich dennoch im Namen dieses Ge­dankens zusammenfinden, nicht um Phrasen zu leiern und sich an Phantomen zu berauschen, sondern sachlich der Wahrheit ins Gesicht zu sehen; nicht in einem idyllischen, friedlichen Winkel, sondern mitten im größten deutschen Industriegebiete.

Wir aber haben die Pflicht, diese Jugend durch selbst­tätige und energische Weiterverarbeitung der aufgezeigten Ideen zu unterstützen und zu diesem Zwecke sei aus dem Nach- und Nebeneinander der Debatten und Reden das Wertvollste herausgehoben und zusammengebaut.

Die kulturphilosophische Grundlage, einen knappen Querschnitt durch die Zeit, gab Professor Dr. Dessauer in einer für die „Essener Volkszeitung“ geschriebenen Skizze. „Der Mensch unserer Tage schreitet aus dem Geistesreich der Renaissance in ein neues Land, das er noch nicht kennt, von dem er aber manches ahnt. Noch hat ihn die Renaissance in ihrer Gewalt, mit ihrem gewaltigen Licht des Naturerkennens und ihrer kritischen Ordnung. Dieses Licht strahlte in der Renaissance so stark, daß es allen anderen Glanz zu verdrängen drohte. Je mehr der schreitende Mensch den Grenzen des Renaissancebereiches sich nähert, desto heller glüht anderes Leuchten am Hori­zonte vor seinen Augen auf.“ Wenn kein anderer Gedanke weiter wirken sollte, als dieser, dann wäre damit schon das Meiste getan. Es ist unmöglich, die Richtigkeit dieser Behauptung hier zu fundieren, in diesem engen Rahmen die große Entwicklungslinie Deskart [Descartes] — Luther bis Stinnes — Lenin zu verfolgen, aber ob wir an Individualismus, Dogmatismus, Relativismus herantreten, an die Entwick­lung der Technik, die an sich ja nichts für die heutige Ver­wirrung kann oder an die Erhebung der Technik zur Philosophie des Lebens, die für alle Not und Zerstörung verantwortlich gemacht werden muß, immer müssen wir um 1914 eine große Cäsur setzen, eine allerersten Grades.

Nur wer nicht hinter die Dinge sieht, kann glauben, daß wir uns in einer Blütezeit des Materialismus befänden. Nur ein ganz Unbewanderter im geistigen Werdegang der Kulturen kann sagen: ich sehe keine Wirkung des neuen Zeitalters. Jede neue Kultur wird eben erst im Menschen geboren, lange, lange eh‘ sie nach außen in Erscheinung tritt. Und wir leben in diesem primären Stadium. Auch wenn wir bloß das Gefühl hätten, daß die rationalistische Denkart nicht mehr für uns ausreicht, wenn wir das Leben, das große, aus der Religion geborene Leben über alles stellen.

Und mit dem Augenblick, da wir den Renaissancemenschen in uns zu Grabe tragen, wird es Licht um uns, wir lernen das Weltbild des Mittelalters wieder verstehen und wissen, daß das neue jenem kongenial werden muß in seinem Verhältnis von Mensch zu Gott und von Mensch zu Mensch. Nicht Nachäffung, sondern junger Bau auf moderner Grundlage. Dazu aber ist es notwendig, daß wir vor allem den Kern des Gemeinschaftsproblems klar sehen lernen, das soziale Problem. Nicht auf dem Wege der „Betäubung“, wie Dr. Dessauer sagt. son­dern auf dem Wege der „Wirklichkeit“.

Und das hat Schriftsteller Josef Joos in klarer und aufrechter Art getan. „Wir sind im Industrierevier“, führte er aus, „uns umgeben hier Großtaten menschlicher Energie und Wirtschaftsorganisation, Riesenwerke gemein­schaftlicher Arbeit reden zu uns. Steht ein Gemeinschaftsbewußtsein der handelnden Menschen dahinter? War es vorhanden? Ist es im Werden? Wir würden uns selbst täuschen, wenn wir solches annähmen.“ Denn, so fragt er, wo sind die Menschen schlechthin, die einander finden könnten? Sie alle sind gehetzt, der Zechendirektor und der Grubenarbeiter, und so kann es im heutigen Produktions­leben keine Gemeinschaft mehr geben, es sei denn, daß die Produktion und die Produzierenden sich selbst wieder in der richtigen menschen- und christenwürdigen Rangordnung der Lebenswerte zu sehen bemühten. Wenn oben und unten höchstes Streben Eigentum und einziges Ideal Besitz heißt, wie soll da Gemeinschaft werden? Die Massen sind krank, besser „gekränkt“, in ihrem Bestreben nach Persönlichkeit. Dem kann durch soziale Gesetzgebung zum Teil abgeholfen werden, das letzte aber bleibt der soziale Mensch. Was fehlt, ist die Ehrfurcht vor dem Menschen, ist persönliches Eintreten, persönliche Karitas im höchsten Sinne, persönliche Initiative überall dort, wo wir heute gewohnt sind, einfach den Staat einzuschalten. Gemeinschaft im tiefsten Sinne ist eben die seelische und praktische Haltung, die aus der tiefsten Erkenntnis von der Größe des Mysteriums des Leids und des Elends strömt.

Gerade in deutschen Landen fehlt dieser Gedanke. Anderswo sind die sozialen Gegensätze schärfer, aber nirgendwo fanatischer in Wirklichkeit umgesetzt. Da tritt an den gebildeten Katholiken die Pflicht heran, die Isolierung aufzugeben, die aufgerichteten „Glaswände“ zu durchbrechen, sich klar zu werden, daß auch ein Nationales ohne das Soziale undenkbar ist, in akademischen Korporationen nicht neue Mauern aufzurichten und die wahre harmonische Bildung zu suchen, die von selber zur Gemeinschaft führt.

Die Frage „Wozu ist der Mensch auf Erden?“ ist die Grundlage nicht bloß jeder Religion, sondern auch jeglichen sozialen Bewußtseins. Und für den religiösen Gebildeten gibt es eigentlich keinen Gegensatz zwischen Persönlichkeit und Gemeinschaft. Der Weg zu ihr führt nur über die Persönlichkeit, die zur wahrhaften Bildung, zur Liebe aufgestiegen ist.

Aus zwei Wurzeln kann also das neue Gemeinschaftsgefühl erwachsen, aus einer restlosen Aufläuterung der Persönlichkeit und aus einer der Verantwortung bewußten, ethisch gerichteten Wirtschaft.

Die zweite Frage hat Universitätsprofessor Doktor Götz-Brief eingehend beleuchtet. Die Zeit, da man Ethik und Wirtschaft nicht nebeneinander nennen durfte, sei vorüber. „Die Konjunktur der Moral im Steigen“. Ein schreckliches, aber auf die nicht immer lauteren Gründe ganz passendes Wort. Folgende Vorgänge kennzeichnen nach Dr. Brief die heutige Entwicklung: 1. Eine starke Konzentration der Wirtschaftsmächte, 2. Vernichtung zahlreicher selbständiger Unternehmerexistenzen, 3. Vieler freier Berufe und des Mittelstandes und 4. ein unge­heurer Proletarisierungsprozeß. Die Zinsfrage, die der Proletarisierung des Mittelstandes und die Lohnfrage stehen im Vordergrunde. Die Hauptfrage des Proletariats aber ist, daß der Arbeiter „dauernd und erblich in seiner Abhängigkeit steht, ohne Aussicht auf Erneuerung“. Hiefür gibt es nun negative und positive Lösungen. Erstere die soziale Revolution und Unterdrückung des Nachwuchses, letztere die kraftvolle Herrschaft des Staates über die wirtschaftlichen Mächte. Die Leiter der Konzerne und Syndikate „müssen unter den vollen Druck der Ver-//antwortlichkeit gestellt werden. Sucht man nicht diese positiven Lösungen, dann wird eine Katastrophe unausbleiblich sein!“ Die Aussprache, die sich an diese Darlegung schloß, gehört zu dem Interessantesten der praktischen Tagungsarbeit. Griffen hier doch Arbeiter und Führer ein in Fragen, in denen die nächsten praktischen Lösungsmöglichkeiten liegen. In der scharfen Verur­teilung der Konzerne war man einig, auch die Forderung nach Zusammenschluß der katholischen Unternehmerschaft verdient größte Beachtung, vor allem aber die Aus­führungen P. Hürths, daß es keine differenzierende Moraltheologie gebe und daß die Grundsätze der katho­lischen Moral für alle Katholiken in allen Lebenslagen bindend seien. Eine Selbstverständlichkeit, die, in restlose Praxis umgesetzt und wenn sie dem Arbeitnehmer auch den letzten Zweifel an der Ehrlichkeit dieser Forderung nehmen würde, ein gewaltiger Schritt zur wahren Ge­meinschaft wäre.

* *  *

Wenn hier also scharf gegen den modernen Kapitalismus aufgetreten wurde, so gelangt Abt Dr. Ildefons Herwegen von der geistig kirchlichen Seite her zur gleichen Verurteilung: „Auf der Seite Christi ist eine Welt­anschauung des Kapitalismus und ihre Folge unmöglich, und wenn sie doch da auftreten, so bedeutet das schon einen Abfall von Christus“. Das Christentum hat die soziale Zerklüftung der Antike überwunden und ist auch fähig, heute das Gleiche zu tun, denn die eigentliche christliche Volksgemeinschaft ist die Kirche, in der alle als Glieder des mystischen Leibes Christi eine hohe Würde haben. Hier ruhen die religiösen Wurzeln der Gemeinschaft; einerseits das Wissen, daß jeder Beruf Ruf von Gott ist, eine nicht immer leichte und heute für den fast zum Maschinensklaven gewordenen Arbeiter eine sehr schwere Sache, anderseits die unbedingte Achtung vor der Würde jeglichen Berufes. Bei der Aufgabe der Weltheiligung ist Dienst an der unscheinbarsten Stelle nicht weniger wichtig als der geistige auf den Höhen der Wissenschaft. Beide Gruppen sind für die Auswirkung ihres Berufes ihrer selbst und der Gemeinschaft willen aufeinander angewiesen. Die soziale Not der Antike ist dadurch überwunden worden, daß ein­zelne Herren und Sklaven ernst machten mit dem christ­lichen Wort: „Hast du den Bruder gesehen, so hast du den Herrn gesehen“.

Das ist das Großartige an diesen katholischen Akademikertagungen, daß sie über die Debatten der inneren Organisation, über Fragen des Studentischen hinaus immer den vollen Anschluß an die lebendige Gegenwart und deren Not suchen und finden. Daß sie wie diese Tagung mithelfen, die Gegensätze, die sozialen und geistigen wenigstens unter den Katholiken selbst aus­zugleichen und aufzulösen. Denn gerade das lebendige Beispiel einer in sich einigen katholischen Gemeinschaft, die alle Klassen und Stände umfaßt, könnte nicht lange ohne Wirkung bleiben.

Ob wir durch solche geistige Aussprachen diesem Ziele näher kommen?

In einem sicher, daß wenigstens die Katholiken sich bewußt werden, daß die geistige Einstellung das Primäre ist — eine Tatsache, die nicht allen katholischen Intellek­tuellen vertraut ist —. „Wenn diese Tagungen nichts anderes erreichen,“ sagt Friedrich Muckermann, „als nur dieses eine Erlebnis, daß es dem vielbewegten Leben gegenüber eine Verantwortlichkeit gibt, das Wohl und Wehe dieser und jeder Ordnung und also auch jedes einzelnen Menschen abhängig ist von der Tragkraft geistiger Symptome, wenn dies der ganze Erfolg wäre, wir könnten uns bescheiden. Denn gewesen wären in diesem Augenblick die satte Ruhe, der eitle Stolz, der sich abson­dernde Kastengeist, die Lebensfremdheit, alles, alles, was je der gebildeten Klasse als Makel angehangen.“

In: Reichspost, 12.3.1925, S. 1-2.

J[acques] Hannak: Fußball – ein proletarischer Sport? (1925)

Schon daß eine solche Frage gestellt werden kann, heißt, sie gut zur Hälfte verneinen. Jedenfalls darf es sich die Arbeiter-Zeitung zum hohen Verdienst anrechnen, daß sie mitten in einem Meer seelenloser Sportfexerei zu geistiger Selbstbesinnung aufgerufen hat. Ihre Stimme war imstande, den tosenden Lärm ungezählter Blattseiten der bürgerlichen Sportfachpresse zu übertönen. Die Diskussion über die Frage, ob Fußball überhaupt noch als proletarischer Sport angesehen werden kann, ist in Gang gekommen, und die Häufigkeit und Gründlichkeit der Erörterung beweist, wie ernst es die Arbeiterschaft mit einem Problem nimmt, das ihre Klassenkampffähigkeit empfindlich zu tangieren begonnen hat. Wie immer darum die Diskussion ausgehen wird, die bloße Tatsache, daß sie geführt wird, ist für sich allein schon eine Tat. Der Fußballsport wird aus der Debatte nicht mehr so herauskommen, wie er in sie hineingegangen ist: er wird künftig mit dem geschärften Auge des sozialkritischen Skeptizismus betrachtet werden, und die Tage, wo, er das bequeme Mittel der Einduselung und Alkoholisierung breiter Massen war, sind jetzt wohl gezählt.

Gewiß ist das Reinigungsverfahren ein nur langsam fortschreitender Prozeß, doch nichts spricht dagegen, daß es nicht am Ende doch gelinge. Denn sogar diejenigen von uns, die den Fußballsport der Arbeiter­bewegung erhalten wollen, sind sich einig in der Er­kenntnis der Notwendigkeit und Möglichkeit eines Reinigungsverfahrens. Streitig bleibt nur das Substrat dessen, was gereinigt werden soll, die Grenze, wo der Schmutz aufhört und die Reinheit beginnt, mit einem Wort die Frage, ob bei dem Reinigungsprozeß nicht so edle Partien des zu Reinigenden mit zum Teufel gehen, daß zu guter Letzt überhaupt nichts übrig bleibt. Das ist jedoch ganz bestimmt eine Frage sekundärer Natur. Denn selbst überzeugte Fußballanhänger werden, soweit sie Parteigenossen sind, keine Bedenken tragen, ihren Lieblingssport unter Umständen auch vollständig zu opfern, sofern sie die Überzeugung gewinnen, daß der Reinigungsprozeß nur dann eine Mehrung der Klassenmoral erzielen kann, wenn die ganze Fußballerei daran glauben muß.

Untersuchen wir also zunächst, was am Fußball­sport Entartung und was an ihm echt ist. Es ist nicht neu, was wir hier sagen, sondern oft und oft schon bei früheren Gelegenheiten gesagt und geschrieben worden. Der gesunde Kern des Fußballsports liegt in der Idee solidarischen Zusam[m]enwirkens. Die zweimal elf Leute auf dem Fußballfeld bilden je eine organische Einheit, die sich nur behaupten kann durch harmonisches Füreinanderarbeiten der Gesamtheit. Der Gedanke der Selbstzwecksetzung des Individuums ist hier zum ersten­mal abgelöst von dem Gedanken der Zwecksetzung eines dritten, Höheren, des Mutualismus, des wechselseitigen Füreinanderstehens, der Solidarverknüpfung. Ferner ist auch das richtig und erst kürzlich (1. Jänner) hier zugegeben worden, daß der seelische Genuß, den die der Idee des Fußballsports zugrundeliegende Bändigung und Regulierung des atavistischen Kampftriebes im Menschen verursacht, zu einer Quelle größter An­ziehungskraft auf die Massen wird. Die Tatsache der großen Popularität des Fußballsports unter der jungen proletarischen Generation ist also unbestreitbar.

Aber ebenso unbestreitbar ist die schwere Ver­suchung des Sports durch seine — natürlich nicht zu vermeidende — Eingegliedertheit im System der kapi­talistischen Kategorien. Diese Verknüpfung von Fußballsport und Geschäft, von Romantik und Profitspekulation zersetzt die Elemente des Fußballsports: Die Idee der Solidarität schlägt in ihr Gegenteil um, in ein rohes Rivalisieren um mehr geldliche Siegesprämien, der ge­bändigte und regulierte Kampftrieb wirft die Fesseln der Regel ab und schweift frei in elementarer Wildheit, schont nicht mehr des Gegners Knochen und verwüstet Hirn und Herz der Zuschauermassen. Das Wesen des Sports ist mit dem Wesen des Kapitalis­mus unvereinbar.

Wo darum, ein Sportzweig von der Kapitals­sphäre überwältigt wird, ist alles zusammen ein einziger großer Fieberherd, und jedermann, der hier noch etwas Sportliches retten zu können glaubt, auch theoretisch absolut im Irrtum. Der Fußballsport, wie er heute im Lager des bürgerlichen Fußballverbandes betrieben wird, hat eben aufgehört, Sport zu sein. Und selbst der Um­stand, daß sich Massen von jungen Proletariern um dieses Schauspiel gruppieren, macht den Fußball eben­sowenig zu einem proletarischen Sport wie in Spanien die Stierkämpfe, die ja auch große Scharen proletarischer Zuschauer anlocken, ohne daß es uns darob einfallen wird, eine theoretische Rechtfertigung dafür zu suchen. Oder eine Angelegenheit wie das Kino: wird jemand behaupten wollen, daß, weil das Kino das Theater der Proletarier sei, es deswegen ein proletarisches Theater, eine proletarische Institution sei?

Der Genosse Trebitsch ist also sicherlich auf dem Holzweg, wenn er (Arbeiter-Zeitung vom 4. d.) einem so entarteten kapitalistischen Phänomen, wie dem heutigen Fußballsport, das Mäntelchen einer, soziologisch fun­dierten, proletarischen Rechtfertigungstheorie umhängen will. Es kann etwas von Proletariern aus­geübt werden und dennoch ungesund und schädlich sein. Die Alkoholleidenschaft ist eine traurige Leidenschaft zahlloser Arbeiter, aber deswegen doch nicht etwa eine proletarische Leidenschaft, höchstens ein proletarisches Problem. So mag denn auch Fußball heute ein Sport von vielen Arbeitern sein, ob er aber darum auch ein Arbeitersport ist, ist damit noch nicht entschieden, sondern im Gegenteil zunächst noch ein sehr kompliziertes Problem.

Die Kompliziertheit des Problems beruht eben darin, worin der Genosse Trebitsch am schwersten irrt, nämlich in seiner Einschätzung der Chance, die Klassenmoral von außen her beeinflussen zu können. Hier hat Trebitsch nicht nur theoretisch falsch gedacht, sondern er beeinträchtigt damit auch die mühselige Praxis der im schwersten Kreuzfeuer bürgerlicher Angriffe stehenden sportlichen Erziehungstätigkeit unserer verantwortlichen Sportfunktionäre. Klassenmoral „predigen“ läßt sich gewiß nicht, wenn man sie nicht schon hat. Aber wenn das, was ich durch die „Predigt“ von außen neu herbei­schaffe, auf ein empfangsbereites Gemüt trifft, für das die „Predigt“ nur das Bewußtmachen seiner selbst wird, so darf man einer solchen Klassenmoral schon vertrauen. Es wäre traurig um die Arbeiterbewegung bestellt, wenn sie nur alles Seiende begreifen und nichts von selbst neu gestalten sollte.

Der Prozeß des Sieges der Klassenmoral über die Triebkraft einer ihrer Fesseln entlaufenen Leidenschaft ist natürlich, wie gesagt, ein langsamer Prozeß, aber eine sehr dankbare sozialpädagogische Aufgabe, an der praktisch teilzunehmen man den Theoretiker Trebitsch freundschaftlichst einladen sollte. Erst mit diesem Prozeß kommt der wirkliche Prozeß des sozialen Sports zur Entfaltung. Der einzelne beginnt zu lernen, seinen Sport nicht mehr bloß als einzelner auszuüben, sondern sich auch im Sport als ein Glied seiner Klasse zu fühlen, als solidarisch mit all den andren Menschen, die unter dem Gesetz der kapitalistischen Ausbeutung leiden. So bildet diese Sportauffassung eine ganz neue Kultur, einen neuen Menschenschlag, ein neues Solidaritätsbewußtsein aus und nur, indem der Sport nicht nur als eine reintechnische Spielregel, sondern als ein Förderer und Regulator des Zusammengehörigkeitsgefühls vom einzelnen Sportausübenden erlebt wird, nur insoweit und nur dann läßt sich vom Sport als einem wahren Kulturfaktor sprechen.

In: Arbeiter-Zeitung, 7. Februar 1925, S. 12.

Karl Grunne: Film und Literatur (1923)

Regisseur der Sternfilmgesellschaft (Berlin)

Die Hauptsünde des Films heißt: Jugend! Eine jimge Kimstform und eine junge Industrie — da können Entgleisungen nicht ausbleiben. Wer aber auf die Anfänge des Kinodramas zurückblickt, wird freudig erkennen, daß die Entwicklung der letzten Jahre im Sturmschritt aufwärts führte. Aus der Verneinung ernsthafter Kritiker erwuchs in den begabteren, ehrlicheren Filmproduzenten der Wille zur Bejahung ernsthafterer Werte. Kritik, Kritik, Kritik — sie ist das Salz aus dem täglichen Brot der Filmproduzenten. Und wer da fürchtet, die Kritik könne sein Geschäft stören, ist nicht berufen, für die weite Öffentlichkeit zu schaffen.

Jede Stellungnahme zum Kinodrama erfordert als erstes eine Kunst: die Kunst des Sehenkönnens — wenn je, so kommt hier Kunst von Können — und es ist er­staunlich, wie ausgezeichnet mancher liest, dem für das Sehen jede Begabung fehlt. Man könnte ihnen mit dem Wurzelsepp zurufen: „Oes kommt’s doch net blind auf d‘ Welt wie die jungen Hund“ — aber sehert werd’s doch euer Lebtag net!…“ Das gilt im besonderen für die Irrenden, die in einem Theaterstück plötzlich einen Film zu sehen glauben, munter an die Arbeit gehen und zuletzt erkennen, daß die ganze Bilderreihe nur verständlich wird, wenn man hundert Titel dazwischenklebt. Aber ein Film mit hundert Titeln ist schon seinem eigensten Wesen entgegengesetzt, er ist nicht mehr Film, sondern photographiertes Theater, Abklatsch eines Romans, epische Lichtbilderei, statt konzentrierte Bewegungsreihe, die vom Rhythmus einer bestimmten Handlung bewirkt, einzig und allein Film ist. Photographierte Literatur wird immer ein Filmdrama ergeben, das auf Krücken geht.

Läßt sich denn aus einer Marmorstatue ein Theater­stück machen?! Wohl aber kann das eine die Anregung für das andere sein. Vor dem Bild der Mona Lisa wird ein Dichter die Inspiration für einen Mona Lisa-Roman empfangen können. Aber wenn er ein Dichter ist, dann braucht er seinen Lesern nicht auf jeder fünften Seite eine Reproduktion des Mona Lisa-Bildes zu zeigen. So kann ein Drama, ein Epos den Filmschöpfer anregen, ihm das Grundmotiv der Handlung geben — mehr aber darf er nicht aufnehmen, auch wenn es noch so verlockend gegeben wird. Es heißt, sich frei machen vom andersgearteten Vorbild, es heißt, das Motiv auf die spezifischen Gesetze des Films übertragen. Sonst kommt der Tag von Damaskus, den jeder Filmregisseur kennt, der Tag, wo die Bilderreihe zu­sammengesetzt wird und man mit Schrecken erkennt, daß nur mit einer großen Anleihe dieser ganze Bilderstaat zu halten ist — mit einer Anleihe bei dem Wortschatz des Dichters, aus welcher Anleihe sich (nach langen Verhand­lungen mit allen möglichen Instanzen) ein paar Dutzend Zwischentitel ergeben. Und der Film will doch eine stumme Kunst sein!

Handlung! Es wird allzu pathetisch von ihr ge­sprochen, sie wird als das Um und Auf hingestellt. Indessen kann sie wohl, muß aber nicht Voraussetzung sein. Ich gehe den umgekehrten Weg — ich sehe zuerst Milieu und komme dann zum dramatischen Motiv. Von meinem letzten Film Die Straße sah ich — jawohl, sah ich! — zuerst nur den optischen Lärm einer Weltstadtstraße, ihr Gleißen, Glitzern, ihr Fieber. Dann erst erschien in meiner Vorstellung der kleine Bankclerk, dem diese Straße Schicksal wird. Sieben (entbehrliche) Titel stützen dieses Bilddrama. Mehr braucht es nicht, weil es aus der organischen Fort­setzung eines Bildes entstanden war.

Das wäre aber nicht möglich gewesen, wenn der Film „nach einem Theaterstück“ entstanden wäre. In jedem Betracht heißt die größte Gefahr des Filmdramas: Literatur! An Beispielen ist kein Mangel. Wir sollten unseren Dichtern, Literaten Mut machen und ihnen immer wieder sagen, daß ihr bestes Werk der schlechteste Film werden kann, und sollten  ihnen weiter sagen, daß aus dem schlechtesten, technisch unvollkommensten Manuskript, sofern ihm eine dichterische Idee innewohnt, ein geschmackvoller Regisseur mit Talent und Stilvermögen den besten Film machen kann. Auch die Pantomime, die so oft in Wechselbeziehung gebracht wird, ist kein Vorbild. Vorbild ist allein ist das lebende Bild. Von ihm muß der Autor ausgehen, er muß in Bildern denken können und nicht in Worten.

Der weitere Aufstieg des Filmdramas liegt sicherlich nicht zuletzt bei dem Dichter; die technische Entwicklung des Kinodramas ist ihm weit vorausgeeilt. Man hat die Er­findung der Kinematographie als „die größte Tat seit der Entdeckung Amerika“ gefeiert. Wir alle wissen, daß in der Kinematographie noch viel zu entdecken bleibt und noch viel fruchtbares Neuland zu entdecken ist.

In: Neue Freie Presse, 21.9.1923, S. 13.

Max Graf: Der Jonny-Rummel und kein Ende. (1928)

Die „Neue Freie Presse“ hat schon viele Kunstschlachten verloren. Es gehört zur Tradition dieses größten Wiener Blattes, daß ihre Kritiker seit der Gründung dieser Zeitung jeder modernen Kunstbewegung feindlich gegenübergestanden sind, ob es die mächtige künstlerische Bewegung der Wagner-, Liszt-, Berlioz-Zeit gewesen ist oder der Naturalismus des Ibsen-Zeitalters, oder die Be­wegung der modernen Malerei. Die Entwicklung der Zeit hat sich immer über die Schranken der geistreichsten Feuilletons hinweggesetzt, mit denen die konservativen Kritiker modernen Kunstbewegungen, deren Richtung ihnen nicht gepaßt hat, in Ausnutzung des Einflusses einer großen Tageszeitung den Weg versperren wollten.

Es ist also auch von wenig Bedeutung, wenn der jetzige Musikkritiker der Neuen Freien Presse, dem Niemand den Rang eines kenntnisreichen und gebildeten Kritikers bestreiten kann, der modernen Musikbewegung seit einigen Jahren feindlich gegenübersteht. Man würde diese Bewegung, die alle Länder Europas erfaßt hat, sehr gering schätzen, wenn man glauben würde, daß das musika­lische Talent und der Geist ihrer führenden Musiker durch Feuilletons einer Tageszeitung gehemmt und unwirksam gemacht werden könnte. Strawinsky und Schönberg ge­nügen allein schon, um Hunderte konservative Feuilletons wegzublasen. Afflavit et dissipati sunt. Unmerklich ändern sich die alten Gehörgewohnheiten. Die Jugend wächst heran und plötzlich ist eine andere Generation, eine andere Zeitstimmung da, der die Größe moderner und einst so heftig bekämpfter Kunst etwas Selbstverständliches geworden ist.

Ich fürchte, damit Banales gesagt zu haben. Aber wie stark ist nicht die Tradition eines Blattes vom Rang der „Neuen Freien Presse“, wenn sie dieses Banale nicht erkennt und „nach dem Gesetz, nach dem sie angetreten“, wo immer auf dem Kunstgebiet eine lebendige und frische Kraft sich zeigt, alle ihre in Kunstbataillen so oft geschlagenen konservativen Truppen mobilisiert. Dieser sechsundzwanzigjährige Krenek, dessen Oper Jonny spielt auf  eine Weltsensation geworden ist, die vermutlich in ein, zwei Jahren durch andere Zeitsensationcn abgelöst werden wird, hat das Talent gehabt, durch seinen Wiener Premierenerfolg die „Neue Freie Presse“ in eine Festung zu verwandeln, deren große kritische Geschütze Schrappnells aus Feuerlagen speien, deren Lokalredakteur Handgranaten

wirft, deren Theaterredakteur Giftgase ausströmen läßt und deren Leitartikelgeneral selbst in den Kampf eingreift. Nichts würde besser Ernst Krenek dokumentieren, daß er großes Talent besitzt, als die ungewöhnliche Heftigkeit solcher Angriffe, der Rummel, mit dem das größte Wiener Blatt ein Opernwerk eines jungen Musikers umbringen will, das seinem Musikkritiker nicht gefällt und dem man gewiß eines nicht absprechen kann: die Fähigkeit, überall, wo es gegeben wird, das Interesse des Publikums auf sich zu ziehen. Diese Fähigkeit wäre allein schon ein großer Talentbeweis, denn ein untalentiertes Werk interessiert das Publikum nicht. Die Mobilisierung der beträchtlichen Streitkräfte eines großen Blattes gegen einen großen und weitreichenden Opernerfolg ist ein noch größerer Talentbeweis, denn an einem jungen Musiker, der in dieser Weise bekämpft wird, muß etwas sein.

Das Merkwürdige an dem Jonny-Rummel der Neuen Freien Presse, der dem großen Premierenerfolg der Krenekschen Oper gefolgt ist, war, daß er durch ein Opernwerk hervorgerufen wurde, das gewiß kein bahn­brechendes Werk der modernen Opernliteratur ist. Keiner der Musikkritiker, welche die Kreneksche Oper mit jenem freudigen Wohlwollen beurteilt haben, das gegenüber der erfolgreichen Leistung eines talentierten jungen Mannes

menschliche Pflicht ist, hat den Jonny als eines der großen Werke der modernen Opernliteratur bezeichnet. Kritiker vom Range Dr. Decseys, Dr. Kraliks, Dr. Bachs haben neben Frau Dr. Bienenfeld und meiner Wenigkeit die Oper Kreneks gelobt, aber das Lob galt bei uns allen dem Theatertalent, der Frische, der Keckheit des Wurfs, der Fähigkeit, das Publikum mit Mitteln aller Art zu packen und (ohne sensationslüsterne Absicht) dennoch

Sensation hervorzurufen. Hindemiths Cardillac — um nur eines der interessanteren modernen Opernwerke zu nennen — ist gewiß musikalisch origineller, als die Oper Kreneks, von Alban Bergs Wozzeck gar nicht zu reden. Was Kreneks Jonny vor allem auszeichnet, ist die Buntheit und Lebhaftigkeit seiner Theaterphantasie, es ist vor allem ein unterhaltendes Theaterwerk, ist frisch als solches hingeworfen und bittet am Schluß um Dank, wenn

Jonny die Zuschauer unterhalten haben sollte, wie es seine Absicht war. Gegen eine wirkliche Originalität ind Größe der Krenekschen Oper würde, wenn schon nichts anderes, sein Erfolg sprechen. Originelle und große Werke werden nicht in einem Jahr an sechzig Bühnen angenommen und haben keine Sensationserfolge. Wie schwer setzen sich Opernwerke Hans Pfitzners durch; wie sehr hat selbst die Frau ohne Schatten von Richard Strauß heute noch zu kämpfen! Große Werke brauchen Zeit, um ins Bewußtsein der Zeit aufgenommen zu werden. Aber: das Theater lebt nicht von den großen, kühnen, originellen Werken allein, es braucht, um lebendig zu sein, auch Werke, die das Publikum sofort interessieren.

Sein Verdienst ist darum nicht kleiner. Dem Opern­spielplan fehlen neben den großen Meisterwerken der Ton­kunst und den großen Werken moderner Klassiker, wie es Strauß und Pfitzner sind, in empfindlicher Weise Werke, die, ohne ins Banale zu fallen, das große Publikum inter­essieren. Wenn die Opernhäuser überall über die Inter­esselosigkeit des Publikums klagen und in einer Krise be­griffen sind, trägt der Mangel an Werken mittleren Ranges, welche das Publikum ins Haus ziehen, am meisten dazu bei. Im Publikum ist ein berechtigter Trieb nach Neuem, nach Abwechslung, nach Anregung. Es will nicht nur große Feiertagswerke hören, die eine beträchtliche An­spannung verlangen, sondern auch in geistreicher Weise unterhalten sein. Das erklärt den Erfolg des Jonny, Hier ist endlich ein moderner Komponist, der seine Zeit kennt und aus einem lebhaften Theaterempfinden heraus eine Oper geschrieben hat, die mit künstlerischen Mitteln das  Unterhaltungsbedürfnis des Publikums befriedigt. Eine amüsante, abwechslungsreiche Handlung ist da, gut gesehene Figuren, dekorative Abwechslung, ein Einschlag von Jazzmusik, von Kino und Revue, als Musik- und Theaterelementen der Zeit, daneben so viel moderne Musik, als sie das Publikum gerade noch verträgt: dies alles mit dem Theatertalent eines frischen, jungen Men­schen verbunden. Wenn man weiß, wie selten und wie schwer Opernerfolge in unseren Theatern zu erzielen sind, wiegt ein Sensationserfolg wie der Jonnys doppelt und dreifach. In sehr jungen Jahren hat Krenek diesen seltenen Erfolg davongetragen. Freuen wir uns doch eines solchen Talents.

Die Neue Freie Presse hat sich nicht gefreut, sondern ist gegen den Operndirektor, der nach den großen Erfolgen des Jonny verpflichtet war, das Werk auch in Wien zu geben, stürmisch losgezogen und hat ihn mit einem unge­wöhnlichen Notizenkrieg einzuschüchtern versucht. Woher diese Erbitterung, die sich nicht ersättigen konnte? Es ist nicht schwer zu erraten. Seit längerer Zeit wird in dem großen Blatte immer wieder gepredigt, die moderne Musik sei tot, sie sei nur ein Schwindet von Cliquen, die sich gegenseitig hinaufloben, der Zusammenbruch sei da, die Musiker seien impotent, niemand wolle von ihnen ein Stück Brot nehmen, und plötzlich hat einer der jungen Musiker, ein Wiener, einen unbestreitbaren Publikumserfolg. Das ist gewiß ärgerlich und für reizbare Gemüter sogar so aufregend, daß sich der Unwille hinter den sorgsam zusammengetragenen ästhetischen, kulturellen und moralischen Argu­menten nur schlecht verbirgt. Wer könnte das nicht be­greifen? Schöner wäre es gewiß, wenn ein Blatt von der Bedeutung der Neuen Freien Presse seiner Verpflichtung bewußt wäre, den geistigen Bewegungen der neuen Zeit mit wohlwollendem Verständnis gegenüberzustehen, junge Talente mit Wärme zu begrüßen und zu fördern, das Schaffen der Zeit mit den Lesern zu verbinden. Schöner und auch menschlich wertvoller wären Güte und Freude am Talent und der Arbeit der Zeit. Die großen reaktionären Kunsttraditionen der Neuen Freien Presse, mit denen Übelwollen und der Geist der Ketzerverfolgung sich legiti­mieren wollen, haben genug Niederlagen erlitten. Die Traditionen bleiben und die Zeit und das Schaffen der Künstler der Zeit schreiten weiter.

In: Der Morgen, 9.1.1928, S. 7.

Bruno Frei: Menschen im Elend. Schuldfrage (1918)

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und durch die Brust schlich mir ein Bangen,
als sei ich auch schuld an all dem Jammer.
Richard Dehmel.

Alles hat seine Ursache. Ursache, das ist die Sache, die am Uranfang einer Kette von Mittelgliedern steht. Alles in der Welt ist abhängig von anderen Abhängigkeiten und diese wieder von anderen. Alles setzt sich zusammen aus Teilkräften und ist das Endergebnis von früheren Ergebnissen. – Auch das Elend und die Not und der Hunger und der Jammer haben ihre Ursache. Jemand oder etwas muß an ihnen schuld sein. Manche sagen die Fahrlässigkeit des Notleidenden verursacht seine Not, oder die Untüchtigkeit des Hungernden ist schuld an seinem Hunger; manche halten die jeweilige politische Lage eines Landes für die Ursache seines wirtschaftlichen Aufschwunges oder Niederganges, andere kehren das Verhältnis um und meinen, die Wirtschaftsnot des Friedens brachte „notwendig“ die Greuel des Krieges, sein schmählicher Ausgang aber das traurige Elend von heute, manche wissen, daß auch der Sieg der Waffen sowohl die Armut der Armen als auch den Reichtum der Reichen vergrößert hätte und halten fehlerhafte Gesetze oder eine schwache Regierung für die Ursachen des menschlichen Elends; manche halten es sogar für eine gottgewollte Einrichtung. In Wahrheit aber üben diese und andere vorgebliche Ursachen nur eine verlassende und auslösende Wirkung aus, weil sie eben keine Ursachen sind und daher zur Erklärung unserer vielfältigen Sorgen nicht ausreichen.

Aus einem unrasierten Gesicht starren scheue Augen. Als straßengehetzter Flüchtling kam er einst nach Wien. Seither sind viele Tage verflossen. Er ist 26 Jahre alt und hat schon Frau und Kind zu erhalten. Seine eigene Schuld, gewiß. Wie der Mann aussieht, halte ich ihn für fähig, bisher überhaupt nur Fehler begangen zu haben. Er besteht nämlich aus lauter Untüchtigkeit [unleserlich], Sein ganzes Dasein ist ein Fehler. Nun ist er aber da, mit all seiner Untüchtigkeit im schlauen Erjagen des Profits, mit all seiner Schwäche im rohen Ellenbogenspiel des Lebens. Eer verliert seinen Posten durch offensichtliche Ungeschicklichkeit, indem er seinem Dienstherrn, gelockt durch das Versprechen eines Mehrbietenden, kündigt. Statt des größeren Verdienstes hat er nun gar keinen. Denn bei den plötzlich geänderten Verhältnissen will der neue Dienstgeber sein Versprechen nicht einhalten. Er wird arbeitslos, zu einem Zeitpunkt, da Arbeitslosigkeit den Tod bedeutet. Was wird aus Frau und Kind im fernen Lande Galizien? Verließ sie doch der Ernährer nur, um in der großen Stadt mit viel Schweiß und Sorge noch mehr Brot, zu „verdienen“. Verdienen, dienen! Schwere Arbeit, große Mühe, was immer, nur nicht hungern und verhungern lassen, dienen, verdienen! Er, der schwächliche Mensch mit den eingefallenen Wangen, mit dem unbeholfenen Gesichtsausdruck, mit dem Siegel des Würgers auf der Stirne, er, der kraftlose Zwergmensch, will schwere Arbeit leisten, um dem wohlbehüteten Speicher des Lebens einen Bissen Brot zu entreißen und dann in Ehrlichkeit und Pflichterfüllung auf dem Schindanger des namenlosen Heldentums umzusinken!

*

Fünf Wohltätigkeitsvereine brachten mit großer Kraftanstrengung die 60 Kronen auf, die zu seiner Heimbeförderung nötig waren, nachdem das Arbeitslosenamt, die Flüchtlingszentrale und das Gewerbegericht den Fall mit wohl begründeten, aber leider nährwertlosen Entscheidungen beteilt hatte. Er wird sein Glück anderswo suchen.

Es gibt heute zwei mögliche Mittel, das Leben zu Fristen: entweder durch eigene Arbeit oder durch die Arbeit anderer. Im letzteren Falle ist es in der Regel mehr als ein Fristen, es ist ein Genießen. Da aber alle das Leben nicht allein fristen, sondern, wenn auch bescheiden, genießen wollen, so bestreben sich alle, von fremder Arbeit zu leben, d. h. andere zum schalen Fristen des Lebens zu verhalten. Dies geschieht in der Welt des Kapitalismus. Jeder Unternehmer ist ein Ausbeuter, nicht weil er zu geringe Löhne zahlt, sondern weil er überhaupt welche zahlt. Denn Lohn ist das, was zum knappen Fristen des Lebens vom Arbeitswert übrig bleibt, nachdem der Unternehmer soviel als möglich zum Genießen seines Lebens zurückbehalten hat. Jeder Mensch schafft mit seiner Arbeit mehr, als er an Lohn bezahlt bekommt. Vom Mehrwert seiner Arbeit genießt eben der Unternehmer das Leben. Der Unternehmer ist also ein Mensch, der sich fremde Hände Arbeit zunutze macht, sich vom Hunger der anderen sättigt, der freiwillig nie mehr gibt, als er für die [?] Erhaltung seiner Stellung braucht.

Nicht ein hartherziger Unternehmer ist schuld an dem Unglück des verzagten Hilfsarbeiters aus dem Osten, auch nicht die Rechtssprechung, die den Arbeitgeber nicht zwingen will, ein Versprechen ohne Rechtsgültigkeit einzuhalten. Auch hilft die Redensart vom selbstverschuldeten Elend nicht viel, wo drei hu[n]grige Mägen gesättigt werden wollen. Sondern, der Umstand, daß es überhaupt Unternehmer gibt, eine herrschende Klasse von Menschen, die nur dann zu essen geben [!], wenn es ihr Vorteil erheischt, Und nicht mehr, als sie müssen, das ist die Ursache des Elendes. Wenn aber das Kapital – nicht das Geld, sondern die Bergwerke, die Fabriken, die Eisenbahnen, die Schiffe, die Maschinen, der Boden, die Häuser – Gemeineigentum darstellt, fällt der ganze Nutzen, den es durch die menschliche Arbeit abwirft, denen zu Komma die in dieser Gemeinschaft arbeiten. Niemand kann ihnen nun den Vollwert ihrer Arbeit rauben, die Mittel zum Genusse des Lebens werden von niemandem abgezogen.

Aber auch diese Ursache läßt sich auf eine ursprüngliche [?] zurückführen. Die Schuld des Kapitalismus ist groß, aber unsere ist noch größer. Denn seine Herrschaft ist abhängig von unserer Dummheit und Trägheit; sie wächst mit ihnen, aber sie verschwindet auch, wenn diese Erzfeinde der menschlichen Vervollkommnung gläubigem Wissen und kraftvollem Willen gewichen sind. Wir werden bei den Wahlen Gelegenheit haben, Zeugnis abzulegen, ob es zu tagen begonnen hat oder ob es weiter Nacht bleiben soll. Wir müssen eine alte Schuld einlösen, eine Schuld gegen uns selbst, wir müssen das Königreich der Gerechtigkeit aufbauen, weil eine Verantwortung auf uns lastet, dergleichen nie gewesen.

Aus: Der Abend, 27. Dezember 1918, S. 4.

Johann Ferch: § 144, Arbeitslosigkeit und Überbevölkerung. (1926)

            Während in Deutschland – wie in fast allen Staaten – immer stärker eine Reform der veralteten Mutterschaftsgesetze gefordert und die Bedeutung einer vernünftigen Geburtenregelung einer sich steigernden Beachtung gewiß ist, verfällt bei uns die große Frage der alten österreichischen Einschlummerungstaktik. Und wird sie hin und wieder einmal berührt – wie in der Vorwoche durch den Ärzteverein des 8. Bezirkes – so sind es Richter und Ärzte, die trotz ihrer reformgünstigen Stellungnahme das Problem von Standpunkten aus erörtern, die wir seit einem Jahrzehnt als erledigt betrachten.

            Es muß immer wieder betont sein, daß

            Kommissionen mit Richtern und Ärzten unmöglich geworden sind,

            da die Bestimmung der Familiengröße nicht von kriminalistischen oder ärztlichen Erwägungen, sondern von der Ernährungsmöglichkeit abhängig ist. Alles andere ist in der Zeit der Arbeitslosigkeit ein leeres Gerede, umfangen von Gedanken, die längst von vorgestern sind, daß aber die

Arbeitslosigkeit nicht ein vorübergehender Krisenzustand ist, sondern ein sich verschärfender dauernder,

vermögen freilich gerade gewisse Kreise nicht zu begreifen. Der Nationalrat Kunschak war der erste aus einem Vertretungskörper, der kürzlich unsere seit Jahren gekündete Auffassung aussprach,

daß die Arbeitslosigkeit durch die rationelle Betriebsausgestaltung für viele Arbeiter eine dauernde sein müßte.

Und eben diese Arbeitslosigkeit ist es, die nicht nur gebieterisch, sondern zwangsnotwendig die Reform erfordert.

*

            Die gegenwärtige Arbeitslosigkeit in allen Staaten wird von den Vertretern der alten nationalökonomischen Schule als besonderer Ausdruck einer internationalen Wirtschaftskrise bezeichnet, die als Folgeerscheinung der Friedensverträge und der Verarmung der Welt gewertet wird. Für die Erklärung unserer Verhältnisse werden die drückenden Zollbestimmungen des Neuauslandes und die Industrieerrichtung in den Sukzessionsstaaten als besondere Ursache namhaft gemacht. Chauvinismus und nationale Engstirnigkeit sollen dabei eine große Rolle spielen.

            Gewiß wird es an Protesten nicht mangeln, wenn man versucht, bisher unbesprochene Ursachen der Arbeitslosigkeit zu untersuchen und sie in den Kreis der öffentlichen Diskussion zu stellen. Die Resultate werden vielleicht als Ausfluß eines Weltanschauungsfanatismus bewertet, aber Tatsachen sind bekanntlich stärker als noch so bestechende wirtschaftliche Konstruktion. Ich bezeichne (und zwar seit Jahren) die Überbevölkerung, verschärft durch nicht verwendbare Arbeitskraft (infolge der Erfindungen) als Hauptursache der zunehmenden und

immer weniger zu beseitigenden Arbeitslosigkeit.

Man betrachte die Verhältnisse. Sie sind, abgesehen von geringen Varianten, sowohl in den Sieger- als auch Besiegtenländern gleich. Amerika und England stehen im gefährlichen Schatten der Arbeitslosigkeit, in Frankreich, Italien, Deutschland – überall ein Überschuß an menschlicher Arbeitskraft. Die Auswanderung ist unmöglich gemacht, die Überschüsse an Menschen in den europäischen Staaten finden das bisher regelnde Abströmventil verschlossen. Indien und die anderen Kolonialbesitzungen bilden sich heute schon zu großen Zukunftsenttäuschungen für die verwaltenden Staaten heran. Die Stauung in der Abwanderung füllt die Städte und schafft ein wachsendes, nach Arbeit verlangendes Proletariat.

Von diesem Gesichtspunkt aus ist auch teilweise die Industrieförderung in den Sukzessions- und auch in anderen, bisher industriearmen Staaten zu erklären. Die Industrie gibt teilweise für die Arbeitskräfte Verwendung, die Technik ermöglicht die Versorgung des ungelernten Arbeiters mit Beschäftigung, da Gewerbe und Handel qualifizierte Kräfte benötigen und von dem überreichlichen Angebot ohnehin überflutet sind.

Es ist geradezu verblüffend, daß in allen Studien über die Arbeitslosigkeit

an der sich immer schärfer auswirkenden Erfindungswelle der Technik vorbeigegangen wird,

die in den letzten Jahren ungeheure Fortschritte machte und jetzt in einem Monat die Erfinderarbeit früherer Jahrhunderte leistet. Bis zum Kriege wirkte sich die Kraftersparnis nicht so deutlich aus. Das Riesentempo des letzten halben Jahrzehnts zerreibt die Reste des Gewerbestandes, mechanisiert den agrarischen Betrieb, neuen Abfluß vom Lande und Zustrom in die Städte schaffend, und dringt jetzt auch in die Berufe der geistigen Arbeit ein. (Eine Buchhaltungsmaschine ersetzt zwölf Bürokräfte, eine Rechenmaschine deren vier, zwei äußerst sinnreiche Statistikmaschinen in einer Krankenkasse 48 Bürofräuleins. Die Telephonautomatisierung ersetzt hunderte Kräfte usw.) Kein Betrieb, kein Beruf bleibt frei von der Kraftersparnis. Wenn man nur kurz erwiegt, wieviel durch die Intensität des Massenbetriebes an Menschenkraft erspart wird, so ist ein sprunghafter Abbau der Verwendung menschlicher Kraft augenfällig.

            Der Handel ist überfüllt, das Gewerbe zerbröckelt, die Teile rieseln unaufhörlich ins Proletariat ab, das aber durch die Maschinen fortgesetzt überschüssig wird.

Jeder erzeugt durch die Maschine mehr als er verbrauchen kann,

die menschliche Vermehrung und die Fortschritte der Technik bringen immer neuen Kraftüberschuß. Jeder Geburtenüberschuss ist ein mehrfacher, zur Unverwendbarkeit verurteilter Kraftüberschuß, der mit der Technikauswirkung im gleichen Maße wächst und die Arbeitslosigkeit erhöht, automatisch aber auch dadurch die Lebenshaltung immer breitere Kreise senkt.

            Zugleich schwillt die Fürsorgelast in einem rasenden Tempo an, das menschliche Leid zerstört Sinn und Zweck des Lebens, das Elend der unteren, durch die wachsende Aussichtslosigkeit zur Verzweiflung getriebenen Massen bedroht auch die anderen Schichten. Die Überproduktion droht phantastische Formen anzunehmen, wird schließlich ein nur vorübergehendes, bald wieder überholtes Aushilfsmittel erzwingen: eine radikale Arbeitszeitherabsetzung neben dem notwendigen Abbau der Überbevölkerung.

            Diese muß beseitigt werden, das ist das Hauptgebot, nicht einer akademischen Erörterung, sondern volkswirtschaftlicher Zwang. Die sinn- und zwecklose Menschenvermehrung muß der Vergangenheit angehören. Sie und nur sie allein ist in der Hauptsache das in beispielloser Kurzsichtigkeit übersehene Hauptproblem der wirtschaftlichen Krisen.

Der Ausgleich zwischen Menschenproduktion und technischer Entwicklung muß bewirkt werden.

            Zur Begründung dieser Forderung bedarf es keiner neuen Lehrgebäude, sondern nur des Verhältnisses für die Wirklichkeit. Das ungeheure menschliche Leid der Gegenwart, die unabänderliche Entwicklung gebieten den Weg. Menschliche Vernunft und Zwangsnotwendigkeiten werden ihn gangbar und brauchbar machen. Alle anderen Wege und Pläne, entspringen dem Vergangenheitsdenken, müssen an den Tatsachen scheitern, auch das Bestreben, mit veralteten Gesetzen und Flickreformen Weltwirtschaftsnotwendigkeiten verhindern zu wollen.

            Noch eines muß gesagt werden. Hätten wir nicht das Listenwahlsystem, würde die ganze Frage für Österreich rasch entschieden sein. So müssen wir uns noch eine geraume Zeit quälen lassen von akademischen Gutachten, die für die große Frage längst nebensächlich geworden sind.

            Die breiten Massen der Arbeiterschaft aber werden doch noch erkennen, was für sie die Fortschritte der Technik bedeuten. Dann werden sie ja doch einmal mit den dummen veralteten Gesetzen Schluß machen.

In: Der Morgen, 9.2.1926, S. 8.

Albert Ehrenstein: Georg Trakl (1914)

„Am Abend versinkt ein Glockenspiel, das nicht mehr tönt,
Verfallen die schwarzen Mauern am Platz,
Ruft der tote Soldat zum Gebet.
O, ihr zerbrochenen Augen in schwarzen Mündern…“
(Georg Trakl im Helian.)

Er starb in diesen Tagen in Krakau, starb um Galizien, starb für uns, nahm das Leid auf sich, bis er es nicht mehr ertrug und dahinschwand. Sein Leben war stets umschattet, sanfte Melancholie vor dem Tod, den er immer sah, ein Hintaumeln vor der Verwesung, die er immer fühlte. Hie und da freute ihn noch das Blau des Himmels und der Gewässer, das Braun des Waldes, dann floh er wieder in die Betäubung, die ihm Wein, Veronal, Morphium schufen. Als Angehöriger der Sanitätstruppe, als Leutnant bei der Medikamentenver­waltung zog er fröhlich in den Krieg, den er als Befreiung empfand. Sie wurde ihm anders… Der stärkste Eindruck seines friedlichen Lebens war es gewesen, als er einmal vom vierten Stocke eines Hauses einen Zigarettenstummel abwärts fallenund dann glimmen, Hinglimmen, verglimmen sah, übergehen in ein Nichts, in graue Asche. Und stundenlang konnte er von dem gräßlichen Anblick sprechen, den ihm eine Kröte bereitete, die irgendwo in der Nähe eines Tunnels gehockt. Nun kam er nach Galizien, sah wie ein Schwerverwundeter sich und der Qual eines Blasenschusses ein Ende setzte, sah, wie mensch­liches Hirn die Wände bespritzte. Sein Mitgefühl entrückte ihn, wie er es in seinem herrlichsten Gedichte, im Helian pro­phezeit hatte: „verliert sich der Fremdling in schwarzer Novemberzerstörung.“ Die Umnachtung nahm ihn hinweg, er starb im siebenundzwanzigsten Jahre seines Lebens, am 5. November in Krakau.

Er war von Hölderlins Art, aber er durchlief rascher die Bahn. Wir sollen nicht klagen, „wenn ein eherner Engel im Hain, den Menschen antritt“. Er war der Vollendung nahe in den schmerzlichen Rufen seiner Gedichte. In ein Stammbuch schrieb er: „Schaudernd unter herbstlichen Sternen neigt sich jährlich tiefer das Haupt“. Wir wenigen, denen er teuer war, hofften wenigstens dieses — aber sein schlichtes, früh von hin­fälligem Silbergrau geätztes Haupt wird sich nicht mehr in un­serer Mitte tiefer senken, er ließ uns allein. „O wie infam endet der Abendwind.“

In seinen (bei Kurt Wolff erschienenen) „Gedichten“ schritt er rasch fort von aller „fortgeschrittenen“ Lyrik bis zu einer Synthese von Friedrich Hölderlin und Else Lasker-Schüler. Seine besten neuen Gedichte sollten erscheinen — da erschien der Krieg. Einen anderen Sänger der Verwesung, Georg Heym, enttrug das Schicksal lang vor dem Krieg. Georg Trakl wäre vielleicht ein stillerer Sänger des Kampfes geworden. Nun ist er ganz still geworden. In Salzburg geboren, in Krakau ge­storben — dazwischen liegt das alte Österreich. Einige in Wien und Innsbruck und Berlin kannten ihn. Wenige wissen, wer er war; wenige wissen um sein Werk: daß keiner in Öster­reich je schönere Verse schrieb als Georg Trakl.

In: Pester Lloyd, 17.11.1914, S. 10.

p.d.[Paul Deutsch]: Heldenangst vor Flimmerbildern. (1930)

Der Kampf um den Remarque-Film ist nicht bloß ein literarisch-politischer Zwischenfall. Was sich hier abspielt, wird nicht morgen oder übermorgen vergessen sein, sondern es ist bleibendes Merkmal der Zeit, Gradmesser einer Kulturperiode. Ebenso wie es in ewiger geschichtlicher Erinnerung bleiben wird, daß man zu Galileis Zeilen die Lehre von der Erd­rotation verbieten wollte, ebenso wird die deutsche Kulturgeschichte für immer den Fall festhalten. daß man das Kriegsbild vor den Äugen der Kriegsgeneration ver­stecken will. Wie tief der Eindruck des deutschen Verbotes in der ganzen Welt ge­wirkt hat, dafür zeugt eine Stimme aus den deutschfreundlichen Kreisen Englands, die berichtet, daß seit der Hunnenrede Kaiser Wilhelms das deutsche Ansehen im Aus­lande niemals so schwer erniedrigt wurde, wie durch die Unterdrückung des Remarque-Films.

Nun gibt es bei uns Leute, die der An­sicht sind, auch Österreich solle an dieses, traurigste Kapitel der deutschen Geistesgeschichte angeschlossen werden. Der Film wurde in Deutschland verboten unter der Begründung, er sei kein Kriegsfilm, sondern ein Film der deutschen Niederlage. Gerade diese Argumentation veranschaulicht am besten den intellektuellen Tiefstand, aus dem sie hervorgegangen ist. Jawohl, es ist ein Kolossalgemälde des Besiegtwerdens, das Remarque entworfen hat. Aber er mußte es so zeichnen und nicht anders, nicht bloß wegen der geschichtlichen Wahrheit, sondern vor allem wegen der moralischen Wirkung. Hätte er vielleicht eine Geschichte des Weltkrieges schreiben sollen, in der Deutschland als ruhmreicher Sieger dagestanden wäre? Hätte er damit zur Verhütung künftiger Kriege beigetragen? Nur durch die Ent­larvung des falschen Heroismus, nur durch die Zerstörung der Heldenillusion des Infanteristen vor dem Giftgas, kann das wahre Bild des modernen Krieges in seiner ganzen Scheußlichkeit enthüllt werden. Daß Gase, Tanks und Flammenwerfer den Begriff des ritterlichen Zweikampfes ausgetilgt haben und daß vor diesen Mordmaschinen nichts übrig bleibt als eine jäm­merlich leidende Menschheit, das lehrt Re­marque. Und die Österreicher, gerade die Österreicher in ihrer neuesten Massenpsychose, haben allen Anlaß, mitbelehrt zu werden.

Es ist ja leider wahr: die Welt starrt in Waffen und die Staatenlenker steuern in monomanischer Besessenheit neuen Kata­strophen zu. Aber gerade deshalb erheben sich an allen Punkten der Erde die besten Männer, die Edelsten und Weisesten der Generation und sie tun allüberall genau dasselbe, was Remarque in Deutschland ge­tan hat. Um nur einige wenige Namen zu nennen, Barbusse und Marguerite in Frank­reich, Shaw und Wells in England, Upton Sinclair und Sinclair Lewis in Amerika, sie alle demonstrieren die Schändlichkeit des Krieges an ihrem eigenen nationalen Bei­spiel. Im Feuer von Barbusse, in Jimmy Higgins von Sinclair werden Typen der französischen und amerikanischen Soldaten gezeichnet, die ganz, und gar keine Helden­typen sind. Und erinnert man sich nicht an die auch in Wien aufgeführte englische Kriegstragödie, wo britische Offiziere darge­stellt werden: der eine, der in schlotternder Feigheit zusammenbricht, der andere, der sich nur dadurch vor dem Heldentod rettet, daß er sich zu Tode säuft? So schonungslos gehen die Sieger mit sich selber um! Man begreift die Weltentrüstung darüber, daß gerade die Deutschen das Schauspiel der Entheldung nicht sehen wollen.

Sollen wir Österreicher uns in diese Entrüstung einbeziehen lassen? Wir, die wir ja auch unsere Kriegsliteratur haben, den braven Soldaten Schwejk, dessen typische Eigenschaften nicht nur auf die tschechische Nation beschränkt sind? Die Wahrheit ist, daß gerade unser Volk, so reich es durch Natur und Entwicklung mit allen möglichen Begabungen gesegnet ist, speziell in seinen kriegerischen Qualitäten keineswegs an der Spitze der Nationen steht. Ein kurzer Überblicke über die Kriege, die Österreich im Laufe der Geschichte geführt und verloren hat, mag die Wahrheit dieses Satzes be­stätigen. Wir sind das friedfertigste Volk der Welt, und das ist keine Schande, sondern unser Ruhm. Wir werden gerade darum geachtet und geschätzt, weil wir keine Militaristen sind. In unserer Volksvertretung sitzen nicht hundert Bewaffnete, sondern nur acht, und auch diese haben schon am Tage nach der Wahl den Boden unter den Füßen verloren. Dem Österreicher mangeln die heroischen Instinkte, die durch den Anblick des Kriegselends verletzt werden, und darum wäre es ein falsches Bild, das wir dem Auslande bieten würden, wenn wir die deutsche Heldenangst vor Flimmerbildern teilen wollten.

In: Wiener Allgemeine Zeitung, 17.12.1930, S. 2.

F. Th. Csokor: Ferdinand Bruckners neues Drama. (1933)

Aus Zürich wird uns geschrieben: Wie nahe, wie auf­wühlend nahe uns der Hintergrund von Ferdinand Bruckners neuem Drama Rassen steht, das bewies der ungestüme Beifall, der sich im Schauspielhaus nach dem Stück vehement entlud. Und das, obgleich in den drei Akten manches mehr meditierende Auseinandersetzung als mitreißende Handlung ist, obgleich Bruckner selbst — mit seinen Worten — den Begriff „Rasse“ als zugleich „unannehmbar und unabsetzbar“ dis­kutieren will.

Dazu wählt er die jüngste Vergangenheit in einer kleinen westdeutschen Universitätsstadt, den März 1933. Noch lodert die weiße Flamme Friedrich Hölderlins aus den jungen Studenten, unter denen bereits Meinungen gären, die sie später von einander absondern und bis in die engsten Beziehungen zwischen Mensch und Mensch den kalten Scheidungsschnitt führen. Diese Konfrontation eines welt­umspannenden Kosmopolitentums mit den akuten Symptomen einer neuen Idee macht Bruckners Stück die Objektivität, die es anstrebt, so schwer, denn unwillkürlich setzt es die Fieber­kurve eines Volkes, das eben seine Form wechselt (dahingestellt ob zum Besseren oder Schlechteren), damit zum Dauerzustand ein. Auch fehlt auf der Gegenfront jener jüdische Typus — es gibt ihn —, der mit dem stumpfsten seiner Gegner im gleichen Querschnitt liegt, und gerade ein solcher wäre in seiner Wandlung unter der Stichflamme des allgemeinen Um­schwunges, die ihn zu einer neuen Haltung oder zum Bekenntnis nötigte, sehr wichtig gewesen.

Also wird das Thema bei Bruckner vom Titel weg mehr zu dem ewig unausrottbaren Klassenkampf der Nervensysteme hin verschoben, der den Roheren biologisch wider den Zar­teren stachelt, jenseits von Gesinnung und Rasse. Die dramatische Gleichgewichtsstörung, die sich daraus ergibt, geht in der erregenden Zwangsläufigkeit verloren, in der Schicksale junger Leute gegeneinander geworfen werden. Ins Er­schütternde wächst darin die Gestalt des Juden Siegelmann, der der öffentlichen Ächtung verfällt, und seines Gegen­spielers, des jungen Carlanner dem „das neue Wesen“ das Herz spaltet. Die Vision Christi überschattet sie schließlich beide barmherzig.

Die Uraufführung war ein ganz großer Abend des tapferen Züricher Schauspielhauses und seines Leiters Ferdinand Rieser samt seiner ausgezeichneten Schauspielerschaft. Gustav Hartung besorgt die Regie; dank ihrer liebreichen Eindringlichkeit wird das Mündungsfeuer der dramatischen Antithesen dieser Schlacht im Dunkeln besonders deutlich. Die Studentin, von der sich Carlanner zu Beginn der Handlung aus Rassegründen trennt, um ihr dann als Todgeweihter wieder zu begegnen, verkörpert Sibylle Binder voll der trancehaften Verlorenheit eines Menschen, dem keine Fahnen den schmerzhaft klaren Blick benehmen können. Nachtwandlerisch ist auch Ernst Ginsberg neben ihr; wie er während der Verhaftung mit seinem Gott redet — das wird nicht nur dichterisch zum Siedepunkt des Stückes.

Emil Stöhr und Josef Zechell sind die jungen Studenten, die zu gegensätzlichen Ergebnissen geführt, dennoch Brüder im Herzen bleiben, ewige Gegner jenes Rosloh, dem Wolf v. Beneckendorff alle triebhafte Schärfe eines Fanatikers ein­schmiedet der seine Idee mehr fühlt als begreift. Einen Fa­brikanten, der sich mit Herz und Firma zu Deutschland rechnet, zeichnet Erwin Kaiser tragikomisch in dem vergeblichen Wunsch nach Anonymität seiner Rasse.

Daß hier kein auf Aktualität zielender Spekulant, sondern ein sich schwerblütig auseinandersetzender Mensch durch das Stück spürbar wurde, das half vor allem, den Erfolg zu einem einhelligen zu machen.

In: Neues Wiener Tagblatt, 6.12.1933, S. 9.

Arnolt Bronnen: Triumph des Motors. Kurzgeschichte einer Form (1929)

Wir haben uns an das Auto akklimatisiert, der Inhalt: ,Auto‘ ist eine Selbstverständlichkeit für uns gewor­den. Wie aber empfinden wir die Form? Wir sahen Versuche, die verschwanden, Möglichkeiten, die erst angedeutet wurden; sind wir überzeugt, daß das Auto so aussieht, wie es aussehen muß? Oder muß es so aussehen, wie es aussieht? Im Anfang war die Sänfte. Der Mann, der gehen wollte, ohne zu gehen — und der also in jenen finsteren Zeiten zum minde­sten ein König sein mußte —, nahm sich zwei oder auch vier Männer, gab ihnen Balken in die Hände und setzte sich darauf. Dann gingen die Männer, und er ging mit. Da er aber ein König war, so ergaben sich einige Formfehler; denn selbst, wenn er auf Balken saß, war er kleiner als ein gehender Mann. Man baute also ihm und seiner Würde ein Dach und rettete so das Bild des erhabenen Königs: ein großes Gehäuse in der Mitte, flankiert von den kleineren Trabanten, die es be­wegten.

Wenn dann späterhin auch das Pferd die Männer ersetzte, so blieb das Prinzip: wichtig zunächst war das ruhende Ele­ment, mochte es nun König oder Edelmann sein; es blieb formal betont; der bewegende Teil, Mann oder Roß, war nur zu Zwecken des bewegten da; man schmückte ihn — wenn es hoch ging —, ohne ihn zu erhöhen.

In den Jahrtausenden menschlicher Bewegungstechnik, welche dem Auto vorausgingen, hat sich an diesen Grund­sätzen nur wenig geändert. Es waren Gründe rein prak­tischer Natur, wenn zum Beispiel die Fahrer der Post­kutschen höher gesetzt wurden als die Insassen; obwohl hier bereits die Demokratisierung dieses Fahrzeugs mitsprechen mußte. Oder, wenn bei den königlichen Kaleschen die hintenauf stehenden Lakaien über das Wagengehäuse hinwegsahen, so lag das wohl an der langsam wachsenden Notwendigkeit, // das Leben der Insassen vor etwaigen aufsässigen Anschlä­gen besser schützen zu können. Im großen und ganzen kamen die Menschen an das Auto heran mit dem Gedanken, das Wichtigste am Gefährt sei der Mensch, Schönheit und Zweck des Gefährts sei der Mensch, Form des Gefährts sei der Mensch.

Allerdings war, und das be­schleunigte die Entwicklung des Kraftgefährts so erheb­lich, im Eisenbahnbau be­reits eine erhebliche Bresche in dieses anthropozentrische System geschlagen worden. Schon in den siebziger Jahren hatte die Lokomotive be­gonnen, den in ihr und auf ihr thronenden Menschen langsam in sich aufzusaugen, der bescheiden vor dem er­höhten Führerstand dahin­schleichende Dampfkessel hatte angefangen, sich aufzu­blähen, die Maschine hatte begonnen, sich selbst zu be­tonen. Doch lag den ersten Autobauherren durchaus der frevle Ge­danke fern, bei der Konstruktion eines „exklusiven“ Gefährts, wie sie sich das Automobil dachten, an eine so plebejische Sache sich anzulehnen, wie es die Eisenbahn war. Sondern sie kamen von der feudalen Kutsche und blieben ihr treu. Daß dieses erste Autogefährt, so um 1890 herum in Deutschland gezeugt, keine Pferde vor sich hatte, war gewissermaßen ein Manko; daß es von selbst lief, mehr eine Kuriosität; und daß es diese Kuriosität infolge der Anwesenheit einer Maschine besaß, war ein Geburtsfehler, den der Konstrukteur gewissermaßen diskret ver­schwieg. Die Maschine war zwar da; aber man schämte sich ihrer.

Das Elektromobil verdankt überhaupt seine ganze und verpfuschte Existenz die­ser Scham vor der Maschine. Ich er­innere mich noch aus meiner Jugendzeit jener schwarzen und läppischen Gefährte, die als ungeheuer vornehm galten, weil man ihre Maschinerie nicht sah. Sie lie­fen gespenstisch, langsam und lautlos durch die Straßen, versuchten noch einmal ein Prinzip zu retten, das die Ma­schine, indem sie sich ihrer bediente, ver­achtete; sie endeten, mit Recht, als unbe­liebte Bahnhofsdroschken.

Mit der Maschine aber ging es wie mit den kleinen Kindern; man hatte sie auf die Welt gesetzt, nun waren sie da, und es kam der Moment, wo sie, unerwartet, oft  unerwünscht, ein eigenes Leben entfalteten. Die Maschine wuchs. Man sieht, wie das Baby, klein und gebrechlich, vor den mächtigen Kasten gespannt wird, der den gewaltigen Herrscher der Wagen und Maschinen, den Menschen, trug. Schon die Form dieses Wagens ist absichtlich degradierend für den Motor; er ist wie der Nacken eines Sklaven, über den der König auf seinen Thron steigt.

Unter — formalen — Entbehrungen wuchs das Kind Auto­motor heran. Allmählich lief es zur Höhe der offenen Karos­serie auf, die ihrerseits von ihrem Hochmut abließ; sicherlich nicht infolge einer innerlichen Besserung, sondern weil sie den mit der Geschwindigkeit quadratisch wachsenden Staub fürchtete. Sie finden in den Jahren vor dem Kriege eine Art stabilisierter Form mit allen Kennzeichen einer Pubertät: eckiger Knochenbau, schlechtsitzendes, schlotterndes Karos­seriegewand, gebückte Haltung, ein wenig Minderwertigkeits­komplex; dabei liefen diese unebenen Dinger 1903 schon über die Hundertstundenkilometergrenze, 1914 erreichten sie 170 Kilometer.

Erst nach 1920 beginnt der große Umschwung: die Maschine erwacht; die Maschine tritt ihre Herrschaft an. Baute man bis­her den Motor vor die Karosserie, so baute man nunmehr die Karosserie hinter den Motor. Der Motor wird formgebendes Prinzip, er wird Ausdruck der Bewegung. An dem Bild des Roadsters wird das sichtbar, wie selbst ein in der Silhouette überragender Teil wie der Kabrioletteil formal beherrscht wird von dem sich spannenden, gebändigt herrschenden Motorteil. Immerhin befinden wir uns hier noch auf einem Gebiete des Gleichgewichts. Wir erwarten von diesem Roadster keine Rekorde an Schnelligkeit, und er liefert sie auch nicht. Dies ist ein guter, ruhiger, sicherer Wagen, für alle brauchbar, ein // besserer Demokrat, ein Ruhepunkt zwischen zwei Kriegen: Symptom der Epoche.

„Der Rennwagen von heute ist der Tourenwagen von morgen“, sagte Major Se[a]grave. Und dies, sehen Sie, ist auch das Bild von morgen: die rücksichtslose Herrschaft der Ma­schine, die Diktatur. In diesem „Golden Arrow“ ist der Mensch nur Nerv; und auch nur ein Nerv von vielen. Sein Auge, sagt Major Se[a]grave, ist ein Zielfernrohr, sein Hirn ist bereits unfähig, Richtung, gar Ende der Fahrt zu bestimmen; er steigt ein in den Wagen und schießt sich selbst los: in die Gefahr, ins Nichts, ins Unbekannte jedenfalls. Wir sehen es an diesem phantastischen Gebilde klar: der Mensch hat alle Dinge nur begonnen; vollenden wollen sich die Dinge selbst.

Und ihre Vollendung wird den Menschen vernichten.

In: Sport und Bild, Jg. 25, Nr. 7/1929, S. 458-459 u. S. 510.